§ 44 Zeitpunkt und Verdienstausfall
(1) Die in den §§ 14a, 17 und 43 Abs. 1 bezeichneten und die auf Wunsch des Arbeitgebers einberufenen Versammlungen finden während der Arbeitszeit statt, soweit nicht die Eigenart des Betriebs eine andere Regelung zwingend erfordert. Die Zeit der Teilnahme an diesen Versammlungen einschließlich der zusätzlichen Wegezeiten ist den Arbeitnehmern wie Arbeitszeit zu vergüten. Dies gilt auch dann, wenn die Versammlungen wegen der Eigenart des Betriebs außerhalb der Arbeitszeit stattfinden; Fahrkosten, die den Arbeitnehmern durch die Teilnahme an diesen Versammlungen entstehen, sind vom Arbeitgeber zu erstatten.
(2) Sonstige Betriebs- oder Abteilungsversammlungen finden außerhalb der Arbeitszeit statt. Hiervon kann im Einvernehmen mit dem Arbeitgeber abgewichen werden; im Einvernehmen mit dem Arbeitgeber während der Arbeitszeit durchgeführte Versammlungen berechtigen den Arbeitgeber nicht, das Arbeitsentgelt der Arbeitnehmer zu mindern.
Also, grundsätzlich finden diese Regel-Betriebsversammlungen während der Arbeitszeit statt und der AG muss ggf. den Betrieb/Geschäft schließen. Siehe so auch stets bei der Post, da sind dann die Postämter alle 1/2 Tag geschlossen.
DKK
zu § 44
2. Entgeltfortzahlung, zusätzliche Wegezeiten, Fahrkosten
13 Die in Abs. 1 angeführten Versammlungen sind den AN »wie Arbeitszeit« zu vergüten. Der Anspruch auf Fortzahlung des Arbeitsentgelts ist somit nicht auf die Zeit begrenzt, in der die Betriebs- oder Abteilungsversammlung während der persönlichen Arbeitszeit der betreffenden AN stattfindet. Das gilt auch, wenn AN nur geringfügig oder nur zu bestimmten Zeiten tätig sind, wie beispielsweise Teilzeitbeschäftigte oder AN mit kapazitätsorientierter variabler Arbeitszeit. Geht eine Versammlung über das Ende der persönlichen Arbeitszeit hinaus, ist der AG zur Entgeltfortzahlung auch für diese Zeit der Teilnahme verpflichtet. Entsprechendes gilt, wenn die Versammlung wegen der Eigenart des Betriebs außerhalb der Arbeitszeit stattfindet. Abs. 1 Sätze 2 und 3 enthält eine eigenständige, in sich abgeschlossene Regelung der Vergütung für die Zeiten, an denen AN an Betriebsversammlungen teilnehmen. Es handelt sich dabei um Vergütungsansprüche eigener Art und nicht etwa um Ansprüche auf Lohnersatz. Die AN haben für die Zeit der Teilnahme an Betriebsversammlungen in jedem Fall einen Anspruch auf Vergütung, unabhängig davon, ob sie Lohnansprüche erworben hätten, wenn sie nicht an der Betriebsversammlung teilgenommen hätten (BAG 5. 5. 87, AP Nr. 4 zu § 44 BetrVG 1972). Dieser Vergütungsanspruch besteht deshalb auch für AN, die während des Erholungsurlaubs (BAG 5. 5. 87, AP Nr. 5 zu § 44 BetrVG 1972), während des Erziehungsurlaubs (BAG 31. 5. 89, DB 90, 793), während Kurzarbeitszeiten (BAG 5. 5. 87, AP Nr. 6 zu § 44 BetrVG 1972) oder während der Beteiligung an einem Arbeitskampf (BAG 5. 5. 87, AP Nr. 4 zu § 44 BetrVG 1972) an einer Betriebsversammlung teilnehmen.
