Erstellt am 05.02.2024 um 13:08 Uhr von Challenger
Der AG hat den BR GRUNDSÄTZLICH VOR JEDER EINSTELLUNG zu unterrichten. Danach hat der BR EINE WOCHE Zeit, darüber zu entscheiden, ob er der Einstellung zustimmt, oder verweigert.
Vergleich :
Betriebsverfassungsgesetz
§ 99 Mitbestimmung bei personellen Einzelmaßnahmen
(1) In Unternehmen mit in der Regel mehr als zwanzig wahlberechtigten Arbeitnehmern hat der Arbeitgeber den Betriebsrat vor jeder Einstellung, Eingruppierung, Umgruppierung und Versetzung zu unterrichten, ihm die erforderlichen Bewerbungsunterlagen vorzulegen und Auskunft über die Person der Beteiligten zu geben; er hat dem Betriebsrat unter Vorlage der erforderlichen Unterlagen Auskunft über die Auswirkungen der geplanten Maßnahme zu geben und die Zustimmung des Betriebsrats zu der geplanten Maßnahme einzuholen. Bei Einstellungen und Versetzungen hat der Arbeitgeber insbesondere den in Aussicht genommenen Arbeitsplatz und die vorgesehene Eingruppierung mitzuteilen. Die Mitglieder des Betriebsrats sind verpflichtet, über die ihnen im Rahmen der personellen Maßnahmen nach den Sätzen 1 und 2 bekanntgewordenen persönlichen Verhältnisse und Angelegenheiten der Arbeitnehmer, die ihrer Bedeutung oder ihrem Inhalt nach einer vertraulichen Behandlung bedürfen, Stillschweigen zu bewahren; § 79 Abs. 1 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.
(2) Der Betriebsrat kann die Zustimmung verweigern, wenn
1. ...........
2. ...........
3. ...........
5. ...........
6. ...........
(3) Verweigert der Betriebsrat seine Zustimmung, so hat er dies unter Angabe von Gründen innerhalb einer Woche nach Unterrichtung durch den Arbeitgeber diesem schriftlich mitzuteilen. Teilt der Betriebsrat dem Arbeitgeber die Verweigerung seiner Zustimmung nicht innerhalb der Frist schriftlich mit, so gilt die Zustimmung als erteilt.
(4) Verweigert der Betriebsrat seine Zustimmung, so kann der Arbeitgeber beim Arbeitsgericht beantragen, die Zustimmung zu ersetzen.
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Deiner Beschreibung nach habe ich den Eindruck, dass der AG vorsätzlich, mindestens jedoch grob fahrlässig Eure Beteiligungsrechte einzuschränken versucht
Erstellt am 05.02.2024 um 14:06 Uhr von celestro
Beruft jedes Mal Sondersitzungen dafür ein ... dann wird Euer AG das sehr schnell "pünktlicher" machen.
