Erstellt am 17.05.2022 um 08:46 Uhr von Kjarrigan
Protokolle, Niederschriften, Beschlüße etc werden eigentlich nur noch im Streitfall benötigt, wenn ein Richter die Formvorschriften prüft.
Von daher seid ihr natürlich trotzdem voll Handlungsfähig.
Erstellt am 17.05.2022 um 08:57 Uhr von Muschelschubser
Das BetrVG enthält meiner Meinung nach keine Regelungen zur Aufbewahrung von Betriebsratsunterlagen.
Es gibt lediglich eine Bestimmung nach §19 WO, wonach Wahlakten bis zum Ende der Periode aufzubewahren sind. Das ist hier aber irrelevant, könnte aber evtl. als Richtschnur gesehen werden. Andere wiederum richten sich nach §257 HGB und bewahren Unterlagen 10 Jahre lang auf, aber auch das dürfte keine rechtliche Relevanz für den BR haben.
Ich würde das vorrangig auf die Art der Dokumente abstellen.
Insofern spricht sicherlich nichts dagegen, sich von Protokollen zu trennen, deren Beschlüsse endgültig sind und nicht mehr auf der Agenda auftauchen. Das dürfte in den meisten Fällen zutreffen. Personenbezogene Unterlagen, z.B. Kopien von Bewerbungsunterlagen, vernichten wir z.B. sofort nach erfolgtem Beschluss.
Vorsichtig wäre ich nur mit gültigen Betriebsvereinbarungen oder Protokollen, die noch offene Entscheidungen bzw. laufende Debatten beinhalten, wo noch Beschlüsse ausstehen.
Beschlüsse über z.B. noch nicht durchgeführte Lehrgänge würde ich ebenfalls aufbewahren, falls es zu Diskussionen über die Kostenübernahme kommen sollte.
Alles andere wäre m.E. verzichtbar.
Aber ist es wirklich zweckmäßig, alles zu durchforsten um zu schauen was man noch brauchen könnte? Ich persönlich würde auch mindestens noch die letzte Periode behalten.
(Übrigens sollte man in dem Zusammenhang den neu gefassten §79a BetrVG beachten, der den BR zur Einhaltung des BDSG verpflichtet).
Viel relevanter und auch problematischer finde ich die Art und Weise der Vernichtung der Unterlagen.
Als BRV würde ich die Unterlagen keinesfalls im Alleingang vernichten. In dem Falle ja eigentlich noch schlimmer, da sie ja nur noch einfaches BRM ist.
Nehmen wir mal an, es werden wirklich wichtige Unterlagen vernichtet, die weitere Beschlüsse unmöglich machen. Dann muss man sich im Extremfall sogar mit §119 Abs. 2 BetrVG beschäftigen. Dieser wäre nämlich auch bei einer Störung der Betriebsratsarbeit aus den eigenen Reihen heraus anzuwenden und geht in die persönliche Haftung.
(Übrigens: vor einigen Tagen ist hier schon für deutlich weniger Probleme über einen Ausschluss gem. §23 Abs. 1 BetrVG diskutiert worden.)
Eine Diskussion im Gremium mit Beschluss wäre somit definitiv die sauberere Herangehensweise, und wenn die Mehrheit dann z.B. für 10 Jahre Aufbewahrung wäre, dann wäre das halt so.
Letztendlich ist das Kind hier eh in den Brunnen gefallen. Die Akten sind futsch und das BRM scheidet in absehbarer Zeit ohnehin aus.
Handlungsunfähig seid Ihr dadurch aber mitnichten!
Es kommen neue Themen auf die Agenda, für die die alten Beschlüsse i.d.R. nicht relevant sind. Man könnte es sogar positiv sehen - Ihr als junges Gremium erhaltet die Chance, auf neue personelle Einzelmaßnahmen einen unvoreingenommenen Blick zu werfen und kommt nicht in die Verlegenheit zu fragen: wir hat der BR so etwas früher gesehen?
Sorry für den langen Beitrag, das meiste davon ist ja für Euch nicht mehr relevant.
Aber vielleicht helfen diese Ausführungen zumindest, in Zukunft die Aufbewahrung und Vernichtung der Unterlagen adäquat zu regeln.
