@ All
Ich finde es wirklich rührend, mit welchen Mitteln versucht wird, dieser schwangeren AN zu ihrem "vermeintlichen" Anspruch auf DIESE Stelle zu verhelfen.
Lassen wir die Schwangerschaft doch erstmal außen vor ...
Entweder hat die Kollegin einen durchsetzbaren Anspruch auf diese Stelle oder nicht.
Kurz und knapp gesagt ... sie hat KEINEN ANSPRUCH!
Auch ein auf § 99 Abs.2 Nr.3 BetrVG gestützter Widerspruch, ist nicht haltbar. Man möge sich doch bitte erst einmal eine Kommentierung durchlesen, bevor hier völlig haltlos mit "Benachteiligung" argumentiert wird.
Anders wäre es gewesen, wenn es sich um eine befristet beschäftigte AN gehandelt hätte!!!
BTW: Die Nr.4 scheidet ebenfalls aus ...
Und nun ist diese AN schwanger ...
Einen rechtlich durchsetzbaren Anspruch auf diesen Arbeitsplatz hat diese AN noch immer nicht.
Aber der AG war so blöd, öffentlich kund zu tun, dass sie sich keine Hoffnung auf diesen Arbeitsplatz machen soll. Also her mit dem AGG ... berechtigt!
§ 1 Ziel des Gesetzes
Ziel des Gesetzes ist, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen.
§ 2 Anwendungsbereich
(1) Benachteiligungen aus einem in § 1 genannten Grund sind nach Maßgabe dieses Gesetzes unzulässig in Bezug auf:
1. die Bedingungen, einschließlich Auswahlkriterien und Einstellungsbedingungen, für den Zugang zu unselbstständiger und selbstständiger Erwerbstätigkeit, unabhängig von Tätigkeitsfeld und beruflicher Position, sowie für den beruflichen Aufstieg,
2. die Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen einschließlich Arbeitsentgelt und Entlassungsbedingungen, insbesondere in individual- und kollektivrechtlichen Vereinbarungen und Maßnahmen bei der Durchführung und Beendigung eines Beschäftigungsverhältnisses sowie beim beruflichen Aufstieg,
...
Gut ... da hätten wir den "beruflichen Aufstieg" gleich zweimal. Gehen wir mal davon aus, dass die beabsichtigte Stelle einen solchen darstellt. Also weiter im Text ...
§ 7 Benachteiligungsverbot
(1) Beschäftigte dürfen nicht wegen eines in § 1 genannten Grundes benachteiligt werden ...
(2) Bestimmungen in Vereinbarungen, die gegen das Benachteiligungsverbot des Absatzes 1 verstoßen, sind unwirksam.
(3) Eine Benachteiligung nach Absatz 1 durch Arbeitgeber oder Beschäftigte ist eine Verletzung vertraglicher Pflichten.
Halten wir fest, dass es KEINE vertragliche Pflicht des AG gibt, diese AN auf die gewünschte Stelle versetzen zu müssen. Auch gibt es keine Vereinbarung, die gegen § 1 verstößt. Was bleibt dann noch!?
§ 15 Entschädigung und Schadensersatz
(1) Bei einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot ist der Arbeitgeber verpflichtet, den hierdurch entstandenen Schaden zu ersetzen. ...
(2) Wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, kann der oder die Beschäftigte eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen. Die Entschädigung darf bei einer Nichteinstellung drei Monatsgehälter nicht übersteigen, wenn der oder die Beschäftigte auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre.
(3) Der Arbeitgeber ist bei der Anwendung kollektivrechtlicher Vereinbarungen nur dann zur Entschädigung verpflichtet, wenn er vorsätzlich oder grob fahrlässig handelt.
(4) Ein Anspruch nach Absatz 1 oder 2 muss innerhalb einer Frist von zwei Monaten schriftlich geltend gemacht werden, es sei denn, die Tarifvertragsparteien haben etwas anderes vereinbart. Die Frist beginnt im Falle einer Bewerbung oder eines beruflichen Aufstiegs mit dem Zugang der Ablehnung und in den sonstigen Fällen einer Benachteiligung zu dem Zeitpunkt, in dem der oder die Beschäftigte von der Benachteiligung Kenntnis erlangt.
(5) Im Übrigen bleiben Ansprüche gegen den Arbeitgeber, die sich aus anderen Rechtsvorschriften ergeben, unberührt.
(6) Ein Verstoß des Arbeitgebers gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 begründet keinen Anspruch auf Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses, Berufsausbildungsverhältnisses oder einen beruflichen Aufstieg, es sei denn, ein solcher ergibt sich aus einem anderen Rechtsgrund.
Hmmm ... wenn der AG schlau ist, besetzt er die Stelle mit eine Frau; am besten mit einer im gebärfähigen Alter. Dann wäre der Diskrimininierungsgrund "Geschlecht" ja schon mal vom Tisch.
Aber ... das soll diese AN nicht daran hindern, eine Entschädigung einklagen zu wollen!
Hat eine AN schon mal getan, allerdings ist die Stelle in diesem Fall mit einem Mann besetzt worden > hier der Verfahrensgang:
ArbG Berlin - 10 Sa 1050/06
ArbG Berlin, 28.04.2006 - 28 Ca 5196/06
ArbG Berlin, 28.09.2006 - 28 Ca 5196/06
LAG Berlin, 19.10.2006 - 2 Sa 1776/06
BAG, 24.04.2008 - 8 AZR 257/07
LAG Berlin-Brandenburg, 12.02.2009 - 2 Sa 2070/08
BAG, 27.01.2011 - 8 AZR 483/09
LAG Berlin-Brandenburg, 28.06.2011 - 3 Sa 917/11
Eines muss man dieser Dame lassen ... sie hat Ausdauer bewiesen! :-))
Resüme: Diese AN hat zwar eine Entschädigung erhalten, aber die gewünschte Stelle hat sie trotzdem nicht!