Erstellt am 05.02.2024 um 14:11 Uhr von Olav HB
Oder ihr widerspricht die Maßnahme und der AG geht zum Arbeitsgericht zwecks Ersetzung der Zustimmung. Parallel könnt ihr auch auf Unterlassung klagen, der AG hat Maßnahmen so zu planen, dass die Fristen der Mitbestimmung eingehalten werden können
Erstellt am 05.02.2024 um 14:22 Uhr von Kampfschwein
@ Challenger : Deiner Beschreibung nach habe ich den Eindruck, dass der AG vorsätzlich, mindestens jedoch grob fahrlässig Eure Beteiligungsrechte einzuschränken versucht
Dies sehe ich genau so. Vergleich :
BAG 12. November 1997 - 7 ABR 14/97 -
Das vom Betriebsrat beanstandete Verhalten des Arbeitgebers stellt eine Behinderung seiner Amtstätigkeit dar. Der Begriff derBehinderung nach § 78 Satz 1 BetrVG ist umfassend zu verstehen. Er umfaßt jede unzulässige Erschwerung, Störung oder gar Verhinderung der Betriebsratsarbeit (BAG Beschluß vom 19. Juli 1995- 7 ABR 60/94 - BAGE 80, 296, 302 = AP Nr. 25 zu § 23 BetrVG 1972, zu B II 5 der Gründe). Ein Verschulden oder eine Behinderungsabsicht des Störers ist dazu nicht erforderlich (vgl. Däubler/Kittner/Klebe, BetrVG, 5. Aufl., § 78 Rz 10;
Landesarbeitsgericht Hamm (Westfalen), Beschluss vom 26. November 2013 – 7 TaBV 74/13:
“Der Begriff der Störung bzw. Behinderung der Betriebsratstätigkeit nach § 78 Satz 1 BetrVG ist sehr weitgehend: Er umfasst jede unzulässige Erschwerung, Störung oder gar Verhinderung der Betriebsratsarbeit, wobei ein Verschulden oder eine Absicht zur Behinderung nicht erforderlich ist. Hieraus folgt, dass Anweisungen der Arbeitgeberin, die sich nicht im Rahmen der betriebsverfassungsrechtlichen Normen halten, in der Regel als Störung der Betriebsratsarbeit zu qualifizieren sind.
Erstellt am 05.02.2024 um 19:16 Uhr von Catweazle
Olaf, der Widerspruch muss aber einen Grund aus § 99 BetrVG haben. Ohne diesen kann der AG den vermeintlichen Widerspruch ignorieren und die Maßnahme durchführen.
Eine Behinderung des BR durch den AG sehe ich nicht. Der AG hat ja keinen Einfluss darauf wie der BR sich organisiert. Der BR muss sich eben anpassen was die Häufigkeit und Zeitpunkte der Sitzungen angeht.
Erstellt am 05.02.2024 um 22:21 Uhr von Olav HB
@Catweazle:
Einstellungen:
Fangen wir an mit §99 (2) 1 - Gesetzesverstoß:
Die Durchführung der personelle Maßnahme ohne die dafür im BetrVG vorgesehene ordnungsgemäße Anhörung des BRs und die dazu gehörende Fristen einzuhalten.
Dann (2) 2 - Richtlinien:
Unwahrscheinlich, AG wird diese nicht aufgestellt haben.
Danach (2) 3 - Benachteiligung:
Etwas abhängig davon wie der Betrieb strukturiert und personell aufgestellt, gibt es befristet Beschäftigten und sind diese bei der Besetzung der unbefristete Stelle bevorzugt oder sind die einfach ignoriert?
Bleibt noch (2) 4 - Möglicherweise eine Benachteiligung, denn der BR hat keine Chance gehabt die Eingruppierung zu überprüfen.
mit als vorletzte (2) 5 - Ausschreibung
Als BR teilt man den AG mit, dass ab sofort alle offene Stellen zunächst intern ausgeschrieben werden müssen. Damit ist der BR bereits am Anfang des Besetzungsverfahrens zumindest informiert und kann dementsprechend früher agieren.
Erfolgt die Einstellung vor Ablauf der Frist, kann der BR beim Arbeitsgericht beantragen, dass die Maßnahme zurück genommen wird.
Der Umweg über §100 funktioniert nur, wenn der BR diesen Weg nicht widerspricht. Widerspricht der BR, muss der AG zum Arbeitsgericht um die Zustimmung ersetzen zu lassen. Macht man das öfters, können die damit verbundene Kosten für den AG durchaus ein Argument sein, sein Vorgehensweise zu ändern.
Bei Kündigungen ist es noch einfacher. Denn geht die Kündigung raus bevor der Frist (7 Tag bei ordentliche bzw. 3 Tage außerordentliche) wird dieser bei eine Klage sofort einkassiert. Nur, der BR sollte dann der betreffende Person darauf hinweisen, dass Rechtsberatung wegen eine Kündigungsschutzklage sinnvoll ist. Der Anwalt freut sich dann, wenn der BR darauf hinweist, dass die Anhörung nicht ordnungsgemäß erfolgt ist.
