Erstellt am 04.03.2016 um 07:23 Uhr von Belveda
Moin spiri,
wir haben auch immer wieder die gleichen Kandidaten, die zu wenig Pause machen, die wir immer wieder angesprochen haben. Antworten sind dann z.B. "mein Vorgesetzter weiß das", "Ist für den Chef okay"... aber euer Kollege macht sich ja so richtig kaputt!
Hattest du ihn zwischen "Tür und Angel" angesprochen oder mal ihn Ruhe beiseite genommen? Hat er verstanden, dass ihr ihn schützen wollt?
Erstellt am 04.03.2016 um 07:57 Uhr von Mattes
Auch wenn ihr mit dem MA gesprochen habt müsst ihr auch mit dem AG darüber reden.
Er missachtet hier ganz klar seine Führsorgepflicht. Ein dezenter Hinweis auf die Rechtsfolgen bei einer solchen massiven Verletzung des ArbZG wirkt auch schon wunder.
Falls der AN seine Arbeitszeit nicht nachhält solltet ihr es fordern, damit ihr auch eurer Arbeit als BR ordentlich nachkommen könnt.
Erstellt am 04.03.2016 um 08:02 Uhr von Hartmut
Der BR ist hier nicht nur berechtigt, sondern auch verpflichtet, sich einzumischen. Denn der §80 Abs. 1 Satz 1 verpflichtet den BR, die Einhaltung aller zum Schutz der Arbeitnehmer geltenden Gesetze zu überwachen. Hier habt ihr festgestellt, dass der AN möglicherweise die ArbZG missachtet und sich daher selbst schadet. In dem Zusammenhang ist dann auch der Vorgesetzte möglicherweise seinen Fürsorgepflichten nicht nachgekommen. Dies vorausgeschickt, würde ich als BRV eine entsprechende Beschwerde nach §85 BetrVG formulieren, auf die TO nehmen, beschließen lassen und schließlich an den AG weiterleiten mit der Bitte, innerhalb von zwei Wochen Abhilfe zu schaffen. In der Zwischenzeit -wenn ihr das wollt- lasst euch die Aufzeichnungen des Kollegen zu seiner Arbeitszeit vorlegen. Diese ist ja jeder verpflichtet zu führen, der nicht stempelt.
Erstellt am 04.03.2016 um 09:01 Uhr von spiri
Vielen Dank für Eure Wortmeldungen.
@belveda
sehr in ruhe - und immer wieder - wir sind nicht öffentlich ein Paar, was das Ganze nicht gerade einfacher macht.
@Mattes
als BR haben wir den AN nicht angesprochen, nur ich habe das mehrfach.
Entsprechende Gesetzesauszüge habe ich ihm schon zur Verfügung gestellt.
Er war in einem früheren Betrieb BRV und weiß ganz genau um die Dinge.
Dem Prokurist, mit dem ich mich auf menschlicher Ebene sehr gut verstehe, habe ich
Entsprechendes angedeutet.
Was meinst Du genau mit den Rechtsfolgen andeuten?
@Hartmut
das ist mal ein konstuktiver Vorschlag - vielen Dank dafür.
Aufzeichnungen über die Arbeitszeit werden sicherlich nicht geführt.
Erstellt am 04.03.2016 um 09:10 Uhr von spiri
Noch eine Frage:
§ 80 ist klar
§ 85 - das geht es um Beschwerden der AN - diese liegt keinesfalls vor. Außer beiläufige Bemerkungen, die ja auch zwischen uns privat geäußert werden, klar, gibt es keine Beschwerde von ihm und das würde er auch nie tun.
Gerade deshalb möchte ich als BR-Mitglied etwas unternehmen, auch wenn das wieder alles Ungut wird.
Erstellt am 04.03.2016 um 09:31 Uhr von Hartmut
Zu §85: Hier hast du mich missverstanden. DU (!) sollst dich beschweren über den Sachverhalt. Das hat zwei Vorteile: (1) Es ist nicht der MA, der sich beschwert und dadurch eventuell in Ungnade fällt. (2) Du gehst das Problem ganzheitlich an, nicht nur für genau diesen einen MA.
