Der Teilhabeverfahrensbericht - Wer bekommt welche Maßnahmen genehmigt?
Wie viele Anträge auf Rehamaßnahmen werden jährlich gestellt? Wie lange dauert es, bis über einen Antrag entschieden wird und wie viele Widersprüche werden von Betroffenen jährlich gegen abgelehnte Maßnahmen eingelegt? Darüber informiert der Teilhabeverfahrensbericht.

Bis 2018 konnten diese Fragen nicht beantwortet werden. Die Vorgehensweisen der unterschiedlichen Rehabilitationsträger wurden weder nach einheitlichen Vorgaben erhoben, noch waren deren Arbeitsweisen untereinander vergleichbar.
Somit konnte nicht überprüft werden, ob und inwieweit die Vorgaben der UN-Behindertenrechtskonvention in Bezug auf die Kooperation und Koordination der Rehabilitationsträger zwischenzeitlich umgesetzt werden. Der Gesetzgeber nahm deshalb 2018 den § 41 in das SGB IX auf. Danach müssen die Rehabilitationsträger nun jährlich Auskunft erteilen, und zwar unter anderem über
- die Anzahl der gestellten Leistungen,
- die Weiterleitung von Anträgen wegen Unzuständigkeit,
- Fristüberschreitungen bei der Antragsbearbeitung sowie über
- Erstattungen, Widersprüche und Klagen.
Diese Ergebnisse fließen dann im sogenannten Teilhabeverfahrensbericht ein, der jährlich veröffentlicht wird. Ziel des Berichts ist es, mehr Transparenz zur Leistungsfähigkeit des Reha-Systems herzustellen und neue Möglichkeiten der Evaluation und Steuerung zu eröffnen.
Der Jahresbericht gibt jeweils detailliert Auskunft über die beteiligten Träger, die Art und Weise der Datenauswertung und selbstverständlich zu den Ergebnissen der Auswertung aufgeschlüsselt nach den verschiedenen im einzelnen möglichen Maßnahmen.
Mit jedem Teilhabeverfahrensbericht hat sich die Aussagekraft dieses Instruments seit 2018 jährlich weiter erhöht. Der Teilhabeverfahrensbericht 2022 bietet zum einen Einblicke in das Reha- und Leistungsgeschehen im Jahr 2021. Außerdem zeigen die veröffentlichten Daten neuerdings Entwicklungslinien auf, die sich aus den nunmehr möglichen Jahresvergleichen ergeben. Diese Daten sind für die Verantwortlichen bei den Rehaträgern, der Selbstverwaltung, Politik und Fachwelt nützlich, um die Maßnahmen besser zu steuern.
Von den derzeit 1.268 Rehabilitationsträgern in Deutschland haben 1.079 Rehabilitationsträger die von ihnen geforderten Daten für das Berichtsjahr 2021 erhoben und der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation (BAR) übermittelt. Das entspricht einer Meldequote von über 85 Prozent – eine erneute Steigerung gegenüber dem Vorjahr. Die BAR strebt eine Meldequote von 100 Prozent an.
Auch das Jahr 2022 war noch von den Auswirkungen der SARS-CoV-2-Pandemie geprägt. Gerade in der ersten Jahreshälfte galt weiterhin das Gesetz über den Einsatz der Einrichtungen und sozialen Dienste zur Bekämpfung der Coronavirus-SARS-CoV-2 Krise in Verbindung mit einem Sicherstellungsauftrag (Sozialdienstleister-Einsatzgesetz - SodEG).
Der Sicherstellungsauftrag wurde bis 30. Juni 2022 verlängert. Einer der Gründe für das SodEG war das stark rückläufige Antrags- und Leistungsgeschehen während der Pandemie. Der aktuelle Teilhabeverfahrensbericht zeigt, dass das Antragsaufkommen in einigen Trägerbereichen weiterhin unterhalb des Aufkommens vor der Pandemie liegt – in anderen Trägerbereichen sich dagegen „erholt“ hat.
Das Aufkommen an Geldern gestaltet sich derzeit wie folgt:
- In der Eingliederungshilfe steigt es um 9,9 Prozent.
- In der Jugendhilfe steigt es um 11,3 Prozent.
- In der Unfallversicherung steigt es um 15,1 Prozent.
- Beim sozialen Entschädigungsrecht steigt es um 4,4 Prozent.
- In der gesetzlichen Krankenversicherung bleibt es fast gleich, mit einem Anstieg von nur 0,5 Prozent.
- Bei der Bundesagentur für Arbeit sinkt es um 1,7 Prozent.
- In der Rentenversicherung sinkt es um 1,4 Prozent.
Der nächste Teilhabeverfahrensbericht wird aufzeigen, wie sich das Antragsaufkommen nicht nur in diesen Trägerbereichen entwickelt. Gleichzeitig wird beispielsweise ablesbar sein, ob sich das Leistungsgeschehen aufgrund der neuen Reha-Verordnungen für die medizinische Rehabilitation verändert. Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat am 16. Dezember 2021 einige Neuerungen beschlossen, die seit 1. Juli 2022 insbesondere die geriatrische Rehabilitation sowie die Anschlussrehabilitation nach der Akutbehandlung betreffen.
Praxis-Tipp: Auch für die Schwerbehindertenvertretung enthält der Teilhabeverfahrensbericht wichtige Erkenntnisse und Zahlen, die für die SBV-Arbeit gezielt genutzt werden können. So können Sie als SBV dem Teilhabeverfahrensbericht beispielsweise Informationen zu Verfahrensdauer und Erfolgsaussichten von Rehamaßnahmen entnehmen, Ihren (schwer-)behinderten Kollegen diesbezüglich Auskunft geben und sie beratend unterstützen.