Tisch,
vielleicht hilft es, wenn Du Deinem Chef mal folgendes vorlegst:
Informationsblatt für Vorgesetzte von Betriebsratsmitgliedern
Sie haben in Ihrer Gruppe, Abteilung, Schicht usw. ein Mitglied des Betriebsrats. Herzlichen Glückwunsch, dass Sie Mitarbeiter/innen haben, die so viel Vertrauen in der Belegschaft Ihres Betriebs genießen, dass sie in den Betriebsrat gewählt wurden. Mit diesem Informationsblatt wollen wir für Sie zu einer möglichst reibungslosen Zusammenarbeit zwischen Ihnen und „Ihrem“ Betriebsrat beitragen.
Der Auftrag des Betriebsverfassungsgesetzes lautet:
Arbeitgeber (und Sie als Erfüllungsgehilfe des Arbeitgebers somit auch) und Betriebsrat arbeiten eng und vertrauensvoll zusammen für das Wohl der Arbeitnehmer/innen und des Betriebs.
Um eventuell bestehende Missverständnisse über die Position des Betriebsrates von vorneherein auszuschließen möchten wir Ihnen Auszüge aus einem Urteil des Bundesarbeitsgerichtes zur Kenntnis geben, in welchem es um die grundsätzlich unterschiedlichen Interessen (Interessengegensatz) von Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite geht:
„...Ohne diesen Interessengegensatz wären gesetzliche Regelungen über die Mitwirkung von Arbeitnehmerseite an Entscheidungen des Arbeitgebers gegenstandslos. Auch das Betriebsverfassungsgesetz setzt diesen Interessengegensatz voraus...Im Betrieb hat der Betriebsrat die Interessen der von ihm repräsentierten Belegschaft wahrzunehmen...Anstelle möglicher Konfrontation tritt zwar die Pflicht zur beiderseitigen Kooperation, dennoch bleibt der Betriebsrat Vertreter der Belegschaft gegenüber dem Arbeitgeber. Er ist zu vertrauensvoller Zusammenarbeit, nicht aber dazu verpflichtet, die Interessen der Belegschaft zurückzustellen. Damit obliegt dem Betriebsrat eine „arbeitnehmerorientierte Tendenz“ der Interessenvertretung...“
Sie als Vorgesetzte/r eines BR-Mitglieds sind verpflichtet, „Ihrem“ Betriebsratsmitglied die ungestörte Ausübung seines Betriebsratsamtes zu ermöglichen. Wir haben deshalb im Folgenden für Sie die Rechte und Pflichten zusammengestellt, die ein BR-Mitglied gegenüber dem Arbeitgeber und Ihnen als persönlichem Vorgesetzten hat.
1.) Was geht vor: Betriebsratsarbeit oder berufliche Tätigkeit?
Das Bundesarbeitsgericht regelt diese Frage ganz klar: Erst kommt die Arbeit für
und im Betriebsrat und anschließend der Job. Jeder Betriebsrat hat deshalb einen
Anspruch, von seinen beruflichen Verpflichtungen so entlastet / freigestellt zu
werden, dass er/sie die Betriebsratsarbeit ordnungsgemäß erledigen kann. Für
diese Entlastung müssen Sie sorgen!
2.) Wer entscheidet über den Umfang der Arbeit für den Betriebsrat?
Eindeutige gesetzliche Regelung: Nur das einzelne Betriebsratsmitglied selbst!
Eine „Genehmigung“ der Betriebsratsarbeit durch den Vorgesetzten, aber auch
durch den Betriebsratsvorsitzenden, ist nicht vorgesehen. Würden Sie ein
Betriebsratsmitglied (aber auch Jugend- und Auszubildendenvertreter oder
Wahlvorstandsmitglied) an der Erfüllung seiner Aufgaben hindern, wäre dies
sogar strafbar (Behinderung der betriebsverfassungsrechtlichen Organe wird im
Höchstfalle mit Gefängnis bestraft).
Weiterhin sollten Sie beachten:
Mitglieder des Betriebsrates dürfen wegen ihrer Tätigkeit weder benachteiligt noch
begünstigt werden; dieses gilt auch für ihre berufliche Entwicklung.
