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Seminarbeigaben rechtlich unbedenklich

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Das Bundesarbeitsgericht hat ausdrücklich klargestellt, dass Beigaben zu Betriebsratsschulungen völlig in Ordnung sind (BAG, Beschluss vom 17.11.2021, Az. 7 ABR 27/20).

Eine Frau hat Bücher in der Hand und schaut in die Kamera

In vielen Seminaren und Webinaren bietet die W.A.F. praktische und inhaltlich unterstützende Seminarbeigaben an. Sie können mit diesen Beigaben Ihr Ehrenamt noch besser ausführen.

Nachdem ein Arbeitgeber die Beigaben als eine unzulässige Begünstigung von Betriebsratsmitgliedern empfand und sich weigerte die Schulungskosten zu übernehmen, sah sich das BAG veranlasst klarzustellen, dass hilfreiche Beigaben zu Betriebsratsschulungen völlig in Ordnung sind.

Das gilt beispielsweise für:

  • ein Tablet für die Betriebsratsarbeit
  • einen Handkommentar zum BetrVG mit Wahlordnung
  • eine DTV-Ausgabe der Arbeitsgesetze
  • einen USB-Stick
  • einen Laserpointer
  • einen Taschenrechner
  • eine kostenfreie anwaltliche Erstberatung durch einen Rechtsanwalt

Darum ging es in dem Streit

Ein Mitglied eines Betriebsrats hatte an einem von der W.A.F. veranstalteten viertägigen Grundlagen-Seminar „Betriebsverfassungsrecht Teil 1“ teilgenommen. Für die Teilnahme an dieser Schulung fiel zum damaligen Zeitpunkt eine Seminargebühr über 699,00 Euro sowie eine Tagungspauschale für Tagesgäste ohne Übernachtung inklusive Mittagessen in Höhe von 58,82 Euro, jeweils zuzüglich Mehrwertsteuer, an. Inkludiert war unter anderem die Überlassung eines sogenannten Starter-Sets an die Teilnehmer, bestehend aus einem „Tablet für die Betriebsratsarbeit“, einem Handkommentar Fitting zum BetrVG mit Wahlordnung, einer DTV-Ausgabe der Arbeitsgesetze, einem USB-Stick, einem Laserpointer, einem Taschenrechner und einer Tasche. Auch konnte jeder Teilnehmer eine „kostenfreie anwaltliche Erstberatung durch einen erfahrenen Rechtsanwalt“ in Anspruch nehmen.

Die Auffassung der Arbeitgeberin

Die Arbeitgeberin lehnte die Kostenübernahme unter Berufung auf eine „unzulässige Berechnung von Arbeitsmittelkosten in den Seminarkosten“ ab und verwies darauf, es handele sich „bei dem Startkit um Akquise-Geschenke, die weit über den Rahmen einer kleinen Anerkennung hinausgehen“.

Klarstellung der W.A.F.

Die W.A.F. stellte im Rahmen des Verfahrens in einem Schreiben gegenüber der Arbeitgeberin Folgendes klar:

„Bei allen … Seminarbeigaben … handelt es sich um wertvolle und hilfreiche Arbeitsmaterialien für die tägliche Betriebsratsarbeit. Diese können und sollen die Betriebsratsmitglieder für die Arbeit im Betriebsrat nutzen. Es ist nicht beabsichtigt, dass die Betriebsräte die Seminarbeigaben privat verwenden. Entsprechend wird das einzelne Betriebsratsmitglied durch die Seminarbeigaben nicht begünstigt.

Da die Kosten der Betriebsratsschulung vom Arbeitgeber zu tragen sind, stehen sämtliche Seminarbeigaben im rechtlichen Eigentum des Arbeitgebers. Demzufolge kann der Arbeitgeber grundsätzlich auch die Herausgabe der Seminarbeigaben vom Betriebsrat verlangen. …

Bei sämtlichen Seminarbeigaben handelt es sich um kostenlose Beigaben zum Seminar. Entsprechend führt eine vorherige Ablehnung oder eine nachträgliche Rückgabe der Seminarbeigaben nicht zu einer Veränderung der Seminarkosten. Aus diesem Grund können den einzelnen Seminarbeigaben auch keine konkreten Werte zugeordnet werden. …“

So entschieden die Gerichte

Der auf Freistellung von den Seminargebühren klagende Betriebsrat gewann in allen drei Instanzen.

