Erstellt am 17.02.2011 um 10:01 Uhr von Widder
Der AG kann ohne euch nichts tun, ihr seid voll in der Mitbestimmung (§ 87 BertVG).
Alles was mit diesem Thema zu tun hat, geht nicht ohne eure Zustimmung, d.h. keine Änderung ohne den BR.
Gibt es für euch einen Grund, diesen extremen Schritt mit zu gehen??
Eure Minderheit solltet ihr in eine Mehrheit umwandeln, damit ihr jetzt und künftig besser aufgestellt seid.
Erstellt am 17.02.2011 um 10:17 Uhr von rkoch
> Unser Chef möchte ein neues transparentes Gehaltsmodell einführen.
Das kann er gerne tun indem er mit der Gewerkschaft verhandelt....
Mit Austritt Eures AG aus dem AG-Verband sind die TV in die Nachwirkung gegangen. D.h. sie sind Bestandteil des Arbeitsvertrags geworden.
Der AG hat jetzt (eigentlich nur) drei Möglichkeiten:
1. Er wartet bis der ERA-TV endet (da kann er lange warten :-) )
2. Er gibt allen AN eine Änderungskündigung bzw. schließt mit allen AN einvernehmlich neue AV. Ersteres geht sofort in die Hose: Welcher Kündigungsgrund? Aber im Zweifelsfalle versucht er es mit der Brechstange: ICH ändere - und wenn ihr dagegen nicht vorgeht haben WIR (da kommen dann plötzlich die AN ins Spiel !!!!!) per konkludenten Handelns einen neuen Vertrag geschlossen. Die Logik stimmt zunächst mal nicht - aber wenn man lange genug mit dem dagegen vorgehen wartet stimmt sie am Ende doch.
3. Er verhandelt mit der Gewerkschaft über einen Haustarifvertrag.
> Welche Möglichkeit haben wir bei der Mitwirkung des Gehaltsmodells?
Der Betriebsrat ist bei der Sache von vorneherein raus! Die Tarifsperre aus §77 BetrVG verbietet dem BR den TV-Parteien ins Handwerk zu pfuschen. Ist auch gar nicht nötig da der AG eigentlich nichts machen kann. Problem: Wenn er den AN erzählt das er das Entlohnungssystem ändert und diese gehen nicht auf die Barrikaden, dann tut er das einfach.
> Es sollen teilweise drastische Kürzungen stattfinden.
Aber hier haben alle AN (NICHT DER BR !!!!!) es in der Hand es nicht so weit kommen zu lassen.
Im Grunde genommen stehen die AN vor der Wahl:
- Privat gegen die einseitigen Vertragsänderungswünsche des AG klagen
- Die Änderungen hinnehmen und ggf. auf Geld verzichten
- In die Gewerkschaft eintreten und für die Erhaltung des Einkommens kämpfen. Hier kommt evtl. doch der BR ins Spiel: Betriebsversammlung und den Kollegen offen das erklären was ich hier dargelegt habe. Wird dem AG absolut nicht schmecken, aber wenn ihr darauf Rücksicht nehmen wollt, dann akzeptiert die Änderung einfach.
BTW: Was soll an ERA intransparent sein? Intransparent machen es i.d.R. nur die AG indem sie sich den transparenten Regeln verweigern. Wie soll da eine Regelung des AG "transparenter" sein? Vermutlich: Ich bestimme, ihr kuscht: DAS ist transparent.
Oder meint er die Kostenneutralitätsregelung? Das hat er auch in der Hand: Soll er einfach den Überschreitern auf Dauer das ihnen zustehende Geld zahlen und den Unterschreitern sofort die ganze Knete geben, dann kann er sich die Rechnerei sparen.
Erstellt am 17.02.2011 um 10:32 Uhr von Kölner
@rkoch
Aber Du willst jetzt nicht behaupten, dass ERA das bietet.
