Forum
Wissen
Seminare


AktuellesKI im BR-AlltagSBV beim BEMDer neue KoalitionsvertragInklusives RecruitingPräsentismus
Aktuelles

Die SBV vor Gericht: So geht's!

4 Minuten Lesezeit

Für den Betriebsrat ist es fast schon Routine, aber auch die SBV zieht immer häufiger gegen ihren Arbeitgeber vor das Arbeitsgericht. Das liegt an der gestärkten Stellung der SBV im SGB IX und daran, dass viele Arbeitgeber noch immer nicht die gesetzlichen Rechte der SBV anerkennen und beachten.

Meistens wird die SBV ein Verfahren einleiten, wenn der Arbeitgeber sie in mitbestimmungspflichtigen Angelegenheiten nicht oder nicht ordnungsgemäß beteiligt oder Betriebsvereinbarungen nicht umsetzt.

SBV stehen vor einer grauen Wand

Wann immer die SBV mit ihrem Arbeitgeber darüber streitet,

  • welche Informationen ihr zustehen,
  • ob überhaupt ein Mitbestimmungsrecht besteht,
  • ob ein Widerspruch beachtlich ist,
  • ob Fristen abgelaufen sind,
  • ob Maßnahmen umgesetzt werden dürfen oder
  • ob der Arbeitgeber Maßnahmen unterlassen muss,

sollte die SBV daran denken, notfalls vor das Arbeitsgericht zu ziehen.

Das Beschlussverfahren

Das Arbeitsgericht kennt das Urteilsverfahren in Streitigkeiten zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern sowie das Beschlussverfahren in Streitigkeiten zwischen dem Betriebsrat oder der SBV und dem Arbeitgeber. Das Beschlussverfahren ist eine besondere Verfahrensart der Arbeitsgerichtsbarkeit für kollektivrechtliche Streitigkeiten und ist für die SBV in den § 2a Abs. 1 Nr. 3a Arbeitsgerichtsgesetz (ArbGG) aufgezählten Fällen anwendbar:

  • § 177 SGB IX: Wahl und Amtszeit
  • § 178 SGB IX: Aufgaben der SBV
  • § 222 SGB IX: Werkstatträte und Frauenbeauftragte in Werkstätten für Behinderte

Das Beschlussverfahren selbst ist in den §§ 80-98 ArbGG geregelt. Hier gilt anders als im arbeitsgerichtlichen Urteilsverfahren der Amtsermittlungsgrundsatz. Danach ist das Gericht verpflichtet, die zur Entscheidung benötigten Tatsachen zu ermitteln.

Das Verfahren beginnt mit der Einreichung eines konkret ausformulierten Antrags. Der Antrag muss in schriftlicher Form beim Arbeitsgericht gestellt werden. Im Regelfall wird das der Rechtsanwalt oder Gewerkschaftssekretär erledigen.

Parteien des Beschlussverfahrens sind die SBV und die weiteren Beteiligten (z.B. der Arbeitgeber). Der Antrag wird dann den Beteiligten durch das Arbeitsgericht zugestellt.

Meistens zuerst Gütetermin

Der vorsitzende Richter kann zunächst einen Gütetermin durchführen, wenn zu erwarten ist, dass dieser zu einer gütlichen Streitbeilegung führen könnte, ist aber nicht dazu verpflichtet.

Bleibt die Güteverhandlung erfolglos oder wurde sie gar nicht anberaumt, bestimmt der Vorsitzende einen Termin zur Anhörung der Beteiligten vor der Kammer, die aus einem Berufsrichter und zwei ehrenamtlichen Richtern besteht. Kommt in diesem Anhörungstermin keine gütliche Einigung zustande, entscheidet die Kammer durch Beschluss.

