Zwangsvollstreckung gegen einzelne Betriebsratsmitglieder - gegen den Betriebsrat gerichteten Handlungstitel

LAG 17 TaBV 1299/17 vom 17. Jan. 2018

Amtliche Leitsätze

Aus einem gegen den Betriebsrat gerichteten Handlungstitel kann die Zwangsvollstreckung gegen einzelne Betriebsratsmitglieder betrieben werden, sofern und soweit die Betriebsratsmitglieder zur Vornahme der Handlungen materiell-rechtlich verpflichtet sind. Die Zulässigkeit der Zwangsvollstreckung ist in einem Klauselerteilungsverfahren entsprechend § 731 ZPO zu klären.

Sachverhalt

A. Die Antragsteller (Beteiligte zu 1., 3. und 4.) gehören ebenso wie die Beteiligten zu 6. bis 10. dem Betriebsrat (Beteiligter zu 11.) an, der im Werk Berlin der Arbeitgeberin (Beteiligte zu 12.) gebildet wurde. Sie begehren die Erteilung einer Vollstreckungsklausel zu einem gerichtlichen Vergleich, um die Zwangsvollstreckung gegen die Beteiligten zu 6. bis 10. zu betreiben.

Der Betriebsrat besteht aus 21 Mitgliedern. Er hat einen Betriebsausschuss sowie weitere Ausschüsse (Kommissionen) gebildet. Der Beteiligte zu 6. ist Vorsitzender des Betriebsrats und des Betriebsausschusses; er gehört ferner der „Kommission Personal“ an. Der Beteiligte zu 7. ist Sprecher der „Kommission Ideenmanagement KVP“ und gehört dem Betriebsausschuss und der  „Kommission Personal“ an; er ist nach der Geschäftsordnung des Betriebsrats vom 14. Februar 2017 (Bl. 375 – 385 der Akten) dritter Stellvertreter des Betriebsratsvorsitzenden. Die Beteiligte zu 8. ist Sprecherin der „Kommission Berufsbildung/Qualifizierung“ und gehört dem Betriebsausschuss an. Der Beteiligte zu 9. vertritt den Beteiligten zu 6. im Falle der Verhinderung als Vorsitzender des Betriebsrats und des Betriebsausschusses; er ist Sprecher der „Kommission Arbeitspolitik – MPS“ und stellvertretender Sprecher der „Kommission Personal“. Der Beteiligte zu 10. ist nach der genannten Geschäftsordnung zweiter Stellvertreter des Betriebsratsvorsitzenden und Sprecher der „Kommission Personal“; er gehört dem Betriebsausschuss sowie der „Kommission Arbeitsschutz, Umwelt und Gesundheit“ an. Nach Nr. 5 i.V.m. der Anlage 2 der Geschäftsordnung des Betriebsrats wurden darüber hinaus drei so genannte „Betreuungsbereiche“ (Nordwerk 1, Nordwerk 2, Südwerk) festgelegt und die Beteiligten zu 6. bis 10. zu Sprechern bzw. stellvertretenden Sprechern dieser Betreuungsbereiche bestimmt. Die Sprecher der Betreuungsbereiche sollen die Arbeit der Betriebsräte der jeweiligen Betreuungsbereiche koordinieren und zu den Sitzungen der Betreuungsbereiche einladen; sie sollen die „Ansprechpartner für das Unternehmen“ sein.

Von den 21 Mitgliedern des Betriebsrats wurden 15 über die Liste der Industriegewerkschaft Metall in das Gremium gewählt; zu ihnen gehören die Beteiligten zu 6. bis 10. Die Beteiligten zu 1. und 3. wurden neben einem weiteren Mitglied über die Liste „Alternative“ und der Beteiligte zu 4. über die Liste „Faire Basis“ in den Betriebsrat gewählt.