Erstellt am 17.05.2022 um 09:00 Uhr von Thomas63
Und als Tipp: Verbessert euer Internes Miteinander. Wenn jemand lange BRV war und dieses Jahr geht kann man den Übergang sicherlich einvernehmlicher Regeln bevor solche Kurzschlusshandlugen passieren. Eure langjährige BRV scheint das Gefühl zu haben das Ihr sie kurz vor der ATZ weggekickt habt.
Ansonsten habe ich meinen Vorrednern nichts hinzuzufügen
Erstellt am 17.05.2022 um 09:15 Uhr von Relfe
@Muschelschubser
schon mal was von DSGVO gehört ?
Deine Tipps sind doch gegen das Gesetz und bringen den BRV in Probleme, einige Gerichte nehmen den BR in Verantwortung, andere noch nicht. Aber da der AG keinen Einblick in BR Unterlagen hat, wird sich die Rechtsprechung dazu ergeben, mMn wird der BR mehr in die Verantwortung genommen
https://www.datenschutz-notizen.de/der-betriebsrat-dem-datenschutz-verpflichtetirgendwie-5029948/
Dies bedeutet in der Praxis unter anderem, dass der Betriebsrat
die in Artikel 5 Absatz 1 DS-GVO genannten Grundsätze für die Verarbeitung personenbezogener Daten, für deren Einhaltung der Verantwortliche zuständig ist, im Rahmen seiner Betriebsratstätigkeit zu beachten hat. Beispielhaft sind hier die Beachtung des Grundsatzes der Datenminimierung (Datensparsamkeit) sowie des Vertraulichkeitsgrundsatzes zu nennen,
dem Verantwortlichen die für die Durchführung von Datenschutz-Folgenabschätzungen erforderlichen Informationen zuliefern muss,
die geeigneten technisch-organisatorischen Maßnahmen wie zum Beispiel zur Wahrung der Datensicherheit bei der Datenverarbeitung und zur Löschung von Betriebsratsunterlagen umzusetzen hat und
dem Verantwortlichen unverzüglich Datenpannen nach Artikel 33 DS-GVO aus dem Geschäftsbereich des Betriebsrats zu melden hat.
@Löwe95
alleine aus Datenschutzvorschriften sind schon alle Daten zu löschen, die keine "Wirkung" mehr haben bzw. die der BR nicht mehr als Information für Entscheidungen benötigt.
Das heißt z.B. Protokolle zu Anhörung nach §102 BetrVG sind z.B. nach 4 Wochen zu löschen, wenn keine Kündigungsschutzklage erhoben wurde, weil sie keine Wirkung mehr erzielen mit dem enthaltenen Beschluss (so als Beispiel mal, wenn man die DSGVO streng auslegt)
Und somit sind auch alle Protokolle, Sozialdaten etc. zu löschen in den persönliche Daten aufgeführt sind, das betrifft auch Namen von BRM.
soweit eurer BRV nicht Unterlagen gelöscht hat die noch Wirkung entfalten, hat er nur die DSGVO korrekt umgesetzt.
Ich selber verfahre auch so, wobei ich allerindgs die Unterlagen der letzten 6 Monate noch übergebe, mit dem Hinweis auf die DSGVO.
Erstellt am 17.05.2022 um 11:08 Uhr von Muschelschubser
@Relfe
Das eigentliche Problem hast Du ja bereits angesprochen:
Die Frage ist, wer schlussendlich für die Einhaltung der Datenschutzbestimmung verantwortlich ist. Der BR? Oder doch der Betrieb, der ja auch die Infrastruktur verantwortet und dem auch der Datenschutzbeauftragte unterstellt ist? Wer haftet bei Datenschutzverstößen?
Wenn der BR tatsächlich die juristisch verantwortliche Stelle wäre, müsste er ja auch von jedem Beschäftigten eine Einwilligung zur Verarbeitung der Daten nach DSGVO einholen. Beschäftigte hätten dann regelmäßig einen Auskunftsanspruch, der BR müsste ein eigenes, rechtskonformes Konzept zur Datenlöschung entwickeln - und ab einer bestimmten Größe bräuchte er sogar einen eigenen Datenschutzbeauftragten.
Macht das bei hier irgend jemand?
Ich denke nicht.
Ansonsten ist es richtig - der BR muss sich unabhängig von der Verantwortlichkeit an die Regelungen halten.
