Bundesarbeitsgericht
Beschl. v. 15.12.1992, Az.: 1 ABR 38/92
Bei der Beantwortung der Frage, welche Beteiligungsrechte des Betriebsrats des Entleiherbetriebs sich auch auf die Leiharbeitnehmer erstrecken, ist nicht allein von der Tatsache der Eingliederung der Leiharbeitnehmer auszugehen (so zutreffend Konzen, aaO, S. 277). Bei § 99 BetrVG war der Senat in der Entscheidung vom 14. Mai 1974 (BAGE 26, 149 = AP Nr. 2 zu § 99 BetrVG 1972) vom Normzweck dieser Bestimmung ausgegangen. Ob der Betriebsrat des Entleiherbetriebs Mitbestimmungsrechte nach § 87 Abs. 1 BetrVG hat, muß sich ebenfalls nach dem jeweiligen Normzweck bestimmen (ebenso Konzen, aaO). Zweck der Mitbestimmung nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 ist es, die Interessen der Arbeitnehmer an der Lage ihrer Arbeitszeit und damit zugleich der Freizeit für die Gestaltung ihres Privatlebens zur Geltung zu bringen (ständige Senatsrechtsprechung seit dem Beschluß vom 21. Dezember 1982, BAGE 41, 200 [BAG 21.12.1982 - 1 ABR 14/81] = AP Nr. 9 zu § 87 BetrVG 1972 Arbeitszeit). Dieser Normzweck des Mitbestimmungsrechts nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG verlangt es, daß der Betriebsrat des Entleiherbetriebes das Mitbestimmungsrecht auch für die Leiharbeitnehmer wahrnimmt. Da der Entleiher das Weisungsrecht bezüglich Beginn und Ende der Arbeitszeit für die überlassenen Arbeitnehmer hat, kann das Mitbestimmungsrecht für die Leiharbeitnehmer nur durch den Betriebsrat des Entleiherbetriebes wahrgenommen werden. Ein Bedürfnis nach Mitbestimmung besteht bei ihnen ebenso wie bei den Arbeitnehmern des Entleihers. Dementsprechend ist dort, wo der Entleiher aufgrund des ihm zustehenden Direktionsrechts Maßnahmen anordnen kann, deren Wirksamkeit von der Zustimmung des Betriebsrats des Entleiherbetriebs abhängig (Kraft, aaO, § 5 Rz 18). Dies gilt gerade auch für die Festlegung von Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit. Würde der Betriebsrat des Entleiherbetriebes hier nicht mitbestimmen, dann könnte der Arbeitgeber aufgrund seines Direktionsrechts allein nach seiner Interessenlage die Arbeitszeit und damit zugleich die Freizeit für die Gestaltung des Privatlebens des Leiharbeitnehmers bestimmen. Dementsprechend hat das Landesarbeitsgericht im Ergebnis zu Recht angenommen, daß der Betriebsrat des Entleiherbetriebes ein Mitbestimmungsrecht bei der Festlegung von Beginn und Ende der Arbeitszeit der Leiharbeitnehmer hat (Becker/Wulfgramm, AÜG, 3. Aufl., Art. 1 § 14 Rz 109; Kraft, aaO, § 5 Rz 18; Fitting/Auffarth/Kaiser/Heither, aaO, 17. Aufl., § 5 Rz 72 für Regelungen in sozialen Angelegenheiten, von denen die Leiharbeitnehmer betroffen sind; Trümner, aaO, § 5 Rz 27, 72 ff.).