Reisekosten für BR-Mitglieder

BAG Erfurt Az. 1 ABR 40/74 vom 28. Apr. 1975

Leitsatz

1. Betriebsratsmitglieder, die in dieser Eigenschaft eine Dienstreise unternehmen, haben nicht ohne weiteres Anspruch auf Benutzung der 1. Klasse der Bundesbahn.

2. Ist zu beurteilen, ob der Arbeitnehmer (Betriebsratsmitglied) infolge Abwesenheit von zu Hause eine Haushaltsersparnis hat, so finden dabei zwar im Verhältnis zum zahlungspflichtigen Arbeitgeber die Lohnsteuerrichtlinien keine Anwendung, doch können sie Erfahrungswerte vermitteln.

3. Spesen für Reisetage ("Zehrgeld") hat der Arbeitnehmer (Betriebsrat) zu belegen, es sei denn, daß eine betriebliche Reisekostenregelung oder die betriebliche Praxis die Pauschalierung zulassen.

Tatbestand

I. Der Antragsteller ist am 28. April 1972 erstmals in den aus 11 Mitgliedern bestehenden Betriebsrat bei der Antragsgegnerin gewählt worden. Er hat am 1. Juni, 22.Juni und 13. Juli 1972 an eintägigen Informationsveranstaltungen zur Einführung in das neue Betriebsverfassungsgesetz teil­genommen. Die Antragsgegnerin zahlte für diese Tage den Lohn weiter und übernahm für die Veranstaltung vom 1. Juni auch die Teilnehmergebühr in Höhe von 10,— DM. Bei weiteren zwei bzw. drei Betriebsratsmitgliedern, die an diesen eintägigen Veranstaltungen teilgenommen hatten, verfuhr die Antragsgegnerin in gleicher Weise. In der Zeit vom 23. Oktober bis 28. Oktober 1972 führte die IG Metall, deren Mitglied der Antragsteller ist, in der SchulungsStätte H bei D eine Schulungsveranstaltung mit der Bezeichnung "Seminar für Betriebsratsmitglieder I" durch. Dieses Seminar und das zweiwöchige "Seminar für Betriebsratsmitglieder II" werden von der IG Metall seit Jahren durchgeführt.

Aufgrund Beschlusses des Betriebsrats, der der Antrags­gegnerin am 5* September 1972 mitgeteilt wurde, nahm der Antragsteller in der vorerwähnten Zeit an dem Seminar I teil. Die Antragsgegnerin stellte den Antragsteller für diese Zeit zwar von der Arbeit frei, verweigerte aber sowohl die Lohnfortzahlung wie auch die Übernahme aller Kosten, die durch die Teilnahme an dem Seminar entstanden. Der vorerwähnten Schulungsveranstaltung lag folgender Themenplan zugrunde:

1. Tag: Aufgaben des Betriebsrats am Beispiel des § 80 Abs. 1 Ziff. 1 BetrVG

- Umfang, Voraussetzungen, Mittel zur Er­füllung der Aufgaben -

2. Tag: Organisation der Betriebsratstätigkeit und weitere Prägen der Geschäftsführung Punktionen des Betriebsrats im Zusammenhang mit den §§ 2 und 74- BetrVG

3. Tag: Die weiteren allgemeinen Aufgaben des Betriebsrates Grundsätze für die Gleichbehandlung der Arbeitnehmer Individualrechte der Arbeitnehmer im Betrieb und die Unterstützungsfunktion der Betriebs­rat smitglieder 

4. Tag: Betriebs-, Teil-, Abteilungsversammlung Arbeitsgruppen zu den behandelten Themen

5. Tag: Berichte der Arbeitsgruppen und Diskussion Mitwirkung und Mitbestimmung des Betriebsrats bei personellen Einzelmaßnahmen

