Der Arbeitgeber darf Betriebsratssitzungen als Präsenzsitzungen pandemiebedingt untersagen

ArbG Regensburg Az. 2 BVGa 7/20 vom 7. Dez. 2020

Der Fall: 

Die Arbeitgeberin betrieb Wohnheime und Förderstätten für Menschen mit geistiger Behinderung oder Mehrfachbehinderung und beschäftigte knapp 300 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Der Betriebsrat wollte nun eine Betriebsratssitzung abhalten. Die Arbeitgeberin untersagte das im Rahmen eines von ihr wegen der herrschenden Corona-Pandemie erstellten Hygienekonzepts. Sämtliche Präsenzveranstaltungen waren von ihr verboten worden. Zuvor hatte der Betriebsrat bereits drei Sitzungen mit einer von der Arbeitgeberin zur Verfügung gestellten technischen Ausrüstung digital durchgeführt. Nun wollte sich der Betriebsrat gegen das Verbot zur Wehr setzen und beantragte den Erlass einer einstweiligen Verfügung. Am Tag vor der mündlichen Anhörung vor der Kammer des Arbeitsgerichts erfuhr die Arbeitgeberin, dass unter anderem in zwei ihrer Wohnheime Infizierungen mit dem Coronavirus erfolgt waren.

Die Entscheidung des Gerichts: 

Die Richter waren anderer Ansicht. Im Einzelfall kann das aktuelle Infektionsgeschehen der Corona-Pandemie es erfordern, dass ein Betriebsrat seine Betriebsratssitzungen digital im Sinne des § 129 Abs. 1 BetrVG durchzuführen hat. Es bestand hier kein besonderer Anlass, die Regelsitzungen des Betriebsrats im Dezember als Präsenzsitzungen durchzuführen. Die Vorschrift des § 129 BetrVG will gerade der Situation um die COVID-19-Pandemie und den damit verbundenen Schwierigkeiten einer Präsenzsitzung Rechnung tragen. Es soll Rechtssicherheit für diese Ausnahmesituation geschaffen und den Arbeitnehmervertretungen ermöglicht werden, Sitzungen und Beschlussfassungen mittels Video- und Telefonkonferenz einschließlich online gestützter Anwendungen durchzuführen. Die Norm des § 129 Abs. 1 Satz 1 BetrVG ist dabei zwar als „Kann“-Vorschrift ausgestaltet, was dem Betriebsratsvorsitzenden, der die Sitzungen einberuft, grundsätzlich ein Ermessen einräumt. Dieses Ermessen ist aber pflichtgemäß auszuüben. Treten besondere Umstände hinzu, kann sich das Ermessen auch auf null reduzieren mit der Folge, dass der Betriebsrat im zeitlichen Geltungsbereich des § 129 BetrVG verpflichtet ist, von den dort vorgesehenen technischen bzw. digitalen Möglichkeiten Gebrauch zu machen, wenn solche zur Verfügung gestellt sind und es der Sitzungsinhalt zulässt. Das war hier im Ergebnis der Fall gewesen.

Das bedeutet die Entscheidung für Sie: 

Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung, die allerdings rechtlich durchaus nachvollziehbar ist. Eine Allgemeingültigkeit ist daraus nicht ableitbar.