Nebenbei: Mitarbeiter, die nicht stempeln (Stichwort Vertrauensarbeitszeit) sind verpflichtet, eigene Aufzeichnungen über ihre Arbeitszeit zu führen. Der BR kann das nachprüfen.
Erstellt am 04.03.2016 um 09:46 Uhr von Mattes
Mit Rechtsfolgen meine ich, das Verstöße gegen das ArbZG mit Geldstrafen geahndet werden können. Je nach dem kann auch der GF/Vorgesetzte persönlich haftbar gemacht werden.
Wir reden hier von Geldstrafen von bis zu 15.000€ und im extrem Fall sogar Haftstrafen bis zu einem Jahr
Bußgeldkatalog zum Arbeitszeitgesetz (ArbZG)
Vergehen und Bußgeld
Einen Arbeitnehmer über die Arbeitszeit hinaus beschäftigen bis zu 15000
keine rechtzeitige oder eine unter der vorgegebenen Mindestdauer liegende Ruhepause gewährt bis zu 15000
Nicht (rechtzeitig) dafür sorgen, dass eine zu kurze Ruhepause ausgeglichen wird bis zu 15000
Das Beschäftigungsverbot an Sonn- und Feiertagen ignorieren bis zu 15000
Einen Arbeitnehmer an allen Sonntagen im Jahr arbeiten lassen oder keinen Ersatzruhetag gewähren bzw. nicht rechtzeitig gewähren bis zu 15000
Zuwiderhandeln gegenüber einer vollziehbaren Anordnung der Aufsichtsbehörde bzgl. Ausnahmen von der Sonn- und Feiertagsruhe bis zu 15000
Überstunden nicht oder inkorrekt notieren und nicht mindestens zwei Jahre lang aufbewahren bis zu 15000
Die Aufsichtsbehörde nicht, nicht korrekt oder nicht vollständig informiert; eine Maßnahme der Aufsichtsbehörde nicht erlauben oder Unterlagen nicht oder nicht komplett vorgelegt oder eingesendet bis zu 15000
Das Gesetz, die Rechtsverordnungen, die Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen nicht im Betrieb durch Auslage oder Aushang zugänglich machen bis zu 2500
Erstellt am 04.03.2016 um 09:52 Uhr von spiri
WOW - krass!
Nun - bei uns gibt es mehrere derartige Verstöße in der Firma.
Unsere BRV kommt aus einen östlichen Standort in die Zentral per Auto zur
BR-Sitzung immer.
Sie fährt einfach 4-5 Stunden. Dann noch 5-6 Std. Sitzung.
Wir haben schon oft gesagt, sie muss übernachten, arbeitsschutzrechtlich.
Sie sagt: das ist ihre Entscheidung.
Haftungsrechtlich, wenn im Straßenverkehr etwas passiert, sieht es ganz mau aus.
Was willst da machen?
Erstellt am 04.03.2016 um 10:08 Uhr von Mattes
Ganz wichtig ist erst innerbetrieblich die Missstände ansprechen und dem AG die Möglichkeit geben diese zu beheben. Hier hilft oft schon ein offenes Gespräch.
Sollte er aber nichts tun, müsst ihr sogar den Weg des 23.3 gehen und die Einhaltung der Arbeitszeit bsw. des Gesetztes einklagen. Und dann kann der AG nur hoffen, das weder das Gewerbeaufsichtsamt, die zuständige BG noch die Staatsanwaltschaft davon Wind bekommen.
Sollte der BR nichts machen, macht sich dieser auch der Pflichtverletzung schuldhaft
Erstellt am 04.03.2016 um 10:58 Uhr von Pjöööng
Zitat (Hartmut):
"Dies vorausgeschickt, würde ich als BRV eine entsprechende Beschwerde nach §85 BetrVG formulieren, auf die TO nehmen, beschließen lassen und schließlich an den AG weiterleiten mit der Bitte, innerhalb von zwei Wochen Abhilfe zu schaffen."
Wie? Der BRV soll sich beim Arbeitgeber über etwas beschweren, wovon er persönlich nicht betroffen ist?