6. Tag: Kurzinformationen über andere Bestimmungen des Betriebsverfassungsgesetzes Die Teilnehmer erhielten in der SchulungsStätte Unterkunft und volle Verpflegung. Mit dem vorliegenden Verfahren erstrebt der Antrag­steller die Zahlung der mit der Teilnahme an dem Seminar verbundenen Kosten. Er macht für jeden Schulungstag 4-8,— DM geltend, die ihm von der Gewerkschaft in Rechnung gestellt worden sind. Er hat dazu vorgetragen, die der Gewerkschaft tatsächlich entstandenen Kosten hätten sich auf insgesamt

94,— DM täglich belaufen. Außerdem fordert er Er­stattung der Fahrtkosten für die 1. Klasse Bundesbahn sowie für den An- und Abreisetag Spesen von je 11,— DM. Daraus errechnen sich:

Teilnehmergebühr pro Tag   48,— DM,

für 6 Tage                                  288,— DM

Fahrtkosten                                 71,20 DM

Spesen für An- und Abreise           22,— DM

insgesamt                                 381,20 DM

 

Der Antragsteller und der beteiligte Betriebsrat ver­treten die Auffassung, das besuchte Seminar habe Kenntnisse vermittelt, die für die Betriebsratstätigkeit des Antrag­stellers erforderlich gewesen seien. Das ergebe sich be­reits aus dem Themenkreis des Seminars. Zur Vermittlung dieser Kenntnisse sei die einwöchige Dauer des Seminars notwendig gewesen. Die Entfernung des Schulungsorts vom Wohnsitz des Antragstellers sei unvermeidlich. Ortsnahe Schulungen seien wegen des Mangels an geeigneten Lehr­kräften und wegen Fehlens besonderen Lehrmaterials nicht ausreichend, um das notwendige Schulungsziel zu erreichen. Daher seien die entstandenen Fahrkosten nicht als unver­hältnismäßig anzusehen. Auch das geforderte Zehrgeld sei angemessen. Weiter trägt der Antragsteller vor, er habe in dem berechtigten Bestreben, sich die erforderlichen  Kenntnisse anzueignen, keine andere Möglichkeit gehabt, als zu einem Tagespreis von 48,— DM die Schulungsstätte H zu besuchen. Schulungsstätten außerhalb des gewerkschaftlichen Bereichs seien zum Teil erheblich teurer. Der Antragsteller hat - in der Beschwerdeinstanz mit Unterstützung des beteiligten Betriebsrats - beantragt, die Antragsgegnerin zu verpflichten, an den Antragsteller 381,20 DM zuzüglich 4 % Zinsen seit dem 1. November 1972 zu zahlen.

Die Antragsgegnerin hat beantragt, den Antrag zurückzuweisen. Sie vertritt die Ansicht, bei dem Seminar habe es sich für den Kläger nicht um eine Schulungs- und Bildungsveran­staltung im Sinne des § 37 Abs.6 BetrVG 1972 gehandelt. Sein Teilnahme an dem Seminar sei schon deshalb nicht erforderlich gewesen, weil er bereits an drei eintägigen Schulungen teil­genommen gehabt habe. Das Seminar habe auch keine umfassende Einführung in das Betriebsverfassungsrecht gebracht; es sei als Eingangsseminar zu dem "Seminar für Betriebsräte II" ge­dacht. Dementsprechend seien wichtige Themenkreise in dem Seminar I überhaupt nicht berührt worden. Das mache diese Schulung unvollständig. Abgesehen davon sei es nicht Aufgabe einer Schulungsveranstaltung nach § 37 Abs. 6 BetrVG 1972, Grundkenntnisse zu vermitteln. Insoweit müsse sich der Antragsteller auf § 37 Abs. 7 BetrVG 1972 verweisen lassen. Ferner habe das Seminar die im Rahmen des § 37 Abs. 6 BetrVG 1972 mögliche zeitliche Höchstgrenze überschritten. Die Höhe der vom Antragsteller angegebenen Kosten werde bestrittex Äußerstenfalls könne der Arbeitgeber verpflichtet sein, die tatsächlichen Unkosten einer Schulung zu erstatten. Zur Gewinnerzielung des Veranstalters könne er nicht herangezogen werden. Das Landesarbeitsgericht hat durch Auflagenbeschluß dem Antragsteller aufgegeben, die täglichen Lehrgangskosten im einzelnen aufzuschlüsseln und Beweismittel zu benennen, sowie zu dem Spesenanspruch seinen Vortrag zu ergänzen. Der Antragsteller hat daraufhin zu den Schulungskosten folgende Aufstellung eingereicht:

