Die Einigungsstelle und mobiles Arbeiten

LAG Az.: 5 TaBV 1/20 vom 25. Feb. 2020

1. Die Einigungsstelle kann für den Regelungsgegenstand "Mobiles Arbeiten", insbesondere zur Regelung der damit zusammenhängenden Fragen des Arbeitsschutzes, der Arbeitssicherheit, der Arbeitszeit und der Arbeitsstätte, zuständig sein.

2. Eine offensichtliche Unzuständigkeit der Einigungsstelle kann sich auch daraus ergeben, dass das Mitbestimmungsrecht nicht dem antragstellenden, sondern einem anderen Betriebsrat zusteht. Hat der örtliche Betriebsrat den Gesamtbetriebsrat mit der Behandlung einer Angelegenheit beauftragt, ist dieser auch für die Anrufung der Einigungsstelle zuständig.

Tenor:

Die Beschwerde der Arbeitgeberin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Stralsund (Kammern Neubrandenburg) vom 30.12.2019 - 14 BV 4/19 - wird zurückgewiesen.

Gründe

A.

Die Beteiligten streiten über die Errichtung einer Einigungsstelle zum Regelungsgegenstand "Mobiles Arbeiten".

Die in A-Stadt ansässige Arbeitgeberin (Beteiligte zu 2) betreibt ein bundesweit tätiges Forschungszentrum mit mehr als 20 Standorten im gesamten Bundesgebiet und rund 8.500 Beschäftigten. Sie wendet den Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst in der für den Bund geltenden Fassung an. Die örtlichen Betriebsräte haben einen Gesamtbetriebsrat gebildet (Beteiligter zu 1).

Die Beteiligten schlossen am 24.03.2011 eine "Betriebsvereinbarung über zwischen Arbeits- und Wohnort wechselnden Arbeitsplätzen". Diese Gesamtbetriebsvereinbarung regelt insbesondere die Einrichtung von häuslichen Arbeitsstätten, die Aufteilung der Arbeitszeiten zwischen betrieblicher und häuslicher Arbeitsstätte, die Erfassung der Arbeitszeit, die Bereitstellung von Arbeitsmitteln, die Aufwandsentschädigung für Energie und Reinigung, Haftungsfragen etc.

Die Arbeitgeberin bietet seit mehreren Jahren verschiedene Arbeitszeitmodelle zur flexiblen Arbeit an. In dem Flyer "Flexibel arbeiten - Flexibel leben" sind u. a. Gleitzeitmodelle, Alternierende Telearbeit, Teilzeittätigkeiten, Kurzsabbaticals und Mobiles Arbeiten angesprochen. Zum mobilen Arbeiten heißt es dort:

Der Gesamtbetriebsrat strebt seit mehr als vier Jahren eine Regelung zum mobilen Arbeiten an. Hierzu legte er der Arbeitgeberin einen Entwurf für eine Betriebsvereinbarung vor, der u. a. eine Definition der mobilen Arbeit in Abgrenzung zur Telearbeit enthält und einen grundsätzlichen Anspruch der Arbeitnehmer auf Teilnahme an der mobilen Arbeit vorsieht. Der Gesamtbetriebsrat stützte sich auf Delegationsbeschlüsse mehrerer örtlicher Betriebsräte. Die Arbeitgeberin lehnte eine Regelung hierzu ab und bestritt evtl. Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats. Sie verwies stattdessen auf individualrechtliche Regelungen im Einzelfall.

Der Gesamtbetriebsrat beschloss am 21.02.2019, die Einigungsstelle anzurufen und diese ggf. gerichtlich einsetzen zu lassen. Mit Schriftsatz vom 30.04.2019 hat er sich an das Arbeitsgericht Köln gewandt mit dem Antrag, einen Vorsitzenden für die Einigungsstelle zum Thema "Mobiles Arbeiten" zwecks Erstellung einer Betriebsvereinbarung mit Regelungen vor allem zu Genehmigungsvoraussetzungen, zum Arbeitsschutz, zur Arbeitssicherheit, zur Arbeitszeit und zur Arbeitsstätte zu bestellen. Das Verfahren ist zunächst terminlos vertagt worden, um dem Gesamtbetriebsrat Gelegenheit zu geben, weitere Unterlagen nachzureichen.