Die Kosten des Verfahrens

Im Beschlussverfahren werden keine Gerichtskosten oder Auslagen erhoben. Gerichtliche Auslagen werden von der Staatskasse getragen. Es wird daher durch das Gericht keine Kostenentscheidung getroffen. Anders sieht es natürlich für die Rechtsanwaltskosten aus, von denen der Arbeitgeber die SBV freizustellen hat, soweit das Verfahren nicht offensichtlich ohne jede Erfolgsaussicht ist (sog. Mutwilligkeit).

Beschlüsse vorlegen

Ganz wichtig ist es, dass die SBV dem Gericht auch die für das Gerichtsverfahren notwendigen Beschlüsse vorlegen kann. Natürlich ist die SBV kein Kollegialorgan wie der Betriebsrat. Trotzdem sollte die Vertrauensperson die entsprechenden Beschlüsse fassen und schriftlich niederlegen. Dabei geht es um

  • den Beschluss der SBV, dass ein Gerichtsverfahren eingeleitet werden soll und
  • den Beschluss, dass, wofür und welcher Rechtsanwalt beauftragt werden soll.

Das Eilverfahren

Die Arbeitsgerichte sind im Gegensatz zu sonstigen Zivilgerichten sehr schnell. Trotzdem können auch Arbeitsgerichtsverfahren mehrere Jahre dauern. Das ist für die eine oder andere Angelegenheit aber einfach zu lang. Würde der SBV eine Entscheidung zu diesem Zeitpunkt nichts mehr nützen, kann sie unter Umständen auch ein Eilverfahren durchführen. Dieses sog. einstweilige Verfügungsverfahren ist ein schnelles, aber nur vorläufig wirkendes arbeitsgerichtliches Verfahren.

Voraussetzungen eines Eilverfahrens

Ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist aber nur dann zulässig, wenn

  • relativ sicher davon auszugehen ist, dass der begehrte Anspruch zugesprochen wird (sog. Verfügungsanspruch) und
  • der SBV ohne den Erlass schwere und unzumutbare Nachteile entstünden, die – würde man ein reguläres Verfahren einleiten – zum Zeitpunkt der Entscheidung nicht mehr ausgeglichen werden könnten (sog. Verfügungsgrund).

Vertretung durch Rechtsanwalt oder Gewerkschaft

Die SBV sollte sich in gerichtlichen Verfahren immer von einem Anwalt oder einem Gewerkschaftssekretär vertreten lassen. Diese sind Experten in Bezug auf die Prozessführung und sie können mit ihrer neutraleren Sicht der Dinge die Sache oft zu einer interessensgerechten Lösung führen.

Tipp: Verfahren besuchen

Die SBV sollte einmal Gütetermine oder Kammertermine vor dem Arbeitsgericht besuchen. Als Zuschauer lernt man nicht nur den Ablauf kennen, sondern erlebt auch die Richter. Zudem kann es ein spannender Tag werden mit echten Fällen, die das Leben schreibt.

Webinar: Schwerbehindertenvertretung Teil 2
4,8
115 Bewertungen
Besondere Schutzrechte (schwer-)behinderter Kollegen durchsetzen
Als SBV vertreten Sie die Interessen von (schwer-)behinderten Kollegen im Betrieb und stehen Ihnen mit Rat und Tat zur Seite. Wie setzen Sie Ihre Beteiligungsrechte bei personellen Einzelmaßnahmen durch? Und wann greift der besondere Kündigungsschutz? Im zweiten Teil der Webinarrreihe stehen die besonderen arbeitsrechtlichen Schutzvorschriften von (schwer-)behinderten Menschen im Mittelpunkt.
4,8
115 Bewertungen
Artikel teilen

War der Artikel hilfreich?

noch keine Bewertungen

Interessante
Seminare

Praktische
Arbeitshilfen

Musterbriefe

Ab­schluss ei­ner In­klu­si­ons­ver­ein­ba­rung
Alle anzeigen

Checklisten

Be­schäf­ti­gung Schwer­be­hin­der­ter – ar­beits­recht­li­che Pflicht

Urteile

Alle anzeigen

Das könnte Sie interessieren
Weitere Artikel zum Thema