 

                                        im Jahr                      pro Tag

Referenten                        37.279,—DM              103,55 DM

Warenverbrauch                107.016,—DM             297,27 DM

Personalkosten                  866.788,—DM             2.4-07,74 DM

Steuern und Versicherung   29-563,—DM              82,12 DM

Instandhaltungen               57.757,—DM              160,44- DM

Energiekosten                    60.927,—DM              169,24 DM

Büromaterialien und

ähnliche Aufwendungen      58.606,—DM              162,79 DM

 

insgesamt                         1.217.936,—DM          3.383,15 DM

 

Hierzu hat der Antragsteller erklärt, eine weitere Aufschlüsselung könne er nicht beibringen; er halte auch eine Ergänzung nicht für erforderlich. Das Arbeitsgericht hat den Antrag zurückgewiesen. Auf die Beschwerde des Antragstellers und des beteiligten Betriebsrats hat das Landesarbeitsgericht den Beschluß des Arbeitsgerichts teilweise abgeändert und die Antrags­gegnerin verpflichtet, dem Antragsteller 7"l 520 DM Fahrtkosten zu erstatten. Im übrigen hat es die Beschwerde(n) zurückgewiesen und die Rechtsbeschwerde zugelassen. Die Beschwerdeentscheidung ist im wesentlichen wie folgt be­gründet: Das vom Antragsteller besuchte Seminar habe der Bestimmung des § 37 Abs. 6 BetrVG 1972 entsprochen. In diesem Verfahren sei aber auch zu entscheiden, ob bei dem vom Antragsteller begehrten Kostenersatz der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt sei. Schulungen in zentralen SchulungsStätten der Gewerkschaften böten im allgemeinen eine größere Gewähr für einen hohen Wirkungsgrad als von Fall zu Fall organisierte ortsnahe Schulungen. Durch die Benutzung der 1. Klasse der Bundes­bahn habe der Antragsteller den Grundsatz der Verhältnis­ mäßigkeit der Kosten nicht verletzt. In Wirtschaftsbe­trieben sei es allgemein üblich, daß Arbeitnehmern, deneneine besondere Funktion übertragen sei, im Rahmen ihrer betrieblichen Tätigkeit die 1. Klasse der Bundesbahn be­nützen dürfen. Dieser Grundsatz müsse entsprechend auch auf Betriebsratsmitglieder angewendet werden. Mitglieder des Betriebsrats, die in dieser Funktion die Bundesbahn als Beförderungsmittel benützten, seien untereinander gleichgestellt und der günstigsten Berechtigungsgruppe des Betriebes zuzuordnen. Die Antragsgegnerin habe nicht vorgetragen, daß in ihrem Betrieb entgegen der Üblichkeit der Wirtschaft eine Berechtigung zur Benutzung der 1. Bahn­klasse nicht bestehe. Soweit der Antragsteller für An- und Abreise ein Zehrgeld von je 11,00 DM fordere, habe er nicht dargelegt, daß ihm solche Kosten entstanden seien. Nach § 40 Abs. 1 BetrVG 1972 seien die "entstehenden Kosten" zu tragen. Daraus folge die Berechtigung des Arbeitgebers, einen Kostennachweis zu fordern, soweit im Betrieb nicht eine pauschalierte Reisekostenordnung bestehe. Der Hinweis des An­tragstellers auf die steuerlichen Grundsätze über die Berück­sichtigung von Reisekosten bei den Werbungskosten gehe an der Sache vorbei. Hier gehe es nicht um Ansprüche des Fiskus, sondern um ein berechtigtes Verlangen des Arbeitgebers als Zahlungspflichtigem. Auch für den täglichen Schulungsbeitrag von 48,— IM könne grundsätzlich ein Kostennachweis gefordert werden. Diesen habe der Antragsteller nicht erbracht. Auch im Beschlußverfahren seien die Beteiligten verpflichtet,-aus­ reichend darzulegen. Demgegenüber greife die Überlegung des Antragstellers, ein Lehrgang dieser Art werde ihm nur zu einem Tagespreis von 48,— IM angeboten, nicht durch. Ange­sichts der im Betriebsverfassungsgesetz vorgenommenen Ein­schaltung der Gewerkschaften in die Belange der Betriebsver­fassung könnten für die Schulung nur Gestehungskosten ge­fordert werden. Der Arbeitgeber könne nicht verpflichtet werden, zur Gewinnerzielung gewerkschaftlicher Einrichtungen beizutragen. Deshalb müsse ihm das Recht eingeräumt werden, eine ausreichende Aufschlüsselung der Kosten zu verlangen; auf eine Pauschalierung könne er solange nicht verwiesenwerden, wie es unterlassen werde, durch Kollektivverein­barungen pauschalierte Sätze festzusetzen. Das Landes­arbeitsgericht hat die Rechtsbeschwerde zugelassen. Während die Antragsgegnerin mit ihrer Rechtsbeschwerde die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Beschlusses erstrebt, verfolgen die Rechtsbeschwerden des Antragstellers und des beteiligten Betriebsrats die Zuerkennung aller geltend gemachten Kosten weiter.

