Erstellt am 27.07.2017 um 17:40 Uhr von gironimo
Es gibt doch sicherlich einen mit der Ausbildung Beauftragten im Betrieb. Vielleicht sucht der einmal den Kontakt.
Erstellt am 28.07.2017 um 07:24 Uhr von WillsWissen
Sicherlich kann man ein BEM "anleiern"!!!
Dies eröffnet dem AG wenigstens Tor und Tür für eine krankheitsbedingte Kündigung, sofern eine negative Zukunftsprognose gestellt wird.
Die Frage die man sich stellen muss ist: Was unternimmt der Azubi?
Erstellt am 28.07.2017 um 08:33 Uhr von ickederdicke
@ WillsWissen
Immer dieses Halbwissen......Zu einem BEM sind Arbeitgeber schon seit 2004 gesetzlich verpflichtet!
Guckst du hier ( Quelle: BMAS )
"Seit 2004 sind Arbeitgeber verpflichtet, länger erkrankten Beschäftigten ein Betriebliches Eingliederungsmanagement (kurz: BEM) anzubieten. Das BEM dient dem Erhalt der Beschäftigungsfähigkeit und ist ein Instrument, um den Folgen des demographischen Wandels wirksam zu begegnen. Gleichzeitig sichert das BEM durch frühzeitige Intervention die individuellen Chancen den Arbeitsplatz zu behalten.
Gesetzlich verankert ist das BEM in § 84 Absatz 2 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX). Dort ist festgelegt, dass ein Arbeitgeber alle Beschäftigten, die innerhalb eines Jahres länger als sechs Wochen ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfähig sind, ein BEM anzubieten hat. Das bedeutet, dass der Arbeitgeber klären muss, "wie die Arbeitsunfähigkeit möglichst überwunden werden und mit welchen Leistungen oder Hilfen erneuter Arbeitsunfähigkeit vorgebeugt und der Arbeitsplatz erhalten werden kann." Wie diese Klärung im Detail auszusehen hat, gibt § 84 Absatz 2 SGB IX bewusst nicht vor. In jedem Betrieb und in jeder Dienststelle sind angemessene individuelle Lösungen zu finden. Gesetzlich vorgegeben ist - bei Zustimmung des Betroffenen - lediglich die Beteiligung der zuständigen Interessenvertretung der Beschäftigten (Betriebs- oder Personalrat), bei schwerbehinderten Beschäftigten außerdem die Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung."
Auch Azubi´s fallen hier drunter.
Bei uns wird dies schon sehr lange gelebt und bringt allen Beteiligten viel positives.Und den erhalt eines Arbeitsplatzes!
Bei einer wirklich negativen Zukunftsprognose ist i.d.Regel ein normales regelmässiges arbeiten schon nicht mehr möglich und es gibt auch dann noch genug "Ausweichmöglichkeiten " wie die Erwerbsminderungsrente.
Eine Krankheitsbedingte Kündigung habe ich aber in meinen langen Jahren trotz über 50.000 MA hier noch nicht erlebt.
Erstellt am 28.07.2017 um 10:21 Uhr von WillsWissen
@ ickederdicke:
Genau in deinem letzten Satz liegt der große Unterschied zu vielen anderen Unternehmen.
Du redest von 50.000 MA!
Ein Mittelständler mit 50, 100 oder 300 MA hat häufig nicht die Möglichkeit einen leidensgerechten Arbeitsplatz anzubieten!!! Einen Azubi, der laut Fragestellung auch schon keine Lust mehr auf das Unternehmen hat wird man wohl kaum mit einer Erwerbsminderungsrente locken können.
Und jetzt??? Das ist der große Unterschied zwischen Theorie und Praxis!
Bitte um Antwort...
Erstellt am 28.07.2017 um 12:44 Uhr von Aleksander
Nur zur Info: das Unternehmen des Azubi hat 14.000 MA, ist also ncht wirklich klein. Jedenfalls schon mal danke für die Antworten!
Erstellt am 28.07.2017 um 13:03 Uhr von ickederdicke
@WillWissen,
auch kleinere Betriebe finden Wege, es muss nur mal angefangen werden. Geht nicht gibt's nicht. Will nicht schon ;O)
Und der Azubi hier aus der Fragestellung - da ging es nicht um Erwerbsminderungs Rente, er ist halt frustriert, was ich verstehen kann . Er fühlt sich allein gelassen. Aber dafür sind die im Betrieb Beteiligten nun mal zuständig, dies zu ändern bzw. es erst gar nicht so weit kommen zu lassen, wenn alle ihren Tätigkeiten und Mandaten richtig nachkommen. Hier im konkreten Fall der Ausbilder ( wie jeder andere Vorgesetzte für seine Mitarbeiter ) hat dieser auch eine Fürsorgepflicht - er hätte aktiv werden müssen...rechtzeitig. Und BR,SBV / ein BEM Team können ohne Info auch erst mal wenig tun.
