Erstellt am 20.02.2014 um 13:32 Uhr von Aidan
Betriebsordnung gekündigt? Meinst du evlt. eine Betriebsvereinbarung? Diese geraten nicht generell in Nachwirkung, das müsste hierfür darin explizit deklariert sein, solltes du mal nachgucken.
Der AG darf die AU früher verlangen und muss das auch nicht begründen. Gabs vor etwa einem Jahr schon ein medienwirksames BAG-Urteil dazu, was leider kaum verständlich war, weils da am Ende nur darum ging, ob der AG (ohne bestehende Regel dazu) seine Forderung begründen (können) muss. Muss er nämlich nicht, steht ja nirgendwo dass er das muss. Im Ergebnis denken vorallem AG, dass sie seitdem zu diesem Thema alles verlangen können, egal ob das vielleicht schon irgendwo geregelt ist.
Sollte es jedoch eine geltende Regel hierzu bereits bestehen (Arbeitsvertrag, Betriebsvereinbarung, Tarifvertrag), dann gilt das jeweils bessere für den Arbeitnehmer (Günstigkeitsprinzip). AG dürfen bestehende Regeln nicht eigenmächtig zu ihren Gunsten ändern.
Genau diesen Streit habe ich vorm Chemnitzer Arbeitsgericht geführt (Arbeitgeber will Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AUB) immer, auch wenn die AU nur einen Tag besteht, obwohl im geltenden Manteltarif steht, dass die AUB nur vorzulegen ist, wenn die Krankheit länger als zwei Tage dauert). Das Chemnitzer Arbeitsgericht hat diesen Klageantrag abgewiesen und damit begründet, dass der AG seine Forderung nicht begründen muss. Unser Richter hat das populäre BAG-Urteil aus diesem Zeitraum einfach abgeschrieben, obwohl es voll am Thema vorbei ging. Berufung war übrigens nicht möglich, weil der Streitwert hierfür (von diesem Richter) unter 600 Euro angesetzt war. Raffiniert, eh?
Ich möchte bei diesem Thema also warnen. Auch Richter (besonders die im Arbeitsgericht Chemnitz) tun sich mit dem Verständnis des Günstigkeitsprinzipes manchmal schwer und können Krankheitsdauer und AUB-Abgabezeitpunkt offensichtlich nicht immer auseinanderhalten.
Erstellt am 20.02.2014 um 15:33 Uhr von gironimo
Naja - man muss bedenken, dass die meist zitierten Urteile nach dem Motto "Der AG darf verlangen ...." sich auf individualrechtliche Streitigkeiten begründen. (so gesehen würde mich interessieren, ob Du Aidan eine Individualklage geführt hast oder die Mitbestimmung des BR Gegenstand der Klage war?)
>In der Vergangenheit kam es immer mal dazu,< schon aus dieser Formulierung der Frage würde ich den kollektiven Bezug in dem Handeln des AG sehen (offenbar hat er ja Beurteilungsgrundsätze nach dem Motto: Wenn diese und jene Situation - dann fordere ich....)
Wenn also in einer BV "Arbeitsordnung" eine Regelung steht, wirkt diese auch bei Kündigung nach, "bis eine neue Abmachung" (Achtung: Nicht unbedingt neue BV!) erfolgt ist.
Ich würde an Eurer Stelle den AG auffordern, es zu unterlassen einseitig Regeln zu erstellen und anzuwenden, wann AU-Bescheinigungen abweichend vom "Normalfall" des Gesetzes gefordert werden. Fordert ihn zu Verhandlungen auf.