Die Antragsteller haben mit ihrer Antragsschrift vom 22. März 2013 bei dem Arbeitsgericht Berlin u.a. die Verpflichtung des Betriebsrats begehrt, ihnen uneingeschränkte Einsicht in sämtliche Unterlagen des Betriebsrats zu gewähren. Das Arbeitsgericht hat den Betriebsrat daraufhin durch Teilbeschluss vom 31. Januar 2014 – 6 BV 4437/13 – verpflichtet, den Antragstellern jederzeit auf elektronischem Wege Einsichtnahme in sämtliche elektronisch gespeicherte Dateien im Zusammenhang mit der Betriebsratsarbeit zu gewähren. In dem insoweit geführten Beschwerdeverfahren (LAG Berlin-Brandenburg, 17 TaBV 965/14) schlossen die Antragsteller und der Betriebsrat am 03. Dezember 2014 einen gerichtlich protokollierten Vergleich, in dem u.a. Folgendes geregelt ist:

„Zum elektronischen Leserecht und zur E-Mail-Korrespondenz werden folgende Regelung(en) getroffen:

1. Die E-Mail-Korrespondenz des Betriebsrats mit der Arbeitgeberin wird über den Account w. abgewickelt. Alle Betriebsratsmitglieder haben ein Einblicksrecht in diesen Account ohne zeitliche Verzögerung.

Werden an den Betriebsrat gerichtete Nachrichten an die E-Mail-Adressen der einzelnen Betriebsratsmitglieder gesandt, sind diese an den oben genannten Account weiterzuleiten.

2. Alle Betriebsratsmitglieder haben ein Einsichtsrecht auf die unter „ePeople/BR99“ und „MAZ-WORKFLOW“ gespeicherten Dateien.

Die Antragsteller zu 1), 4. – 6) werden bis Mitte Januar 2015 von Frau R. zum Umgang mit den System(en) „ePeople/BR 99“und „ MAZ-WORKFLOW“ eine Unterweisung erhalten.

…“

Mit ihrem am 31. Juli 2015 beim Arbeitsgericht Berlin eingegangenen Antrag haben die Antragsteller hinsichtlich des genannten Vergleichs eine Vollstreckungsklausel zum Zwecke der Zwangsvollstreckung gegen die Beteiligten zu 6. bis 10. begehrt. Das Arbeitsgericht hat dem Antrag durch einen am 31. März 2017 verkündeten Beschluss entsprochen. Eine Vollstreckungsklausel könne gegen einzelne Mitglieder des Betriebsrats erteilt werden, soweit diese materiell-rechtlich für die Erfüllung des gegen den Betriebsrat gerichteten Titels einzustehen haben. Die Beteiligten zu 6. bis 10. seien zur Vornahme der in dem Vergleich vom 03. Dezember 2014 genannten Handlungen verpflichtet. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf die Gründe des angefochtenen Beschlusses verwiesen.

Gegen diesen ihnen am 25. August 2017 zugestellten Beschluss richtet sich die Beschwerde der Beteiligten zu 6. bis 11., die sie innerhalb der verlängerten Beschwerdebegründungsfrist verlängert haben.

