Freistellung des Betriebsrats von Rechtsanwaltskosten für die Vertretung der Jugend- und Auszubildendenvertretung in Verfahren nach § 78a Abs 4 BetrVG

BAG 7 ABR 83/10 vom 18. Jan. 2012

Wann der Betriebsrat der Jugend- und Auszubildendenvertretung (JAV) einen Rechtsanwalt zur Seite stellen darf, hat das Bundesarbeitsgericht entschieden.

Der Fall

Im Streit steht die Verpflichtung einer Arbeitgeberin zur Freistellung des Betriebsrats von Rechtsanwaltskosten. Die Arbeitgeberin betrieb Klinken und beschäftigte ca. 2.700 Arbeitnehmer, darunter ca. 25 Auszubildende. Sodann beantragte sie in mehreren Verfahren beim Arbeitsgericht die Auflösung der Arbeitsverhältnisse von 5 Mitgliedern der Jugend- und Auszubildendenvertretung nach § 78a Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG). Sie wollte die Auszubildendenvertreter also nicht übernehmen. Der Betriebsrat hatte einen Rechtsanwalt für seine Vertretung bestellt sowie einen weiteren Rechtsanwalt für die Vertretung der Jugend- und Auszubildendenvertretung (JAV). In dem Gerichtsverfahren wurde der Betriebsrat durch die Rechtsanwälte I&R vertreten, während die Rechtsanwälte W&A in dem gleichen Verfahren als Bevollmächtigte der Jugend- und Auszubildendenvertretung auftraten. Die Rechtsanwälte W&A reichten beim Betriebsrat 5 Kostenrechnungen ein. Die Arbeitgeberin weigerte sich, den Betriebsrat von diesen Kosten festzustellen.

Die Entscheidung des Gerichts

Das Bundesarbeitsgericht entschied, dass nach § 40 Abs. 1 BetrVG grundsätzlich der Arbeitgeber die durch die Tätigkeit des Betriebsrats entstehenden Kosten zu tragen hat. Dies gilt unzweifelhaft auch für Honorarkosten für einen Rechtsanwalt, dessen Heranziehung der Betriebsrat in einem arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren für erforderlich halten durfte. Allerdings darf er bei der Wahl seiner Rechtsverfolgung bzw. Verteidigung das Interesse des Arbeitgebers an der Begrenzung der Kosten nicht außer Acht lassen. Die JAV ist kein eigenständiger Repräsentant der jugendlichen Arbeitnehmer und kein selbständiges Mitwirkungsorgan der Betriebsverfassung. Ihre Rechte und Pflichten bestehen gegenüber dem Betriebsrat, nicht gegenüber dem Arbeitgeber. Deshalb darf die JAV auch nicht selbst einen Rechtsanwalt beauftragen. Es ist Sache des Betriebsrats, dass die Standpunkte und Interessen der JAV Beachtung finden. Letztendlich entschied also das Bundesarbeitsgericht, dass der Betriebsrat keinen Anspruch auf Freistellung von dem im Antrag bezeichneten Rechtsanwaltskosten hat. Er bleibt also auf den Kosten des Rechtsanwalts, der die JAV vertreten hat, sitzen.

Das bedeutet die Entscheidung für Sie

Der Betriebsrat und erst recht die JAV besitzen kein eigenes Geld. Deshalb ist bei Ausgaben, hier insbesondere bei Beauftragung von Rechtsanwälten, besondere Vorsicht an den Tag zu legen, denn letztendlich muss derjenige die Musik bezahlen, der sie bestellt. Ob und inwieweit Rechtsanwälten dabei Aufklärungspflichten zukommen, ist eine ganz andere Frage.