Wie hängen Arbeit und psychische Gesundheit zusammen?
Psychische Gesundheit ist in vielen Unternehmen ein zunehmend relevantes Thema. Die Belastungen durch steigende Arbeitsanforderungen und fehlende Mitbestimmung belasten zahlreiche Beschäftigte und führen zu einem erhöhten Risiko psychischer Erkrankungen wie Depressionen oder Burnout. In diesem Artikel erfahren Sie, wie sich die Arbeitsbedingungen auf die mentale Gesundheit auswirken und welche entscheidende Rolle die Schwerbehindertenvertretung (SBV) dabei spielt, psychische Gesundheit am Arbeitsplatz zu fördern und betroffene Mitarbeitende zu unterstützen.

Ausgangslage
Die Bundesregierung hat ermittelt, dass durch andauernde Arbeitsbelastungen das Risiko an einer psychischen Störung zu erkranken um 50 Prozent steigt.
Die häufigsten Diagnosen sind Depressionen und Angststörungen, gefolgt von Zwangsstörungen und somatoformen Störungen. Auch Suchterkrankungen wie Alkoholabhängigkeit und Burn-out, das als Zustand körperlicher und psychischer Erschöpfung gilt, sind weit verbreitet.
Der Anteil psychisch Erkrankter im erwerbsfähigen Alter von 18 bis 65 Jahren bleibt in Deutschland mit etwa 30 Prozent konstant hoch. Diese Erkrankungen beeinträchtigen die Produktivität erheblich: Betroffene gehen früher in Rente und haben mehr Fehltage.

Quelle: Bundesministerium für Gesundheit
Die größten Fehler im betrieblichen Gesundheitsmanagement
Viele Unternehmen bieten Gesundheitsprogramme an, doch oft fehlen messbare Ergebnisse, die den Erfolg belegen. Es bleibt unklar, ob sich die Gesundheit der Belegschaft sichtbar oder spürbar verbessert hat. Das liegt daran, dass betriebliche Gesundheitsmanagement-Maßnahmen meist nur diejenigen Mitarbeitenden erreichen, die sich ohnehin bereits um ihre Gesundheit kümmern. Zudem wird das Thema oft nicht strategisch angegangen und ist nicht fest im Unternehmensalltag verankert. Stattdessen liegt die Verantwortung für die Gesundheitsmaßnahmen häufig in einem "abgekoppelten" Bereich, betreut von Einzelpersonen, die diese organisieren.
Führungskräften fehlt es oft an klarer Ausrichtung, abgestimmten Prozessen und Strukturen sowie an ausreichender Unterstützung und Qualifizierung. Dies gilt besonders für die praktische Umsetzung gesunder Führung und den Umgang mit gesundheitlich und psychisch belasteten Mitarbeitenden.
In diesem Zusammenhang ruft die Aktionswoche dazu auf, neue Strategien zur Bewältigung psychischer Belastungen zu entwickeln und das vielfältige psychosoziale Hilfsangebot in Deutschland stärker zu nutzen. Sie fördert den gemeinsamen Austausch und die gegenseitige Unterstützung.
Wie kann die Schwerbehindertenvertretung die psychische Gesundheit im Unternehmen fördern
Die Schwerbehindertenvertretung (SBV) spielt eine zentrale Rolle im Arbeitsumfeld. Besonders beim Schutz und der Förderung der psychischen Gesundheit von Mitarbeitenden ist sie wichtig. Traditionell wird die SBV als Unterstützung für Menschen mit physischen Behinderungen angesehen. Psychische Erkrankungen wie Depressionen, Angststörungen oder Burnout sind jedoch ebenfalls zunehmend relevant. Die SBV kann auf vielfältige Weise das Wohlbefinden aller Mitarbeitenden verbessern. Besonders für Mitarbeitende, die unter psychischen Belastungen leiden, kann die SBV entscheidende Unterstützung bieten.
Verständnis für psychische Erkrankungen schaffen
Ein offenes und verständnisvolles Arbeitsumfeld ist ein entscheidender Schritt zur Förderung der psychischen Gesundheit. Viele Mitarbeitende scheuen sich, über ihre psychischen Probleme zu sprechen, aus Angst vor Stigmatisierung oder Benachteiligung. Hier kann die SBV als Brücke fungieren. Sie kann den Dialog über psychische Erkrankungen vorantreiben und eine Kultur des Respekts und der Akzeptanz fördern.