Die Beteiligten zu 6. bis 11. halten den Antrag für unzulässig. Den Antragstellern fehle das Rechtsschutzbedürfnis, weil sie nicht zuvor die Erteilung einer Vollstreckungsklausel im Klauselerteilungsverfahren vor dem Rechtspfleger beantragt und ggf. Rechtsmittel gegen dessen ablehnende Entscheidung eingelegt hätten. Eine Erteilung der Vollstreckungsklausel nach § 731 Zivilprozessordnung (ZPO) komme nicht in Betracht. Weder lägen die Voraussetzungen dieser Vorschrift vor, noch sei Raum für deren entsprechende Anwendung. Die Stellung der einzelnen Betriebsratsmitglieder verbiete es, sie einer Zwangsvollstreckung in Bezug auf Handlungspflichten des Betriebsrats auszusetzen. Sie hätten zudem keinen Einfluss auf den Inhalt eines durch den Betriebsrat abgeschlossenen Vergleichs; der Betriebsrat sei nicht berechtigt, einen Vergleich zu Lasten seiner Mitglieder abzuschließen und diese zu Handlungen zu verpflichten. Im Übrigen fehle den Antragstellern das für eine Klage nach § 731 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse, weil öffentliche Urkunden zum Nachweis der Amtseigenschaft der Beteiligten zu 6. bis 10. nicht erforderlich seien. Der Antrag sei bei einer entsprechenden Anwendung des § 731 ZPO zudem unbegründet. Der Vergleich vom  03. Dezember 2014 enthalte keine konkrete Bezeichnung der Handlungspflichten und sei deshalb einer Zwangsvollstreckung nicht zugänglich. Die Beteiligten zu 6. bis 10. seien zudem materiell-rechtlich nicht zur Erfüllung des Vergleichs verpflichtet, der jedoch gleichwohl bei der Tätigkeit des Betriebsrats beachtet werde.

Die Beteiligten zu 6. bis 11. beantragen,

unter Änderung des Beschlusses des Arbeitsgerichts Berlin vom 31. März 2017 – 6 BV 3489/16 – die Anträge der Beteiligten zu 1., 3. und 4. abzuweisen.

Die Beteiligten zu 1., 3. und 4. beantragen,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie halten den angefochtenen Beschluss für zutreffend. Die Beteiligten zu 6. bis 10. sei die geforderte Vollstreckungsklausel zu erteilen, weil eine Durchsetzung der in dem  Vergleich vom 03.12.2014 titulierten Handlungspflichten ansonsten nicht möglich wäre; hierfür gebe es keine Rechtfertigung. Die Beteiligten zu 6. bis 10. seien nach Maßgabe der Geschäftsordnung des Betriebsrats zur Umsetzung des Vergleichs verpflichtet und müssten hierzu ggf. im Wege der Zwangsvollstreckung angehalten werden können.

Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten in der Beschwerdeinstanz wird auf den Inhalt der zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze vom 08. November 2017 und 10. Januar 2018 Bezug genommen.

Aus den Gründen

B.

I.

Die Beschwerde des Betriebsrats ist unzulässig.

Das Rechtsmittel der Beschwerde nach § 87 Abs. 1 ArbGG setzt voraus, dass der Rechtsmittelführer die Beseitigung einer in der angefochtenen Entscheidung liegenden Beschwer anstrebt (BAG, Beschluss vom 23. Februar 2016 – 1 ABR 5/14 – AP Nr. 67 zu § 76 BetrVG 1972, Rdnr. 12; Germelmann/Matthes/Prütting, ArbGG, 9. Auflage 2017, § 89 Rdnr. 7). Sie liegt vor, wenn der Beschwerdeführer durch die angegriffene Entscheidung nach ihrem materiellen Inhalt in seiner Rechtsstellung unmittelbar betroffen wird (BAG, Beschluss vom 17. April 2012 – 1 ABR 5/11 – AP Nr. 23 zu § 2 TVG Tarifzuständigkeit). Diese Voraussetzung ist hinsichtlich der Beschwerde des Betriebsrats nicht gegeben. Seine Rechtsstellung wird nicht dadurch berührt, dass den Antragstellern eine Vollstreckungsklausel zur Durchführung der Zwangsvollstreckung gegen die Beteiligten zu 6. bis 10. erteilt wird. Denn die beabsichtigte Zwangsvollstreckung soll sich nicht gegen den Betriebsrat, sondern gegen einzelne seiner Mitglieder richten.

II.

Die Beschwerde der Beteiligten zu 6. bis 10. ist zulässig, jedoch nur zum Teil begründet.

