Erstellt am 09.12.2011 um 11:44 Uhr von matzmo
Ich persönlich halte es immer für angebracht (je nachdem wie gut man mit dem AG reden kann) im Monatsgespräch das thema ansprechen. Wenn er strickt dagegen ist und euch das auch plausibel begründen kann, ist es gut. Ansonsten die BV, so wie ihr es vorhabt Kündigen. Dieses sollte (muss) schriftlich erfolgen. Ich würde eh alles schriftlich machen, damit man was in den Händen (Nachweispflicht) hat.
liebe Grüße und viel Glück.
Matzmo
Erstellt am 09.12.2011 um 13:09 Uhr von rkoch
Ich will hier mal ein großes Ausrufezeichen einwerfen!!!!!!!! Ich glaube ihr verrennt Euch!
> wir wollen dafür eine Eingruppierung - die wir nicht haben - oder ein Gehaltsgitter, was er strikt ablehnt
Und genau das werdet ihr (wenn Die Zeile da wortgenau stimmt) auch auf KEINEN Fall bekommen, auch nicht vor der Einigungsstelle!
Ich entnehme Deinem Vortrag das für Euch kein Tarifvertrag gilt, sondern der AG die Löhne einzelvertraglich vereinbart. Jetzt gibt es zwei Möglichkeiten:
1. Der AG legt die Löhne tatsächlich quasi willkürlich fest, d.h. jeder bekommt im Grunde unterschiedliches Einkommen (evtl. auch einzelne das selbe, aber ohne System),
Dann könnt ihr als BR nicht verlangen das er ein betriebliches, gruppenbasiertes Entgeltschema einführt. Das steht Euch nicht zu, das kann nur eine Gewerkschaft im Rahmen eines TV einführen! Also erledigt sich auch die Frage nach der Einführung eines Gehaltsgitters oder einer Eingruppierung.
2. Der AG wendet schon jetzt ein mehr oder weniger durchdachtes Gruppenschema an, d.h. die Lohne und Gehälter stehen in Form einer Tabelle fest und im Arbeitsvertrag wird auf einen dieser Tabellenwerte verwiesen.
Dann seid ihr immer noch nicht in der MB an dieser Tabelle irgendetwas zu verändern. Ihr könnt also weder neue Gruppen einführen noch die Werte der bestehenden Tabelle verändern. Ihr seid dann aber in der MB bezüglich der Regeln WELCHE Tätigkeiten zu einer Eingruppierung in die Tabelle führen. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.
Die Einführung einer bislang nicht existierenden Tabelle sowie die Neuzuordnung der AN in diese Tabelle würde voraussetzen, das der AG ALLE Arbeitsverträge entsprechend neu abschließt! Das ginge nur wenn ALLE AN dieser einzelvertraglichen Änderung zustimmen ODER im Rahmen einer Änderungskündigung an alle die nicht einverstanden sind.
Zur Erklärung: BV und TV gelten nach ihren rechtlichen Grundlagen UNMITTELBAR und ZWINGEND, hebeln also innerhalb gewisser Grenzen (Günstigkeitsprinzip) eine einzelvertragliche Bestimmung der Löhne aus. Eine BV kann aber nur Wirkung enrfalten, so weit sie zulässig ist, also in dem Fall nicht gegen den Tarifvorbehalt aus §77 (3) verstößt, und eine BV zu diesem Thema würde DEFINITIV dagegen verstoßen. Damit ist eine derartige Wirkung einer solchen BV ausgeschlossen! Nur ein TV könnte die gewünschte Wirkung erzielen, aber auch nur dann, wenn
- Tarifbindung besteht, d.h. die AN alle in der tarifschließenden Gewerkschaft sind ODER der AG die Arbeitsverträge aller nichtorganisierten AN entsprechend ändert (wobei wir wieder bei dem obigen Problem landen)
- die tariflich vereinbarten Gehälter HÖHER sind als die bisher vereinbarte Vezahlung oder eben auch wenn die Bezahlung aus dem Vertrag gelöscht wird und ein Verweis auf TV erfolgt (erneut das selbe Problem).
Also: Wenn Euer AG nicht will (oder genauer gesagt faktisch nicht KANN), dann geht in dieser Hinsicht nichts.