Mit Schreiben vom 30.09.2019 forderte der Gesamtbetriebsrat die Arbeitgeberin, nachdem mehrere telefonische Rückfragen und E-Mails unbeantwortet geblieben waren, nochmals zu einer Stellungnahme zur Einsetzung der angestrebten Einigungsstelle "Mobiles Arbeiten" auf. Da eine Reaktion ausblieb, hat der Gesamtbetriebsrat mit Schriftsatz vom 30.10.2019 beim Arbeitsgericht Köln nunmehr beantragt, an insgesamt 10 Standorten jeweils eine Einigungsstelle zum Thema "Mobiles Arbeiten" einzusetzen. Das Arbeitsgericht Köln hat das Verfahren mit Beschluss vom 19.11.2019 aufgetrennt und mit Beschluss vom 21.11.2019 die Anträge, soweit sie den Standort N. betreffen, an das Arbeitsgericht Stralsund (Kammern Neubrandenburg) verwiesen. Weitere abgetrennte Verfahren hat es an die Arbeitsgerichte Braunschweig, Berlin, Bremen-Bremerhaven, Hamburg, Stuttgart und München verwiesen.

Im Betrieb N. besteht eine mit dem örtlichen Betriebsrat geschlossene Betriebsvereinbarung über die gleitende Arbeitszeit, in Kraft getreten am 01.07.2008, mit Ergänzungen vom 15.10.2014. Die Beschäftigten haben danach insbesondere die Möglichkeit, Beginn und Ende ihres täglichen Dienstes in den festgelegten Grenzen selbst zu bestimmen und dadurch ihren persönlichen Bedürfnissen anzupassen. Bei Dienstreisen gilt grundsätzlich nur die Zeit der dienstlichen Inanspruchnahme am auswärtigen Geschäftsort als Arbeitszeit. Hiervon ausgenommen sind zum einen Selbstfahrer und zum anderen Dienstreisen mit öffentlichen Verkehrsmitteln, wenn der Mitarbeiter Arbeit leistet, dies schriftlich versichert und der Vorgesetzte dieses nach einer Plausibilitätskontrolle gegenzeichnet. Die Betriebsvereinbarung Gleitzeit wird durch eine weitere, einen speziellen Dienstbereich betreffende Betriebsvereinbarung ergänzt, nämlich die Betriebsvereinbarung zur Durchführung operationeller Dienste im DFD am Standort N. vom 15.03.2016. Diese regelt Arbeitszeitverlagerungen zur Sicherstellung der operationellen Dienste außerhalb der Kernzeiten. Zu den operationellen Diensten gehört u. a. die Übertragung von Satellitendaten.

Der Gesamtbetriebsrat hat die Ansicht vertreten, dass eine Einigungsstelle zum Regelungsgegenstand "Mobiles Arbeiten" einzusetzen sei. Der 5-köpfige Betriebsrat des Standorts N. habe ihn ordnungsgemäß beauftragt. Der Betriebsratsvorsitzende F. habe ausweislich der vorgelegten Unterlagen die Betriebsratsmitglieder am 13.08.2019 unter Mitteilung der Tagesordnung zur Sitzung am 16.08.2019 eingeladen. Die Tagesordnung habe unter Ziffer 4. den Punkt "BV Mobile Arbeit" enthalten. Alle 5 ordentlichen Mitglieder seien zur Sitzung erschienen und hätten ihre Stimme abgegeben. Mit 3:2 Stimmen habe der Betriebsrat "die Mandatierung des GBR zum Abschluss der BV mobile Arbeit und Einrichtung der Einigungsstelle" beschlossen. Mit dem eigenhändig unterzeichneten Schreiben vom 16.08.2019 habe der Betriebsratsvorsitzende sodann den Gesamtbetriebsrat über den Beschluss und den konkreten Regelungsgegenstand, die Ausgestaltung des mobilen Arbeitens (Genehmigungsvoraussetzungen, Arbeitsschutz, Arbeitssicherheit, Arbeitszeit, Arbeitsstätte), unterrichtet. Unabhängig davon habe der Betriebsrat N. jedenfalls spätestens mit dem erneuten Beschluss vom 18.12.2019 den Gesamtbetriebsrat ordnungsgemäß mandatiert.

