Erstellt am 18.06.2009 um 10:54 Uhr von kriegsrat
nach § 80 Abs. 2 BetrVG muß der BR über die Arbeitszeiten
informiert werden , um so die Einhaltung
des ArbZG überwachen zu können.
und im ArbZG sind auch Pausen festgeschrieben
Seine Überwachungsaufgabe
begründe – so der erste BAG-Senat – einen
Anspruch sowohl auf Auskunft über Beginn
und Ende der täglichen Arbeitszeit für jeden
Arbeitstag des Vormonats als auch über eine
Über- und Unterschreitung der regelmäßigen
betrieblichen wöchentlichen Arbeitszeit
für jede im Vormonat endende Woche.
Im Einzelnen, so das BAG dann weiter,
habe der Betriebsrat die Einhaltung
der Bestimmungen des ArbZG, des Manteltarifvertrags
und auch einer betrieblichen
Arbeitszeitvereinbarung zu überwachen
Der Betriebsrat benötige die Information
über Beginn und Ende der täglichen
Arbeitszeit an jedem Arbeitstag, um die Einhaltung
der Ruhezeit nach § 5 Abs. 1 Nr. 1
ArbZG in Verbindung mit § 7 Abs. 1 Nr. 3
ArbZG überprüfen zu können. Die Auskunft
über die Abweichung von der wöchentlichen
Sollarbeitszeit brauche der Betriebsrat
deshalb, weil allein aus Beginn und Ende der
Arbeitszeit die Pausenzeiten nicht erkennbar
seien.
Erfreulich für Belegschaftsvertretungen
ist es, dass das BAG für die Unterrichtung
über geleistete Arbeitszeit nach § 80
Abs. 2 Satz 1 BetrVG eine Informationsbeschaffungspflicht
des Arbeitgebers sieht.
Durch die automatisierte Arbeitszeiterfassung,
so der erste BAG-Senat weiter, stünden
dem Arbeitgeber diese Daten zur Verfügung:
„Er muss lediglich auf geeignete
Weise dafür sorgen, dass die objektiv vorhandenen
Daten im Betrieb zur Kenntnis
genommen und mitteilbar gemacht werden.“
Dem bleibt nichts hinzuzufügen.
Und schließlich schreibt das BAG dem
Arbeitgeber noch ins Stammbuch, dass er
nicht darauf verzichten darf, die Arbeitszeitdaten
der Arbeitnehmer zu erheben. Dieser
Dokumentationspflicht muss der Arbeitgeber
mit – wie es das BAG nennt – „geeigneten
Mitteln“ nachkommen (und damit kann
im Grunde nur eine elektronische Zeiterfassung
gemeint sein). Nur so sei zu gewährleisten,
dass die gesetzlichen, tariflichen
und – soweit vorhanden – auch betrieblichen
Höchstarbeitszeitgrenzen eingehalten
werden.
Zumindest Betriebsräte haben bei der
Umsetzung des § 16 Abs. 2 ArbZG (Aufzeichnungspflichten
des Arbeitgebers) eindeutig
mitzubestimmen
http://www.dtb-kassel.de/publikationen/Mitbestimmung-Zeiterfassung-Kiesche+Wilke_CuA_04_08.pdf
Erstellt am 18.06.2009 um 11:16 Uhr von gatbln
Danke für die Antwort.
Es geht uns ja aber darum, dass der AG mit zweierlei Maß misst.
In der einen Abteilung werden die Pausenzeiten dokumentiert. In den anderen nicht!
Erstellt am 18.06.2009 um 13:14 Uhr von Petrus
Was die Firma will und was sie darf, ist zweierlei!
Die Einführung einer Zeiterfassung ist nach §87(1) Nr.1,6 mitbestimmungspflichtig. Und wenn der ArbGeb für bestimmte Bereiche Sonderregeln haben will, sollte _er_ den BR überzeugen können. Sonst sagt der BR einfach NEIN - und der ArbGeb darf sich in die E-Stelle bemühen. Dort muss er dann idR einen Arbeitsrichter von der Notwendigkeit und Rechtmäßigkeit _seiner_ Begehrlichkeiten überzeugen...
Und wenn dann noch ein gewiefter BR-Anwalt kommt, guckt der noch nach Verstößen gegen §75 BetrVG / AGG. Denn so wie Du das Thema beschreibst, könnte hier eine (versuchte) mittelbare Diskriminierung wegen des Geschlechts gegeben sein: Büro (=überwiegend Frauen) muss die Pausenzeiten nicht stechen, die Werkstatt+Produktion (=überwiegend Männer) hingegen soll. Das klingt nach Männerdiskriminierung!
Erstellt am 18.06.2009 um 13:15 Uhr von kriegsrat
und ich hab euch mit meiner antwort eine andere argumentationskette geliefert, die auch darauf hinausläuft, daß alle pausenzeiten erfasst werden (müssen, sollen)
ohne auf die schwammige gleichberechtigungsschiene auszuweichen
Erstellt am 18.06.2009 um 13:35 Uhr von Petrus
@kr
Die AGG-Schiene war nur eine Möglichkeit. Deine ArbZG-Version eine zweite.
