Keine (Neu-)Einstellung ohne SBV

Die Schwerbehindertenvertretung (SBV) der […] - [GmbH] [Ort], [Datum]

An Geschäftsleitung der […] - [GmbH]

Im Hause

 

Neueinstellung [der] [des] [Kollegin] [Kollegen] […]

 

Sehr geehrte[r] [Frau] [Herr] [Professor] [Dr.] […],

[die] [der] [Kollegin] [Kollege] [Frau] [Herr] […] ist zum [Datum] eingestellt worden.

Auf seiner Sitzung vom […] hat der Betriebsrat dieser personellen Einzelmaßnahme nach sorgfältiger Beratung zugestimmt. Als [Vertrauensperson der schwerbehinderten Menschen im Betrieb] [stellvertretendes Mitglied der Schwerbehindertenvertretung] [habe ich] [hat [die] [der] [Kollegin] [Kollege] […]] an der Betriebsratssitzung teilgenommen und diese Entscheidung des Betriebsrats mitgetragen.

Im Hinblick auf zukünftige Einstellungen gestatten Sie der Schwerbehindertenvertretung indes den folgenden wichtigen Hinweis:

Vor jeder Einstellung treffen den Arbeitgeber weitreichende Prüf-, Konsultations-, Erörterungs- und Anhörungspflichten [§ 164 Absatz 1 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch – SGB IX]. Keine dieser Pflichten ist vorliegend [ausreichend] erfüllt worden. Diese Pflichten stellen keine „Schikane“ dar, sondern sollen die angemessene Berücksichtigung der Belange schwerbehinderter Menschen und ihrer Vertretung, der Schwerbehindertenvertretung, sicherstellen. Werden sie verletzt, kann der Betriebsrat auch einer ansonsten rechtlich einwandfreien Einstellung begründet die Zustimmung verweigern [§ 99 Absatz 2 Nummer 1 Betriebsverfassungsgesetz – BetrVG – in Verbindung mit § 164 Absatz 1 SGB IX]. Im Übrigen droht eine Ordnungswidrigkeitsanzeige [§ 238 Absatz 1 Nummer 7 SGB IX].

Bitte berücksichtigen Sie zukünftig vor einer Einstellung insbesondere, dass

zu prüfen ist, ob freie Arbeitsplätze mit schwerbehinderten Menschen, insbesondere arbeitslos oder arbeitssuchend gemeldeten schwerbehinderten Menschen besetzt werden können (sog. Prüfpflicht)

der Arbeitgeber sich frühzeitig mit der Agentur für Arbeit in Verbindung zu setzen hat (sog. Konsultationspflicht)

Betriebsrat und Schwerbehindertenvertretung über Vermittlungsvorschläge und vorliegende Bewerbungen Schwerbehinderter unmittelbar nach Eingang zu unterrichten sind

eine erweiterte Beteiligungspflicht (Anhörung, Erörterung) gegenüber Betriebsrat und Schwerbehindertenvertretung besteht, wenn die Beschäftigtenpflichtquote nicht erfüllt wird und Betriebsrat oder Schwerbehindertenvertretung mit der beabsichtigten Arbeitgeberentscheidung nicht einverstanden sind.

[Die Schwerbehindertenvertretung muss und wird in Zukunft auf Einhaltung der o.g. Pflichten bestehen. Das gebietet ihr insoweit bestehendes gesetzliches Wächteramt [§ 178 Absatz 1 Nummer 1 SGB IX].]

[In unserem Fall ist die Pflichterfüllung in besonderem Maße bedeutsam, da zum Bedauern der Schwerbehindertenvertretung bislang weder eine rechtlich aber vorgeschriebene Inklusionsvereinbarung zwischen Arbeitgeber und Schwerbehindertenvertretung abgeschlossen [§ 166 SGB IX] noch die Beschäftigtenpflichtquote [§ 154 Absatz 1 SGB IX] erfüllt ist].

Für Rückfragen erreichen Sie mich jederzeit unter [Rufnummer].

 

Freundliche Grüße

[Ort], [Datum]

[Vertrauensperson]

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Anwaltstipps:

Kaum ein Arbeitgeber kommt in der Praxis seinen – umfangreichen – Pflichten aus
§ 164 Absatz 1 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch – SGB IX nach.

Als Wächter der Interessen der schwerbehinderten Menschen im Betrieb ist die Schwerbehindertenvertretung angehalten, gegenüber dem Arbeitgeber auf Einhaltung dieser wichtigen Pflichten zu dringen und Verstöße ggf. ahnden zu lassen (§ 238 Absatz 1 Nummer 7 SGB IX – bis zu 10.000 EUR Geldbuße).

Verstößt der Arbeitgeber gegen seine Pflichten aus § 164 Absatz 1 SGB IX rechtfertigt dieser Umstand allein eine für den Arbeitgeber unangenehme Zustimmungsverweigerung durch den Betriebsrat (§§ 99 Absatz 2 Nummer 1 Betriebsverfassungsgesetz – BetrVG – in Verbindung mit § 164 Absatz 1 SGB IX). Die Einstellung wäre dann rechtswidrig und könnte – falls sie vom Arbeitgeber eigenmächtig umgesetzt wird - vom Betriebsrat mit Erfolg „angegriffen“ werden
(§ 101 BetrVG). Über die Rechtmäßigkeit der Einstellung müsste auf Antrag und auf Kosten des Arbeitgebers dann vor dem Arbeitsgericht gestritten werden (§ 99 Absatz 4 BetrVG).

Die Schwerbehindertenvertretung hat demgegenüber kein (eigenes) Zustimmungs-verweigerungsrecht, weshalb in der Praxis die enge Zusammenarbeit mit dem Betriebsrat anzuraten ist. Kann der Betriebsrat nicht zu einer Zustimmungsverweigerung bewegt werden, empfiehlt sich die hier vorgeschlagene „Abmahnung“ des Arbeitgebers, mit der zugleich die Rechtskenntnisse der Schwerbehindertenvertretung demonstriert und der Abschluss einer Inklusionsvereinbarung forciert werden kann.