Bliebe die Frage was ihr überhaupt in der BV geregelt habt die ihr kündigen wollt.....
Erstellt am 09.12.2011 um 13:55 Uhr von petrus
@rkoch
3. Der AG wendet schon jetzt ein mehr oder weniger durchdachtes Gruppenschema an, das allerdings nirgends schriftlich festgelegt ist. Der AG legt die Löhne zwar einzelvertraglich fest, aber jeder AN einer bestimmten Gruppe bekommt im Grunde ein vergleichbares Einkommen (evtl. mit einzelnen Ausnahmen)
Nun verlangt der BR, das im Grunde vorhandene betriebliche, gruppenbasierte Entgeltschema in Form eines Gehaltsgitters auch offiziell einzuführen...
Und nun?
Erstellt am 09.12.2011 um 15:37 Uhr von rkoch
Tja, petrus, dann sind wir in einer Grauzone....
Jetzt bliebe also zu klären ob der AG das System GRUNDSÄTZLICH anwendet (die Ausnahmen bestätigen u.U. die Regel :-) ), sprich: Ob die Verträge dahingehend auszulegen wären das er mit der Nennung des Betrages aus der (nicht niedergeschriebenen aber anhand der Lohnzahlungen erkennbaren) Tabelle einen Tabellenbezug geschaffen hat.
Einsicht des BR in die Brutto-Lohn- und -Gehaltslisten als Indizaufnahme (wie viele haben gleiche Gehälter, ist daraus eine Abstufung, ein Schema erkennbar) -> So weit ein derartiges Schema im Wesentlichen existiert -> Beschlußverfahren zur Klärung ob der AG ein mitbestimmungspflichtiges Eingruppierungsschema anwendet (natürlich nur wenn der AG das nicht von selbst anerkennt).
Oder wie siehst Du das?
Erstellt am 09.12.2011 um 15:57 Uhr von waf-admin
An rkoch,
erst mal vielen Dank, dass ist gut verständlich, nun zu Deiner Frage: wir haben vor enem Jahr eine "BV-Mitarbeiterbeurteilung" abgeschlossen, die an Punkte gekoppelt eine Gehaltserhöhung von - vorgestern verkündet - 1, 8 Prozent bei einer Punktzahl von 20 Punkten beträgt. D.h. der einzelne Punkt ist 0,09% "wert", d.h. das macht bei einem Gehalt von 2.800,00 (haben wir mal als fiktive Zahl genommen) pro Punkt ca.2,50 € aus. Nun fragen wir uns, wo eigentlich noch der Anreiz bzw. ...
Erstellt am 09.12.2011 um 15:02 Uhr von erika
Erstellt am 09.12.2011 um 16:13 Uhr von gironimo
>Ihr seid dann aber in der MB bezüglich der Regeln WELCHE Tätigkeiten zu einer Eingruppierung in die Tabelle führen. Nicht mehr, aber auch nicht weniger<
Na - das wäre doch schon eine ganze Menge.
Aber hier geht es ja um ein Belohnungssystem im Zuge Mitarbeiterbeurteilung. Hier würde ich abgekoppelt von der Gesamtgehaltsfrage (und irgendwelchen Gittern), die Motivationsfrage mit dem AG diskutieren und wenn er hier über keine Besserung verhandeln will eine Kündigung der BV in Erwägung ziehen
Da kommt dann natürlich das Argument, dass der BR bei der Gesamthöhe des Prämienvolumens nicht mit im Boot ist, sondern nur bei den Verteilungsgrundsätzen - aber da ergeben sich in den Verhandlungen genügend wirkungsvolle Ansätze den AG zum Nachdenken zu bewegen......
PS: Die IG BCE hat vor Jahren einmal eine Broschüre herausgegeben, wie Entgeltgitter im AT bereich aussehen könnten. Vielleicht wendet Ihr Euch mal an die IG BCE. Die Broschüre kann bei Überlegungen dieser Art hilfreiche Ansatzpunkte liefern. Ich habe sie leider nicht mehr.