Das Problem hier ist doch aber, dass sich gatbln hier den Kopf des ArbGeb zerbricht. Der ArbGeb will Extrawürste einführen? Das sollte _er_ dann begründen.
Unser ArbGeb hat auch vor ein paar Jahren (vor AGG) eine Stechuhr aufgestellt. Allerdings konnte er nicht schlüssig begründen, warum die wenigen "Innendienstler" stechen sollen, während die "Außendienstler" (>80% der MA) ihre Arbeitszeiten 1x monatlich von Hand in SAP eintippen. Überwachung mittels technischer Anlagen iSd §87(1)Nr.6 BetrVG nur für eine Minderheit hat der BR abgelehnt - und ist jetzt natürlich Schuld daran, dass eine "teure Investition getätigt wurde, die keinem nützt" ;-)
Erstellt am 18.06.2009 um 14:00 Uhr von rainerw
@Petrus
Arbeitszeit im SAP eingeben. Mir rollen sich die Fußnägel auf.
Erstellt am 18.06.2009 um 14:16 Uhr von DonJohnson
@all
Aber mit dem AGG hat das ja wohl wenig bis nichts zu tun ;-)))
Mir scheint hier nur der § 87 Abs 1 Satz 6 BetrVG in Frage. Über das Zeiterfassungssystem wird eine BV abgeschlossen. Der BR will alle und der AG nur eine Abteilung. Daraus folgt dann ja wohl die Einigungsstelle. Ob der Kostenaufwand für den AG wohl so leicht hinzunehmen ist... ;-)))
Erstellt am 18.06.2009 um 14:59 Uhr von Petrus
@rainerw: Irgendwie muss man seine Stunden halt auf die Projekte verteilen - und bei "Vertrauensarbeitszeit" kriegt man die Überstunden nicht bezahlt...
@DJ: Da sind die Rechtsverdreher sehr erfinderisch. Nach Studium einiger Artikel aus den AiB des letzten Jahres frage ich mich eher, was denn _nichts_ mit dem AGG zu tun hat ;-) Neben der unmittelbaren Diskriminierung haben die Juristen inzwischen auch noch eine mittelbare Diskriminierung "erfunden". Und die ist sehr schnell gegeben, wenn bestimmte Bereiche überwiegend mit einer bestimmten Personengruppe "besetzt" sind. Im Beispiel kann man eben aus "Büro" und "Werkstatt" gut "Frauendomäne" und "Männerdomäne" konstruieren - und schon hast Du eine mittelbare geschlechtsspezifische Diskriminierung. Und die kann man in einem langen, für den ArbGeb ziemlich kostspieligen Instanzenweg klären lassen... Könnte teurer werden als E-Stelle ;-)
Beim AGG ist halt noch sehr wenig "ausgeurteilt" - da können sich Rechtsverdreher noch goldene Nasen verdienen.
Erstellt am 18.06.2009 um 15:24 Uhr von DonJohnson
Möglich - ich denke aber dass irgendwelche Hirngespinste nicht durch kommen.
Der Weg der Einigungsstelle ist einfacher und Erfolgversprechender. Weiter ist auch die Frage der Klagemöglichkeit. Der BR kann das ja nu nciht machen. Nee nee, Petrus. Auch wenn du nen guten Draht "nach oben" hast, ist der von mir aufgezeigte Weg m. E. der richtige und bessere!!!
Erstellt am 18.06.2009 um 15:32 Uhr von Kölner
@Petrus
Was lernen wir also daraus?
Die AiB ist auch nicht das 'Gelbe vom Ei'. 'Die Rechtsanwälte sind auch nur an Ihrem Verdienst interessiert', 'das AGG muss für alles herhalten' und 'traue keiner Zeitschrift, die Du nicht selber erstellt hast'.
Erstellt am 19.06.2009 um 15:44 Uhr von Petrus
@Kölner
Naja, das Gelbe vom Ei hat auch viel Cholesterin ;-)
Man konnte aus den Artikeln auch noch andere Dinge lernen:
- Der EuGH urteilt manchmal nicht nach deutschen Gegebenheiten.
- Deutschland liegt bezüglich Gleichstellung eher nicht vorne (um's mal positiv zu formulieren)
- Dies liegt auch manchmal daran, dass der deutsche Gesetzgeber unfähig oder unwillig war, EU-Richtlinien 1:1 in deutsche Gesetze zu übernehmen (z.B. beim AGG)
- Die Diskriminierung im seinerzeit neu eingeführten §14(3) TzBfG ist selbst einem bayrischen Arbeitgericht aufgefallen...
Im Bundestag sitzen übrigens genügend Anwälte, die an ihrem Verdienst interessiert sind...