Betriebsverfassungsrechtliche Abmahnung - Entfernung aus der Personalakte - Feststellungsantrag des Betriebsrats

LAG Baden-Württemberg 8 TaBV 3/19 vom 3. Juli 2020

Der Fall: 

Der Arbeitgeber erteilte drei Betriebsratsmitgliedern jeweils eine Abmahnung. Grund hierfür war ein Streit um die Prämienberechnung für Außendienstmitarbeiter, im Zuge dessen der Betriebsrat die Außendienstler per E-Mail aufforderte, den individuellen Zielvorgaben des Arbeitgebers zu widersprechen. Der Arbeitgeber bekam hiervon Kenntnis und teilte jedem einzelnen Betriebsratsmitglied mit, dass er es wegen dieser Aufforderung betriebsverfassungsrechtlich abmahne und bei weiteren Verstößen ein Verfahren nach § 23 Abs. 1 BetrVG einleiten würde. Die Abmahnungen wurden in die jeweiligen Personalakten aufgenommen. Dies wollten die Betriebsratsmitglieder nicht hinnehmen.

Die Entscheidung des Gerichts: 

Abmahnungen, mit denen der Arbeitgeber die Amtsausübung von Betriebsratsmitgliedern rügt und Sanktionen nach § 23 Abs. 1 BetrVG androht (sog. betriebsverfassungsrechtliche Abmahnungen), dürfen unabhängig von ihrer Rechtmäßigkeit nicht in die Personalakten der Betriebsratsmitglieder aufgenommen werden. Sowohl das betroffene Mitglied, als auch das Gremium als solches können die Entfernung der Abmahnungen aus ihren Personalakten verlangen und nötigenfalls im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren durchsetzen.

Das bedeutet die Entscheidung für Sie: 

Es ist umstritten, ob der Arbeitgeber Betriebsratsmitglieder auch für ein Verhalten im Rahmen ihres Amtes abmahnen darf, in der Personalakte hat eine solche Abmahnung jedenfalls nichts zu suchen. Aber Vorsicht: Bei Ab­mah­nun­gen we­gen un­be­rech­tig­ter Be­triebs­rats­schu­lung verhält es sich anders, da hier konkrete Ansprüche ei­nes ein­zel­nen Betriebsratsmitglieds - nämlich die Freistellung - im Streit stehen, die nicht ausschließlich betriebsverfassungsrechtliche Fragen zum Inhalt haben. Hier wird überwiegend vertreten, dass entsprechende Ansprüche nur vom je­wei­li­gen Betriebsratsmitglied im Ur­teils­ver­fah­ren ge­gen den Ar­beit­ge­ber durch­ge­setzt wer­den können (vgl. LAG Ber­lin-Bran­den­burg, Be­schluss vom 02.01.2012, 10 Ta 1993/11).