Den Antragstellern war die Vollstreckungsklausel zu dem gerichtlichen Vergleich vom 03.12.2014 zur Zwangsvollstreckung gegen die Beteiligten zu 6. bis 10. nur insoweit zu erteilen, wie diese in Ausübung ihrer betriebsverfassungsrechtlichen Funktionen zur Vornahme der in dem Vergleich geregelten Handlungen verpflichtet sind, während sich der weitergehende Klauselerteilungsantrag als unbegründet erweist. Dies führt zu der aus dem Beschlusstenor ersichtlichen Änderung des angefochtenen Beschlusses.

1. Der Antrag auf Erteilung der Vollstreckungsklausel ist zulässig.

a) Der Antrag ist statthaft. Nach § 85 Abs. 1 Satz 1, 3 ArbGG findet aus einem gerichtlichen Vergleich, durch die einem Beteiligten eine Verpflichtung auferlegt wird, die Zwangsvollstreckung statt, für die die Vorschriften des Achten Buchs der Zivilprozessordnung entsprechend gelten. Dies beinhaltet die Möglichkeit, ein Verfahren nach § 731 ZPO zu führen (Germelmann/Matthes/Prütting, ArbGG, 9. Auflage 2017, § 85 Rndr. 24).

b) Den Antragstellern fehlt nicht das Rechtsschutzbedürfnis für den Klauselerteilungsantrag.

aa) Ein Rechtsschutzbedürfnis für einen Antrag auf Erteilung einer Vollstreckungsklausel ist allerdings nicht gegeben, wenn eine Vollstreckung aus dem in Rede stehenden Titel nicht möglich ist (LAG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 25.01.2017 – 17 TaBV 1656/16 - juris); denn die begehrte Vollstreckungsklausel erweist sich in einer derartigen Sachverhaltsgestaltung als überflüssig. Im vorliegenden Fall ist der Vergleich vom 03. Dezember 2014 jedoch einer Zwangsvollstreckung nach § 888 Abs. 1 ZPO zugänglich. Der Betriebsrat hat sich danach verpflichtet, die E-Mail-Korrespondenz mit der Arbeitgeberin über einen bestimmten E-Mail-Account zu führen und an ihn gerichtete E-Mails, die an die E-Mail-Adressen einzelner Betriebsratsmitglieder gesandt werden, an diesen Account weiterzuleiten. Soweit die Beteiligten zu 6. bis 10. in diesem Zusammenhang meinen, es sei unklar, ob mit den genannten Vergleichsregelungen Verpflichtungen des Betriebsrats begründet wurden, trifft dies nicht zu. Der Vergleich diente der Beendigung der gerichtlichen Auseinandersetzung der Antragsteller mit dem Betriebsrat über das Einsichtsrecht in die im Zusammenhang mit der Betriebsratsarbeit gespeicherten Daten. Vor diesem Hintergrund besteht kein Zweifel darüber, dass nicht lediglich eine bestimmte Verfahrensweise beschrieben, sondern eine Verpflichtung des Betriebsrats zur Vornahme             – unvertretbarer – Handlungen begründet werden sollte.

bb) Den Antragstellern kann auch entgegen der Auffassung der Beteiligten zu 6. bis 10. nicht vorgehalten werden, sie hätten die Erteilung der Vollstreckungsklausel vor der Einleitung des Verfahrens nach § 731 ZPO zunächst bei dem Rechtspfleger beantragen müssen. Der Rechtspfleger ist nach § 3 Nr. 3 a i.V.m. § 20 Abs. 1 Nr. 12 Rechtspflegergesetz zuständig für die Erteilung der vollstreckbaren Ausfertigungen in den dort genannten Fällen, die im vorliegenden Verfahren jedoch nicht einschlägig sind. Die Antragsteller konnten daher eine Vollstreckungsklausel nicht außerhalb eines Verfahrens nach § 731 ZPO erhalten.