Der Gesamtbetriebsrat wiederum habe im Anschluss an die Beauftragung des Betriebsrats N. vom 16.08.2019 am 28.10.2019 ordnungsgemäß beschlossen, die Einigungsstelle anzurufen und das Gerichtsverfahren einzuleiten. Der Vorsitzende des Gesamtbetriebsrats habe die Mitglieder am 24.10.2019 unter Mitteilung der Tagesordnung zur Sitzung am 28.10.2019 eingeladen. 20 von 21 Mitgliedern seien anwesend gewesen. Ein Mitglied habe unentschuldigt gefehlt. Die Tagesordnung habe unter Ziffer 2 a) das Schwerpunktthema "Einsetzungsverfahren zur Einigungsstelle Mobile Arbeit" enthalten. Der Gesamtbetriebsrat habe einstimmig beschlossen, die Einigungsstelle anzurufen und die genannten Rechtsanwälte mit der gerichtlichen Durchsetzung zu beauftragen. Vorsorglich habe er bereits eine evtl. Trennung des Verfahrens und die Verweisung an verschiedene Arbeitsgerichte berücksichtigt - allerdings mit Bedauern angesichts der dadurch entstehenden Mehraufwendungen.

Im Betrieb N. existiere keine Regelung zum mobilen Arbeiten. Die Betriebsvereinbarung zur Heimarbeit erfasse diesen Bereich gerade nicht, da es dort um einen stationären Arbeitsplatz im häuslichen Bereich gehe. Das ergebe sich aus der gesetzlichen Definition in § 2 Abs. 7 ArbStättV. Auf mobiles Arbeiten finde die ArbStättV keine Anwendung. Bei mobiler Arbeit sei u. a. zu regeln, wer die elektronischen Endgeräte zu welchen Bedingungen zur Verfügung stelle und in welchem Umfang der Mitarbeiter erreichbar sein müsse. Die Betriebsvereinbarung zur Gleitzeit lasse zwar bei Dienstreisen mit öffentlichen Verkehrsmitteln ausnahmsweise eine Anrechnung von Arbeitszeit zu. Die nähere Ausgestaltung der mobilen Arbeit, insbesondere unter Berücksichtigung des Arbeitsschutzes und der Arbeitssicherheit, ergebe sich daraus aber nicht. Die mobile Arbeit berühre zugleich mehrere Mitbestimmungstatbestände, insbesondere § 87 Abs. 1 Nr. 1, Nr. 2, Nr. 3, Nr. 6 und Nr. 7 BetrVG.

Im Betrieb N. werde zum Teil mobil gearbeitet. Bei besonderen Wetterlagen werde es Mitarbeitern regelmäßig gestattet, woanders zu arbeiten, und zwar unabhängig davon, ob bei ihnen ein Heimarbeitsplatz eingerichtet sei oder nicht. Ein solcher Heimarbeitsplatz sei nur etwa 10 % der Beschäftigten zur Verfügung gestellt worden. Auch auf Dienstreisen werde mobil gearbeitet. Die Arbeitgeberin habe ca. 90 % der Arbeitnehmer mit einem dienstlichen Laptop ausgestattet. Etwa jeder zehnte Arbeitnehmer nutze ein dienstliches Smartphone.

Der Gesamtbetriebsrat hat zuletzt beantragt,

Die Arbeitgeberin hat beantragt, die Anträge zurückzuweisen. Sie hat die Ansicht vertreten, dass der Delegationsbeschluss nicht ordnungsgemäß zustande gekommen sei. Der örtliche Betriebsrat habe den Gesamtbetriebsrat nicht ordnungsgemäß beauftragt. Die Einigungsstelle sei offensichtlich unzuständig. Ein kollektiver Tatbestand "Mobiles Arbeiten" existiere bei der Arbeitgeberin nicht. Mobile Arbeit finde allenfalls in wenigen Einzelfällen statt. Sämtliche Gesichtspunkte der mobilen Arbeit seien bereits in anderen Gesamt- oder Betriebsvereinbarungen geregelt.

