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Datenschutz in der Corona-Krise: Herausforderungen für den Betriebsrat

Autor:
Markus Schliess
3 Minuten Lesezeit

Im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie werden aktuell vermehrt Daten verarbeitet, welche personenbezogen sind und teilweise sogar als besonders sensibel einzustufen sind. So werden z.B. private Kontaktdaten für Notfälle erhoben, Informationen über Aufenthalts- und Urlaubsorte gesammelt oder Gesundheitsdaten werden durch das Erfassen der Körpertemperatur gespeichert.

Was für Sie als Betriebsrat diesbezüglich besonders wichtig ist, erfahren Sie hier.

Datenschutz in der Corona-Krise: Herausforderungen für den Betriebsrat

Verarbeitung von Gesundheitsdaten

Die Landesbeauftragten für den Datenschutz haben klargestellt, dass die Verarbeitung von Gesundheitsdaten nur restriktiv möglich sei, die Verarbeitung von Daten jedoch zulässig sei, wenn dies zur Eindämmung der Pandemie oder zum Schutz von Mitarbeitern geschehe.

Für die datenschutzkonforme Verarbeitung der Daten komme es daher auf die unterschiedlichen Interessen der Betroffenen an. Diese müssen im Sinne einer Verhältnismäßigkeitsprüfung gegeneinander abgewogen werden.

Was bedeutet das im Konkreten?

Es dürfen Daten über eine festgestellte Infektion oder den Kontakt mit einer nachweislich infizierten Person erhoben werden. Dasselbe gilt für Daten über die Rückkehrer aus Risikogebieten.

Ebenfalls ist die Verarbeitung personenbezogener Daten von Gästen und Besuchern des Unternehmens zulässig.
Die Offenlegung personenbezogener Daten von nachweislich infizierten oder unter Infektionsverdacht stehenden Personen zur Information von Kontaktpersonen ist demgegenüber nur rechtmäßig, wenn die Kenntnis der Identität für die Vorsorgemaßnahmen der Kontaktperson ausnahmsweise erforderlich ist.

Was bedeutet das für meine Arbeit als Betriebsrat?

Abwägung zwischen Gesundheitsschutz und Datenschutz

Die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers verpflichtet diesen zum Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer. Hierzu gehört eine angemessene Reaktion des Arbeitgebers auf die Pandemie. Vorsorge und Nachverfolgbarkeit von Infektionsketten sind dabei wesentlich, diese müssen möglich und rechtlich zulässig sein.

Dabei muss aber immer die Verhältnismäßigkeit gewahrt werden. Es ist also stets zu überlegen: Welche Interessen stehen im Vordergrund? Das Recht auf Gesundheitsschutz oder das Recht des Betroffenen darauf, selbst darüber entscheiden zu können, welche personenbezogenen Daten gespeichert werden und welche nicht (Recht auf informationelle Selbstbestimmung)?

Vertraulichkeit und Zweckgebundenheit

Daten, welche im Zusammenhang mit der Corona-Krise erhoben werden, müssen vertraulich behandelt und ausschließlich zweckgebunden verwendet werden. Spätestens mit dem Ende der Pandemie müssen die personenbezogenen Daten unverzüglich gelöscht werden.

Einwilligung einholen als einfachste Lösung

Die im Einzelfall sehr schwierige Frage, ob bestimmte Daten erhoben werden dürfen, kann sich erübrigen, wenn der Betroffene in die Verarbeitung einwilligt. Wichtig hierbei ist jedoch, dass die Einwilligung ausdrücklich und eindeutig formuliert wird und zu Beweiszwecken schriftlich festgehalten wird.

Kontroll- und Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats nutzen

Soweit die Verarbeitung personenbezogener Daten mittels technischer Einrichtung erfolgt, bestehen Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats gem. § 87 Abs.1 Nr. 6 BetrVG. Zudem kommt dem Gremium ein umfangreiches Informationsrecht im Hinblick auf § 80 Abs. 2 BetrVG zu.

Mithilfe dieser Rechte können Sie als Betriebsrat auch in Zeiten des Corona-Virus Ihre Einflussrechte nutzen und den Beschäftigten Ihres Betriebs zur Seite stehen. Insbesondere kommt es darauf an, dass die Datenverarbeitung sich im Rahmen des Notwendigen bewegt und verhältnismäßig ist.

Bei Fragen und Unsicherheiten kann der Betriebsrat sich an den Datenschutzbeauftragten wenden, welcher auch dem Betriebsrat beratend zur Seite steht. Der Weg zur Aufsichtsbehörde als das letzte Mittel, sollte dagegen wenn möglich vermieden werden.

Überwachung im Homeoffice?

Beschleunigung der Digitalisierung durch die Corona-Krise

Die Digitalisierung der Gesellschaft wird den Arbeitsmarkt wesentlich schneller beeinflussen als bisher gedacht, Karrierewege verändern und Unternehmen zur Neuorganisation zwingen. Und der Wandel wird umfassend sein. Das was während der Corona-Krise gut funktioniert hat, werden die Menschen beibehalten wollen. Dazu wird sicherlich das Arbeiten im Home Office gehören und Möglichkeiten, wie der Betriebsrat arbeiten kann, auch ohne sich zu einer Sitzung zusammenfinden zu müssen.

Überwachungsmöglichkeiten des Arbeitgebers

Ein zentrales Thema bei Arbeit im Home Office sind die Überwachungsmöglichkeiten des Arbeitgebers. Denn grundsätzlich gilt: Ihr Arbeitgeber darf Leistungen und das Verhalten der Arbeitnehmer kontrollieren. Aber: Bestimmte Überwachungsmaßnahmen darf er nur einsetzen, wenn Sie zuvor zugestimmt haben.

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Autor: Markus Schliess

Markus Schließ ist nach Studien in Tübingen, Aix-en-Provence und Paris seit Januar 1991 selbständig als Anwalt mit 6 Kollegen in Bürogemeinschaft in der Kanzlei SRLN Rechtsanwälte-Fachanwälte GbR Stuttgart, Er ist seit ca. 20 Jahren ausschließlich auf Arbeits- und IT-Recht spezialisiert. Rechtsanwalt Schließ hat folgende Zertifizierungen absolviert: Data Protection Risk Manager (zertifiziert durch die Hochschule FOM München 2017) und Betrieblicher Datenschutzbeauftragter (zertifiziert durch die IHK Reutlingen 2017). Er beschäftigt sich schwerpunktmäßig mit der Beratung von Konzern-, Gesamt- und Betriebsräten (KMU und Industrie), in Rechtsfragen zum IT-Recht und zum Arbeitsrecht sowie mit der Beratung und Vertretung von Arbeitnehmern. Er ist seit 1994 tätig als Hochschullehrer (Lehrbeauftragter) im Arbeits- und IT-Recht an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg - Stuttgart. Er ist weiterhin als Referent tätig für das W.A.F. Institut für Betriebsräte-Fortbildung AG. Rechtsanwalt Schließ ist mit weiteren 6 spezialisierten und langjährig erfahrenen Kolleginnen und Kollegen Inhaber der Kanzlei.
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