2. Der Antrag auf Erteilung der Vollstreckungsklausel ist teilweise begründet.

a) Es ist umstritten, ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen ein gegen eine betriebsverfassungsrechtliche Stelle wie den Betriebsrat gerichteter Handlungstitel gegenüber den Mitgliedern der Stelle vollstreckt werden kann. So wird sowohl eine Zwangsvollstreckung bzw. eine Umschreibung des Titels abgelehnt (GK-ArbGG/Vossen, § 85 Rdnr. 26; Hauck/Helml/Biebl, ArbGG, 4. Aufl. 2011, § 85 Rdnr. 5; Schwab-Walker, ArbGG, 4. Aufl. 2015, § 85 Rdnr. 32), als auch eine Zwangsvollstreckung für zulässig erachtet (Jahnke, Zwangsvollstreckung in der Betriebsverfassung, 1977, S. 63). Ferner wird eine Titelumschreibung entsprechend § 731 ZPO für möglich gehalten, wenn die Mitglieder der Stelle materiell-rechtlich zur Vornahme einer titulierten Handlung verpflichtet sind (ErfK/Koch, 18. Auflage 2018, ArbGG, § 85 Rdnr. 2; Germelmann/Matthes/Prütting, ArbGG, 9. Auflage 2017, Rdnr. 19; Schmitt, Die Haftung betriebsverfassungsrechtlicher Gremien und ihrer Mitglieder, 2017, S. 812 f.), wobei zum Teil zusätzlich zur Voraussetzung gemacht wird, dass sich der Titel irrtümlich gegen die betriebsverfassungsrechtliche Stelle anstatt des eigentlich verpflichteten Mitglieds richtet (Grunsky/Waas/Benecke/Greiner, ArbGG, 8. Aufl. 2014, Rdnr. 8). Das Bundesarbeitsgericht hat eine Zwangsvollstreckung gegen die Mitglieder des Betriebsrats aus einem gegen den Betriebsrat gerichteten Titel abgelehnt (BAG, Beschluss vom 28. Mai 2014 – 7 ABR 36/12 – juris, Rdnr. 22), ohne sich jedoch zu der Frage eines Umschreibung des Titels nach § 731 ZPO zu verhalten.

b) Die Beschwerdekammer hält eine Umschreibung des gegen den Betriebsrat gerichteten Handlungstitels nach § 731 ZPO zum Zwecke der Zwangsvollstreckung gegen die einzelnen Betriebsratsmitglieder der Stelle für geboten, wenn und soweit diese materiell-rechtlich verpflichtet sind, die titulierte Handlungspflicht zu erfüllen; dass sich der Titel irrtümlich gegen den Betriebsrat richtet, ist dabei nicht erforderlich.

aa) Der Ausschluss jeder Zwangsvollstreckung aus einem gegen den Betriebsrat gerichteten Handlungstitel ist mit dem aus dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) abgeleiteten Justizgewährungsanspruch nicht zu vereinbaren. Der Betriebsrat ist als Organ der Betriebsverfassung im Rahmen seines betriebsverfassungsrechtlichen Wirkungskreises rechtsfähig (BGH, Urteil vom 25. Oktober 2012 – III ZR 266/11 – juris, Rdnr. 16 ff.; BAG, a.a.O.) und kann daher insoweit nicht nur Träger von Rechten, sondern auch von rechtlichen Verpflichtungen sein. Für die Durchsetzung dieser Verpflichtungen hat der Staat effektiven Rechtsschutz zu garantieren, wozu zunächst der Zugang zu den Gerichten, die Prüfung des Streitbegehrens in einem förmlichen Verfahren sowie eine verbindliche gerichtliche Entscheidung gehört. Die stattliche Justizgewährung kann sich jedoch in einer rechtsstaatlichen Ordnung, die dem Staat das Zwangsmonopol zuweist und dem Vollstreckungsgläubiger Selbsthilfe verbietet, nicht in der Feststellung von Ansprüchen erschöpfen, sondern muss auch ein wirkungsvolles Verfahren zur Durchsetzung der Ansprüche beinhalten. Ansonsten wäre es in das Belieben des Schuldners gestellt, ob er den – gerichtlich festgestellten – Anspruch erfüllt oder nicht; dem Gläubiger würde entgegen rechtsstaatlichen Anforderungen ein substantieller Rechtsschutz verwehrt (BVerfG, Beschluss vom 12. Januar 2016 – 1 BvR 3102/13 – juris, Rdnr. 44). Vor diesem Hintergrund muss es auch dem Gläubiger des Betriebsrats grundsätzlich möglich sein, einen Anspruch auf Vornahme einer Handlung notfalls zwangsweise durchzusetzen; dass der Betriebsrat anders als andere Schuldner selbst darüber befinden können soll, ob er eine Handlungsverpflichtung erfüllt oder nicht, vermag demgegenüber rechtlich nicht zu überzeugend.