14 Für die gesamte Zeit der Teilnahme an Betriebsversammlungen, darüber hinaus aber auch für die zusätzlichen Wegezeiten (Rn. 17) ist den AN das individuelle Arbeitsentgelt weiterzuzahlen. Nimmt daher ein im Akkord stehender AN an der Betriebs- oder Abteilungsversammlung teil, erhält er den Durchschnitt des zuletzt erzielten Akkordlohnes (BAG 29. 3. 60, AP Nr. 11 zu § 1 FeiertagslohnzahlungsG; LAG Düsseldorf 11. 12. 72, BB 73, 1395). Auch besondere Zuschläge, wie z. B. Schmutzzulagen oder Erschwerniszulagen, die bei einer Arbeitsleistung gezahlt worden wären, sind fortzuzahlen (LAG Düsseldorf 16. 1. 78, AuR 79, 27). Entsprechendes gilt für Sonn- und Feiertagszuschläge, sofern eine Versammlung nach Abs. 1 an einem Sonn- oder Feiertag durchgeführt wird (Fitting, Rn. 31; vgl. aber BAG 1. 10. 74, AP Nr. 2 zu § 44 BetrVG 1972, das den AN, für die die Versammlung in die Freizeit fällt, keinen Anspruch auf sog. zeitabhängige Lohnzuschläge wie Sonn- und Feiertagszuschläge zuerkennt).
15 Da die Zeiten der Teilnahme an der Versammlung (und die zusätzlichen Wegezeiten) wie Arbeitszeit zu vergüten sind, müssen diese Zeiten einer schon erbrachten oder noch zu erbringenden tatsächlichen Arbeitszeit hinzugerechnet werden. Dadurch kann für diese Zeiten ein Anspruch auf Mehrarbeitsvergütung entstehen (a. A. BAG 18. 9. 73, AP Nr. 1 zu § 44 BetrVG 1972; LAG Düsseldorf 18. 12. 72, DB 73, 386; Fitting, Rn. 33; GK-Weber, Rn. 33; Richardi-Annuß, Rn. 38). Aber auch dann, wenn man diese Auffassung nicht teilt, steht jedenfalls denjenigen AN ein Anspruch auf Mehrarbeitszuschlag zu, die normalerweise während der Zeit der Betriebsversammlung Mehrarbeit geleistet hätten (BAG 18. 9. 73, a. a. O.; Fitting, a. a. O.; HSWG, Rn. 31; a. A. GK-Weber, Rn. 42; Richardi-Annuß, a. a. O.).
16 Die Entgeltzahlungspflicht des AG für die Zeit der Teilnahme an der Versammlung entfällt grundsätzlich auch dann nicht, wenn in der Versammlung Themen mit behandelt werden, die an sich nicht zum Themenkreis nach § 45 gehören (vgl. im Übrigen Rn. 22 und § 45 Rn. 17 ff.).
17 Zusätzliche Wegezeiten, die AN aufbringen müssen, um an einer Betriebs- bzw. Abteilungsversammlung teilzunehmen, sind ebenfalls wie Arbeitszeit zu vergüten. Es ist dabei auf den einzelnen AN abzustellen (Fitting, Rn. 36). Eine Vergütung zusätzlicher Wegezeiten wird daher vor allem in Betracht kommen, wenn die Versammlung für den betreffenden AN außerhalb der Arbeitszeit stattfindet und der AN zusätzliche Wegezeiten aufbringen muss oder die Versammlung außerhalb des Betriebs durchgeführt wird, so dass für den AN ggf. ein längerer Anreiseweg entsteht (Fitting, a. a. O., Richardi-Annuß, Rn. 36).
18 Die Vergütung für zusätzliche Wegezeiten gehört zum lohn- und sozialversicherungspflichtigen Arbeitseinkommen (Fitting, Rn. 38).
19 Entstehen den teilnehmenden AN zusätzliche Fahrkosten, sind diese vom AG ebenfalls zu erstatten. Nach dem Wortlaut der Regelung des Abs. 1 Satz 3 wird eine Fahrkostenerstattungspflicht ohnehin nur dann gegeben sein, wenn es sich um Versammlungen handelt, die wegen der Eigenart des Betriebs außerhalb der Arbeitszeit stattfinden. Auch in diesem Zusammenhang bedeutet »außerhalb der Arbeitszeit« die Zeit außerhalb der persönlichen Arbeitszeit des einzelnen AN (Fitting, Rn. 39; GL, Rn. 32).
