Erstellt am 31.03.2011 um 08:41 Uhr von Tanzbär
In den Arbeitsverträgen der Angestellten muss doch stehen, wieviele Überstunden sie mit dem Gehalt bezahlt bekommen.
Ab dieser Grenze greift die BV.
So würde ich an die Sache herangehen.
Erstellt am 31.03.2011 um 08:55 Uhr von Südmann
ich würde sogar erstmal noch weiter gehen
Vor dem Hintergrund einer evtl. Unwirksamkeit pauschaler Überstundenabgeltungsklauseln
sowie der Tatsache, daß auch etwaige "Grenzen" unwirksam sein könnten, sofern sie über den gesetzlich zulässigen Arbeitszeiten liegen bzw. eine bestimmte Prozentzahl der Arbeitszeit übersteigen bzw. in auffallendem Missverhältnis zur Vergütung stehen
würde ich erstmal diese Klauseln überprüfen
durch Aufnahme in diese BV könnte man auch den Betroffenen die Notwendigkeit ersparen, individualrechtlich gegen eine -vielleicht-unwirksame Überstundenabgeltung klagen zu müssen, was wohl die wenigsten tun würden, um ihre erreichte Position nicht zu gefährden
herausnehmen würde ich sie nicht
ggfs. , falls diese Klauseln ihre Richtigkeit haben,
eine Sonderregelung für diese Mitarbeitergruppe aufnehmen
Erstellt am 31.03.2011 um 10:17 Uhr von rkoch
Ich gehe sogar noch weiter:
1. Die Vereinbarung eines Überstundenzuschlags von 25% in einer BV dürfte grundsätzlich Nichtig sein wegen Tarifvorbehalt. Faktisch ist das GENAU wegen Eures Problems, das die Frage der Überstundenbezahlung einzelvertraglich oder tarifvertraglich geregelt wird. Die Regelung der BV dürfte allerdings mittlerweile in eine Gesamtzusage des AGs an die AN (ähnlich betriebliche ÜBung) umzudeuten sein und ist damit auch gar nicht mehr ohne weiteres aufhebbar.
2. Einfach alles was über 25 Stunden GZ hinausgeht als Überstunden zu deklarieren verstößt IMHO gegen den Grundsatz, das Überstunden der Mitbestimmung nach §87 (1) Nr. 4 BetrVG unterliegen und der BR diese nicht einfach pauschal genehmigen kann. Grundsätzlich wird vielmehr davon ausgegangen, das Gleitkontogrenzen per se einzuhalten sind und die Durchsetzung dieses Grundsatzes auch vom Arbeitgeber verlangt werden kann. (Das BAG hat in einigen Urteilen derart auszuzahlende Stunden NICHT als Überstunden anerkannt - insofern ist da einiges an Zündstoff in der Sache an sich)
@Südmann
> durch Aufnahme in diese BV könnte man auch den Betroffenen die Notwendigkeit ersparen,
> individualrechtlich gegen eine -vielleicht-unwirksame Überstundenabgeltung klagen zu
> müssen, was wohl die wenigsten tun würden, um ihre erreichte Position nicht zu gefährden
Nette Idee, klappt aber nicht. Wenn der AG in diesem Fall gegen die BV verstößt müssen die Begünstigten (die AN) immer noch dies individualrechtlich Einklagen. Dann wäre vom Gericht die Frage zu klären ob diese Klausel gegen §77 (3) BetrVG verstößt, und falls nicht ob diese Klausel die einzelvertragliche Vereinbarung aufhebt. IMHO nein, so lange diese Überstunden tatsächlich in angemessenem Maße durch ein entsprechend hohes Gehalt ausgeglichen sind. Schließlich kann einzelvertraglich eine "bessere" Regelung vereinbart werden. Und da die Stunden pauschal bezahlt werden, ob geleistet oder nicht, ist die Regelung i.d.R. besser (so lange sie nicht unverhältnismäßig ist).