Man müsste streng genommen nach jedem Beschluss sämtliche Protokolle vernichten, da der bloße Name des beteiligten Beschäftigten eigentlich schon zu den personenbezogenen Daten nach Art. 4 DSGVO gehört.
Das beißt sich aber mit der mit der Maßgabe, die Protokolle nach §34 BetrVG aus Beweisgründen zumindest für die laufende Amtszeit aufzubewahren - und diese Tür ist m.E. durch Art. 5, Abs. 1 (c) und (e) DSGVO geöffnet. Immer unter der Prämisse: so viel speichern wie nötig, so wenig speichern wie möglich.
Man kommt also nicht drum herum, Daten zu speichern, in denen zumindest die Namen und fallweise Daten wie z.B. Eingruppierungen gespeichert werden.
Dies machen wir auch in Form der Protokolle. Dateien sind dabei passwortgeschützt, Datenbanken mit entsprechenden Zugriffsrechten ausgestattet und papierhafte Ablage stets verschlossen.
Unterlagen, in denen personenbezogene Daten über dieses Maß hinausgehen (z.B. Fehlzeiten, Gehaltslisten, Bewerbungsunterlagen, sonstiger Schriftverkehr) wird konsequent unmittelbar nach erfolgtem Beschluss vernichtet.
Wenn man das nun auch für die Niederschriften sofort machen soll, dann frage ich mich tatsächlich wie der BR zumindest für die laufende Periode angemessen und vor allem rechtssicher arbeiten soll. Auch kann man ja in einem Schriftstück keine abgeschlossenen Einzelmaßnahmen von noch offenen Entscheidungen abgrenzen.
Ich denke daher unterm Strich, dass zumindest eine Aufbewahrung der Niederschriften für die Vergangene Periode aus aus beweistechnischen Gründen durchaus legitim ist.
In der Praxis stellt sich dann ja noch die Frage, welche Prüfinstanz überhaupt Zugriff auf die BR-Unterlagen hätte? Selbst beim Datenschutzbeauftragten scheiden sich hier die Geister.
Erstellt am 17.05.2022 um 11:10 Uhr von R.Staunlich
Was für Konstellationen muss ich mir denn vorstellen, bei denen das "Nehmen wir mal an, es werden wirklich wichtige Unterlagen vernichtet, die weitere Beschlüsse unmöglich machen." eintreten könnte? Mir fehlt da die Phantasie.
Erstellt am 17.05.2022 um 11:14 Uhr von celestro
"dann frage ich mich tatsächlich wie der BR zumindest für die laufende Periode angemessen und vor allem rechtssicher arbeiten soll."
Ich frage mich eher, wo Du in Gedanken unterwegs bist. Du stellst selbst auf:
"Das beißt sich aber mit der mit der Maßgabe, die Protokolle nach §34 BetrVG aus Beweisgründen zumindest für die laufende Amtszeit aufzubewahren - und diese Tür ist m.E. durch Art. 5, Abs. 1 (c) und (e) DSGVO geöffnet. Immer unter der Prämisse: so viel speichern wie nötig, so wenig speichern wie möglich."
ab und willst dann doch länger speichern? Sinn?
"Eure langjährige BRV scheint das Gefühl zu haben das Ihr sie kurz vor der ATZ weggekickt habt."
Ich glaube eher, das hier jemand ein bißchen viel Phantasie hat.
Erstellt am 17.05.2022 um 11:19 Uhr von Muschelschubser
@R. Staunlich
Manchmal geht es einfach nur darum, in vergleichbaren Fällen einheitliche Beschlüsse zu fassen. Umgruppierungen bei gleicher Stellenbeschreibung, Reaktion des BR auf Versetzung... solche Themen können sich z.B. bei Umstrukturierungen mal häufen, da wäre es peinlich wenn man als BR keine einheitliche Linie fährt.
Aber ob man dafür immer in alten Protokollen wühlen muss, sei mal dahingestellt.
Ich finde, dass sich die Notwendigkeit einer Aufbewahrung zumindest für eine Periode aus Beweisgründen anbietet und dass das auch mit der DSGVO vereinbar wäre. Aber das hatte ich ja oben schonmal ausgeführt.