3.) Wer entscheidet, wann ein Betriebsratsmitglied seine Aufgaben erledigt?
Auch hier die eindeutige Antwort: Nur das einzelne Betriebsratsmitglied selbst!
Allerdings: Das Betriebsratsmitglied ist angehalten, auf betriebliche Termine
Rücksicht zu nehmen. Im Einzelfall ist die Dringlichkeit der Betriebsratsarbeit
entscheidend.
4.) Kann das Betriebsratsmitglied den Arbeitsplatz ohne weiteres verlassen?
Im Prinzip ja. Es muss sich allerdings so ab- und wieder zurückmelden, wie man das in
Ihrem Betrieb allgemein tut, wenn ein Mitarbeiter seinen Arbeitsplatz verlässt. Wenn es
Schwierigkeiten gibt, vereinbaren Sie mit dem Betriebsratsmitglied, wie Ab- und
Rückmeldung stattfinden sollen.
5.) Was gehört alles zur Betriebsratsarbeit?
Der häufigste Irrtum ist, dass Betriebsratsarbeit nur die Teilnahme an den
Betriebsratssitzungen bedeutet. Zur Betriebsratsarbeit gehören aber z.B. auch
Teilnahme an Gesprächen mit dem Arbeitgeber, Teilnahme an Betriebsbesichtigungen,
Aufsuchen von Arbeitnehmern an ihrem Arbeitsplatz, Teilnahme an Gesprächen mit
Gewerbeaufsichtsamt, Berufsgenossenschaften, Gewerkschaften, Betriebsärzten oder
sonstigen Institutionen, Teilnahme an Arbeitsschutzausschusssitzungen des Betriebs,
Teilnahme an Sitzungen von Arbeitsgruppen und Ausschüssen des Betriebsrats,
Sprechstunden, Personalgespräche, Vorbereitung von Betriebsratssitzungen, Arbeit im
Betriebsratsbüro, Lektüre von Gesetzen, Verordnungen und Fachzeitschriften,
Beschaffung von Informationen für die Betriebsratsarbeit, z.B. im Internet, Besuch von
Betriebsratsfortbildungen und Seminaren usw.
6.) Muss die Betriebsratsarbeit immer während der Arbeitszeit des Mitgliedes geleistet
werden?
Grundsätzlich ja. Zum Ausgleich für Betriebsratstätigkeit, die aus betriebsbedingten
Gründen außerhalb der Arbeitszeit durchzuführen ist, hat das Betriebsratsmitglied
allerdings Anspruch auf entsprechende Arbeitsbefreiung unter Fortzahlung des
Arbeitsentgelts. Betriebsbedingte Gründe liegen auch vor, wenn die Betriebsratstätigkeit
wegen der unterschiedlichen Arbeitszeiten der Betriebsratsmitglieder nicht innerhalb der
persönlichen Arbeitszeit erfolgen kann. Die Arbeitsbefreiung ist vor Ablauf eines Monats
zu gewähren; ist dies aus betriebsbedingten Gründen nicht möglich, so ist die
aufgewendete Zeit wie Mehrarbeit zu vergüten.
Außerhalb der regulären Arbeitszeit liegende Betriebsratstätigkeit ist jedoch keine
Arbeitszeit im Sinne des Arbeitszeitgesetzes, da es sich um ein Ehrenamt handelt.
Diese Zeiten sind daher bei der Ermittlung der geleisteten Arbeitszeit im Sinne des
ArbZG nicht zu berücksichtigen.
Das Arbeitszeitgesetz und das Betriebsverfassungsgesetz sehen allerdings nicht
vor, dass innerhalb der regulären Arbeitszeit liegende Betriebsratstätigkeit zu einer
Reduzierung der gemäß ArbZG zu berücksichtigenden Arbeitszeit führt.
Sie sehen:
Die rechtlichen Vorgaben sind eindeutig.
Wir empfehlen Ihnen:
Sehen Sie in „Ihrem Betriebsratsmitglied“ Ihren Partner, der wie Sie größtes Interesse am Wohl der Arbeitnehmer und Ihres - gemeinsamen - Betriebs hat.
Quelle: WAF, gefunden bei der IGM, 6. nicoline