Der Arbeitgeber wird aug diese "Beschwerde" zu Recht gar nicht reagieren.
Erstellt am 04.03.2016 um 11:04 Uhr von spiri
aktueller Stand:
der AN hat reagiert und versichert in Zukunft die gesetzlichen Vorschriften
einzuhalten.
Das muss ich erst mal so stehen lassen.
D.h. ich würde das beobachten und aktuell nicht zum BR-Thema machen -
RICHTIG?
Erstellt am 04.03.2016 um 12:05 Uhr von AlterMann
Hallo spiri,
was hätte denn dagegen gesprochen, dass von Anfang an zum BR-Thema zu machen?
Bei solch krassen Verstößen gegen die Arbeitszeit ist doch zu vermuten, dass andere Kollegen auch betroffen sind. Das Thema sollte Euch im Gremium auf den Nägeln brennen.
Ich halte es schon für schwierig, dass Du das Thema als Einzelne mit der GF erörtert hast: Das macht Dich angreifbar. Und wenn Ihr im BR da wirklich so aktiv werdet, wie sich das gehört, dann wird es für den Chef auf jeden Fall sehr teuer, wel er mehr Leute beschäftigen muss - und Du bist in seinen Augen die Verursacherin.
Ihr solltet auch dieses Problem im BR besprechen und überlegen, ob Du geschützt werden musst und wenn ja, wie.
Erstellt am 04.03.2016 um 14:14 Uhr von Hartmut
Pjöng, dein Einwand ist valide. Ich versuche nur immer möglichst, mit verhältnismäßigen Mitteln zu reagieren. Die §§ 23 oder gar 119 BetrVg sind 'große Fässer', die mache ich nicht auf für so etwas. Wenn eine gütliche Einigung nicht geht (immer das beste - Klar) habe ich bei uns gute Erfahrungen mit dem §85 gemacht. Natürlich kann man sich über etwas beschweren, was einen nicht unmittelbar betrifft. Es ist einfach ein Rat aus meiner Praxis, den ich hier gebe.
Erstellt am 04.03.2016 um 14:55 Uhr von Pjöööng
Zitat (Hartmut):
"Natürlich kann man sich über etwas beschweren, was einen nicht unmittelbar betrifft."
Ja, "kann" man. Allerdings ist das dann keine Beschwerde nach §§ 84, 85 BetrVG. Der Arbeitgeber braucht dann auch nicht darauf zu reagieren. Zudem sendet man dem Arbeitgeber das fatale Signal, dass man als BRV keinen Ar*ch in der Hose hat, denn sonst würe man direkt auf ihn zugehen, an Stelle solcher blödsinnigen Spielchen.
Erstellt am 04.03.2016 um 15:28 Uhr von gironimo
Ihr solltet die Vertrauensarbeitszeit abschaffen.
Der BR ist ja berechtigt die Arbeitszeitnachweise der AN zu fordern, um nicht nur die Gesetze sondern natürlich auch die BV "Verteilung der Arbeitszeit auf die Wochentage" und die Mitbestimmung des BR bei Mehrarbeit, Urlaubsgrundsätzen usw. zu überwachen.
Dann braucht sich niemand mehr zu beschweren - die Verstöße treten offen zu Tage und der BR kann handeln - mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht nur bei dem einen AN sondern bei vielen bei Euch im Betrieb.
Der BR hat es in der Hand.
Erstellt am 05.03.2016 um 16:12 Uhr von Jakarta
Bevor ich hier ein großes Fach aufmache und einem AG mit dem Entzug von Vermögenswerten durch Strafe drohe, würde ich mir als BR einmal Gedanken über das nahe liegendste machen.
Und da es sich hier ja auch bei einer vereinbarten Vertrauensarbeitszeit um Überstunden handeln dürfte, egal ob diese angeordnet oder geduldet werden, dürften hier ja auch einige Mitbestimmungspunkte verletzt werden.
Schon allein eine Info an den AG, dieses als BR zukünftig nicht mehr so hinzunehmen und dagegen dann auch mit einer Unterlassungsverfügung vorgehen würde, dürfte hier schon ein Aktiv werden des AG bewirken.