Erstellt am 17.05.2022 um 11:30 Uhr von celestro
"Ich finde, dass sich die Notwendigkeit einer Aufbewahrung zumindest für eine Periode aus Beweisgründen anbietet und dass das auch mit der DSGVO vereinbar wäre. Aber das hatte ich ja oben schonmal ausgeführt."
Was willst Du denn z.B. 4 Wochen nach einer erfolgten Einstellung noch beweisen? Ich halte es allerdings auch für sinnvoll, die Niederschriften zumindest für die Legislaturperiode aufzubewahren. Sonst könnte man sich das Erstellen selbiger ja mehr oder weniger auch komplett schenken (bzw. auf reine Beschluss"protokolle" beschränken).
Erstellt am 17.05.2022 um 11:40 Uhr von Relfe
@Muschelschubser
woher die Annahme nach §34 muss man Unterlagen für die gesamte Amtsperiode aufbewahren? ich lese das nirgendwo.
Was ich aber lese in der DSGVO: Daten sparsamkeit und besinders schützenswerte Daten sind unverzüglich zu löschen, wenn sie nicht mehr benötigt werden.
Und Beschlüsse muss ich nur solange nachweisen, wie sie eine "Wirkung" haben oder angefochten werden können. Daraus ergibt sich, das die Unterlagen vernichtet werden könn und tlw. sogar müssen, wenn die Einspruchsfrist (bei z.B. Kündigungen) oder die Wirkung des Beschlusses abgelaufen ist.
Da bleiben dann noch die BV´n über, die meist langfristige Wirkung haben.
Eine BV zur Zahlung einer Coronaprämie kann man getrost auch vernichten, weil sie keine Wirkung mehr entfalteten kann seit 31.03.2022 und ist somit gem Datensparsamkeit zu löschen.
Zitat: "Ich finde, dass sich die Notwendigkeit einer Aufbewahrung zumindest für eine Periode aus Beweisgründen anbietet und dass das auch mit der DSGVO vereinbar wäre."
NEIN, ist es nicht, wie oben ebenfalls schon ausgeführt.
Zitat: "Wenn der BR tatsächlich die juristisch verantwortliche Stelle wäre, müsste er ja auch von jedem Beschäftigten eine Einwilligung zur Verarbeitung der Daten nach DSGVO einholen. Beschäftigte hätten dann regelmäßig einen Auskunftsanspruch, der BR müsste ein eigenes, rechtskonformes Konzept zur Datenlöschung entwickeln - und ab einer bestimmten Größe bräuchte er sogar einen eigenen Datenschutzbeauftragten. "
--> lese doch mal die DSGVO und die Ausführungen zum BR dazu, dann wirst Du erkennen, das natürlich der BR die DSGVO umsetzen muss und selbstverständlich nur die MA fragen muss, wenn es um Daten geht die er nicht per Gesetz zur Ausübung seiner Aufgaben verarbeiten muss
@Muschelschubser
deine Meinungen und Ansichten sind leider in einigen Fällen nicht mit den geltenden Gesetzen zu vereinbaren, auch wenn es Dir evt nicht gefällt, die DSGVO ist eindeutig.
Erstellt am 17.05.2022 um 11:51 Uhr von Muschelschubser
@Relfe
Und wie geht Ihr mit Niederschriften um, bzw. wann vernichtet Ihr sie?
Erstellt am 17.05.2022 um 11:57 Uhr von Relfe
wie ich schrieb:
ich lasse die letzten 6 Monate stehen und alle älteren Daten werden gelöscht, wenn sie keine "Wirkung" mehr haben.
der Einfachheit halber immer am Monatsanfang einen Termin dafür gesetzt.
Damit bleiben nicht viel Daten gespeichert, aber alle Fristen werden beachtet.
Von den langfristigen BV´n bewahren wir alles auf an Beschlüssen, solange die wirksam sind, das kann dann auch 10 Jahre sein. Aber das wäre dann gem DSGVO auch ok, weil das ja Daten sind um die Rechtmässigkeit der BV nachzuweisen.
Erstellt am 17.05.2022 um 12:38 Uhr von Muschelschubser
@Relfe
Respekt. Vermutlich machen das die wenigsten so.
Ich habe übrigens gerade Seminarunterlagen von Schwegler als .pdf gefunden.
