@rkoch
Bis auf einen Punkt halte ich alles für korrekt angegeben und auch für einen Top Beitrag.
Diesem einen Punkt könnte unter Umständen aber eine besondere Bedeutung zukommen. Sodass ich ihn nicht so unkommentiert stehen lassen möchte.
>>Tja. Wie weiter. Zunächst macht Ihr Euren Job nach §100: Entweder ihr BESTREITET das Vorliegen
>>dieser Gründe, oder ihr akzeptiert sie. Wenn ihr sie akzeptiert, ist der §99 mit Zustimmung >>abgeschlossen.
Dieses halte ich für nicht ganz richtig.
Ganz so einfach wie beschrieben kann sich der AG hier eigentlich nicht rauslügen.
Die Akzeptierung einer Eilbedürftigkeit ist nicht automatisch auch eine quasi Zustimmung des noch laufenden Verfahrens nach § 99.
§ 100 Abs. 2 BetrVG regelt die Vorschrift über das Verfahren zur Durchführung der "vorläufigen personellen Maßnahme" und die Widerspruchsmöglichkeiten des Betriebsrats bis hin zum arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren. Dieses Verfahren kann mit dem Verfahren zur Zustimmungsersetzung nach verbunden sein, aber auch getrennt davon durchgeführt werden.
§ 100 BetrVG gilt nur für den Fall, dass der Arbeitgeber ein Verfahren nach § 99 überhaupt in Gang gesetzt hat. Führt er personelle Maßnahmen durch, ohne den Betriebsrat zu beteiligen, findet nicht § 100 BetrVG (er kann sich also nie auf Eilbedürftigkeit berufen), sondern § 101 BetrVG Anwendung.
Auch kann er hier nicht einfach das Pferd von hinten Aufzäumen. Er muss schon das Kind beim Namen nennen. Also mitteilen, welches Verfahren er hier beabsichtigt. BRler müssen schließlich keine Hellseher sein.
Macht er dieses nicht, ist davon auszugehen, dass er hier zusätzliche Gründe nachschiebt, um den BR zum Umdenken zu bewegen. Dieses dann natürlich auch die Wochenfrist erneut in Gang setzen würde.
Allein die Aufforderung an den BR, innerhalb einer vom AG gesetzten Frist, sich erneut zu äußern, muss nicht bedeuten, dass hier der 100er gemeint ist. Wobei sich hier auch die Frage stellt, seit wann AG hier Fristen vorgeben können.
Ich stimme Dir aber zu, dass man ausgehend vom Geschriebenen, eigentlich nur zu der Annahme kommen kann, dass hier der 100er gemeint ist.
Wenn dem dann so sein sollte, bestehen für ein Gericht eigentlich vier Möglichkeiten:
1. Die Dringlichkeit wird bejaht, und es liegt kein Zustimmungsverweigerungsgrund des Betriebsrats nach §99 vor. Der Arbeitgeber hat gewonnen, und kann dann die vorläufige personelle Maßnahme in eine endgültige überführen.
2. Die Dringlichkeit wird bejaht, und es liegt ein Zustimmungsverweigerungsgrund des Betriebsrats nach § 99 Abs. 2 BetrVG vor. Der Arbeitgeber gewinnt zwar beim Dringlichkeitsantrag, nicht aber im Zustimmungsersetzungsantrag nach § 99 Abs. 4 BetrVG. Die personelle Maßnahme war zwar dringend geboten, sie bleibt aber letztlich rechtsunwirksam und muss aufgehoben werden.
3. Die Dringlichkeit wird verneint, und es liegt kein Zustimmungsverweigerungsgrund des Betriebsrats nach § 99 Abs. 2 BetrVG vor. Es wird festgestellt, dass die vorläufige personelle Maßnahme nicht gerechtfertigt war. Die personelle Maßnahme kann der Arbeitgeber aber trotzdem vornehmen.
4. Die Dringlichkeit wird verneint, und es liegt ein Zustimmungsverweigerungsgrund des Betriebsrats nach § 99 Abs. 2 BetrVG vor. Beide Anträge des Arbeitgebers werden zurückgewiesen. Der Arbeitgeber muss die vorläufige und die endgültige Maßnahme aufheben.
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@betriebsratten
Da Du nochmals nachgefragt hast, hier dass von @rkoch bereits gesagte, nochmals mit anderen Worten.
Der Arbeitgeber muss den Betriebsrat "unverzüglich", d. h. ohne schuldhaftes Zögern, von der vorläufigen personellen Maßnahmen mündlich oder schriftlich unterrichten.
Will der Betriebsrat bestreiten, dass die vorläufige personelle Maßnahme aus sachlichen Gründen dringend erforderlich ist, muss er dies dem Arbeitgeber ebenfalls "unverzüglich" mitteilen.
Unverzüglichkeit ist dann gegeben, wenn der Arbeitgeber den Betriebsrat sofort nach Durchführung der Maßnahme davon unterrichtet.
In seiner "unverzüglichen" Antwort hat der Betriebsrat, wenn er die Maßnahme ablehnen will, zwei Möglichkeiten: Er kann die Eilbedürftigkeit bestreiten und die Zustimmung verweigern. Er kann aber die Entscheidungen auch auseinanderfallen lassen. So kann er der Eilbedürftigkeit zustimmen, weil etwa der Arbeitsplatz tatsächlich besetzt sein muss, die Zustimmung aber verweigern, weil die Auswahl des Arbeitnehmers für diesen Arbeitsplatz fehlgeht.
Die Wochenfrist zur Zustimmungsverweigerung nach läuft unabhängig hiervon weiter.
Bei der Unterrichtung des Betriebsrats sind diesem die sachlichen Gründe für die Eilbedürftigkeit darzulegen.
Dies ist nur dann der Fall, wenn die geplante Maßnahme keinen Aufschub duldet. Die Maßnahme darf also nicht auf vorhersehbaren Umständen beruhen, sie muss "plötzlich" gekommen sein. Stammt die Dringlichkeit aus dem Einflussbereich des Arbeitgebers, kann sie im Verfahren keine Berücksichtigung finden. So kann auch eine mangelhafte Personalplanung nicht zur Begründung einer Dringlichkeit herangezogen werden. Dringlichkeit setzt außerdem voraus, dass keine andere Maßnahme möglich ist, um das Ziel der Maßnahme zu erreichen. Für die Beurteilung der Dringlichkeit aus sachlichen Gründen ist auf die Verhältnisse im Zeitpunkt der Durchführung der Maßnahme abzustellen.
Bei ablehnender Stellungnahme des Betriebsrats bezüglich der dringenden Erforderlichkeit der Maßnahme aus sachlichen Gründen muss der Arbeitgeber die vorläufige personelle Maßnahme binnen drei Tagen zurücknehmen oder das Arbeitsgericht anrufen. Er hat dort zwei Anträge zu stellen: Einmal, dass die Dringlichkeit seiner Maßnahme vom Gericht bestätigt und zum anderen, dass die fehlende Zustimmung des Betriebsrats ersetzt wird.
Mfg AlterHase