Ob die Gründe die vom BR angeführt werden am Ende vor dem Arbeitsgericht standhalten ist zunächst nicht so relevant. Die Kosten die solche Verfahren mit sich bringen summieren sich und wenn der BR nicht extrem offensichtlich Unsinnargumente anführt, hat sie auch nichts zu fürchten.
Erstellt am 06.02.2024 um 00:08 Uhr von celestro
"Der Umweg über §100 funktioniert nur, wenn der BR diesen Weg nicht widerspricht. Widerspricht der BR, muss der AG zum Arbeitsgericht um die Zustimmung ersetzen zu lassen. Macht man das öfters, können die damit verbundene Kosten für den AG durchaus ein Argument sein, sein Vorgehensweise zu ändern."
Theoretisch! Praktisch sagt der AG einfach "ich ziehe den §" und gut ist. Dann muss (müsste) der BR handeln ... macht er bislang aber offensichtlich nicht.
Und das gilt auch nur dann, wenn der BR überhaupt vernünftig widerspricht. Ob er das überhaupt macht, wissen wir nicht einmal.
P.S. natürlich ist das rechtlich nicht sauber, aber darum geht es ja nicht.
Erstellt am 06.02.2024 um 09:59 Uhr von Olav HB
@Celesto:
Natürlich liegt der Ball dann wieder beim BR, allerdings habe ich aus der Frage nicht den Eindruck, dass der BR nicht willens ist zu handeln, sondern viel mehr nicht deutlich ist wie sie handeln kann.
Da könnten natürlich Fortbildungen hilfreich sein, aber das ist ein anderes Thema :)
Erstellt am 06.02.2024 um 11:38 Uhr von celestro
Die Fristen etc. müssten BRM eigentlich bekannt sein. Von daher scheint in dem Gremium von Mareike so einiges im Argen zu liegen (oder es ist noch komplett neu). Dagegen spricht aber "wir haben seit jeher das Problem".
Und da würde ich dann zu "da ist eine Minderheit an BRM, die etwas ändern wollen" tendieren. Ob diese Minderheit die schwerfällig Mehrheit zum Handeln bekommen wird? Ich habe Zweifel!
Erstellt am 06.02.2024 um 13:42 Uhr von xyz68
@ Mareike
wie genau muss ich mir das vorstellen:
der Arbeitgeber reicht euch die Anträge ein und hält die Fristen ein, aber euer Sitzungstermin ist erst nach Fristende? --> Sondersitzung innerhalb der Anhörungsfrist
Der Arbeitgeber reicht fristgerecht ein, die Maßnahme kann auf die Tagesordnung und in der Sitzung behandelt werden. Einstellung oder Kündigung erfolgen kurzfristig nach der Sitzung, Arbeitgeber kennt den Beschluss aus der Sitzung. Ist halt so, kann er machen.
Der Arbeitgeber reicht die Anträge erst kurz vor der Sitzung ein, die Anträge stehen nicht auf der Tagesordnung. (hat unser Arbeitgeber oft gemacht) --> nicht in der aktuellen Sitzung beschließen sondern Sondersitzung innerhalb der Anhörungsfrist.
Wenn der Arbeitgeber den 100er zieht, muss er euch ja seine sachlichen Gründe darlegen, wenn diese für euch nicht nachvollziehbar sind, lasst es das Gericht klären.
Gibt es noch Konstellationen, die ich vergessen habe?
Ein paar Sondersitzungen haben bei uns dazu geführt, dass sich der Arbeitgeber in ca. 90% der Fälle daran hält, uns die Anträge vor der Erstellung der Tagesordnung zukommen zu lassen. Bei den restlichen 10% fragt er vorher sehr höflich, ob wir uns vorstellen können, es noch auf der Sitzung zu beraten.