bb) Der Betriebsrat selbst kann nicht durch Festsetzung eines Zwangsgeldes (§ 888 Abs. 1 ZPO) angehalten werden, seiner titulierten Handlungspflicht nachzukommen, weil er vermögenslos ist (vgl. hierzu BAG, Beschluss vom 17. März 2010 – 7 ABR 95/08 – juris, Rdnr. 28; Germelmann/Matthes/Prütting, a.a.O., Rdnr. 17).

cc) Ein gegen den Betriebsrat gerichteter Handlungstitel kann auch nicht ohne weiteres durch eine Zwangsvollstreckung gegen die einzelnen Betriebsratsmitglieder durchgesetzt werden. Das einzelne Betriebsratsmitglied ist als solches nicht in der Lage, die Handlungen des Betriebsrats zu steuern (BAG, Beschluss vom 28. Mai 2014 – 7 ABR 36/12 – juris, Rdnr. 22). Es kann mit anderen Worten für sich genommen nicht dafür Sorge tragen, dass die übrigen Betriebsratsmitglieder ebenfalls dem Handlungstitel entsprechen und so die Verpflichtung des Betriebsrats erfüllt wird. Zwangsvollstreckungsmaßnahmen gegen das einzelne Betriebsratsmitglied könnten bei dieser Sachlage ihren Zweck, den titulierten Anspruch durchzusetzen, nicht erreichen.

dd) Ein Ausgleich zwischen dem Justizgewährungsanspruch eines Gläubigers des Betriebsrats einerseits und dem Ausschluss von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen gegen den Betriebsrat zur Durchsetzung einer Handlungspflicht andererseits kann bei dieser Sachlage nur durch eine entsprechende Anwendung des § 731 ZPO erreicht werden, gerichtet auf die Erteilung einer Vollstreckungsklausel gegen die Mitglieder des Betriebsrats, die aufgrund materiell-rechtlicher Vorschriften verpflichtet sind, sich für den Betriebsrat in der titulierten Weise zu verhalten. Nur durch ein derartiges, über den Wortlaut des § 731 ZPO hinausgehendes Klauselerteilungsverfahren kann erreicht werden, dass sowohl eine Zwangsvollstreckung möglich bleibt als auch Betriebsratsmitglieder nicht ohne auch für sie bestehende rechtliche Verpflichtung Zwangsmaßnahmen unterworfen werden. Da es sich bei dem Klauselerteilungsverfahren um ein Erkenntnisverfahren handelt, wird zudem der erforderliche Rechtsschutz des in Rede stehenden Betriebsratsmitglieds gewährleistet; denn das Gericht überprüft von Amts wegen (§ 83 Abs. 1 Satz 1 ArbGG), ob das Betriebsratsmitglied zur Vornahme der Handlung für den Betriebsrat verpflichtet ist. Dass ein derartiges Klauselerteilungsverfahren zudem den Vorteil bietet, bei einem Mitglieder- oder Funktionswechsel schneller eine Zwangsvollstreckung gegen das nun zuständige Betriebsratsmitglied durchführen zu können (Germelmann/Matthes/Prütting, a.a.O., Rdnr. 19), kommt hinzu, stellt aber für sich genommen keine ausreichende Rechtfertigung für eine erweiterte Anwendung des § 731 ZPO dar. 

