Erstellt am 12.07.2019 um 10:27 Uhr von §§Reiter
Gibt es bei Euch einen Tarifvertrag? und wenn ja, ist da was zum Überstundenabbau geregelt?
Erstellt am 12.07.2019 um 10:31 Uhr von Felixlilly
Hallo, nein, es gibt keinen Tarifvertrag
Erstellt am 12.07.2019 um 10:53 Uhr von §§Reiter
Wenn es keinen TV gibt und auch keine BV zum Überstundenabbau und auch im Arbeitsvertrag nix dazu geregelt ist, dann würde ich vermuten dass der AG selbst entscheiden kann, ob er die Überstunden vergütet oder mit Freizeit ausgleicht.
Wenn ihr einen BR habt, sollte der sich mit dem AG zusammensetzen und versuchen eine vernünftige Regelung zu vereinbaren.
Erstellt am 12.07.2019 um 11:22 Uhr von Pjöööng
Wenn es hier weder eine tarifvertragliche noch innerbetriebliche Vereinbarung geben sollte, dann würde ich mich auf den Standpunkt stellen dass hier eine Betriebliche Übung vorliegt die der Arbeitgeber nicht einseitig, sondern nur durch eine Vereinbarung mit dem BR ändern kann. Bis diese im Sinne der Arbeitnehmer abgeschlossen ist, würde ich keine Überstunden mehr genehmigen.
Erstellt am 12.07.2019 um 11:27 Uhr von Felixlilly
Das heißt er kann auch rückwirkend darüber entscheiden? Die Kollegen verstehen ja, dass es ab Juli so geregelt werden soll, aber die angesammelten Überstunden vor Juli wollen die meisten noch in Freizeit abbauen, wenn wir als BR darüber und über Urlaubsplanung eine BV haben wollen, gibt es da Fristen einzuhalten und wenn der AG sich weigert?
Erstellt am 12.07.2019 um 13:19 Uhr von §§Reiter
@Pjöööng:
Meines Wissens muss für eine betriebliche Übung der AG für mindestens 3 Jahre regelmäßig eine Vergünstigung gewähren. Darüber, ob das Abfeiern von Überstunden günstiger ist als das Ausbezahlen, kann man sicher streiten. Die eine Hälfte der AN sagt wahrscheinlich ja und die andere Hälfte sagt "lieber mehr Kohle in der Tasche". Daher habe ich ernsthafte Zweifel, ob hier wirklich eine betriebliche Übung entstehen kann.
Sollte hier aber tatsächlich eine betriebliche Übung entstanden sein, so kann der AG diese NICHT durch eine Vereinbarung mit dem BR ändern. Ansprüche die durch eine betriebliche Übung entstehen werden zum Bestandteil des Arbeitsvertrages, sie werden zu individualrechtlichen Ansprüchen jedes einzelnen AN. Um eine betriebliche Übung zu ändern muss der Arbeitgeber auf eine einvernehmliche Aufhebung drängen oder notfalls eine Änderungskündigung aussprechen. Und das für jeden einzelnen AN.
@Felixlilly
Wenn Ihr eine BV zum Thema Überstunden/Arbeitszeit/Urlaub abschließen wollt, kann der AG sich nicht weigern. Der BR hat hier ein erzwingbares Mitbestimmungsrecht (§ 87 Abs. 1 Nr. 2, 3 & 5 BetrVG).
Zur Not einen Anwalt zur Hilfe nehmen.
Außerdem würde ich Euch dringend ein paar BR-Schulungen empfehlen!
Erstellt am 12.07.2019 um 13:36 Uhr von Pjöööng
Das BAG hat dazu mal im "Wäldchestag-Urteil" gesagt: " Unter einer betrieblichen Übung versteht man die regelmäßige Wiederholung bestimmter Verhaltensweisen des
Arbeitgebers, aus denen die Arbeitnehmer schließen können, ihnen solle eine Leistung oder eine Vergünstigung auf Dauer eingeräumt werden."
Also nix mit "mindestens 3 Jahre" und dass es zwingend eine Vergünstgung sein muss. Benachteiligungen bei denen sich die Arbeitnehmer auf eine vorliegende betriebliche Übung berufen kommen aber tatsächlich in der Rechtsprechung seltener vor.
Was das Ablösen durch Betriebsvereunbarung angeht war ich wohl tatsächlich etwas zu umfassend mit meiner Antwort. Eine solche Ablösung durch BV ist wohl (nur?) bei freiwilligen Sozialleistungen mit kollektivem Bezug möglich. Ob die Argumenatationskette auch auf die Überstunden anwendbar wäre müsste man also ggf. prüfen. Wenn sich aber ArbGeb und BR darauf einigen dass die Mitarbeiter ein Wahlrecht haben, dann muss man diese Frage gar nicht klären.
Erstellt am 12.07.2019 um 13:39 Uhr von celestro
"Meines Wissens muss für eine betriebliche Übung der AG für mindestens 3 Jahre regelmäßig eine Vergünstigung gewähren."
Auch wenn es in der überwiegenden Zahl um Dinge gehen wird, die man als "Vergünstigung" ansieht, so würde ich den Punkt der Vergünstigung jedoch trotzdem nicht als Voraussetzung ansehen.
Kann man überhaupt eine Zahlung (z.B. von Weihnachtsgeld) als Vergünstigung ansehen? Ein 10%iger Rabatt auf die eigenen Produkte, ist eine Vergünstigung (gegenüber nicht-Firmenangehörigen).
Erstellt am 12.07.2019 um 14:10 Uhr von §§Reiter
Zitat von Pjöööng:
"...ihnen solle eine Leistung oder eine Vergünstigung auf Dauer eingeräumt werden."
Wo bei abfeiern statt auszahlen die Leistung oder Vergünstigung sein soll sehe ich immer noch nicht. Beides sind gleichermaßen rechtskonforme Möglichkeiten Überstunden abzugelten.
Aber das werden wir hier wohl nicht klären können. Dem AG gegenüber kann man es durchaus mal mit betrieblicher Übung probieren, wenn der das schluckt passt es.
Aber auf eins können wir uns sicher einigen, eine BV in der sich ArbGeb und BR darauf einigen dass die Mitarbeiter ein Wahlrecht haben, wäre sicher die beste Lösung.
Erstellt am 12.07.2019 um 14:19 Uhr von Pjöööng
Zumindesten scheinen es ja einige Arbeitnehmer als Vergünstigung anzusehen wenn sie durch ihre Überstunden zusätzliche Urlaubstage generieren können, sonst wäre die Frage hier vermutlich gar nicht gestellt worden.
Erstellt am 12.07.2019 um 17:00 Uhr von celestro
Ich lese hier lediglich die Frage, ob der AG hier die "alten Stunden" nach "neuen" Regeln behandeln darf. Die alten Regeln beibehalten zu wollen, steht irgendwie gar nicht zur Debatte.
Wobei ich mich aufgrund der Position der Kollegen da als BR auch ganz deutlich klar machen würde: AG, so nicht! Da die MA diese Stunden nach den alten Regeln aufgebaut haben, sollen Sie diese in einer entsprechenden Übergangsfrist auch nach den alten Regeln abbauen dürfen. PUNKT!