Erstellt am 27.05.2014 um 08:58 Uhr von wwschilla
Hallo,
sehr konfus :d
Ich versuch es mal allgemein gehalten, vlt. hilft dir das weiter.
Mehrarbeit im Sinne des § 124 SGB IX
Was genau ist Mehrarbeit im Sinne des § 124 SGB IX eigentlich?
Gemäß § 124 SGB IX werden schwerbehinderte Menschen auf ihr Verlangen von Mehrarbeit frei gestellt. Dieser § ist eine Schutz- und keine Verbotsvorschrift.
Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) ist Mehrarbeit nach § 124 SGB IX diejenige Arbeit, welche über die normale gesetzliche Arbeitszeit von 8 Stunden werktäglich hinausgeht. Dabei legt das BAG die gesetzliche Arbeitszeit nach dem Arbeitszeitgesetz (ArbZG), § 3 Satz 1 ArbzG zugrunde.
Die individuell vereinbarte oder tarifliche regelmäßige Arbeitszeit stellt keinen geeigneten Maßstab für die Bestimmung des Begriffs der Mehrarbeit nach § 124 SGB IX dar. Deshalb muss auch die Möglichkeit, nach § 3 Satz 2 ArbZG die Arbeitszeit auf bis zu 10 Stunden täglich zu verlängern, außer Betracht bleiben (vergleiche BAG Urteil vom 3.12.2002 9 AZR 462-01, br 2003, 150).
Es kommt bei Mehrarbeit also ausschließlich darauf an, ob die 8-Stunden-Grenze überschritten wird.
Mehrarbeit ist abzugrenzen von Überstunden.
Überstunden stellen deshalb nur dann Mehrarbeit nach § 124 dar, wen die 8-Stunden-Grenze überschritten wird. Für Nacht- und Schichtarbeit enthält die Mehrarbeitsbestimmung des § 124 SGB IX keine Regelung (auch hier kann das Urteil vom BAG, siehe oben, herangezogen werden).
Hier empfiehlt sich ein Gespräch mit dem Arbeitgeber und zusammen mit der Schwerbehindertenvertretung. Der schwerbehinderte Beschäftigte darf der Arbeit nicht einfach ohne Ankündigung fern bleiben.
Kurz: Die Kollegin hat kein Anrecht darauf Überstunden zu leisten, wenn der Ag das nicht möchte.
Erstellt am 27.05.2014 um 10:23 Uhr von gironimo
>dass mit dem AG vereinbart wurde, dass grundsätzlich alle Schwerbehinderten Kollegen (in TZ) keine Überstunden leisten und sie grundsätzlich als befreit gelten <
Da geht wohl der AG davon aus, dass die Vereinbarung mit dem BR wie eine BV anzusehen ist. Und unter den Voraussetzungen handelt er doch völlig korrekt:
"Vereinbarungen zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber, auch soweit sie auf einem Spruch der Einigungsstelle beruhen, führt der Arbeitgeber durch, es sei denn, dass im Einzelfall etwas anderes vereinbart ist. "
"Betriebsvereinbarungen gelten unmittelbar und zwingend. Werden Arbeitnehmern durch die Betriebsvereinbarung Rechte eingeräumt, so ist ein Verzicht auf sie nur mit Zustimmung des Betriebsrats zulässig. Die Verwirkung dieser Rechte ist ausgeschlossen."
§ 77 BetrVG
Also sind erst einmal Gespräche zwischen AG und BR angesagt.
Erstellt am 27.05.2014 um 13:05 Uhr von Pjöööng
Im § 77 steht aber auch:
"(2) Betriebsvereinbarungen sind von Betriebsrat und Arbeitgeber gemeinsam zu beschließen und schriftlich niederzulegen. Sie sind von beiden Seiten zu unterzeichnen; dies gilt nicht, soweit Betriebsvereinbarungen auf einem Spruch der Einigungsstelle beruhen. Der Arbeitgeber hat die Betriebsvereinbarungen an geeigneter Stelle im Betrieb auszulegen."
Erstellt am 27.05.2014 um 16:18 Uhr von Viccy
vielen Dank schonmal für die schnellen Rückmeldungen!
@wwschilla genau das ist es worum es geht. Die MA hat keinen Anspruch auf Überstunden, wenn der AG das nicht möchte. Aber es können alle, also warum wird es ihr nicht erlaubt? Ja das muss ich jetzt mit der GL klären.
@gironimo Ja im Grundsatz handelt der AG richtig. Aber wichtig ist, dass wir ja vereinbart hatten (da Schwerbehinderte nicht grundsätzlich von Überstunden befreit sind), dass sich die Kollegen auch melden können, wenn sie diese doch leisten möchten. Im Grunde ist es für unsere Schwerbehinderten wirklich komplett freiwillig, da wir sie befreit haben. Aber, wenn sie leisten möchten, müssten sie sich einfach bei der GL melden und anzeigen, dass sie bleiben möchten (ist einfacher als immer zu sagen, heute möchte ich mich befreien lassen).
Die GL macht nur bei dieser MA ein Problem daraus und lässt sie nicht. Alle anderen aber können wenn sie es mitteilen und das ist wieder ungerecht.
