Corona-Impfpflicht im Betrieb

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Seit dem 16.03.2022 gilt die sogenannte „Einrichtungsbezogene Impfpflicht”. Alle wichtigen Fakten sowie die rechtlichen Hintergründe zu diesem Thema finden Sie hier.

Corona-Impfampulle

Einrichtungsbezogene Impfpflicht

Impfpflicht in Gesundheits-, Pflege- und Betreuungseinrichtungen

Grundsätzlich gibt es keine allgemeine staatliche Impfpflicht. Ab März 2022 ändert sich dies jedoch für Menschen, die in Gesundheitseinrichtungen arbeiten oder Menschen mit Behinderung betreuen. Für diese gilt dann nach § 20 a IfSG eine Impfpflicht gegen Covid-19.

Bis 15.03.2022 müssen diese Personen nachweisen, geimpft, genesen oder aus medizinischem Grund nicht impfbar zu sein. Ab 16.03.2022 ist der Nachweis bei der Einstellung vorzulegen.

Dies wirft einige Fragen auf. Einige davon greifen unsere Rechtsanwälte Niklas Pastille und Tobias Gerlach in folgendem Video auf:

Gibt es weitere Impfpflichten im Betrieb?

Daneben gibt es noch die seit dem 01.03.2020 von der Ständigen Impfkommission (STIKO) empfohlene Masern-Impfung. Durch das Gesetz für den Schutz vor Masern und zur Stärkung der Impfprävention wurde hierfür das Infektionsschutzgesetz in § 20 Abs. 8, 9 IfSG angepasst.

Sowohl für den Zutritt zu gewissen Einrichtungen als auch für die Aufnahme einer Tätigkeit in einer solchen Einrichtung muss demnach ein Impfnachweis erbracht werden. Das Bundesverfassungsgericht hat mit Beschluss vom 11.05.2020 die Verfassungsmäßigkeit von § 20 Abs. 8 und 9 IFSG im Eilverfahren bestätigt.

Kann der Arbeitgeber verlangen, dass sich alle Beschäftigten gegen Corona impfen lassen?

Nein, die Impfung gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 ist freiwillig. Keinesfalls dürfen Arbeitgeber die Impfung von Beschäftigten einseitig anordnen, da das arbeitgeberseitige Direktionsrecht gemäß § 315 BGB billiges Ermessen zu wahren hat und eine entsprechende Anordnung dem verfassungsmäßig garantierten Persönlichkeitsrecht sowie dem Recht auf körperliche Unversehrtheit zuwiderliefe.

Üben Arbeitgeber gleichwohl Druck auf die Beschäftigten aus, sich gegen ihren freien Willen impfen zu lassen, kann dies im Einzelfall sogar strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Eine erzwungene oder unter Vorspiegelung falscher Tatsachen herbeigeführte Einwilligung ist nicht mehr freiwillig und somit unwirksam.

Ohne Impfung kein Gehalt?

Nein! Der Arbeitgeber kann die Impfung auch nicht mittelbar durchsetzen, indem er sich beispielsweise bis zur Impfung auf ein vermeintliches Zurückbehaltungsrecht beruft, da er keinen Anspruch auf Impfung gegenüber den Arbeitnehmern hat. Abgesehen davon würde er mit einer solchen Sanktion auch gegen das Maßregelungsverbot aus § 612 a BGB verstoßen. Dieses verbietet die Benachteiligung von Beschäftigten, wenn sie sich auf ihre bestehenden Rechte (hier: Recht auf körperliche Unversehrtheit, allgemeines Persönlichkeitsrecht) berufen.

Kann der Arbeitgeber mir ohne Impfung den Zugang zur Arbeitsstätte verwehren?

Es ist durchaus denkbar, dass Arbeitgeber sich auf ihr Hausrecht berufen und den Zutritt zum Betriebsgelände an Bedingungen (z.B. eine Corona-Impfung) knüpfen könnten. Es gilt dabei aber zu beachten, dass dies nicht unbedingt den Vergütungsanspruch der Beschäftigten entfallen lässt, der Arbeitgeber vielmehr zur Zahlung von Annahmeverzugslohn verpflichtet bleibt. Hier kommt es sodann aber auf den Einzelfall und insbesondere die Frage an, ob der Beschäftigte auch ohne die Impfung und dem Zugang zu Arbeitsstätte in der Lage ist, seine Arbeit wie vertraglich geschuldet auszuführen (z.B. im Home-Office).