20 Umstritten ist, ob zusätzliche Fahrkosten zur Teilnahme an einer Versammlung nach Abs. 1 zu erstatten sind, wenn die Versammlung während der Arbeitszeit stattfindet, jedoch außerhalb des Betriebs, oder bei einem weitverzweigten Betrieb an einem zentralen Ort. Richtigerweise ist in solchen Fällen davon auszugehen, dass die Erstattung zusätzlicher Fahrkosten zu erfolgen hat, da das Gesetz allgemein davon ausgeht, dass die AN durch die Inanspruchnahme betriebsverfassungsrechtlicher Rechte und Befugnisse keine finanziellen Nachteile erleiden sollen (wie hier grundsätzlich auch Fitting, Rn. 40; GK-Weber, Rn. 46; HSWG, Rn. 39; Richardi-Annuß, Rn. 41; a. A. GL, Rn. 33 ff.). Die Erstattung der Fahrkosten unterliegt nicht der Lohnsteuerpflicht, da es sich um einen Aufwendungsersatz handelt.
21 Nimmt ein AN, der nicht aus bestimmten Gründen, z. B. wegen Urlaub oder Krankheit, dem Betrieb ohnehin fernbleiben kann, nicht an einer Versammlung nach Abs. 1 teil, hat er seine Arbeitsleistung zu erbringen. Kann diese Arbeitsleistung wegen der stattfindenden Versammlung nicht erbracht werden, gerät der AG nicht in Annahmeverzug (GK-Weber, Rn. 65; Richardi-Annuß, Rn. 52; a. A. Fitting, Rn. 35).
22 Die Behandlung nicht auf der Tagesordnung stehender, jedoch zulässiger Themen (§ 45) lässt den Vergütungsanspruch der AN unberührt (Fitting, Rn. 34). Dies gilt ebenso, wenn unzulässige Themen behandelt werden und der AG nicht mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln dagegen eingeschritten ist (LAG Baden-Württemberg 17. 2. 87, DB 87, 1441; LAG Bremen 5. 3. 82, DB 82, 1573; ArbG Augsburg 2. 12. 86, AiB 89, 209; ArbG Göttingen 17. 11. 81, DB 82, 760; ArbG Solingen 16. 9. 86 – 2 Ca 584/86; a. A. BAG 23. 10. 91, DB 92, 689). Im Verhältnis zur Gesamtdauer einer Betriebsversammlung kurzzeitige Erörterungen unzulässiger Themen, z. B. im zeitlichen Umfang von 15 bis 30 Minuten, rechtfertigen ebenfalls keine Kürzung der Vergütung durch den AG (LAG Baden-Württemberg 25. 9. 91, AiB 92, 96, 98; LAG Düsseldorf 10. 3. 81, DB 81, 1729; Däubler, Das Arbeitsrecht 1, Rn. 820). Nach Auffassung des BAG entfällt der Vergütungsanspruch bei zu Unrecht außerhalb der Arbeitszeit einberufenen Betriebsversammlungen, wenn der AG der Einberufung vorher widersprochen hat (BAG 27. 11. 87, DB 88, 810). Dies soll auch bei zu Unrecht einberufenen weiteren Betriebsversammlungen gelten (BAG 23. 10. 91, a. a. O.). Macht ein hoher Ausländeranteil im Betrieb Übersetzungen durch einen Dolmetscher in der Betriebsversammlung erforderlich, haben alle Teilnehmer der Betriebsversammlung einen Vergütungsanspruch für die Gesamtdauer der Betriebsversammlung (ArbG Stuttgart 27. 2. 86, AiB 86, 168).
23 Durch BV kann eine pauschale Abgeltung der Zeit der Teilnahme an Betriebs- bzw. Abteilungsversammlungen, der zusätzlichen Wegezeiten und der Erstattung von Fahrkosten vorgesehen werden. Es kann jedoch ein sich ggf. nach dem Gesetz ergebender Anspruch auf höhere Vergütung oder Fahrkostenerstattung nicht ausgeschlossen werden.
Also alles klar?!?!?!
Hin und wieder hilft einfach ein Blick ins BetrVG. Es sollte gerade für BRM nicht nur eine Buchstütze sein, sie sollten es auch ganz einfach mal lesen.