Ich weiß, andere glauben es kaum, wenn sie hören, dass bei uns (ausgerechnet auch noch Schwerbehinderte Kolleg/innen) Theater machen weil sie Überstunden leisten möchten. Da wir aber als Dienstleister auch mal früher nach Hause schicken oder Gleittage anbieten, möchten die Kolleginnen halt auch davon profitieren. Deshalb haben wir die Regelung so ausgearbeitet.
Was aber im speziellen Fall passiert, wenn die AG -Seite auf einmal einem MA das ablehnt, das passiert ja dann doch ziemlich selten, zumindest bei uns ;-))
Danke Euch nochmal herzlich für die schnellen Antworten!
LG, Viccy
Erstellt am 27.05.2014 um 17:13 Uhr von Pjöööng
Die Regelung ist sicherlich gut gemeint, aber ich habe Zweifel ob sie rechtskonform ist.
§ 124 SGB IX ist eigentlich eindeutig:
"Schwerbehinderte Menschen werden auf ihr Verlangen von Mehrarbeit freigestellt."
Demnach können Schwerbehinderte verlangen, dass sie (generell) von Mehrarbeit freizustellen sind und dieses Verlangen gilt auch für die Zukunft.
Ob vor dieser klaren gesetzlichen Regelung der BR überhaupt befugt ist, diese Regelung (zu Gunsten) der Arbeitnehmer zu modifizieren, halte ich für fraglich.
Der Arbeitgeber seinerseits verstößt meines Erachtens gegen das AGG, welches eine Benachteiligung bei den Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen wegen der Behinderung verbietet.
Erstellt am 28.05.2014 um 15:02 Uhr von wwschilla
Hallo,
Was für gewöhnliche Arbeitnehmer mit einem Achtstundentag gilt, trifft auch auf Teilzeitkräfte beziehungsweise Aushilfen zu: Grundsätzlich ist niemand zur Leistung von Überstunden verpflichtet. Arbeitgeber dürfen Mitarbeiter also nicht einfach so zur Ableistung von Überstunden verpflichten. Gerade bei Teilzeitkräften würde dies dem Wesen von Teilzeitarbeit zuwiderlaufen. Von diesem Grundsatz gibt es aber Ausnahmen:
Abweichende Regelungen
Die Leistung von Überstunden kann entweder im Arbeitsvertrag des jeweiligen Arbeitnehmers, durch eine Betriebs- oder Dienstvereinbarung oder durch Tarifvertrag festgelegt werden. Liegt weder eine Tarifbindung noch eine Betriebs- oder Dienstvereinbarung vor, sollten Arbeitgeber die Überstundenregelung im Arbeitsvertrag verbindlich fixieren. Hier wird festgelegt, wie viele Überstunden pro Woche angeordnet werden können. Existiert ein Betriebsrat, muss dieser der Einzelvereinbarung zustimmen.
Notsituation
Befindet sich das Unternehmen in einer Notsituation, beispielsweise durch eine Naturkatastrophe oder einen Brand, und kann die Notlage beziehungsweise Aufrechterhaltung des Betriebs nur durch Überstunden der Mitarbeiter gewährleistet werden, müssen die Mitarbeiter die einseitig angeordneten Überstunden leisten.
Wie aus einer Teilzeit- eine Vollzeitkraft wird
Arbeitgeber sollten die tatsächlich geleistete Arbeitszeit, insbesondere die ihrer Teilzeitkräfte, im Blick haben. Denn häufig können die vertraglich vereinbarte Arbeitzeit (etwa 25 Stunden pro Woche) und die faktisch geleistete weit auseinanderliegen. So kann es passieren, dass eine Teilzeitkraft, die auf Wunsch des Arbeitgebers regelmäßig länger arbeitet, automatisch zur Vollzeitkraft wird.
Rechtlich gesehen funktioniert das so: Die nach außen hin einvernehmliche Lösung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer stellt eine stillschweigende Änderung des Arbeitsvertrags dar – die Teilzeitkraft ist zur Vollzeitkraft geworden. Abgeleitet wird dies aus einem Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm (Az.: 8 Sa 2046/05). Danach sah der Tarifvertrag der Klägerin ursprünglich 28,5 Stunden pro Woche vor. Tatsächlich arbeitete sie aber über ein Jahr wesentlich länger. Nachdem sie der Arbeitgeber wieder 28,5 Stunden beschäftigen wollte, klagte die Arbeitnehmerin und verlangte auch weiterhin die Beschäftigung und Bezahlung als Vollzeitkraft. Das Gericht gab der Klage statt.
Vlt hilft dir das,
wir haben zu wenig Input um eine Konkrete Antwort geben zu können.
Dürfen andere Teilzeitkräfte Überstunden machen?
Gibt es noch andere Teilzeitkräfte mit Schwerbehinderung, die Überstunden leisten
Was steht bei den Personen im Arbeitsvertrag?
Wie oft und wie hoch fallen die Überstunden aus?
mfg wwschilla
PS: Hier noch ein guter Link
http://www.business-best-practice.de/personal_fuehrung/teilzeitkraefte_ueberstunden_mehrarbeit.php