Ok ein BEM bei 70 AU Tagen ( ich geh mal von am Stück aus ) nicht, bzw nicht schon nach Ablauf der 6 Wochen "nicht anzuleiern" heisst, HR hat die Information"Langzeitkrank" nicht weitergegeben oder BR/SBV nicht zeitnah ausgewertet. Alles schon erlebt.
Desweiteren könnten alle Parteien - da Ausbildung- die zuständige IHK mit ins Boot nehmen - u.U. wäre ein Wechsel des Ausbildungsbetriebes der Weissheit letzter Schluß.
Deiner Antwort entnehme ich auch, du hast Schulungsbedarf.
Erstellt am 28.07.2017 um 13:41 Uhr von bürgermeister
BEM ist ein zahnloser Tiger. Ja es ist Pflicht ein BEM anzubieten aber es wird auch nicht sanktioniert sollte keins angeboten werden. Abgesehen davon ist es ein Türöffner für den AG sollte es eine negativ Prognose geben oder der MA/ Azubi sich eines BEM Verfahren verweigern. Kontaktiert doch den Azubi ob er zu einem Gespräch mit ihm seinem Vertrauenswürdigen JAV'i oder BR Mitglied bereit wäre, um einiges zu klären. Manchmal kann der einfachste der beste sein. Und wenn er darüber nachdenkt zu kündigen oder besser gesagt keine Lust mehr hat in den Betrieb zurück zu kehren muss doch mehr dahinter stecken wie nur die Krankheit.
Erstellt am 29.07.2017 um 21:17 Uhr von Aleksander
Doch, es ist eine Pflicht des AG, ein BEM-Gespräch durchzuführen! Ich habe ein wenig recherchiert und dieses Urteil des LAG Hamm vom November 2014 gefunden:
http://www.juraforum.de/urteile/lag-hamm/lag-hamm-urteil-vom-13-11-2014-az-15-sa-979-14
Tenor: Der Arbeitnehmer hat gegen seinen Arbeitgeber einen Individualanspruch auf Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements. Dieser Anspruch folgt zwar nicht ohne weiteres aus der öffentlichrechtlichen Norm des § 84 Abs. 2 Satz 1 SGB IX, jedoch aus § 241 Abs. 2 BGB iVm § 84 Abs. 2 SGB IX als Konkretisierung der allgemeinen Fürsorgepflicht des Arbeitgebers. ...
Erstellt am 31.07.2017 um 13:17 Uhr von bürgermeister
Dann sollte der Azubi seinen AG auffordern mit ihm ein BEM durch zuführen, sonst wird da nix passieren.
Erstellt am 31.07.2017 um 13:28 Uhr von WillsWissen
@ ickederdicke:
Ich bedanke mich für deine Fürsorge, aber mach dir bitte keine Gedanken über meinen Schulungsbedarf!
Ich habe es allerdings schon in einem anderen Zusammenhang geschrieben. Für mich gibt es auch immer einen unkonventionellen Weg, wenn dem Kollegen damit geholfen werden kann. Und ich provoziere auch gerne mit arbeitgeberfreundlichen Aussagen um auch diesen Standpunkt mit zu betrachten! Denn es gibt immer zwei Seiten die dort aufeinander treffen!
Hier geht es darum Gründe zu finden, warum weder der AG noch der Azubi die Ihnen zur Verfügung gestellten rechtlichen Mittel ausschöpfen! Haben vielleicht beide nicht mehr die rechte Lust miteinander zu arbeiten?
Sicherlich hätten das BEM-Team, der Vorgesetzte, Ausbilder, BR, SBV und vor allem auch der Azubi längst tätig werden müssen.
Ich kann mir nicht vorstellen, dass bei anhaltender Erkrankung eine Zulassung zur Prüfung durch die IHK erteilt wird.
Dementsprechend möchte ich auch auf die Verantwortung des Azubi hinweisen, sich um seine Zukunft zu kümmern.
Initiativrechte sollte man auch in Anspruch nehmen, wenn man ein Interesse daran hat weiter zu kommen. Dies scheint mir aber nicht gegeben.
Erstellt am 01.08.2017 um 11:48 Uhr von Nordling
@ WillsWissen:
"Dies eröffnet dem AG wenigstens Tor und Tür für eine krankheitsbedingte Kündigung, sofern eine negative Zukunftsprognose gestellt wird."
Ähm... Berichtige mich bitte, wenn ich da etwas übersehe, aber ist eine "Ordentliche Kündigung" bei Azubis nicht ausgeschlossen? Deshalb frage ich mich schon die ganze Zeit, wie eine "außerordentliche, krankheitsbedingte Kündigung" funktionieren kann.