Das Arbeitsgericht hat die Einigungsstelle mit dem beantragten Regelungsgegenstand eingesetzt, die Anzahl der Beisitzer auf jeweils 3 festgelegt und - abweichend vom Vorschlag des Gesamtbetriebsrats - den Richter am Arbeitsgericht, Dr. D. F., zum Vorsitzenden bestellt. Zu prüfen sei nur, ob die Einigungsstelle offensichtlich unzuständig sei. Offensichtlich unzuständig sei die Einigungsstelle, wenn sich die beizulegende Streitigkeit unter keinem denkbaren rechtlichen Gesichtspunkt unter irgendeinen Mitbestimmungstatbestand fassen lasse. Im Übrigen habe die Einigungsstelle ihre Zuständigkeit selbst zu prüfen. Eine Beweiserhebung über streitige Sachverhaltsfragen sei nicht erforderlich, da eine zeitraubende Tatsachenfeststellung mit dem Zweck des Verfahrens nach § 100 ArbGG, für eine schnelle Konfliktlösung zu sorgen, nicht vereinbar sei.

Der Gesamtbetriebsrat sei antragsbefugt. Der örtliche Betriebsrat N. habe ihn mit Beschluss vom 16.08.2019 ordnungsgemäß mandatiert. Ein evtl. Mangel der Tagesordnung sei jedenfalls mit der Beteiligung aller Betriebsratsmitglieder an der Beschlussfassung geheilt worden. Der Beschluss sei zudem schriftlich niedergelegt und dem Gesamtbetriebsratsvorsitzenden übermittelt worden. Mit Übertragung der Angelegenheit auf den Gesamtbetriebsrat sei dieser auch für die Anrufung der Einigungsstelle zuständig. Der Gesamtbetriebsrat habe sodann am 28.10.2019 wirksam beschlossen, die Einigungsstelle anzurufen und diese nötigenfalls mithilfe der genannten Rechtsanwälte gerichtlich einsetzen zu lassen.

Ein Rechtsschutzbedürfnis liege vor, da ein einfacherer und günstigerer Weg, um zu einer Lösung des Konflikts zu gelangen, nicht zur Verfügung stehe. Die Anrufung einer Einigungsstelle setze nicht voraus, dass es zuvor ernsthafte Verhandlungen gegeben habe. Lehne ein Beteiligter Verhandlungen von vornherein ab, bleibe dem anderen Beteiligten gar nichts anderes übrig, als die Einigungsstelle einzuschalten. Die Arbeitgeberin habe Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats stets in Abrede gestellt und auf Anfragen des Gesamtbetriebsrats nicht reagiert. Eine Verhandlungsbereitschaft sei angesichts dessen nicht zu erkennen.

Das mobile Arbeiten berühre mehrere Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats aus § 87 BetrVG, nämlich insbesondere Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit einschließlich der Pausen, die Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage, die Nutzung technischer Überwachungseinrichtungen sowie den Arbeitsschutz. Ein kollektiver Bezug liege vor, da die kollektiven Interessen der Arbeitnehmer des Betriebs betroffen seien.

Hiergegen wendet sich die Arbeitgeberin mit ihrer form- und fristgerecht eingelegten und begründeten Beschwerde. Das Arbeitsgericht habe verkannt, dass die Einigungsstelle offensichtlich unzuständig sei. Ein Mitbestimmungsrecht sei nicht ansatzweise zu erkennen. Der örtliche Betriebsrat habe den Antragsteller nicht ausreichend legitimiert. In dem Beschluss des Betriebsrats N. vom 16.08.2019 gehe es immer noch um den Abschluss einer Gesamtbetriebsvereinbarung. Zudem sei der zugrundeliegende Sachverhalt nicht genau genug bezeichnet, weshalb es sich um eine unzulässige Generaldelegation verbunden mit einer teilweisen Selbstabdankung handele. Auch der Beschluss des Gesamtbetriebsrats vom 28.10.2019 beziehe sich nach wie vor auf den Abschluss einer Gesamtbetriebsvereinbarung. Für die gerichtliche Einsetzung einer Einigungsstelle gebe es kein Rechtsschutzbedürfnis. Es habe bisher überhaupt keine ernsthaften Verhandlungen zum Thema "Mobile Arbeit" gegeben, erst recht nicht nach Änderung des Streitgegenstandes. Die Arbeitgeberin sei jedenfalls verhandlungsbereit.

