@ KarlW
BAG, Beschluss vom 13. 6. 2007 - 7 ABR 62/06
"Ist das Betriebsratsmitglied nach § 38 BetrVG freigestellt, besteht grundsätzlich kein Anspruch auf Erstattung der Fahrtkosten zwischen dem Wohnort des Betriebsratsmitglieds und dem Sitz des Betriebsrats in dem Betrieb, für den der Betriebsrat gebildet ist.
Dies gilt bei einem aus mehreren räumlich voneinander getrennt liegenden Betriebsstätten bestehenden Betrieb auch dann, wenn das Betriebsratsmitglied ohne die Freistellung nicht in der Betriebsstätte gearbeitet hätte, in der sich der Sitz des Betriebsrats befindet, sondern in einer anderen, seinem Wohnort näher gelegenen Betriebsstätte. Denn durch die Freistellung ändert sich der Ort der Leistungserbringung (§ 269 BGB), zu dem sich der Arbeitnehmer auf eigene Kosten zu begeben hat (BAG 28. August 1991 - 7 ABR 46/90 - BAGE 68, 224 = AP BetrVG 1972 § 40 Nr. 39 = EzA BetrVG 1972 § 40 Nr. 66, zu B II 3 a der Gründe mwN).
Für die Dauer der Freistellung besteht keine Verpflichtung zur Arbeitsleistung. An die Stelle der Arbeitspflicht tritt die Verpflichtung des Betriebsratsmitglieds, während seiner arbeitsvertraglichen Arbeitszeit im Betrieb am Sitz des Betriebsrats, dem er angehört, anwesend zu sein und sich dort für anfallende Betriebsratsarbeit bereit zu halten.
Diese Pflicht tritt als gesetzliche Rechtsfolge der Freistellung des Betriebsratsmitglieds von seiner beruflichen Tätigkeit nach § 38 BetrVG ein (BAG 28. August 1991 - 7 ABR 46/90 - aaO, zu B II 3 a der Gründe mwN).
Dies hat zur Folge, dass es dem freigestellten Betriebsratsmitglied obliegt, sich auf seine Kosten zu dem für die Dauer der Freistellung bestehenden Leistungsort, dh. zu der Betriebsstätte zu begeben, in der der Betriebsrat seinen Sitz hat. Dem steht das Benachteiligungsverbot des § 78 Satz 2 BetrVG nicht entgegen. Die Verpflichtung, sich am Sitz des Betriebsrats bereithalten zu müssen, kann sich zwar für das freigestellte Betriebsratsmitglied nachteilig auswirken, weil es ohne die Freistellung in einer seinem Wohnort näher gelegenen Betriebsstätte arbeiten würde, zu der es mit einem geringeren Zeit- und Kostenaufwand gelangen könnte.
Aus § 78 Satz 2, §§ 37, 38 BetrVG ergibt sich jedoch nicht, dass jedweder im Zusammenhang mit der Betriebsratstätigkeit entstehender "Nachteil" auszugleichen ist. Den aus der Betriebsratstätigkeit und der Freistellung möglicherweise entstehenden Nachteilen hat der Gesetzgeber insbesondere durch die Regelungen in § 37 Abs. 4 und 5 und in § 38 Abs. 4 BetrVG Rechnung getragen. Im Übrigen verbietet § 78 Satz 2 BetrVG die Benachteiligung von Betriebsratsmitgliedern wegen ihrer Amtsführung, aber auch deren Begünstigung.
Gegen das Begünstigungsverbot würde es verstoßen, wenn dem freigestellten Betriebsratsmitglied Kosten für die regelmäßigen Fahrten vom Wohnort zum Sitz des Betriebsrats als Ort der Leistungserbringung erstattet würden.
Dies gilt auch dann, wenn sich der Sitz des Betriebsrats nicht in der Betriebsstätte befindet, in der das Betriebsratsmitglied seine Arbeitsleistung zu erbringen hätte, wenn es nicht freigestellt wäre. Ein Arbeitnehmer, dessen Leistungsort sich ändert, weil ihm mit seinem Einverständnis eine geänderte, in einer anderen Betriebsstätte desselben Betriebs zu verrichtende Tätigkeit übertragen wird, ist grundsätzlich verpflichtet, sich auf eigene Kosten zu dem neuen Leistungsort zu begeben.
Nicht anders ist daher ein Betriebsratsmitglied zu behandeln, dessen Leistungsort sich wegen einer mit seinem Einverständnis erfolgten Freistellung nach § 38 BetrVG ändert. Die Freistellung ist nur möglich, wenn das Betriebsratsmitglied sowohl seiner Kandidatur zur Freistellung als auch der Freistellung selbst zugestimmt hat (BAG 28. August 1991 - 7 ABR 46/90 - aaO, zu B II 3 b der Gründe)."