Erstellt am 02.04.2013 um 16:22 Uhr von AlterHase
Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bezieht sich nicht nur auf generelle Regelungen und auf Regelungen für ganze Gruppen von Beschäftigten, sondern auch auf alle Einzelfälle, die einen sog. kollektiven Bezug aufweisen.
Der Begriff ist etwas irreführend. Ein kollektiver Bezug ist überall dort gegeben, wo Einzelmaßnahmen auch betrieblich veranlasst sind oder wo sie Auswirkungen auf die Arbeitsabläufe anderer Beschäftigter haben können.
So betont die Rechtsprechung, dass der kollektive Bezug auch bei den Überstunden Einzelner gegeben sei. Besser als der Begriff kollektiver Bezug passt der Begriff "genereller Fall".
Nicht die Menge der Vorgänge ist maßgeblich, sondern deren Bezug zu den betrieblichen Abläufen. Nicht, wer die Mehrarbeit macht, ist maßgeblich, sondern die Tatsache, dass diese für den Betrieb erfolgt.
Auch wenn eine Maßnahme scheinbar nur auf eine einzige Person zugeschnitten ist, bestehen Mitbestimmungsrechte, da in der Regel direkt oder indirekt auch andere betroffen sind.
Beispiel dafür ist die Mitbestimmung des Betriebsrats bei der Arbeitszeitregelung für Teilzeitkräfte. Hier räumt das BAG dem Betriebsrat in jedem Einzelfall Mitbestimmung über die zeitliche Lage der Arbeitszeiten ein: feste oder variable Arbeitszeit, Dauer der täglichen Arbeitszeit und die Verteilung auf die einzelnen Wochentage.
Das gilt auch bei Einzelvereinbarungen, in denen besondere Zugfahrzeiten einzelner Personen berücksichtigt werden oder auch die Notwendigkeit, Kinder in den Kindergarten zu bringen oder abzuholen. Die Ursache für die Regelung ist zwar hier ein Einzelfall; die Einzelfallregelung hat jedoch in der Regel Auswirkungen auf andere Beschäftigte und/oder auf den Arbeitsfluss. Damit ist auch hier der kollektive Bezug gegeben.
Dass der AG sich hier auf § 8 Abs. 3 Satz 2 des TzBfG beruft, ändert hieran gar nichts. Im Gegenteil. Dies zwingt ihn hier eine Regelung zu treffen und gibt ihm nicht, wie wohl fälschlicherweise angenommen, die Möglichkeit zur Blockade.
Erstellt am 02.04.2013 um 16:22 Uhr von gironimo
Bei § 8 TzBfG ist der BR nicht im Boot. Es ist Individualrecht.
Der AN könnte den BR lediglich um Unterstützung bitten. Der BR hat dann wahrscheinlich bessere Argumente und ein besseres Hintergrundwissen, um beurteilen zu können, in wie weit die Argumente des AG stichhaltig sind.
Wenn der BR die Kolleginnen unterstützen will, könnte er bestenfalls damit drohen, die BV Arbeitszeit zu kündigen und neue Verhandlungen fordern. In wie weit dies sinnvoll oder zielführend ist, könnt Ihr nur selber entscheiden.
Erstellt am 02.04.2013 um 16:27 Uhr von gironimo
AlterHase
So weit so gut - es geht hier aber nicht um einen betrieblichen Anlaß, sondern die AN wollen kürzen. Und dies zunächst einmal im Rahmen der bestehenden betrieblichen Arbeitszeit.
Jedenfalls soweit ich die Frage richtig verstanden habe.
Erstellt am 02.04.2013 um 16:32 Uhr von AlterHase
@gironimo
Lieber gironimo,
hier bist du aber nun wirklich jenseits von Gut und Böse!
Ein Individualrecht endet immer dort, wo ein kollektiver Bezug Einzug hält.
Gesetze, wo ein BR nicht mit an Board ist, sind wohl sehr rar. Das TzBfG gehört jedenfalls nicht dazu.....
Erstellt am 02.04.2013 um 16:37 Uhr von AlterHase
@gironimo
"sondern die AN wollen kürzen"
Auch hier würde ein kollektiver Bezug bestehen.
Denn, wenn einer weniger macht, wird es wohl nicht ganz wegfallen, sondern von anderen übernommen werden müssen.
Aber auch dieses ist unerheblich, da ein BR bei Teilzeit immer mit im Boot ist.
Erstellt am 02.04.2013 um 18:06 Uhr von gironimo
Der BR ist bei der Verteilung der Arbeitszeit in der Mitbestimmung - nicht jedoch bei der Länge der wöchentlichen Arbeitszeit, die entweder tariflich oder einzelvertraglich vereinbart ist.
Ich verstehe die Frage jedenfalls so, dass es zunächst darum geht, dass sich AN und AG auf eine Verkürzung der wöchentlichen Arbeitszeit einigen wollen/sollen. Hierbei wird vermutet, dass der AG betriebliche Hinderungsgründe ins Feld führen könne - also grundsätzlich ablehnt.
Bei dem Punkt der Verteilung der dann kürzeren wöchentlichen Arbeitszeit sind wir ja noch gar nicht.