Die Arbeitgeberin beantragt,

Der Betriebsrat beantragt,

Er verteidigt die erstinstanzliche Entscheidung. Ein Rechtsschutzbedürfnis ergebe sich schon aus den langjährigen erfolglosen Verhandlungsanstrengungen und nicht zuletzt aus dem Umstand, dass 8 Gerichtsverfahren hätten eingeleitet werden müssen. Eine Lösung ohne fremde Hilfe sei offensichtlich nicht mehr zu erwarten. Die Arbeitgeberin verhalte sich widersprüchlich, wenn sie einerseits jegliche Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats bestreite und andererseits eine Verhandlungsbereitschaft behaupte. Es handele sich offensichtlich um eine Schutzbehauptung.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Beteiligten nebst Anlagen sowie die Sitzungsprotokolle und auf die erstinstanzliche Entscheidung Bezug genommen.

B.

Die Beschwerde ist zulässig, aber nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat zu Recht und mit der zutreffenden Begründung einen Einigungsstellenvorsitzenden zur Regelung des Themas "Mobiles Arbeiten" bestellt. Das Beschwerdegericht nimmt Bezug auf die erstinstanzliche Begründung.

I.

Der Antrag des Gesamtbetriebsrats ist zulässig.

Der Gesamtbetriebsrat hat am 28.10.2019 ordnungsgemäß beschlossen, das gerichtliche Verfahren auf Bestellung eines Einigungsstellenvorsitzenden einzuleiten und hiermit die Rechtsanwälte S. pp. zu beauftragen. Der Gesamtbetriebsrat ist dabei nicht von einer eigenen originären betriebsverfassungsrechtlichen Zuständigkeit nach § 50 Abs. 1 BetrVG ausgegangen. Zwar ist der Betrieb N. in dem Beschluss nicht erwähnt. Der Gesamtbetriebsrat hat jedoch bereits die voraussichtliche Trennung des beim Arbeitsgericht Köln anhängigen Verfahrens berücksichtigt, die gerade auf die im Einzelfall erforderliche Mandatierung durch den jeweiligen örtlichen Betriebsrat zurückgeht. Die schriftliche Beauftragung durch den Betriebsrat N. lag dem Gesamtbetriebsrat zu diesem Zeitpunkt bereits vor.

II.

Der Antrag des Gesamtbetriebsrats ist begründet.

Zur Beilegung von Meinungsverschiedenheiten zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat ist bei Bedarf eine Einigungsstelle zu bilden (§ 76 Abs. 1 Satz 1 BetrVG). Das Arbeitsgericht bestellt den Vorsitzenden und legt die Zahl der Beisitzer fest, sofern sich die Betriebspartner hierüber nicht einigen (§ 76 Abs. 2 Satz 2, 3 BetrVG). Wegen fehlender Zuständigkeit der Einigungsstelle können die Anträge nur zurückgewiesen werden, wenn die Einigungsstelle offensichtlich unzuständig ist (§ 100 Abs. 1 Satz 2 ArbGG).

"Offensichtlich" ist die Unzuständigkeit, wenn bei fachkundiger Beurteilung durch das Gericht auf den ersten Blick erkennbar ist, dass eine Zuständigkeit des Antragstellers in dieser Angelegenheit unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt infrage kommt (LAG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 05. November 2019 - 7 TaBV 1728/19 - Rn. 23, juris = NZA-RR 2020, 77). "Offensichtlich" heißt: klar erkennbar (Duden, Bedeutungswörterbuch, 4. Aufl. 2010). Zweifel an der fehlenden Zuständigkeit genügen nicht, um die Bestellung eines Einigungsstellenvorsitzenden abzulehnen. Voraussetzung hierfür ist vielmehr eine klare und eindeutige Rechtslage, die eine Einigungsstelleneinsetzung von vornherein sinnlos erscheinen lässt. Das gerichtliche Verfahren auf Bestellung eines Einigungsstellenvorsitzenden, für das besonders kurze Fristen gelten, hat den Zweck, den Betriebsparteien zeitnah eine formal funktionsfähige Einigungsstelle zur Verfügung zu stellen (LAG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 05. November 2019 - 7 TaBV 1728/19 - Rn. 23, juris = NZA-RR 2020, 77; ErfK/Koch, 20. Aufl. 2020, § 100 ArbGG, Rn. 3). Die abschließende Prüfung der Zuständigkeit obliegt nicht dem Gericht, sondern ist der Einigungsstelle überlassen. Dementsprechend ist die Einigungsstelle nicht offensichtlich unzuständig, wenn in Rechtsprechung und Literatur umstritten ist, ob dem Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht zusteht, und die Rechtsfrage vom Bundesarbeitsgericht noch nicht geklärt ist (LAG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 05. November 2019 - 7 TaBV 1728/19 - Rn. 24, juris = NZA-RR 2020, 77; ErfK/Koch, 20. Aufl. 2020, § 100 ArbGG, Rn. 3). Streitige Tatsachen sind im Verfahren nach § 100 ArbGG nur einer Schlüssigkeitsprüfung zu unterziehen. Raum für eine Beweisaufnahme besteht nicht (LAG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 09. November 2016 - 7 TaBV 22/16 - Rn. 47, juris).