Zu den Kosten des Betriebsrats gehören auch die Schulungskosten seiner Mitglieder. Soweit einzelne Betriebsratsmitglieder für den Besuch betriebsverfassungsrechtlicher Schulungsveranstaltungen Zahlungsverpflichtungen eingegangen sind, ist der Betriebsrat als Gremium berechtigt, den Arbeitgeber auf Freistellung des Betriebsratsmitglieds von der Zahlungsverpflichtung in Anspruch zu nehmen. Hat das Betriebsratsmitglied bereits Zahlungen geleistet oder sind bei ihm persönlich Kosten angefallen, ist der Betriebsrat als Gremium berechtigt, den Arbeitgeber auf Kostenerstattung an das einzelne Mitglied in Anspruch zu nehmen.

Beurteilungsrecht des Betriebsrats

Bei der Entscheidung über die Erforderlichkeit der Schulungsteilnahme steht dem Betriebsrat ein Beurteilungsspielraum zu. Allerdings steht die Pflicht des Arbeitgebers zur Kostentragung nach § 40 Abs. 1 BetrVG unter dem in § 2 Abs. 1 BetrVG normierten Gebot der vertrauensvollen Zusammenarbeit. Die Entscheidung über die Schulungsteilnahme darf der Betriebsrat daher nicht allein an seinen subjektiven Bedürfnissen ausrichten. Von ihm wird verlangt, dass er die betrieblichen Verhältnisse und die sich ihm stellenden Aufgaben berücksichtigt. Er ist verpflichtet, den Arbeitgeber nur mit Kosten zu belasten, die er für angemessen halten darf und hat darüber hinaus bedacht zu sein, die durch seine Tätigkeit verursachten Kosten auf das notwendige Maß zu beschränken.

Der Betriebsrat muss sich allerdings auch nicht für die kostengünstigste Schulungsveranstaltung entscheiden, wenn er eine andere Schulung für qualitativ besser hält. Sein Beurteilungsspielraum bezieht sich auch auf den Inhalt der Schulungsveranstaltung.

Seminarbeigaben völlig in Ordnung

Der in diesem Zusammenhang erhobene Einwand der Arbeitgeberin, der Wert der den Seminarteilnehmern überlassenen kostenlosen „Werbebeigaben“ sei zudem der inhaltlichen Kenntnisvermittlung ins Verhältnis zu setzen, konnte das Gericht nicht nachvollziehen. Denn die Frage der Unverhältnismäßigkeit anfallender Seminarkosten steht nicht in Zusammenhang mit der Frage, inwieweit Seminarinhalte für die Arbeit des Betriebsrats erforderlich sind. Den Schutz des Arbeitgebers vor einer unangemessenen Kostenbelastung bewirkt aber der Grundsatz der vertrauensvollen Zusammenarbeit und der Verhältnismäßigkeit, den der Betriebsrat bei seiner Beschlussfassung über die Entsendung eines (oder mehrerer) seiner Mitglieder zu beachten hat. Vom Betriebsrat wird die Prüfung verlangt, ob die verlangten Schulungskosten angesichts der konkreten betrieblichen Verhältnisse dem Arbeitgeber zumutbar sind.

Seminarkosten der W.A.F. angemessen

Vergleichbare Seminare anderer Anbieter waren nicht wesentlich günstiger, es gab allerdings viel teurere Seminare. Daher lag der Seminarpreis im marktüblichen Rahmen.

Fazit der Entscheidung

Andere Veranstalter, die auf derartige Werbeartikel verzichteten, bieten vergleichbare Seminare nicht „deutlich günstiger“ an. Der Seminarpreis war nach Auffassung der Richter „durchaus moderat“ und der Betriebsrat hatte die Arbeitgeberin nicht mit unverhältnismäßigen Kosten belastet.

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