Natürlich wird hier auch auf den Grundsatz der Datenminimierung verwiesen. Und dass Unterlagen nur so lange aufbewahrt werden dürfen, wie sie eine rechtliche Relevanz haben bzw. zu vernichten sind, wenn die entsprechende Maßnahme abgeschlossen ist.
Die einzige juristisch schnell überprüfbare Ausnahme besteht tatsächlich in den Wahlunterlagen, die bis zum Ende der Periode aufzubewahren sind.
Zu den zu vernichtenden Unterlagen zählen lt. Präsentation z.B. Gesprächsnotizen, Mails, Briefe und sämtliche vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellte Unterlagen.
Interessant ist übrigens an der Stelle die Aussage, dass die DSGVO grundsätzlich gegenüber über dem BetrVG vorrangig ist.
Aber:
Es gibt auch eine Positionierung von Aufsichtsbehörden (leider nicht genauer benannt) im Hinblick auf Sitzungsprotokolle mit personenbezogenen Daten. Empfohlen wird die Festlegung von Löschfristen:
- Löschung von Akten nach Abschluss jedes beteiligungspflichtigen Vorgangs
- Löschung von Protokollen mit personenbezogenen Daten: nach Abschluss der Amtsperiode, spätestens nach Ablauf der darauf folgenden Amtsperiode
Leider fehlt mir in den Schulungsunterlagen auf vielen Folien der Verweis auf Gesetze oder Urteile, so dass weiterhin ein riesiger Nährboden für Debatten übrig bleibt.
Jedenfalls führte das bisher geschriebene in der Summe auch zu unserer bisherigen Vorgehensweise:
- Niederschriften mind. eine Periode sicher verwahren
- alles weitere sofort nach Beschluss vernichten
Aber immerhin hast Du es geschafft, dass ich das ganze mal mit in eine der nächsten BR-Sitzungen nehme. Dort sitzt im übrigen auch der Datenschutzbeauftragte, der eigentlich ein sehr breites Wissen und einen sehr breiten Erfahrungsschatz hat.
Erstellt am 17.05.2022 um 12:47 Uhr von Relfe
@Muschelschubser
es geht doch im Kern um folgendes:
Man kennt die Rechtslage und handelt bewusst. Ob man dann rechtskonform oder nicht-rechtskonform handelt ist dann eine persönliche bewußte Entscheidung.
Aber anderen Empfehlungen zu geben, sich nicht-Rechtskomform zu verhalten ohne auch die Rechtslage hinzuweisen, halte ich für "unschön"
Diejenigen geraten dann ggf. unwissend in Schwierigkeiten.
Ansonste kannst Du gerne für Dich oder das Gremium für sich entscheiden, die Unterlagen 100 Jahre aufzubewahren, aber bitte mit dem Wissen das es nicht DSGVO komfrom ist.
Man will ja wissen, warum man verhaftet werden wird :-)
Erstellt am 17.05.2022 um 12:58 Uhr von Muschelschubser
Die Schwierigkeit besteht ja nicht darin, DSGVO-konform zu handeln. Mit diesem Tunnelblick ist es ja nicht wirklich getan.
Die Schwierigkeit besteht darin, die DSGVO neben BDSG, BetrVG, HGB, BGB und diversen BAG-Urteilen richtig einzuordnen. Und in diesem Wust an Bestimmungen hat man immer noch nicht beurteilt, inwiefern bestimmte Beschlüsse im Nachhinein noch eine Relevanz haben könnten.
Natürlich kann man das aus Schutz vor Datenschutzverstößen so machen dass man pauschal alles löscht, aber genau so legitim ist die Frage nach den Risiken bzw. ob einen ein solcher Beschluss im Einzelfall nochmal einholen kann. Denn genau dann wäre die weitere Aufbewahrung eines Protokolls auch durch die DSGVO gedeckt.
Desweiteren gibt es unterschiedliche Deutungen schwammig formulierter Regelungen, die zu kontroversen Diskussionen bis hin zu gegensätzlichen Urteilen geführt haben.
Mal völlig abgesehen davon, dass nie die Rede von 100-jähriger oder unbegrenzter Aufbewahrung war, sondern es stets nur um die vergangene Amtszeit ging. Und hier habe ich durchaus angeführt, woraus man die Sinnhaftigkeit herleiten kann.