Ach ja, noch was: "Und ich provoziere auch gerne mit arbeitgeberfreundlichen Aussagen um auch diesen Standpunkt mit zu betrachten"... Über diese Art der Hilfe sind deine Kolleginnen und Kollegen sicher besonders glücklich. Aber ein BRM, dass sein Mandat ein wenig Ernst nimmt, sollte aus meiner Sicht eher "mitarbeiterfreundlich" argumentieren
Erstellt am 01.08.2017 um 17:36 Uhr von Niemand
BEM als zahnlosen Tiger zu bezeichnen geht an der Wirklichkeit weit vorbei.
Ohne die Durchführung eines BEM ist es dem Arbeitgeber so gut wie unmöglich einen Mitarbeiter krankheitsbedingt zu kündigen. Deshalb muss der Arbeitgeber sich erst einmal in einem BEM wirklich bemühen den Mitarbeiter wieder einzugliedern, bevor er anders handeln kann.
Nun ist es an den Mitarbeitervertretern möglichst gute Möglichkeiten der Wiedereingliederung aufzuzeigen.
In diesem speziellen Fall wird man beim Versuch der Wiedereingliederung nicht an einer Beteiligung der IHK vorbei kommen, um zu klären wie die angefangen Ausbildung fortgesetzt und beendet werden kann.
Das wichtigste jetzt ist aber erst einmal den Kontakt zum Betroffenen aufzunehmen.
Oftmals tut man sich leichter ein erfolgreiches BEM durchzuführen, wenn die Durchführung bereits in einer Betriebsvereinbarung geregelt ist.
Erstellt am 02.08.2017 um 08:38 Uhr von WillsWissen
@ Nordling
Kündigung bei Langzeiterkrankungen
Bei Langzeiterkrankungen kann gekündigt werden, wenn
•feststeht, dass die Eignung für den Ausbildungsberuf infolge der Krankheit (z. B. Allergien) dauerhaft entfallen ist
•oder mit einer Gesundung innerhalb der Ausbildungszeit nicht zu rechnen ist.
Letzteres ist der Fall, wenn
•in den nächsten 24 Monaten nicht mit einer Gesundung zu rechnen ist (BAG 12.04.2002; NZA 2002,1081) oder
•der Azubi bereits 18 Monate arbeitsunfähig erkrankt und eine Gesundung noch völlig ungewiss ist (BAG 21.05.1992; DB 1993, 1292).
(Auszug IHK Düsseldorf)!
Zum Thema "arbeitgeberfreundlich"!
Dabei beziehe ich mich auf das Forum.
Nur jedes mal zu schreiben, dass sich die Fragesteller einen Anwalt nehmen sollen, sich an die Gewerkschaft wenden müssen, eine BV abschließen etc. halte ich in einem Diskussionsforum für ziemlich langweilig!!!
Erstellt am 03.08.2017 um 07:51 Uhr von Nordling
@ WillsWissen
Kündigung Azubi:
Aleksander erwähnte lediglich, dass der Azubi ca. 70 Tage (gerade mal etwas mehr als 2 Monate) wegen Krankheit ausgefallen ist. Die Ursachen hierfür können vielfältig sein (organisch, psychisch, orthopädisch usw.). Daher greifen, meiner Meinung nach, auch die beiden BAG- Urteile nicht, die Du angeführt hast. Ich persönlich halte es aber schon für sträflichen Leichtsinn, von einem BEM abzuraten. Denn gerade die Nichtteilnahme an einem BEM nimmt dem Betroffenen in der Regel alle Chancen im Fall einer krankheitsbedingten Kündigung. Und wenn der BR bei solch einer Maßnahme nicht mit im Boot ist, hat er meiner Ansicht nach geschlafen. So etwas hätte schon lange im Rahmen einer BV geregelt werden sollen.
Arbeitgeberfreundlich:
Du solltest bitte nicht vergessen, dass wir in diesem Forum keine Juristen sind. Auch Rechtsberatungen geben wir nicht, nur Hilfestellung. In vielen Fällen ist ein Hinweis auf anwaltliche Vertretung oder Auskunft bei einer Gewerkschaft eben der einzige Weg um einen sich anbahnenden oder bestehenden Konflikt beizulegen. Ich teile durchaus deine Meinung, dass Gespräche manchmal sinnvoller sind als die Drohung mit dem Gesetzbuch. Aber leider lässt es sich nicht immer vermeiden, einen Anwalt zumindest um Rat zu fragen.
Und was BV’s betrifft, sie sind nun mal die einzige Möglichkeit um etwas Verbindliches für die MA zu erreichen. Das hat auch der Gesetzgeber erkannt, sonst hätte er nicht das „Instrument“ Einigungsstelle geschaffen oder einer BV eine solch mächtige und meistens nachhaltige Rechtskraft zugebilligt.