Und damit nochmal in diesem Sinne @hansh:
Indem ihr diese Clientel in den Geltungsbereich der BV einbezieht (was ihr definitiv dürft bzw. sogar müßt (Gleichbehandlung)!) und den Schwachsinn mit den automatischen Überstunden rausnehmt (sondern diese wie es sich gehört unter Eure MBR stellt) und dann den AG auffordert Überschreitungen des Gleitzeitrahmens NICHT zuzulassen, dann kann der AG giften wie er will, er wird dieser Clientel die Überstundenpauschale zahlen müssen, obwohl diese nur noch mit Zustimmung des BR Überstunden leisten... Eine derartige Regelung könnt ihr definitiv vor der Einigungsstelle erzwingen und das bringt Euch in eine starke Verhandlungsposition: Wenn der AG möchte das diese Clientel weiterhin Überstunden leistet (ihr also grundsätzlich bereit seid diesen Zuzustimmen) so soll er für den Rest der Belegschaft was rüberwachsen lassen.
Etwas anderes gilt natürlich, wenn der AG nicht schon wegen Vertrag oder TV verpflichtet wäre den Überstundenzuschlag zu bezahlen. Dann ist Verhandlungsgeschick gefragt damit der AN nicht seine Position stärkt indem er diesen Überstundenzuschlag zurückzieht (was er wegen der möglicherweise entstandenen Gesamtzusage aber u.U gar nicht mehr kann!)......
Erstellt am 31.03.2011 um 10:51 Uhr von Südmann
ja, der 77er und ein Regelungsverstoß , immer wieder ein dankbares Diskussionsthema
ich werfe hier mal in den Ring :
BAG, 26.08.2008 - 1 AZR 354/07
Mitbestimmung bei betrieblicher Lohngestaltung - Nachwirkung einer Betriebsvereinbarung
1. Ein nicht tarifgebundener Arbeitgeber leistet in mitbestimmungsrechtlicher Hinsicht die gesamte Vergütung "freiwillig". Will er einzelne Vergütungsbestandteile beseitigen und verändert sich dadurch die Vergütungsstruktur, hat er den Betriebsrat gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG zu beteiligen.
2. Ändern sich durch die Kündigung einer Betriebsvereinbarung über einen Vergütungsbestandteil die Entlohnungsgrundsätze im Betrieb, wirkt die Betriebsvereinbarung gemäß § 77 Abs. 6 BetrVG nach.
dazu auch RN 17
Hiernach steht die Tarifsperre des § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG der BV 1995 nicht entgegen. Die Betriebsvereinbarung regelt zwar Arbeitsentgelte und sonstige materielle Arbeitsbedingungen. Diese sind aber nicht Gegenstand eines einschlägigen Tarifvertrags. Es gibt keinen Tarifvertrag, in dessen räumlichen, betrieblichen und fachlichen Geltungsbereich der Betrieb der Beklagten fiele.
auch über den Umstand, was jetzt günstiger wäre, die BV oder eine pauschale Abgeltung,
kann man wohl nur im Einzelfall befinden,
da in der Regel die Überstunden auch abgefordert werden, die pauschal abgegolten sein sollen
zur individualrechtlichen Durchsetzbarkeit hast du letztendlich Recht
wobei bei Verstoß gegen eine BV nicht unbedingt immer jeder Einzelne vor den Kadi ziehen muß, um sein Recht einzuklagen wenn einer (vielleicht sogar ein BR)
hier schon dementsprechend tätig war
der AG wird hier kaum die Notwendigkeit weiterer Gerichtsverfahren (und Kosten) sehen,
wenn er schon einmal verhandlungsmässig auf die "Mütze" bekam,
so daß eine einvernehmliche Regelung wahrscheinlicher erscheint
Erstellt am 31.03.2011 um 13:06 Uhr von rkoch
> Es gibt keinen Tarifvertrag, in dessen räumlichen, betrieblichen und fachlichen Geltungsbereich der Betrieb der Beklagten fiele.
Tja, das ist tatsächlich der Knackpunkt, wobei ich frech behaupte das dieser Fall zwar nicht selten, aber auch nicht allzu oft anzutreffen ist...., Schließlich hat das BAG ja erneut bestätigt, das es genügt das ein anwendbarer TV existiert! Im vorliegenden Fall hat sich ja eine private Pflegeeinrichtung bei der Vergütung an den BAT angelehnt, obwohl dieser per Definition nicht für die Privatwirtschaft gilt. Insofern eine lustige Situation: Kraft Bezugnahme gilt zwar ein TV im Betrieb, im betriebsverfassungsrechtlichen Sinne aber existiert gar kein TV. Ob es für hansh einen anwendbaren Flächentarifvertrag (oder gar Tarifbindung) gibt hat er leider nicht dargelegt.