Erstellt am 09.12.2011 um 16:22 Uhr von petrus
Ich würde das Beschlussverfahren am Anfang weglassen und aufgrund der Indizien als BR feststellen, dass ein Eingruppierungsschema existiert, den ArbGeb zum Abschluss einer BV nach 87.1.10+11 auffordern, mit der das im Grunde vorhandene betriebliche, gruppenbasierte Entgeltschema in Form eines Gehaltsgitters auch offiziell eingeführt wird.
Eventuell kommt dann ein Beschlussverfahren ins Spiel, um den Weg nach 87.2 fortzusetzen. Eine _offensichtliche_ Unzuständigkeit dürfte aufgrund der Indizien nicht vorliegen. Ob die Indizien, Vertragsauslegungen, etc. ausreichen, entscheidet dann die E-Stelle im Zuge der Prüfung auf die _tatsächliche_ (Un-)Zuständigkeit.
Es hängt also an der möglichst klaren Erkennbarkeit eines bereits vorhandenen Schemas bei Einblick in die Lohnliste - also den berühmten Umständen des Einzelfalls.
Es könnte gut sein, dass sich ein BR gerade verrennt - aber dass sie "auf keinen Fall" ein Gehaltsschema erzwingen können, sehe ich eben auch nicht. Enorm schwer dürfte es auf jeden Fall werden...
Erstellt am 09.12.2011 um 16:22 Uhr von rkoch
@Erika
Bitte benutze den Knopf "neue Antwort" da unten um weiter hier mitzureden (anscheind hat ja der admin Deinen Neu aufgemachten Thread hier richtigerweise reinkopiert)
> wir haben vor enem Jahr eine "BV-Mitarbeiterbeurteilung" abgeschlossen
Die steht unabhängig von dem anderen von Euch gewünschten Regelungstatbestand. Insofern erzielt eine Kündigung dieser BV keine, schon gar nicht die gewünschte, Wirkung. Die BV geht in die Nachwirkung (bzgl dieser Leistungszulage) und so lange keine andere BV zum SELBEN Regelungstatbestand abgeschlossen würde, bliebe sie so stehen. Eine BV zu einer Eingruppierungsrichtlinie hätte diese Wirkung nicht, da ganz anderer Regelungstatbestand..... Insofern: Lasst die Finger davon...
> das macht bei einem Gehalt von 2.800,00 (haben wir mal als fiktive Zahl genommen)
> pro Punkt ca.2,50 € aus. Nun fragen wir uns, wo eigentlich noch der Anreiz bzw. ...
Tja, das ist ein Thema das ich an anderer Stelle zum Thema TVöD schon aufgemacht habe (einfach danach suchen). Aber besser als nix, das ist im Durchschnitt immerhin eine Lohnerhöhung von 0,9% die der AG auch nicht hätte anbieten müssen. Ob diese BV am Ende als BV überhaupt wirksam wäre lasse ich mal offen..... :-)
Erstellt am 09.12.2011 um 16:25 Uhr von rkoch
@petrus
Hast Recht. Ein Einigungsstellenverfahren "auf Verdacht" kostet den AG erstmal Geld und macht ihn möglicherweise zugänglich. Am Ende wird die Zuständigkeit dieser Einigungsstelle Gegenstand eines Beschlussverfahrens werden...
Erstellt am 09.12.2011 um 16:34 Uhr von petrus
@gironimo:
Suche nach "Eingruppierung" auf der IGBCE-Seite -> Klick auf den Beitrag -> Download nur für Mitglieder. Aber anfragen, ob sie den Text auch Mitgliedern anderer DGB-Gewerkschaften freundlich zur Verfügung stellen, kann man auf jeden Fall - wenn man dort Mitglied ist :-)
Erstellt am 09.12.2011 um 17:39 Uhr von peanuts
Einem BR sollte bewusst sein, dass der AG NICHT gezwungen ist, den Geldtopf "Anreizsystem" jedes Jahr auf´s Neue füllen zu müssen.
Und wenn ein BR der Meinung ist, eine BV "Eingruppierung" würde zu mehr Lohngerechtigkeit führen, soll er doch den Weg des § 87 Abs.1 Nr. 10 BetrVG gehen. Egal ob es dem AG passt oder nicht.
Mitarbeiterbeurteilungen wird es trotzdem auch weiterhin geben ...