c) Den Antragstellern war danach zu dem gerichtlichen Vergleich vom 03. Dezember 2014 die Vollstreckungsklausel gegen die Beteiligten zu 6. bis 10. in der aus dem Beschlusstenor ersichtlichen Weise zu erteilen. Die Beteiligten zu 6. bis 10. vertreten in ihren Funktionen als Vorsitzende bzw. stellvertretende Vorsitzende des Betriebsratsgremiums bzw. der einzelnen Ausschüsse den Betriebsrat und führen die Geschäfte dieser Gremien (§§ 26 Abs. 2, 27 Abs. 2, § 28 Abs. 1 BetrVG). Sie haben deshalb ihre Funktionen in der Weise vorzunehmen, zu der sich der Betriebsrat in dem gerichtlichen Vergleich verpflichtet hat, d.h., sie haben die E-Mail-Korrespondenz des Betriebsrats mit der Arbeitgeberin über den allgemeinen Betriebsratsaccount abzuwickeln und an den Betriebsrat gerichtete E-Mails, die ihnen im Zusammenhang mit ihren Funktionen an die eigene E-Mail-Adresse gesandt werden, an den allgemeinen Betriebsratsaccount weiterzuleiten.

Die Beteiligten zu 6. bis 10. haben demgegenüber für weitergehende Handlungspflichten des Betriebsrats nicht einzustehen, so dass auch die Erteilung einer Vollstreckungsklausel insoweit nicht in Betracht kommt. Dies gilt insbesondere für die Behandlung der E-Mails des Betriebsrats, die die Beteiligten zu 6. bis 10. als einfache Mitglieder des Betriebsrats bzw. einer seiner Ausschüsse und damit außerhalb ihrer betriebsverfassungsrechtlichen Funktionen an die Arbeitgeberin senden oder erhalten. Auch soweit den Beteiligten zu 6. bis 10. durch die Anlage 2 der Geschäftsordnung des Betriebsrats bestimmte „Betreuungsbereiche“ zugewiesen wurden, nehmen sie keine betriebsverfassungsrechtlichen Funktionen dar und sind deshalb materiell-rechtlich nicht zu den in dem Vergleich genannten Verhaltensweisen des Betriebsrats verpflichtet. Bei den „Betreuungsbereichen“ handelt es sich um betriebsverfassungsrechtlich nicht vorgesehene Einheiten, denen keine bestimmten Aufgaben zugewiesen wurden und die die eigentliche Tätigkeit des Betriebsrats und seiner Ausschüsse allenfalls vorbereiten und begleiten können. Sie stellen insbesondere im Gegensatz zu denen in Nr. 6 der Geschäftsordnung genannten „Kommissionen“ keine Ausschüsse des Betriebsrats i.S.d. § 28 BetrVG dar. Die Beteiligten zu 6. bis 10. werden daher für die „Betreuungsbereiche“ als einfache Betriebsratsmitglieder, nicht aber als betriebsverfassungsrechtliche Funktionsträger tätig.

C.

Die Entscheidung ergeht gemäß § 2 Abs. 2 GKG gerichtsgebührenfrei.

Die Rechtsbeschwerde der Antragsteller und der Beteiligten zu 6. bis 10. wurde gemäß § 92 Abs. 1 i.V.m. § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG zugelassen. Die entscheidungserhebliche Rechtsfrage, ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen ein gegen den Betriebsrat gerichteter Handlungstitel in entsprechender Anwendung des § 731 ZPO umgeschrieben werden kann, hat grundsätzliche Bedeutung. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde des Betriebsrats und der Arbeitgeberin lagen demgegenüber nicht vor.