Welcher Freistellungsmodus ist der richtige für Ihr SBV-Amt?
Sie wollen die beste Vertrauensperson werden, die Sie sein können, doch leider ist Ihre Zeit manchmal etwas knapp? Wir möchten Sie dabei unterstützen. Lesen Sie, welche Möglichkeiten Sie haben, sich von der Arbeit freistellen zu lassen. Denn genau wie Betriebsräte haben Sie einen gesetzlichen Anspruch darauf.
Möglichkeiten der Freistellung
Grundsätzlich haben Sie die Möglichkeit, sich freistellen zu lassen, wenn Sie Termine zur Erfüllung Ihrer Amtsaufgaben haben. Seien es einmalige Angelegenheiten wie die Besichtigung eines bestimmten Arbeitsplatzes, die Begleitung zu einem BEM-Gespräch oder auch wiederkehrende Termine wie die Teilnahme an Betriebsratssitzungen oder eben die eigene SBV-Sprechstunde, die Sie abhalten. Für all diese Tätigkeiten können Sie sich anlassbezogen freistellen lassen.
Wenn die Mitarbeiterzahl oder das Arbeitsaufkommen für die SBV das ermöglichen, können Sie sich sogar vollständig oder teilweise von der Arbeit freistellen lassen.
Freistellung grundsätzlich nach bestem Wissen und Gewissen
Als Vertrauensperson für (schwer-)behinderte Menschen sind Sie nicht nur betriebliche Interessenvertretung, sondern auch Mitarbeiterin des Unternehmens. Dies verlangt von Ihnen, Ihre vertraglichen Arbeitsaufgaben weiterhin zu erfüllen. Um Ihre Amt ausüben zu können, ohne dabei Ihre arbeitsrechtlichen Verpflichtungen zu vernachlässigen, steht Ihnen ein gesetzlicher Anspruch auf vorübergehende Freistellung von der Arbeit zu. Dies gilt, sofern es aus spezifischem Anlass zur Erfüllung Ihrer Amtsaufgaben notwendig ist. Es ist Ihre Aufgabe, sorgfältig und unter angemessener Berücksichtigung aller Umstände zu entscheiden, ob diese Freistellung erforderlich ist. Eine Einwilligung des Arbeitgebers ist dafür nicht erforderlich.
Anlassbezogene Freistellung
Ihre Tätigkeit als Schwerbehindertenvertretung hat Vorrang vor den arbeitsvertraglichen Pflichten.
Führen Sie doch einen Freistellungskalender darüber. Aus dem Muster, das sich ergibt, können Sie mit dem Arbeitgeber vorausschauend Ihre Freistellungszeiträume planen. Dann wissen Sie auch, wieviel Zeit Ihnen bleibt, um Ihrer Ursprungstätigkeit nachzugehen, oder ob Sie sich bereits in Richtung Voll- oder Teilfreistellung bewegen.
Auch der Arbeitgeber profitiert von einem solchen Freistellungskalender, denn dann kennt er Ihren Arbeitsrhythmus und die Freistellungszeiträume und muss nicht damit rechnen, dass Sie sich jederzeit bei ihm abmelden, um SBV-Aufgaben wahrzunehmen.
Vollständige oder teilweise Freistellung
Die Vertrauensperson hat einen Anspruch auf vollständige Freistellung, wenn im Betrieb in der Regel mindestens 100 schwerbehinderte und ihnen gleichgestellte Personen beschäftigt werden. Da der Arbeitgeber ohnehin ein Verzeichnis über diese Mitarbeiter führen muss, können Sie von ihm diese Information problemlos erhalten. Wenn Sie die Entwicklung der Anzahl der (schwer-)behinderten in den vorausgegangenen Jahren betrachten, kommen Sie auch leicht zu einer Prognose darüber, wie sich diese Anzahl in der näheren Zukunft entwickeln wird. Diese Prognose ist deshalb interessant für Sie, weil Sie damit Aussagen über eine künftige Freistellung treffen können.
- Um sich ausreichend Zeit für die Aufgaben der SBV freizuhalten, können Sie mit dem Arbeitgeber eine Inklusionsvereinbarung treffen, in der beispielsweise festgelegt wird, ab wann die Vertrauensperson vollständig freigestellt wird oder dass eine Freistellung auch erhalten bleiben soll, wenn die 100-Personen-Marke zeitweise unterschritten wird.
- In manchen Fällen ergibt sich das Erfordernis einer kompletten Freistellung auch aus dem hohen Arbeitsaufkommen aufgrund komplexer und zahlreicher Fallgestaltungen im Unternehmen.
- Mehr zur Vereinbarung einer Inklusionsvereinbarung erfahren Sie in unserem Artikel zur Inklusionsvereinbarung.
Sind Sie dann vollständig freigestellt, kann der Arbeitgeber über Sie kein Direktionsrecht mehr ausüben. Sie müssen sich auch nicht mehr bei Ihrem bisherigen Vorgesetzten abmelden.
Auch eine Aufteilung der Freistellung beispielsweise zwischen der Vertrauensperson und ihrem Stellvertreter ist möglich. Eine teilweise Freistellung kann sich anbieten, wenn die Schwerbehindertenvertretung sich nicht ganz von ihrer Arbeit lösen möchte oder wenn verschiedene Betriebsteile existieren.
Vergütung während und außerhalb der Arbeitszeit
Für Tätigkeiten während der Arbeitszeit ist das reguläre Gehalt weiterzuzahlen. Demnach muss der Arbeitgeber nicht nur ein Grundgehalt weiterzahlen, sondern auch etwaige Nebenbezüge, Schichtzuschläge, Boni und Akkordlöhne.
Häufig können die Vertrauenspersonen etwaige Zielvereinbarungen oder Akkordleistungen nicht mehr erreichen, weil sie zeitlich in ihre SBV-Aufgaben zu stark eingebunden sind. Dann wird bei der Ermittlung der auszuzahlenden Beträge die bisher erzielte durchschnittliche Leistung zu Grunde gelegt oder ein vergleichbarer Kollege als Vergleichswert herangezogen.
Um Auseinandersetzungen mit dem Arbeitgeber hinsichtlich der Höhe der zu zahlenden Vergütung zu vermeiden, können Sie eine Vergütungsvereinbarung mit Ihrem Arbeitgeber treffen, die verbindlich festlegt, welches und wieviel Entgelt Sie bekommen.
Wenn die Vertrauensperson oder ein Stellvertreter aus betriebsbedingten Gründen außerhalb der persönlichen Arbeitszeit ihre SBV-Aufgaben wahrnimmt, etwa eine Betriebsratssitzung besucht, gilt ebenfalls das Prinzip der Lohnfortzahlung.
Fazit
Der goldene Rat – wer schreibt, der bleibt – gilt auch für das Amt der Schwerbehindertenvertretung. Sie können energieraubende Auseinandersetzungen mit dem Arbeitgeber vermeiden, wenn Sie als Vertrauensperson entweder einen Freistellungskalender führen, in einer Inklusionsvereinbarung Ihre vollständige oder teilweise Freistellung regeln und mit einer Vergütungsvereinbarung Klarheit über Ihr zu zahlendes Entgelt schaffen.