Hallo,

Mein Name ist Igor und ich bin BRV bei einem Nürnberger Unternehmen. Ich bin noch recht frisch und unerfahren im BR und hoffe, dass ihr mir ein bisschen bei dem geschilderten Problem weiterhelfen könnt...

ich komme gerade von einem Meeting mit dem Geschäftsführer zum Thema Gehaltsrunde 2017 und benötige bitte etwas Rat und Tat von erfahreneren Betriebsräten als ich das bin (bin erst seit 6 Monaten im BR und eher als Notlösung der BRV geworden).


Folgende Situation haben wir im Betrieb:

1. Größe: knapp 100 MitarbeiterInnen
2. (Leider) Tendenzbetrieb, d.H. ich kenne unsere wirtschaftliche Lage nicht.
3. Gesellschaftsform: GmbH, verteilt auf 4 Standorte, wobei es einen Großen mit ca. 80 MitarbeiterInnen und 3 kleine mit jeweils 6 MitarbeiterInnen gibt.
4. Die MitarbeiterInnen in den 3 kleineren Betriebe haben dafür votiert, vom BR des großen Unternehmens vertreten zu werden (ob das überhaupt rechtens ist, weiß ich nicht, das hat meine Vorgängerin veranlasst. Da bis heute keiner gemeckert hat, gehe ich davon aus, dass es ok ist.
5. Die GmbH ist Teil einer größeren Konzernstruktur. Mittels Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag sind wir an eine Holding-GmbH angegliedert, die wiederum über einen Vorstand im Gesamtkonzern vertreten ist.


Bezüglich der Gehaltsrunde 2017 argumentiert mein GF so:

1. Der Vorstand hat entschieden, dass eine Summe von bis zu 5% der Gesamt-Lohnkosten für Gehaltsanpassungen abgerufen werden darf.
2. Wird diese Summe abgerufen, wird sie aus der Bilanz der GmbH genommen, nicht über die Holding.
3. Die GF der einzelnen GmbHs entscheiden, ob und wieviel Sie von dieser Summe abrufen (0 bis 5%).
4. Unser GF will 0% abrufen, da er die Bilanz (und damit seinen Bonus, wie ich vermute) nicht schmälern will.
5. Er will aber eventuell im Laufe des nächsten Jahres einzelne „Leistungsträger belohnen“, so wie ich das verstanden habe, indem er sich erst während des kommenden Jahres an diesen potentiell möglichen 5% bedient.
6. Da er die Summe nicht abrufen will, sieht er auch keine Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats.
7. Und da die Lohnanpassungen im nächsten Jahr individuell seien, sieht er auch da keine Mitbestimmungsrechte.

Ich habe das mal so zur Kenntnis genommen und überlege jetzt, wie ich doch noch eine Summe (am liebsten natürlich die maximale von 5%...) zum Verteilen bekomme, da wir seit 4 Jahren keinerlei kollektive Lohnerhöhungen mehr im Unternehmen hatten, dafür aber extreme Fluktuation und miese Laune bekommen haben. Die BRV vor mir hat das wohl immer alles geschluckt – das will ich aber nicht!


Als mögliche Argumentation hatte ich an folgendes gedacht:

1. Da der Vorstand dem GF vorgibt, welche Summe er maximal abrufen darf, ist der GF nicht autonom.
2. Da der GF neue Planstellen nur in Absprache mit dem Vorstand schaffen kann, ist er nicht autonom.
3. Da der GF auch bei individuellen Lohnerhöhungen ab einer gewissen Größe (25%) das OK des Vorstandes braucht, ist er nicht autonom.
4. Umbaumaßnahmen in den Betriebsräumen bedürfen scheinbar ebenfalls das OK des Vorstandes

Es deutet also einiges darauf hin, dass der GF gar nicht so leitend ist, wie man das annehmen könnte.

Wenn der Vorstand jetzt entschieden hat, dass es bis zu 5% auf Kosten der Unternehmensbiland der Gesamtlohnkosten als Gehaltskosten gibt, dann öffnet er damit meiner Ansicht nach einen Gehaltstopf. Der Topf ist also faktisch da, was der GF versucht, ist meiner Meinung nach nur, die Ausschüttung zu verhindern und den Topf zu 100% der Bilanz einzuverleiben. Das ändert aber nichts daran, dass der Topf da ist und damit der Betriebsrat voll in der Mitbestimmung ist, wie er denn verwendet wird.

Bevor ich mir den Stahlhelm aufsetze und mich ins Kreuzfeuer begebe, würde ich aber sehr gerne Meinungen von euch einholen. Zu welchem Vorgehen würdet ihr mir raten, oder muss ich diese Kröte sogar schlucken?

Viele liebe Grüße und besten Dank schon mal,


Igor