Nach diesem Maßstab ist die Einigungsstelle für den Regelungsgegenstand "Mobiles Arbeiten" am Standort N., insbesondere zur Regelung der damit zusammenhängenden Fragen des Arbeitsschutzes, der Arbeitssicherheit, der Arbeitszeit und der Arbeitsstätte, nicht offensichtlich, d. h. auf den ersten Blick erkennbar, unzuständig.

1.

Eine Beilegung der Meinungsverschiedenheit durch die Betriebspartner selbst ist nicht mehr möglich.

Zwar sind die Betriebspartner nach § 74 Abs. 1 Satz 2 BetrVG gehalten, über strittige Fragen mit dem ernsthaften Willen zur Einigung zu verhandeln und Vorschläge für die Beilegung von Meinungsverschiedenheiten zu machen. Lässt sich jedoch eine Seite überhaupt nicht auf Verhandlungen ein, kann die Einigungsstelle ohne vorherige Verhandlungen angerufen werden (BAG, Beschluss vom 18. März 2015 - 7 ABR 4/13 - Rn. 17, juris = NZA 2015, 954; LAG B-Stadt, Beschluss vom 16. Juli 2019 - 3 TaBV 36/19 - Rn. 40, juris = ArbR 2019, 474; LAG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 05. Februar 2019 - 6 TaBV 24/18 - Rn. 40, juris).

Die Arbeitgeberin hat Verhandlungen mit dem Gesamtbetriebsrat sowohl ausdrücklich als auch konkludent abgelehnt. Sie hat stets ein betriebsverfassungsrechtliches Mitbestimmungsrecht in Abrede gestellt. Auf Verhandlungsangebote ist sie in keiner Weise eingegangen. Anfragen des Gesamtbetriebsrats blieben ohne Reaktion. Die Arbeitgeberin hat ihre Auffassung auch im gerichtlichen Bestellungsverfahren nicht geändert. Sie hat zwar behauptet, verhandlungsbereit zu sein. Sie hat aber zu keinem Zeitpunkt konkrete Verhandlungen angeboten, insbesondere Termine vorgeschlagen, oder sich mit dem seit langem bekannten Entwurf des Betriebsrats auseinandergesetzt. Sie hat weder einen eigenen Entwurf vorgelegt noch sonstige Vorschläge zur Beilegung dieser Meinungsverschiedenheit unterbereitet. Angesichts dessen ist nicht erkennbar, dass die Arbeitgeberin nun doch bereit und gewillt sein könnte, mit dem Betriebsrat ernsthaft über das Thema "Mobiles Arbeiten" zu verhandeln. Für einen solchen Willen gibt es keinerlei Anzeichen. Vielmehr hat sie in dem vorliegenden Verfahren entschieden an ihrer ablehnenden Haltung festgehalten, was sich mit der von ihr erklärten Verhandlungsbereitschaft nicht in Einklang bringen lässt.

2.

Es fehlt nicht offensichtlich an einem betriebsverfassungsrechtlichen Mitbestimmungsrecht, das die Anrufung der Einigungsstelle ermöglicht.

Der Betriebsrat hat, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, u. a. mitzubestimmen bei Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit einschließlich der Pausen sowie der Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage (§ 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG), bei der Einführung und Anwendung von technischen Einrichtungen, die dazu bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen (§ 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG) und bei Regelungen über die Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten sowie über den Gesundheitsschutz im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften oder der Unfallverhütungsvorschriften (§ 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG).