Durch gezielte Aufklärungskampagnen, Schulungen und Gespräche mit Führungskräften kann die SBV dazu beitragen, das Bewusstsein für psychische Erkrankungen im Unternehmen zu erhöhen. Je mehr Verständnis und Wissen darüber vorhanden sind, desto weniger werden psychische Probleme tabuisiert, und Mitarbeitende fühlen sich ermutigt, Hilfe zu suchen.
Unterstützung in Krisensituationen bieten
Ein weiterer wichtiger Aspekt der Arbeit der SBV ist die direkte Unterstützung von Mitarbeitenden in Krisensituationen. Wenn ein Arbeitnehmer aufgrund einer psychischen Erkrankung überfordert ist, kann die SBV als Vermittler auftreten und geeignete Maßnahmen initiieren, um den Betroffenen zu entlasten. Das kann beispielsweise durch Gespräche mit der Personalabteilung geschehen, um Anpassungen des Arbeitsplatzes oder der Arbeitszeit zu ermöglichen.
Darüber hinaus kann die SBV dazu beitragen, dass Mitarbeitende Zugang zu externen Beratungsdiensten oder psychotherapeutischen Angeboten erhalten. Diese Unterstützung ist oft entscheidend, um die psychische Gesundheit von Betroffenen zu stabilisieren und eine Eskalation der Probleme zu verhindern.
Maßnahmen zur Prävention psychischer Erkrankungen
Neben der Krisenintervention kann die SBV eine aktive Rolle in der Prävention psychischer Erkrankungen spielen. Dies beginnt bei der Sensibilisierung der Führungskräfte für die Belastungen, denen Mitarbeitende ausgesetzt sein können, und der Förderung eines gesunden Führungsstils. Führungskräfte haben erheblichen Einfluss auf das Arbeitsklima und den Stresspegel ihrer Mitarbeitenden. Wenn sie durch die SBV in Themen wie:
• Work-Life-Balance,
• Stressbewältigung und
• empathische Kommunikation
geschult werden, trägt das zur allgemeinen Verbesserung der psychischen Gesundheit bei. Zudem kann die SBV Initiativen zur Einführung flexibler Arbeitszeitmodelle oder Homeoffice-Regelungen unterstützen. Solche Maßnahmen geben Mitarbeitenden die Möglichkeit, ihre Arbeit besser mit ihrem Privatleben zu vereinbaren und Stress zu reduzieren.
Barrierefreiheit im psychischen Sinne
Auch wenn der Begriff der Barrierefreiheit häufig auf physische Aspekte wie den Zugang zu Gebäuden oder Arbeitsplätzen angewendet wird, lässt sich dieser Gedanke auch auf psychische Gesundheit übertragen. Die SBV kann darauf hinarbeiten, dass das Unternehmen nicht nur physische Barrieren abbaut, sondern auch „unsichtbare“ Barrieren, die Menschen mit psychischen Erkrankungen behindern. Das kann bedeuten, dass Aufgaben angepasst oder Prozesse vereinfacht werden, um Mitarbeitende mit psychischen Beeinträchtigungen zu entlasten.
Netzwerkarbeit und Kooperation
Ein weiteres wichtiges Betätigungsfeld der SBV ist die Zusammenarbeit mit externen Institutionen wie Integrationsämtern oder Reha-Einrichtungen. Durch diese Netzwerkarbeit kann die SBV dazu beitragen, dass Mitarbeitende, die unter psychischen Belastungen leiden, schnell die Unterstützung erhalten, die sie benötigen. Diese Kooperationen sind besonders wertvoll, wenn es um die berufliche Wiedereingliederung nach längeren psychisch bedingten Krankheitsausfällen geht.
Fazit
Die Schwerbehindertenvertretung kann erheblich zur Förderung der psychischen Gesundheit in einem Unternehmen beitragen. Durch Aufklärung, Prävention und gezielte Unterstützung von Mitarbeitenden mit psychischen Erkrankungen kann die SBV dazu beitragen, das Wohlbefinden zu verbessern und psychische Erkrankungen zu enttabuisieren. Letztlich profitiert nicht nur der einzelne Mitarbeiter, sondern das gesamte Unternehmen von einem gesunden und unterstützenden Arbeitsumfeld.