Erstellt am 08.01.2013 um 10:44 Uhr von rkoch
> Wenn der AN durch die Firma gekündigt wird, gibt es dann einen Aufhebungsvertrag und
> hat der MA Anspruch auf Abfindung?
Aufhebungsvertrag/Abfindung ist denkbar, aber nicht zwingend!
Derartiges (Lastenbeschränkung) ist grundsätzlich ein Grund für eine personenbedingte Kündigung (unmöglichkeit der Erfüllung des Arbeitsvertrages). Aber SOOO einfach ist es dann auch wieder nicht. Die Kündigung muss das letzte aller verfügbaren Mittel sein. Der AG hat also zunächst alle Möglichkeiten zu prüfen, wie das Vertragsverhältnis ggf. unter Änderung der Vertragsbedingungen fortgesetzt werden kann. Dazu gehört:
- Bereitstellung von Lastenhebern (mechanische Unterstützung) oder unterstützendem Personal
- Versetzung auf einen anderen Arbeitsplatz
- Änderung der Aufgabe dahingehend, dass der AN nur noch die "leichteren" Arbeiten erledigt (es kann mir niemand sagen, dass ein Montageschreiner zu 100% nur Lasten über 10kg zu händeln hat, derartiges wäre nur relevant, wenn der AN stets alleine bei der Ausführung dieser Tätigkeiten wäre!), ggf. unter Herabstufung des Einkommens (wenn der AN einverstanden ist)
- etc.
Erst wenn der AG all diese Varianten geprüft und für (tatsächlich!) unrealistisch verworfen hat, ist die Kündigung als letztes verfügbares Mittel zulässig. Ohne eine derartige Prüfung durchgeführt zu haben stehen die Chancen des AG bei einem Kündigungsschutzprozess schlecht. Die genannten Punkte berühren unmittelbar §102 BetrVG und geben dem BR das Recht zum Widerspruch, wenn der AG diese Möglichkeiten nicht ausgeschöpft hat.
Dazu kommt, dass der Kollege einen Antrag auf eine Grad der Behinderung stellen sollte - und falls dieser nicht schon wegen der Einschränkungen 50 erreicht, einen Antrag auf Gleichstellung zu einer Schwerbehinderung. Wenn er damit durchkommt, steht der AG noch ein bisserl mehr unter Druck.
Ist die Kündigung wirklich rechtlich gefestigt und unausweichbar, kann zur Vermeidung dieser Kündigung auch ein Aufhebungsvertrag geschlossen werden. Viele AG scheuen die Kündigung (wegen der Rechtsunsicherheit im Kündigungsschutzprozess) und gehen deshalb auf einen Aufhebungsvertrag ein bzw. schlagen ihn selbst vor. Da der AN damit auf sein Recht auf einen Kündigungsschutzprozess verzichtet, sollte er auf diesen aber nur eingehen, wenn der AG eben auch eine Abfindung anbietet. Und er sollte auch nur dann darauf eingehen, wenn er gegenüber dem Arbeitsamt belegen kann, dass die Kündigung unausweichlich war, sonst drohen Ruhen des Arbeitslosengelds bzw. Sperre...
Wenn der AG keine Abfindung anbietet, kann er sich auch getrost kündigen lassen (dann gibts auch keine Probleme mit dem Arbeitsamt), das läßt ihm dann auch zumindest die Chance auf einen Kündigungsschutzprozess (der gegen Abfindung enden kann - so kommt er dann ggf. hintenrum doch noch zu seiner Abfindung).
Erstellt am 08.01.2013 um 10:51 Uhr von SBVmann
Zitat: Dazu kommt, dass der Kollege einen Antrag auf eine Grad der Behinderung stellen sollte - und falls dieser nicht schon wegen der Einschränkungen 50 erreicht, einen Antrag auf Gleichstellung zu einer Schwerbehinderung. Wenn er damit durchkommt, steht der AG noch ein bisserl mehr unter Druck.
Das würde ich nicht so sehen.
Falls der AN bereits schwerbehindert oder gleichgestellt ist, kann das Integrationsamt helfen und bei der Anschaffung von Hilfsmitteln oder unterstützendem Personal finanziell unterstützen.
Erstellt am 08.01.2013 um 11:23 Uhr von gironimo
Man sollte sich vor dem Gedanken eines Aufhebungsvertrages mit Abfindung doch erhebliche Gedanken machen (bzw. beratern lassen), was von der Abfindung bleibt, wenn sich Arbeitsagentur und Finanzamt bedient haben und wie es dann mit der weiteren Beschäftigung aussieht.
Ich würde daher als BR versuchen, nach innerbetrieblichen Lösungswegen zu suchen, bevor man über das Ende redet. Denkbar wären ja auch Tätigkeiten mit zumutbarer Weiterbildung oder zu anderen Vertragsbedingungen.
Erstellt am 08.01.2013 um 11:44 Uhr von Fatih
Mich würde interesieren wie groß eure Firma ist und es keine anderen Abteilungen gibt, damit dein Kollege ein leidenzgerechten Arbeitsplatz bekommt.
Weil 10 Kg ist nicht gerade wenig.
Erstellt am 08.01.2013 um 12:15 Uhr von rkoch
> kann das Integrationsamt helfen und bei der Anschaffung von Hilfsmitteln oder
> unterstützendem Personal finanziell unterstützen.
DAS meinte ich mit "der AG steht noch ein bisserl mehr unter Druck", da er dann ja z.B. auch noch die Hilfen des Integrationsamtes ausschlagen müsste bzw. deren Zustimmung zur Kündigung braucht.
Erstellt am 10.01.2013 um 14:22 Uhr von AlterMann
Vor einer Kündigung wie in diesem Fall hat der AG im Rahmen des Betrieblichen Eingliederungsmanagement zu prüfen, welche Alternativen zur Kündigung vorliegen. (Das ist ja von anderen schon so ausgeführt.) Sollte es im Betrieb kleine Möglichkeiten geben, muss sich der AG in einem Kündigungsschutzverfahren evtl. fragen lassen, wieso er solche Arbeitsplätze nicht vorhält. (Solche Rückenprobleme sind in der Montage mit regelmäßiger Hebebelastung ja absehbar!)
Auch eine Umschulung zur Weiterbeschäftigung in einem anderen Bereich ist denkbar.
Ihr könnt da ruhig kreativ sein, bevor da jemand seinen Arbeitsplatz verliert.