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Urlaubsverfall und Hinweispflicht durch den Arbeitgeber

3 Minuten Lesezeit

Der Betriebsrat sollte die wichtigsten Pflichten des Arbeitgebers zur Urlaubsgewährung kennen. Nun gibt es ein neues Urteil des Bundesarbeitsgerichts zum Verfall eines tariflichen Mehrurlaubs (BAS, Urteil vom 09.03.2021, Az. 9 AZR 310/20).

Ein Kalender auf dem ein blauer Stift liegt

Das Bundesarbeitsgericht hatte zunächst mit Urteil vom 19.02.2019 (Az. 9 AZR 423/16) entschieden, dass der Anspruch auf den gesetzlichen Mindesturlaub nur dann am Ende des Kalenderjahres oder eines zulässigen Übertragungszeitraums erlischt,

  • wenn der Arbeitgeber den Mitarbeiter zuvor in die Lage versetzt hat, seinen Urlaubsanspruch wahrzunehmen, und
  • der Mitarbeiter den Urlaub dennoch aus freien Stücken nicht genommen hat.

Der Arbeitgeber muss also

  • zwingend auf den Urlaubsanspruch hinweisen,
  • dazu auffordern, den Urlaub zu nehmen und
  • über den Verfall nicht genommenen Urlaubs aufklären.

Neues Urteil

Nun gibt es ein neues Urteil des Bundesarbeitsgerichts zum Verfall eines tariflichen Mehrurlaubs (BAS, Urteil vom 09.03.2021, Az. 9 AZR 310/20).

Die wesentlichen Inhalte des Falls

Die Parteien stritten über tariflichen Mehrurlaub, also die Urlaubstage, die über das Bundesurlaubsgesetz (BurlG) hinausgehen. Auf das Arbeitsverhältnis fand der für die chemische Industrie geltende Manteltarifvertrag (MTV) Anwendung. Darin befanden sich sehr ausführliche Regelungen zum Urlaub. Die Dauer des Urlaubsanspruchs war geregelt und unter anderem Folgendes:

„Der Urlaub ist spätestens bis 31. März des folgenden Kalenderjahres zu gewähren.

Der Urlaubsanspruch erlischt, wenn er nicht bis dahin geltend gemacht worden ist.“

Die Auffassung des Arbeitnehmers

Nun war der Arbeitnehmer des Falls vom 30. November 2017 bis zum 1. August 2018 durchgehend krankheitsbedingt arbeitsunfähig. Er konnte also seinen restlichen Urlaub im Jahr 2017 nicht nehmen. Er meinte, zwischen den urlaubsrechtlichen Vorschriften des MTV und denen des BUrlG bestehe hinsichtlich der Verfallsfristen wie auch hinsichtlich der den Arbeitgeber treffenden Mitwirkungsobliegenheiten eine Identität. Daher wäre sein tariflicher Mehrurlaub aus dem Jahr 2017 nicht verfallen. Insbesondere hätte der Arbeitgeber ihn auf den Verfall hinweisen müssen.

Die Auffassung des Bundesarbeitsgerichts

Der Urlaub war verfallen aufgrund der Vorschriften des MTV. Dieser regelt in zulässiger Art und Weise die Befristung des tariflichen Mehrurlaubs als auch die Mitwirkungsobliegenheiten des Arbeitgebers abweichend von den für den gesetzlichen Mindesturlaub geltenden Regelungen.

Der im MTV abweichend von den Bestimmungen des BUrlG über den gesetzlichen Mindesturlaub geregelte Mehrurlaub ist auf den 31. März des auf das Urlaubsjahr folgenden Jahres befristet.

Er verfällt zu diesem Zeitpunkt auch dann, wenn der Arbeitnehmer wegen krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit gehindert war, den Mehrurlaub in Anspruch zu nehmen.

Arbeitgeber muss nicht auf Verfall hinweisen

Unterscheidet ein Tarifvertrag zwischen dem gesetzlichen und tariflichen Urlaubsanspruch und verlangt er zudem vom Arbeitnehmer den tariflichen Mehrurlaub zur Meidung seines Verfalls vor bestimmten Terminen geltend zu machen, trägt nicht der Arbeitgeber, sondern der Arbeitnehmer die Initiativlast für die Verwirklichung des Mehrurlaubsanspruchs.

Fazit

Jeder Tarifvertrag ist einzeln zu betrachten. Fest steht aber, dass die Grundsätze, die das Bundesarbeitsgericht aufgrund der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zum Bundesurlaubsgesetz entwickelt hat, nicht zwingend auch auf tarifvertraglichen Mehrurlaub anzuwenden sind. Konnte tariflicher Mehrurlaub aufgrund einer Krankheit nicht genommen werden, kann er trotzdem nach einem Tarifvertrag verfallen. Und der Arbeitgeber muss auf den Verfall nicht zwingend hinweisen.

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