Entscheidungsgründe

II. Die Rechtsbeschwerden sind zum Teil begründet, teil­weise jedoch unbegründet.

A. Die Antragsgegnerin (Arbeitgeberin) ist im vorliegenden Verfahren nur durch die Zuerkennung der Fahrtkosten an den Antragsteller beschwert. Was zunächst die "Erforderlichkeit" im Sinne von § 37 Abs. 6 BetrVG '1972 der vom Antragsteller besuchten gewerkschaftlichen Schulungsveranstaltung angeht, so hat diese das Landesarbeitsgericht zu Recht angenommen. Seine Auffassung dazu hat der Senat im Urteil vom 29. April 1975 - 1 AZR 573/75 - über den Lohnfortzahlungsanspruch des Antragstellers für die Dauer des Besuches der hier in Rede stehenden Schulungsveranstaltung bestätigt. Über­trägt man die dort gemachten Erwägungen des Senats auf das vorliegende Beschlußverfahren, in welchem es um die Kosten der Schulungsveranstaltung geht, so bleibt auf die Rechts­beschwerde der Antragsgegnerin noch zu prüfen, ob die hier geltend gemachten Fahrtkosten dem Grunde nach gerecht­fertigt sind und ob der Antragsteller auch Anspruch auf Ersatz der Fahrtkosten für die 1. Wagenklasse der Bundes­bahn hat.