Achja: Über Gehaltskorridore kann ein BR ja durchaus mitbestimmen, nicht wahr?
Erstellt am 17.02.2011 um 15:34 Uhr von rkoch
@Kölner: Das ERA WAS bietet? Transparenz?
ERA hat wie alle Flächen-TV den Makel das die tariflichen Regeln oft nicht auf den Betrieb passen, z.B. bei der Kostenneutralität und die Beschreibungen der einzelnen Stufen äußerst schwammig sind. Dafür hat der BR ja dann sein MBR und die tariflichen Möglichkeiten auf den AG einzuwirken (Schlichtung).
Über die Gehaltskorridore (Höhe der einzelnen Beträge) hat der BR meines Wissens kein MBR. Über die Detaillierung welche Tätigkeit in welche Stufe fällt hingegen schon - nur ist das kein bisserl anders als bei ERA. Da steht auch nur "Entspricht einer Tätigkeit für die eine mindestens dreijährige Ausbildung erforderlich ist" / "zusätzliche Qualifikation" / " erhebliche Zusatzqualifikation", etc. WELCHE Tätigkeit dann konkret da hineinfällt -> BR.... Ohne ERA hat man dann diese Anhaltspunkte über die man streiten könnte (inkl. der Orientierungspeispiele) nicht mehr. Dann ist man dem AG ganz ausgeliefert. Viel Spaß beim Streiten..... Keine Einigungsstelle der Welt wird da dem AG grundsätzlich unrecht geben außer seine Vorstellungen sind absolut abwegig. Zumindest kenne ich keinen Fall - vielleicht kann ja jemand da was positives Berichten.
Erstellt am 17.02.2011 um 16:36 Uhr von Kölner
@rkoch
ERA ist plump und zementiert nur mal wieder die üblichen Machtspiele gemäß Art 9 GG.
Ich denke schon, dass man über die Gehaltskorridore mitstimmen kann; ich gehe sogar noch weiter: Auch Lohnerhöhungen sind m.E. als BR verhandelbar.
Erstellt am 18.02.2011 um 10:02 Uhr von rkoch
> ERA ist plump
Da kann ich Dir nicht widersprechen....
> Ich denke schon, dass man über die Gehaltskorridore mitstimmen kann;
Hmmm. Zitat DKK:
Nach insbesondere in der Rspr. h. M. soll sich das Mitbestimmungsrecht zwar auf die Ausgestaltung der Entgeltformen im Einzelnen beziehen, nicht aber unmittelbar auf die Höhe. Diese soll nur mittelbar beeinflussbar sein, z. B. dadurch, dass bei einer steil ansteigenden Prämienkurve eine größere Zahl höherer Prämien als bei einer flachen Kurve auftritt (vgl. Matthes, NZA 87, 289 [291]). Da aber der Ausgangslohn frei bleibt, wird auch dann die absolute Entgelthöhe nicht bestimmt.
Also nach h.M. wohl eher nicht..., wobei DKK (oder präziser Dr. Thomas Klebe, Justiziar des Vorstands der IG Metall) weiter ausführt:
Der Begriff der betrieblichen Lohngestaltung ist umfassend. (...)
Auch die Entstehungsgeschichte spricht dafür, das Mitbestimmungsrecht auf die Lohnhöhe zu beziehen (...)
Das Mitbestimmungsrecht umfasst daher, sofern keine abschließende tarifvertragliche Regelung vorliegt, wie dies häufig der Fall ist, die generelle Bestimmung der Entgelthöhe, nicht allerdings die Bestimmung im Einzelfall. (...)
Das Problem liegt IMHO in der Situation "sofern keine abschließende tarifvertragliche Regelung vorliegt". Zumindest momentan ist ja offenbar ERA in der Nachwirkung, also GIBT es diese Regelung nicht nur, sie ist auch anwendbar. Das schließt IMHO eine MB über ein anderes System aus. Aber wie immer: Wo kein Kläger....