Die mobile Arbeit, so wie die Arbeitgeberin diese versteht, unterfällt diesen Mitbestimmungstatbeständen. Mobiles Arbeiten setzt regelmäßig die Nutzung eigener oder dienstlich beschaffter elektronischer Endgeräte voraus. Diese Geräte und die hiermit produzierten Daten lassen es typischerweise zu, das Verhalten und die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen. Ggf. können diese Geräte zur Erfassung oder zur Kontrolle der Arbeitszeiten genutzt werden. Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit und Pausenzeiten mögen in anderen Betriebsvereinbarungen festgelegt sein. Aus den Anforderungen und Gegebenheiten des mobilen Arbeitens kann sich jedoch ein zusätzlicher Regelungsbedarf ergeben. Des Weiteren stellen sich Fragen des Arbeits- und Gesundheitsschutzes, z. B. im Hinblick auf das zeitliche Ausmaß der Erreichbarkeit, die Gewährleistung der Arbeitssicherheit außerhalb des Betriebsgeländes oder eines eingerichteten Heimarbeitsplatzes etc. Keinesfalls sind Mitbestimmungsrechte von vornherein klar und deutlich erkennbar auszuschließen. Nur darauf kommt es in diesem Verfahren an.

Das mobile Arbeiten ist nicht bereits in anderen Betriebs- oder Gesamtbetriebsvereinbarungen abschließend geregelt. Evtl. Teilregelungen stehen der Mitbestimmung nicht entgegen. In der Betriebsvereinbarung zur gleitenden Arbeitszeit ist lediglich das mobile Arbeiten bei Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel geregelt. Mobiles Arbeiten kann aber ausweislich des Flyers der Arbeitgeberin auch in der häuslichen Umgebung stattfinden, und zwar ohne dass dort ein Telearbeitsplatz eingerichtet ist. Die (Gesamt-) Betriebsvereinbarung über zwischen Arbeits- und Wohnort wechselnden Arbeitsplätzen regelt die Arbeitsleistung an einem weiteren - festen - Arbeitsplatz am Wohnort, nicht aber die mobil geleistete Arbeit.

Mobiles Arbeiten hat einen kollektiven Bezug. Ein kollektiver Tatbestand liegt vor, wenn sich eine Regelungsfrage stellt, die über eine ausschließlich einzelfallbezogene Rechtsausübung hinausgeht und kollektive Interessen der Arbeitnehmer des Betriebs berührt (BAG, Beschluss vom 22. August 2017 - 1 ABR 5/16 - Rn. 21, juris = AP Nr. 144 zu § 87 BetrVG 1972 Arbeitszeit; BAG, Beschluss vom 30. Juni 2015 - 1 ABR 71/13 - Rn. 27, juris = ZMV 2016, 52). Das mobile Arbeiten berührt zum einen nicht nur die Interessen der einzelnen mobil arbeitenden Beschäftigten, sondern auch die Interessen der Kollegen, z. B. im Hinblick auf die Erreichbarkeit, die Koordination der Zusammenarbeit, den Datenaustausch usw. Zum anderen richtet sich die Arbeitgeberin mit ihrem Flyer an eine Vielzahl von Beschäftigten und potentiellen Beschäftigten. Zwar ist im Einzelfall die Zustimmung der Führungskraft einzuholen. Das gilt aber in ähnlicher Weise auch für die Einrichtung eines Heimarbeitsplatzes. Die Arbeitgeberin wirbt allgemein mit verschiedenen Formen des flexiblen Arbeitens. Das Angebot der mobilen Arbeit bezieht sich eben nicht nur auf besonders gelagerte Ausnahmefälle, in denen beispielsweise außergewöhnliche persönliche Umstände vorliegen oder spezielle berufliche Tätigkeiten diese Arbeitsform bedingen. Angesprochen werden grundsätzlich alle Beschäftigten.

3.

Die Mitbestimmungsrechte stehen nicht offensichtlich einem anderen Betriebsrat zu. Der Gesamtbetriebsrat hat schlüssig dargelegt, von dem örtlichen Betriebsrat N. zur Behandlung der Angelegenheit "Mobiles Arbeiten" beauftragt worden zu sein. Ist der Gesamtbetriebsrat wirksam beauftragt worden, eine bestimmte Angelegenheit für den örtlichen Betriebsrat zu behandeln, dann ist der Gesamtbetriebsrat auch für die Anrufung und die Bildung der Einigungsstelle mit dem Arbeitgeber zuständig (ErfK/Koch, 20. Aufl. 2020, § 50 BetrVG, Rn. 9; vgl. LAG B-Stadt, Beschluss vom 03. Juli 2002 - 12 TaBV 22/02 - Rn. 9, juris = NZA-RR 2003, 83).