Die Beurteilung, ob ich nun hier völlig rechtswidrige Tips gebe, hätte ich mir eher verkniffen, wenn man bedenkt dass sich nicht einmal die Richter des BAG in einigen Streitfragen einig waren.
Aber es ehrt Dich, dass Du Deine Ansichten so selbstbewusst vertrittst. Beste Voraussetzung für ein Betriebsrats-Mandat.
Erstellt am 17.05.2022 um 13:07 Uhr von Muschelschubser
Im übrigen dröhnt Löwe95 bestimmt schon der Kopf.
Es ging ja eigentlich primär darum, ob die eigenmächtige Löschung in Ordnung war ;-)
Erstellt am 17.05.2022 um 14:39 Uhr von Dummerhund
Vielleicht hilft euch das weiter:
https://www.weka.de/betriebsrat-personalrat/wann-sie-mitarbeiterdaten-weitergeben-duerfen/
Erstellt am 17.05.2022 um 14:42 Uhr von Relfe
@Löwe
"Es ging ja eigentlich primär darum, ob die eigenmächtige Löschung in Ordnung war ;-)"
--> Ja
Erstellt am 17.05.2022 um 14:48 Uhr von celestro
"Die einzige juristisch schnell überprüfbare Ausnahme besteht tatsächlich in den Wahlunterlagen, die bis zum Ende der Periode aufzubewahren sind."
Ist keine Ausnahme. Denn Du schreibst ja selbst:
"dass Unterlagen nur so lange aufbewahrt werden dürfen, wie sie eine rechtliche Relevanz haben"
und die Relevanz ist ja für die gesamte Periode gegeben. ;-)))
Erstellt am 17.05.2022 um 15:04 Uhr von §§reiter
@ Relfe:
Mein Datenschutzbeauftragter hat da etwas anders argumentiert:
Eine Einstellung kann nur mit Zustimmung des BR erfolgen und dass diese (rechtlich notwendige) Zustimmung auch tatsächlich erfolgt ist, lässt sich im nachhinein nur anhand der entsprechenden Sitzungsniederschrift rechtssicher beweisen. Daher ist diese Sitzungsniederschrift relevant (und entsprechend aufzubewahren), solange das Arbeitsverhältnis besteht.
Ich bin geneigt das auch so zu sehen, denn während einem bestehenden Arbeitsverhältnis, den Beweis für das rechtlich korrekte Zustandekommen diese Arbeitsverhältnisses zu vernichten, ist wohl eher nicht im Sinne der DSGVO.
Erstellt am 17.05.2022 um 15:10 Uhr von celestro
Man könnte Beschlussprotokolle führen und diese quasi anstelle der ganzen Niederschrift aufbewahren. Sofern die Niederschriften nicht sowieso nur aus Beschlüssen bestehen.
Erstellt am 17.05.2022 um 15:17 Uhr von Muschelschubser
@Dummerhund
Vielen Dank.
Hier nochmal ein Auszug daraus, damit nicht jeder selbst scrollen muss:
4. Speicherbegrenzung: Gemeint ist damit die Dauer, auf die Sie als Betriebsrat Daten von Kollegen speichern dürfen, und zwar:
- nur so lange, wie das für die Zwecke der Datenverarbeitung erforderlich ist; danach müssen Sie die Daten entweder löschen oder so verändern, dass ein Bezug zu einem bestimmten Arbeitnehmer nicht mehr ersichtlich ist.
- Sitzungsniederschriften gemäß § 34 BetrVG allein schon aus Beweiszwecken wenigstens bis zum Ende der Amtszeit, in Einzelfällen möglicherweise länger; ansonsten gibt es dazu keine ausdrückliche Regelung. Faustregel: Eine Aufbewahrung ist erlaubt, bis die Daten ihre rechtliche Bedeutung verlieren.
- Beschäftigtendaten nur so lange, wie das für die Ausübung der Mitbestimmung nötig ist, nach Abschluss des Mitbestimmungsverfahrens Daten löschen oder die überlassenen Unterlagen dem Arbeitgeber zurückgeben; Sie sollten in Ihrer Geschäftsordnung regeln, wie Sie das durch technische und organisatorische Maßnahmen sicherstellen wollen.
- Keine ständige, nicht erforderliche Datenaufbewahrung; die wäre nicht erlaubt. Ihr Betriebsrats-Büro sollte deshalb über einen Reißwolf mit mindestens Sicherheitsstufe 4 der DIN 66399 verfügen.