1. Die Fahrtkosten des Antragstellers zur Schulungs­stätte H sind dem Grunde nach gerechtfertigt. Die Antragsgegnerin wendet zwar ein, die Schulung hätte er­forderlichenfalls ortsnäher (zum Betriebssitz oder Arbeits­ort) erfolgen können. Schulungen in zentralen Schulungs­stätten sind aber erfahrungsgemäß effektiver. Starkdezentralisierte Schulungen werden - ebenfalls erfahrungs­gemäß - in aller Regel schon daran scheitern, daß Lehr­personen, die den Schulungsstoff in geeigneter und auch pädagogischen Anforderungen genügender Weise vermitteln können, in ausreichender Zahl nicht zur Verfügung stehen. Der Einwand der Antragsgegnerin kann aber schon deshalb nicht als begründet erachtet werden, weil sie es verab­säumt hat, substantiiert vorzutragen, wo und wann die Gelegenheit für den Antragsteller bestanden hätte, gleich­artige und gleichwertige ortsnähere Schulungsveranstaltungen zu besuchen. Im vorliegenden Falle kommt hinzu, daß Betriebssitz und Schulungsort räumlich nicht allzuweit entfernt sind, so daß schon deshalb der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wegen Mißachtung der Möglichkeit zu einer ortsnahen Schulung nicht ohne weiteres als verletzt erscheinen kann. Die dem Antragsteller entstandenen not­wendigen Fahrtkosten hat deshalb die Antragsgegnerin nach § 40 Abs.1 BetrVG 1972 als Kosten der Betriebsratstätigkeit zu übernehmen; die Fahrtkosten sind damit dem Grunde nach gerechtfertigt.

2. Es fragt sich aber weiter, ob der Antragsteller von der Antragsgegnerin auch die Kosten für die Benutzung der 1. Wagenklasse der Deutschen Bundesbahn ersetzt verlangen kann. Entgegen der vom Landesarbeitsgericht geäußerten Auffassung vertritt der Senat den Standpunkt, daß dies nicht ohne weiteres der Fall ist. Das Landesarbeitsgericht billigt dem Antragsteller die Benutzung der 1. Wagenklasse mit der Begründung zu, daß es üblich sei, Arbeitnehmern bei Fahrten im betrieblichen Interesse die Benutzung der 1. Wagenklasse zu gestatten. Mit Recht rügt die Rechtsbeschwerde der Antragsgegnerin, diese Meinung des Landesarbeitsgerichts sei nicht näher begründet. Denn einen gültigen Erfahrungssatz dieses Inhalts gibt es nicht. Man kann auch nicht unter Hin­weis auf die entsprechende Regelung im BundespersonalVer­tretungsgesetz die Benutzung der 1. Wagenklasse durch Betriebsratsmitglieder anläßlich von Reisen, die sich aus ihrem Betriebsratsamt ergeben, zubilligen. Dort ist in § 44 Abs. 1 BPersVG nämlich - anders als hier in § 40 BetrVG 1972 eine eigene Vorschrift über die einheitliche Abrechnung solcher Kosten nach den für Beamte der Besoldungsgruppe A 15 geltenden Reisekostenbestimmungen enthalten. Das mag im Bereich des öffentlichen Dienstes aus den verschiedensten Gründen angemessen und zweckmäßig sein. Hier aber kommt es mangels einer ähnlichen Regelung ausschließlich darauf an, was für die Arbeitnehmer des konkreten Betriebes (oder Unternehmens) im Falle von Reisen im betrieblichen Interesse zu gelten hat. Dazu aber fehlen im angefochtenen Urteil nähere Feststellungen. Auch der bisherige Sachvortrag der Beteiligten läßt nicht erkennen, welche Regelungen im Betrieb gelten bzw. ob überhaupt solche Regelungen bestehen oder ob etwa von Fall zu Fall einheitlich oder differenziert entschieden wird. Aus dem Grundsatz des Begünstigungs­ und Benachteiligungsverbotes von Betriebsratsmitgliedern, der sich aus § 78 BetrVG 1972 ergibt, fplgt aber, daß sich Betriebsratsmitglieder auch und gerade bei betriebsratsbedingten Reisen so behandeln lassen müssen, wie andere Arbeitnehmer, die sich im betrieblichen Interesse von ihrem eigentlichen Arbeitsort (Arbeitsstätte) ent­fernen (vgl. für den Fall des Bestehens einer betrieb­lichen Reisekostenregelung Beschluß des Senats vom 17* September 1974- - 1 ABR 98/73 - »/demnächst/ AP Nr. 6 zu § 4-0 BetrVG 1972). Daraus folgt, daß die Rechtsbeschwerde der Antrags­ gegnerin Jedenfalls insoweit unbegründet ist, als die Fahrtkosten für die 2. Wagenklasse der Deutschen Bundes­bahn in Rede stehen. Dennoch ist der Senat daran gehindert, in diesem Sinne durchzuerkennen, denn es ist denkbar, daß - auf welcher Grundlage auch immer - dem Antragsteller vergleichbare Arbeitnehmer der Antragsgegnerin bei Reisen im betrieblichen Interesse auch die 1. Klasse ver­gütet erhalten. Deshalb ist insoweit die Zurückver­weisung an das Landesarbeitsgericht veranlaßt, damit dort der Sachverhalt weiter aufgeklärt wird und die Be­teiligten - insbesondere auch der Antragsteller, der be­züglich dieses Punktes in der Beschwerdeinstanz obsiegt hat - ihren Vortrag entsprechend ergänzen können. Im übrigen ist bisher nicht festgestellt oder vorgetragen, welche Kosten dem Antragsteller bei Benutzung der 2. Wagenklasse entstanden wären. Deshalb kann auch inso­weit nicht abschließend im Sinne des Antrags erkannt werden.