Nach § 50 Abs. 2 Satz 1 BetrVG kann der Betriebsrat mit der Mehrheit der Stimmen seiner Mitglieder den Gesamtbetriebsrat beauftragen, eine Angelegenheit für ihn zu behandeln. Die Übertragung bedarf der Schriftform (§ 50 Abs. 2 Satz 3, § 27 Abs. 2 Satz 3 BetrVG). Der Beschluss muss vom Betriebsratsvorsitzenden eigenhändig unterzeichnet sein (Fitting/Engels/Schmidt/Trebinger/Linsenmeier, BetrVG, 29. Aufl. 2018, § 50, Rn. 64). Die Übertragung ist dem Gesamtbetriebsratsvorsitzenden schriftlich mitzuteilen und wird mit Zugang bei ihm wirksam (ErfK/Koch, 20. Aufl. 2020, BetrVG § 50, Rn. 10). Nicht zulässig ist es, im Voraus die Zuständigkeit ganzer Sachbereiche auf den Gesamtbetriebsrat zu übertragen, da dies zu einer "teilweisen Selbstabdankung" des örtlichen Betriebsrats führen würde. Der Auftrag kann jeweils nur im Hinblick auf eine bestimmte Angelegenheit erteilt werden (BAG, Urteil vom 26. Januar 1993 - 1 AZR 303/92 - Rn. 43, juris = NZA 1993, 714).

Der in Abschrift vorgelegte Beschluss des Betriebsrats N. vom 16.08.2019 und das Schreiben des örtlichen Betriebsratsvorsitzenden an den Gesamtbetriebsratsvorsitzenden vom selben Tag lässt auf eine ordnungsgemäße Mandatierung schließen. Dieses Schreiben ist ebenso wie der Betriebsratsbeschluss vom Vorsitzenden handschriftlich unterzeichnet. Aus dem Beschluss ergibt sich unmissverständlich die Beauftragung des Gesamtbetriebsrats zur abschließenden Behandlung der Angelegenheit "Mobiles Arbeiten". Der Betriebsrat N. hat ausdrücklich den Abschluss einer Betriebsvereinbarung delegiert. Von einer Gesamtbetriebsvereinbarung ist dort nicht die Rede. Der Betriebsrat hat sich damit keinesfalls seiner wesentlichen Mitbestimmungs- und Mitwirkungsrechte beraubt. Die Übertragung betrifft nur eine einzelne, begrenzte Angelegenheit, nämlich das "Mobile Arbeiten". Diese Arbeitsform ist nicht der Regelfall im Betrieb N.. Eine Regelung der damit zusammenhängenden Fragen erfasst nicht einen größeren oder erheblichen Teil der mitbestimmungs- und mitwirkungspflichtigen Angelegenheiten des örtlichen Betriebsrats.

Selbst wenn die Mitglieder des Betriebsrats N. den Tagesordnungspunkt "BV Mobile Arbeit" zunächst nicht mit einer Mandatierung des Gesamtbetriebsrats verbunden haben sollten, so wurde ein evtl. Mangel jedenfalls in der Sitzung am 16.08.2019 geheilt. Für die Heilung eines Verfahrensmangels im Sinne des § 29 Abs. 2 Satz 3 BetrVG reicht es nach dem Zweck dieser Ladungsvorschrift aus, dass alle Betriebsratsmitglieder einschließlich erforderlicher Ersatzmitglieder rechtzeitig zur Sitzung geladen worden sind und die beschlussfähig (§ 33 Abs. 2 BetrVG) Erschienenen auf dieser Sitzung eine Ergänzung oder Erstellung der Tagesordnung einstimmig beschließen (BAG, Beschluss vom 15. April 2014 - 1 ABR 2/13 (B) - Rn. 35, juris = NZA 2014, 551). Darauf hat bereits das Arbeitsgericht zutreffend hingewiesen.

III.

Die Entscheidung ergeht nach § 100 Abs. 2 Satz 3 ArbGG durch den Vorsitzenden allein. Ein Rechtsmittel gegen diese Entscheidung ist nicht gegeben (§ 100 Abs. 2 Satz 4 ArbGG).