Lotte, Du bringst jetzt etwas durcheinander. Böse Mädels würden jetzt sagen: „Du vergleichst Äpfel mit Birnen“ Die schmecken zwar beide gut, haben aber unterschiedliche Formen.
Es wird zwar jetzt ein etwas längerer Text, ich will aber dennoch versuchen, es aus meiner Sicht einmal darzustellen.
Bei dem von dir hier vorgebrachten Beispiel geht es um bereits erworbene und abzugeltende Ansprüche. Bei dem hier diskutierten, aber um die Frage des Ent- oder bestehens eines Anspruchs.
Aber spätestens jetzt wäre es an der Zeit, sich den rechtlichen Status oder auch Unterschied zw. angeordneter Mehrarbeit und Überstunden, einmal näher anzuschauen.
Mehrarbeit ist die über die regelmäßige festgelegte bzw. vereinbarte tägliche, wöchentliche oder monatliche AZ hinausgehende Arbeit. Meist wird Mehrarbeit tarifvertraglich begrenzt, indem eine Höchststundenzahl und/oder eine tägliche oder wöchentliche Höchstarbeitszeit vereinbart wird.
Demzufolge sprich man von Mehrarbeit immer dann, wenn die übliche Höchstarbeitszeit täglich oder wöchentlich insgesamt überschritten wird, also 8 Stunden täglich bzw. 48 Stunden wöchentlich bzw. 96 Stunden im Zweiwochenturnus. Dagegen sind Überstunden die geleisteten Arbeitsstunden, die ein Arbeitnehmer über seine vertraglich und/oder tariflich festgelegte Arbeitszeit hinaus leistet.
Ich weiß, ist ein bisschen verwirrend. Daher verwischt es sich auch ab und an. Wenn man aber etwas genauer hinschaut, gibt es doch gravierende Unterschiede.
Mehrarbeit setzt daher immer eine vorhergehende Vereinbarung voraus. Die kann in vertraglicher Form bereits vorliegen (TV oder AV), oder muss vereinbart werden. Hier kann sich, abhängig von dem vereinbarten, dann auch ein Anspruch ergeben.
Haben wir sehr oft, wenn es bei größeren Betrieben um Zusatzschichten geht. Z. B. bei VW, Varta und Conti.
Bei Mehrarbeit hat auch immer ein Ausgleich zu erfolgen. Ob das in Geld oder Freizeit ist, hängt dann von der Vereinbarung ab.
Bei Überstunden sieht das dann aber etwas anders aus.
Hier handelt es sich um bereits geleistete Zeit, die zwar auch vorher vereinbart werden kann, aber u. U. auch einseitig angeordnet werden darf - auf nähere Feinheiten hierzu verzichten wir jetzt einmal -.
Dazu kommt, dass es sich bei Überstunden in der Regel ja um Zeiten handelt, die vorher nicht absehbar und somit auch kaum vom AG planbar waren und meistens dann auftreten, wenn etwas nicht geschafft wurde, was noch fertig werden sollte oder muss. Hierdurch begrenzt sich dann aber auch der Zeitraum, indem überhaupt Überstunden anfallen können.
Ist Mehrarbeit stets auszugleichen, so ist das bei Überstunden nicht immer der Fall.
So kann es durchaus sein, dass an einem Tag gemachte Überstunden, in der Wochen oder Monatsrechnung dann keine mehr sind. Das ist bei Kraftfahrern z. B. ständige Regel.
Der Gesetzgeber hat dem AG die Möglichkeit der Überstunden ja auch deshalb eingeräumt, damit er hier die Möglichkeit hat, kurzfristig auf betriebliche Besonderheiten reagieren zu können.
Würde er hierdurch jetzt in eine Art von Annahmeverzug geraten, wäre ihm diese Möglichkeit genommen und der hier herrschende Grundsatz würde sich in Friss oder stirb wandeln, was so bestimmt nicht beabsichtigt war.
Man könnte das ganze Jetzt noch weiter ausklamüsern und div. Unterschiede benennen, was das Ganze dann aber überladen würde. Es sollte aber auch so zu erkennen sein, dass bei Überstunden generell kein Annahmeverzug entstehen kann, bei Mehrarbeit u. U. aber schon.