Warum soll man sich auch mit einer Kanone abquälen, wenn Pfeil und Bogen hier auch ausreichen!
@ spiri
„Sie fährt einfach 4-5 Stunden. Dann noch 5-6 Std. Sitzung.
Wir haben schon oft gesagt, sie muss übernachten, arbeitsschutzrechtlich.
Sie sagt: das ist ihre Entscheidung.“
Nein, da liegt ihr daneben und sie hat recht mit ihrer Sicht, dass es allein in ihrer Entscheidungsmacht liegt.
Auch wenn sowohl die Fahrtzeiten wie auch Sitzungszeiten hier als Arbeitszeit gelten würden, was aber bei der BR-Zeit nicht der Fall ist, geht es arbeitsschutzrechtlich hier vordergründig um die zw. zwei Tätigkeitszeiten liegende Ruhezeit.
Auch haftungsrechtlich hat es keine Auswirkung.
Hier ist unabhängig von der Art einer vorherigen Belastung sowieso ein jeder immer dafür verantwortlich, bei Fahrtantritt auch fahrtüchtig zu sein.
Das kann mit Ausnahme der wohl allseits bekannten (Alkohol, Drogen) aber immer nur am Einzelfall entschieden und nicht generell an bestimmten Tätigkeiten festgemacht werden.
Eine Übermüdung z. B. kann sich aus vielen Gründen ergeben und ist daher auch nicht auf einen bestimmten Zeitablauf fixierbar.
Erstellt am 05.03.2016 um 21:32 Uhr von spiri
@alter mann
jetzt machst mir bissle angst.
ich habe das NICHT mit der GF erörtert.
Der betroffene AN ist mein Partner - das weiß niemand im Büro.
Mit ihm habe ich das besprochen.
Unser BR fängt grad erst an zu "leben".
BEM etc. wird für uns eines der nächsten Themen sowieso.
Da ich ohnehin keinen guten Stand beim Chef habe, da, seit ich nachgerückt
bin der BR "ungemütlich" wird, weil endlich mal einiges geschieht.
Von daher brauch ich da jetzt nicht noch n zusätzliches Problem.
Die Vertrauenszeit abschaffen?
UNMÖGLICH - will auch NIEMAND:
25 Standorte mit 82 AN - schwierig.
Arbeitszeitnachweise einrichten wäre notwendig.
Erstellt am 07.03.2016 um 08:52 Uhr von gironimo
>UNMÖGLICH - will auch NIEMAND<
Solltet Ihr dennoch tun. (siehe auch BAG-Urteil 1 ABR 13/02)
Aber macht Euch erst einmal schlau. Besucht Seminare. Erst wenn man sich gut auskennt, weiß man auch wo man anpacken muss. Während dieser Zeit könnt Ihr ja darauf hoffen, dass der AG sich daran hält, was er versprochen hat.
Erstellt am 07.03.2016 um 10:10 Uhr von celestro
"Solltet Ihr dennoch tun."
Gegen den Willen der MA ? Halte ich für eine ausgesprochen schlechte Idee ...
Erstellt am 07.03.2016 um 10:17 Uhr von Pjöööng
Ohne konkrete Kentnis der Verhältnisse vor Ort solche Tipps wie "Ihr solltet die Vertrauensarbeitszeit abschaffen." zu geben, halte ich für äußerst vermessen!
Ich denk dass jemand der solchen Rat erteilt keine Vorstellung davon hat, wie heute in einigen Branchen gearbeitet wird.
Erstellt am 07.03.2016 um 15:35 Uhr von Hartmut
Pjöng, du argumentierst indifferent. Mal pro Gesetz, da zitierst du ganze Passagen und auch Urteile. Mal pro 'Realität', ist ja doch alles egal, in der Praxis läufts anders. Entscheide dich. Aus Sicht des sehr formalen BetrVG hat gironimo recht, im Sinne der Gesundheit der AN auch, und ich schließe mich an.
Erstellt am 07.03.2016 um 15:54 Uhr von Pjöööng
Hartmut,
was maßt Du Dir eigentlich an, die Gesundheit der Arbeitnehmer bei spiri beurteilen zu wollen?