B. Was die Rechtsbeschwerde des Antragstellers und des beteiligten Betriebsrats angeht, so gilt folgendes:

1. Die Antragsgegnerin wendet sich ausdrücklich auch gegen den Umfang der Kostentragungspflicht. Insbesondere bemängelt sie, daß die Schulungskosten von täglich 48,— DM nicht detailliert und damit nicht ausreichend nachprüfbar seien. Diese Einwendung der Antragsgegnerin ist aber nicht schlüssig; das Landesarbeitsgericht hätte sich diese Ein­wendung nicht zu eigen machen dürfen. Es handelt sich nämlich, was von der Antragsgegnerin wohl nicht ernsthaft bestritten wird, um einen Betrag, den der Antragsteller selbst nicht beeinflussen konnte, sondern um Kosten, die ihm unstreitig vom Veranstalter in Rechnung gestellt werden. Man kann des­ halb von demjenigen, dem die Kosten in Rechnung gestellt wurden und der deren Ersatz aus einem gesetzlichen Grunde (hier § 40 Abs. 1 BetrVG 1972) verlangt, grundsätzlich nicht den Nachweis abverlangen, wie sich diese ihm in Rechnung ge­stellten Kosten nach der Kalkulation des Veranstalters im einzelnen zusammensetzen. Schließlich handelt es sich nicht um einen Streit zwischen dem Veranstalter und dem in Anspruch genommenen Arbeitgeber, sondern um einen Streit, der nur die Rechtsbeziehungen zwischen dem Betriebsratsmitglied und seinem Arbeitgeber betrifft. Es kommt hinzu, daß es sich bei dem Tagessatz von 48,— DM für die internatsmäßige Unter­bringung in einem Schulungsheim um einen jedenfalls steuer­lich anerkannten Erfahrungswert für tatsächlich entstandene Kosten handelt, der deshalb dem Steuerpflichtigen nicht dem Arbeitslohn zugerechnet wird (BAG AP Nr. 9 zu § 37 BetrVG 1972).

