Erstellt am 19.12.2011 um 09:14 Uhr von gironimo
Der AG muss die geltenden BV's bekannt machen (§77 Abs.2 BetrVG). Spätestens der BR sollte sie Dir sofort in die Hände drücken, wenn Du sie haben willst.
Im BetrVG steht nix von Überstunden (nur das der BR mitzubestimmen hat). Zu beachten wäre das Arbeitszeitgesetz (mal in Ruhe durchlesen), eventuell geltende Tarifgverträge und der Arbeitsvertrag (auch mal in Ruhe durchlesen). Letzterer ist auch kein Freibrief.
Von der Rangfolge gilt an erster Stelle gesetzliche Regelungen, dann Tarife (die Gesetze nicht zum Nachteil des AN unterlaufen dürfen), dann BV's (die Gesetze und Tarife nicht unterlaufen dürfen) und dann Arbeitsverträge (die Gesetze, Tarife und BV's nicht unterlaufen dürfen)
Erstellt am 19.12.2011 um 11:14 Uhr von Kölner
@Medium
In Ergänzung zu gironimo:
Hast Du mal die BV beim BR angefordert?
Erstellt am 19.12.2011 um 12:00 Uhr von Mundwerker
Die Pflicht zur Ableistung von Überstunden ist in vielen Arbeitsverträgen verankert.
Trotzdem ist das natürlich nicht in Stein gemeißelt. Zunächst einmal hat dein AG die gesetzlichen Höchstgrenzen deiner Arbeitszeit zu beachten, insofern kann er das eben nicht "jeden Tag anordnen".
Und was dein Arbeitgeber mit "es steht im BetrVG" gemeint hat, ist wohl, dass Überstunden grundsätzlich der Mitbestimmung des Betriebsrates unterliegen und dies bei euch irgendwann mal mit einer Betriebsvereinbarung pauschaliert wurde. Theoretisch müsste dein AG nämlich jedes Mal, wenn der von dir geschilderte Fall eintritt, deinen Betriebsrat anhören, bevor er Überstunden anordnen darf. Ohne Zustimmung des BR keine Überstunden!
Eine Betriebsvereinbarung hierzu soll den betrieblichen Ablauf vereinfachen und sollte als Gegenleistung finanzielle Anreize enthalten (Überstundenzulage). Warum sollte ein Betriebsrat sonst motiviert sein, sich seine Mitbestimmung durch eine pauschale Regelung einschränken zu lassen?
Betriebsvereinbarung sind - wie von den Vorrednern schon erwähnt - natürlich nicht geheim, sondern werden nach Abschluss üblicherweise im Betrieb veröffentlicht. Ältere Betriebsvereinbarungen muss man dir auf Verlangen vorlegen können. Wende dich an deinen Betriebsrat und weise ihn darauf hin, dass du mit der derzeitigen Praxis nicht einverstanden bist. Er wurde schließlich gewählt, um DEINE Interessen zu vertreten. Ein Arbeitnehmer ist schließlich kein Leibeigener, du brauchst für deine Freizeit ja auch eine gewisse Planungssicherheit. Es kann nicht sein, dass du erst zum Schichtende erfährst, noch zwei Stunden bleiben zu müssen und vor vollendete Tatsachen gestellt wirst.
Ich hoffe, das mit dem "keinen Ausgleich" für die Überstunden bezieht sich auf einen Freizeitausgleich. Bezahlt werden sie ja wohl, oder etwa nicht?
Erstellt am 19.12.2011 um 15:36 Uhr von azrael
Auch wenn es eine BV zur arbeitzeit gibt in der die überstunden geregelt sind gilt folgender grundsatz: "Überstunden dürfen nur angeordnet werden, wenn diese nach den gesetzlichen Bestimmungen zulässig sind und keine berücksichtigungswürdigen Interessen des Arbeitnehmers entgegenstehen."
berücksichtigungswürdigen interessen sind übrigens auch die planung deiner freizeit. daher geht die aktuelle rechtssprechung derzeit davon aus, dass überstunden (ausser in notfällen) in einem angemessenen zeitlichen abstand zu ihrem tatsächliche anfall angekündigt werden müssen. notfälle sind übrigens KEINE lücken in der arbeitsorganisation sondern naturkatastrophen und ähnliches.
siehe auch: Hessisches LAG, Urteil vom 13.01.2006, Az.: 3 Sa 2222/04