Auch die geäußerte Vermutung (Beginn der OP) läßt vermuten, dass der AG eher arbeitsorganisatorische Hemmnisse sieht.
Erstellt am 02.04.2013 um 20:50 Uhr von polybär
@takkus,
ich kenne das aus der gelbten Praxis so.
der an legt dem antrag ein persönliches schreiben bei in dem der wille zur massnahme bekundet wird, wichtig ist ja das der an es möchte und noch wichtiger ist ob die massnahme nur für eine zeit oder für immer sein soll, das ist dann dann eine kentnissnahme.
warum sollte der br auch gegen das intresse des an handeln wenn es keinen grund gibt.
a. sein wille schriftlich
b. frage ob es zeitlich begrenzt ist
fällt unter kirche im dorflassen , is halt gelebte Praxis
Erstellt am 02.04.2013 um 21:23 Uhr von Lotte
Hallo,
also hier scheint es doch eher um die Hilfe des BR zu gehen, damit die Teilzeit zustande kommt.
takkus,
wenn Ihr als BR darlegen könnt, dass die beiden Kolleginnen durchaus in verkürzten Schichten arbeiten könnten, dann lässt sich der AG vielleicht überzeugen?
Alter Hase,
eine MB bei kollektiven Bezug kommt doch nur dann zum Tragen, wenn der AG den BR zur Reduzierung anhört. Wenn der AG den Antrag erstmal ablehnt, ist der BR ja noch gar nicht im Boot.
LG Lotte
Erstellt am 03.04.2013 um 10:19 Uhr von rkoch
@AlterHase:
> Aber auch dieses ist unerheblich, da ein BR bei Teilzeit immer mit im Boot ist.
Das beschränkt sich aber u.U. (fast immer) auf die Information über die TZ....
> Gesetze, wo ein BR nicht mit an Board ist, sind wohl sehr rar. Das TzBfG gehört jedenfalls nicht dazu.....
In einem Detail eben doch....
§8 (3) TzBfG:
Der Arbeitgeber hat mit dem Arbeitnehmer die gewünschte Verringerung der Arbeitszeit mit dem Ziel zu erörtern, zu einer Vereinbarung zu gelangen. Er hat mit dem Arbeitnehmer Einvernehmen über die von ihm festzulegende Verteilung der Arbeitszeit zu erzielen.
Hier steht nix vom BR. Der BR hat also grundsätzlich kein Recht sich da einzumischen (bestenfalls als Vermittler). Ein MBR bzgl. der Verteilung der AZ der TZ-AN hat der BR also erstmal grundsätzlich nicht. Wo kämen wir da hin, wenn sich AG und AN auf eine feste Verteilung einigen und der BR wirft dann alles wieder über den Haufen... Das würde diesen § ad absurdum führen.
Ausnahmen:
AG und AN einigen sich NICHT auf feste Arbeitszeiten, sondern nur auf die Dauer, die dann z.B. im Rahmen eines existenten Gleitzeitsystems verteilt wird. Dann hat der BR wegen des Regelungsbedarfs (keine abschließende Regel!) ein MBR.
Die TZ hat Einfluß auf die REGELMÄSSIGE AZ andere AN (was äußerst selten ist), dann MBR bzgl. der Verteilung der ArbZ anderer AN. ZEITWEILIGE Änderungen der AZ sind sowieso immer der MB nach §87 (1) Nr. 3 unterworfen.
Damit der BR eben das Vorliegen einer MB-Grundlage prüfen kann, ist er zu informieren, aber i.d.R. ist es damit auch gut.
> wird der ArbG aus organisatorischen Günden dies ablehnen- arumentiert mit § 8 Abs. 3 Satz 2.
Du meinst wohl eher §8 Abs. 4 Satz 2 :-) Aber "organisatorische Gründe" reicht da als Begründung auf keinen Fall (vgl. z.B. http://www.talkteria.de/forum/topic-9975.html). Der AG muss schon detailliert darlegen, dass
- der betroffene AN für die Zeitdauer zwischen Arbeitsende TZ-AN und Arbeitsende VZ-AN UNBEDINGT notwendig ist, was i.d.R. daran scheitert, dass er dann darlegen müsste, dass die AN auch auf keinen Fall Urlaub nehmen bzw. Krank werden dürfen, denn wie löst er DANN das Problem? Die selbe Lösung ist oft auch für die o.g. Zeitspanne akzeptabel, z.B. indem in der Zeit einfach der VZ-AN einspringt, der auch sonst die Vertretung macht (vgl. aber 9 azr 126/02, wo das für "pädagogische" Zwecke verneint wird, wegen der notwendigen Betreuer-Kind-Bindung).
- eine Umorganisation dieser Art ihm unverhältnismäßige Kosten verursacht
- die verbleibende AZ nicht von einer anderen (einzustellenden) TZ-Kraft erledigt werden kann (was IMHO in Krankenhäusern nicht absolut unüblich ist).
- etc.
Mit derartigen "Fangfragen" kann man den AG versuchen aus der Reserve zu locken bzw. entsprechende Vorschläge bringen.