2. Eine andere Präge ist, ob der Einwand der Antrags­gegnerin durchgreift, der Antragsteller habe sich auf jeden Pall das anrechnen zu lassen, was er während der Dauer der Kursteilnahme zu Hause erspart habe. Den Abzug für sog. Haushaltsersparnis hat der Senat bereits einmal, nämlich im Beschluß vom 29. Januar 1974 - 1 ABR 34/73 - (= AP Nr. 8 zu § 37 BetrVG 1972) für berechtigt erklärt. Dort handelte es sich allerdings um eine Tagesschulung und (nur) um die Geltendmachung von Verzehrkosten. Andererseits hat der Senat - wie schon erwähnt - berücksichtigt, daß sich der Tages­satz von 48,— DM als Pauschbetrag für Mehraufwendungs- und Übernachtungskosten innerhalb der steuerlich anzuerkennenden steuerfreien Pauschbeträge hält (BAG AP Nr. 9 zu § 37 BetrVG 1972). Zwar berührt das Steuerrecht nur die Be­handlung von Einkünften (der Arbeitnehmer als Steuer­pflichtigen) unter steuerrechtlichen Gesichtspunkten, d.h. die steuerrechtlichen Vorschriften sagen nur da­rüber etwas aus, ob und ggf. welche Zuwendungen von dritter Seite dem Arbeitseinkommen des Steuerpflichtigen zuzuschlagen sind oder aber steuerfrei bleiben (Lohn­ steuerrichtlinien 1972, Abschnitt 21). Hier aber geht es um EechtsbeZiehungen zwischen Arbeitnehmer (Betriebs­rat) und Arbeitgeber unter Beachtung von § 40 Abs. 1 BetrVG 1972. Danach sind die durch die Tätigkeit des Betriebsrats entstehenden Kosten vom Arbeitgeber zu tragen. Es kann sich dabei fraglos nur um die tatsäch­lich entstehenden bzw. entstandenen Kosten handeln, die sich hier aus den entstandenen Aufwendungen für Unter­kunft und Verpflegung abzüglich der Einsparungen für die - nicht in Anspruch genommene - häusliche oder Kantinenverpflegung errechnen. Der Arbeitgeber braucht sich deshalb bei der Abrechnung mit seinen Arbeit­nehmern nicht ohne weiteres der steuerrechtlichen Regelung angleichen. Erfahrungsgemäß wird auch eine Haushaltsersparnis gegeben sein, wenn ein Angehöriger eines Familienhaushalts für mehrere Tage die häus­liche Verpflegung nicht in Anspruch nimmt. Anderer­seits wird diese Ersparnis aber ebenso erfahrungsge­mäß durch andere Aufwendungen, die der Arbeitnehmer zu Hause nicht gehabt hätte, regelmäßig wieder aufge­wogen. Für diesen Erfahrungssatz geben die steuer­rechtlichen Regelungen Hilfestellung und es ist des­halb nicht verfehlt, sich auf diese insoweit zu be­ziehen. Dafür, daß es hier anders sein könnte, gibt der Sachverhalt nichts her.

3. Den Spesenanspruch für den An- und Abreisetag hat das Landesarbeitsgericht dem Antragsteller wegen fehlenden Nachweises nicht zuerkannt. Der Antragsteller hat aber insoweit mindestens soviel vorgetragen, daß das Landesarheitsgericht (jedenfalls im Beschlußverfahren) den Antragsteller zur Ergänzung seines Vorbringens konkret hätte anhalten müssen. Es hat aber im (Auflagen-) Beschluß vom 16. Oktober 1973 lediglich auf "Bedenken" gegenüber diesem Teilanspruch hingewiesen. Der Antragsteller konnte und durfte deshalb angesichts der konkreten Auflage im gleichen Beschluß zu den eigentlichen Lehrgangskosten davon ausgehen, seiner Darlegungspflicht zu den übrigen Teilansprüchen genügt zu haben. Der vom Gericht gegebene und in Beschlußform festge­haltene Hinweis hinsichtlich der Spesen konnte vom Antrag­steller nicht ohne weiteres als (auch) auf Tatfragen bezogen verstanden werden. Dem Kläger muß deshalb Gelegenheit ge­geben werden, seiner Darlegungs- und Beweispflicht insoweit noch zu genügen. Im rechtlichen Ansatz ist dagegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts, dem Antragsteller müßten Aufwendungen in Höhe des für An- und Abreise geltendgemachten Zehrgeldes auch tatsächlich entstanden sein, bei­zupflichten, sofern keine betriebliche pauschalierende Reisekostenregelung besteht oder nach der betrieblichen Praxis solche Auslagen ohne Einzelnachweis pauschal abge­rechnet werden.