Zu den Sitzungsniederschriften gibt es natürlich Spielraum zur Deutung.
Ich bin gespannt, was unser Datenschutzbeauftragter dazu sagt. :-)
Erstellt am 17.05.2022 um 15:20 Uhr von Relfe
@§§reiter
einer Einstellung ist innerhalb 1 Woche zu widersprechen, wenn das gemacht wurde ist das Protokoll doch noch relevant, wobei dann der Vorgang ja weiter verfolgt werden wird.
wird innerhalb einer Woche nicht widersprochen, ist der Vorgang durch Fristabluaf erledigt und das Protokoll könnte zu diesem Punkt gelöscht werden, weil es keine Wirkung mehr erzielt.
Wofür müsste der BR nach z.B. 2 Jahren die Rechtmäßigkeit der Einstellung nachweisen?
Bei ungerechtfertigter Einstellung muss doch der BR tätig werden, wenn er davon Kenntnis bekommt und das kann ja nur der zum Zeitpunkt der Einstellung amtierende sein. Der nachfolgende BR muss die Einstellung nicht genehmigen und kann sie auch nicht heilen.
Wer sollte also eine Einstellung auf Zulässigkeit überprüfen lassen, wenn nicht der zum Zeitpunkt der Einstellung amtierende BR?
Dein Beispiel kann ich nicht nachvollziehen, weil es mMn keine Fall geben wird, wo man bei Einstellungen die Protokolle länger als 6 Mon benötigt.
Und bei einer Einstellung ohne BR-Anhörung gibt es auch keinen Protokolleintrag den man aufbewahren könnte.
Erstellt am 17.05.2022 um 15:34 Uhr von §§reiter
@Relfe:
Wenn Du jetzt nicht in einer kleinen Klitsche arbeitest, sondern in einem Unternehmen mit über 5000 MA und Dich bei einem davon irgendwann fragst: Wurde uns der überhaupt zur Zustimmung vorgelegt?
Erstellt am 17.05.2022 um 17:45 Uhr von Relfe
ich arbeite in einer kleinen Klitsche und auch wenn ich in einer großen Klitsche arbeiten würde: wenn es nicht vorgelegt wurde, dann gibt es kein Protokoll in dem etwas zu dem Vorgang stehen könnte.
Muss nicht der AG den Nachweis bringen, das er die Anhörung an den BR gestellt hat?
Er ist laut BetrVG verpflichtet den BR anzuhören, also muss er auch den Nachweis führen das er gefragt hat. Wenn er den Nachweis bringen kann, ist er "safe"
Wenn nicht, hat er den BR nicht angehört.
Wenn der BR der Einstellung wiedersprochen hat, dann wird der BR den Vorgang weiterverfolgt haben.
Wenn man jetzt die Unterlagen nur deshalb speichert, um ggf. mal "nachschauen" zu können weil man den AG nicht fragen will, dann widerspricht das genau dem Ziel der "Datenminimierung".
Bei einem WIderspruch wäre ggf. der BR in der Nachweispflicht, da könnte ich dem Gedankengang folgen.
Bei einer Einstellung ist der AG in der Nachweispflicht, da kann ich dem nicht folgen
Erstellt am 17.05.2022 um 17:57 Uhr von Dummerhund
@Relfe
Ich denke du verrennst dich ein bisschen.
https://www.betriebsrat.de/betriebsratslexikon/br/aufbewahrungspflicht
Erstellt am 17.05.2022 um 18:13 Uhr von Muschelschubser
In dem Zusammenhang auch interessant:
https://www.poko.de/Betriebsrat/Betriebsrat-Know-How/Nuetzliche-Tipps-fuer-Ihre-Betriebsratsarbeit/Wichtiges-zur-Protokollfuehrung-des-Betriebsrats
Dazu ist zu sagen, dass nicht nur Beschlüsse zu Einstellungen gefasst werden, denn hierauf scheinen wir uns ja gerade einzuschießen.
Damit wären wir bei folgendem Punkt, der eine schnelle Überprüfbarkeit gefasster Beschlüsse sehr sinnvoll erscheinen lässt:
https://www.felser.de/blog/betriebsratsbeschluss-anfechten-kommt-in-mode/