Kann eine Impfpflicht im Betrieb durch Betriebsvereinbarung und / oder Arbeitsvertrag geregelt werden?

Eine derartige arbeitsvertragliche Klausel würde einer AGB-Kontrolle nach den §§ 305ff. BGB nicht standhalten. Zwar hat der Arbeitgeber grundsätzlich durchaus ein legitimes Interesse daran, dass seine Arbeitnehmer durch eine Impfung ausreichend vor einer Infektion mit dem Corona-Virus geschützt sind. Das ist jedoch abzuwägen mit den Interessen der einzelnen Arbeitnehmer, insbesondere deren Recht auf körperliche Unversehrtheit. Diese Abwägung wird, vor allem unter Achtung der hohen Eingriffsintensität einer Impfung, in der Regel zugunsten des Arbeitnehmers ausgehen.

Auch in einer Betriebsvereinbarung kann eine Impfpflicht nicht verankert werden. Denn auch die Betriebsparteien haben gemäß § 75 Abs. 1 BetrVG die Grundsätze von Recht und Billigkeit zu wahren. Dementsprechend können sie derartige Grundrechtseingriffe gleichfalls nicht regeln.

Gibt es ein Fragerecht des Arbeitgebers?

Das arbeitgeberseitige Fragerecht beschränkt sich grundsätzlich nur auf Sachverhalte, an denen dieser ein berechtigtes und schutzwürdiges Interesse hat. Aber selbst wenn ein solches besteht, ist zu berücksichtigen, dass es sich bei Angaben zum Impfstatus um besonders schützenswerte Gesundheitsdaten im Sinne des Art. 9 DSGVO handelt und entsprechend eine Abwägung mit dem grundgesetzlich geschützten allgemeinen Persönlichkeitsrecht vorzunehmen ist.

Ob die Kenntnis des Arbeitgebers im Hinblick auf eine etwaige Impfung zur Durchführung des Arbeitsverhältnisses im Sinne des § 26 Abs. 1 BDSG erforderlich ist, kann aber auch vor allem dann zweifelhaft sein, wenn das Arbeitsverhältnis auch unabhängig vom Impfstatus des Beschäftigten durchführbar ist.

Mitbestimmung des Betriebsrats im Zusammenhang mit der Corona-Impfung

Wie oben bereits dargelegt sind Regelungen zur Einführung einer verpflichtenden Corona-Impfung nicht möglich, vgl. § 75 BetrVG. Auch Sanktionen gegen nicht geimpfte Arbeitnehmer kommen bereits aus Rechtsgründen nicht in Betracht. Möglich sind jedoch etwaige Anreize zur Impfung oder auch Regelungen zu Impfmodalitäten, wie z.B.:

  • Auflegen eines (freiwilligen) betrieblichen Impfprogramms
  • bezahlte Freistellung zur Wahrnehmung eines Impftermins
  • Gewährung von Impfprämien

Je nachdem, welche Regelungen zur Disposition stehen, können Fragen des Ordnungsverhaltens gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG bzw. des Arbeits- und Gesundheitsschutzes gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG berührt sein – verbunden mit einem entsprechenden Initiativrecht des Betriebsrates. Darüber hinaus sollte auch stets der Gleichheitsgrundsatz im Auge behalten werden, z.B. wenn das jeweilige Angebot nur auf wenige Arbeitnehmergruppen beschränkt werden soll.

Müssen Arbeitgeber die Impfung kostenfrei anbieten?

Nein, Arbeitgeber können nicht verpflichtet werden, Corona-Impfungen durchzuführen und / oder zu bezahlen. Es ist allein Sache eines Arbeitgebers, für seinen Betrieb und seine Belegschaft zu entscheiden, welche konkreten Schutzmaßnahmen er ergreifen möchte. Sofern sich ein Arbeitgeber aber entscheidet, kostenfrei Impfungen etwa über den Betriebsarzt anzubieten, muss er unter Berücksichtigung des Gleichbehandlungsgrundsatzes diese Zuwendung allen Beschäftigten seines Betriebes anbieten.

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