Wat mut, dat mut!
In letzter Zeit bemerken wir verstärkt die Bestrebungen vieler Unternehmen, die Kosten für die Betriebsratsarbeit zu verringern. Ein beliebtes Instrument ist dabei der Versuch, dem Betriebsrat ein Budget aufzuerlegen, dass er nicht überschreiten soll oder sogar darf.
Es ist verständlich und legitim, dass ein Unternehmen Kosten verringern möchte, denn schließlich ist es eine betriebswirtschaftliche Notwendigkeit, Kosten so gering wie mög- lich zu halten. Es gibt jedoch einige Argumente, die dafür sprechen, dass die Kosten, die durch die Tätigkeit des Betriebsrats entstehen, sich der in anderen Bereichen üblichen Handhabung von Kosten entziehen.
Kostenübernahmepflicht
Der Arbeitgeber hat lt. § 40 Abs. 1 BetrVG die durch die Tätigkeit des Betriebsrats ent- stehenden Kosten zu tragen.
Diese Pflicht zur Kostenübernahme gilt natürlich nur insofern, als der Betriebsrat im Rah- men seiner gesetzlichen Pflichten und Möglichkeiten handelt. Sollte der Betriebsrat Ko- sten durch Aktivitäten verursachen, die nicht in seinen Aufgabenbereich fallen, wird der Arbeitgeber diese Kosten auch nicht tragen müssen.
Über die Kosten für Schulungen z. B. haben wir einiges auf der Seite “Schulung des BR” geschrieben: Kosten, die durch notwendige Schulungen entstehen, muss der Arbeitgeber in vollem Umfang tragen, sofern der Betriebsrat dabei die betrieblichen Belange in aus- reichendem Maße berücksichtigt.
Die Kosten für einen Sachverständigen nach § 80 Abs. 3 BetrVG z. B. muss der Arbeit- geber jedenfalls dann im vereinbarten Umfang zahlen, wenn er der Hinzuziehung des Sachverständigen zugestimmt hat - auch wenn er mit dem Ergebnis seines Einsatzes später nicht einverstanden ist.
Der Betriebsrat hat natürlich die Pflicht, die Interessen des Betriebes angemessen zu berücksichtigen. Er muss also sparsam sein und unnötige oder unangemessen hohe Kosten vermeiden.
Notwendige Maßnahmen des Betriebsrats
Der Betriebsrat hat eine Reihe von Aufgaben, die im Betriebsverfassungsgesetz bestimmt sind. Diese Aufgaben hat der Betriebsrat zu erfüllen, denn dafür gibt es ihn. Wenn er be- stimmte Aufgaben nicht erfüllt, kann es sein, dass er eine Pflichtverletzung begeht - und das kann nach § 23 Abs. 1 BetrVG sogar dazu führen, dass der Betriebsrat aufgelöst wird oder einzelne Mitglieder aus dem Betriebsrat ausgeschlossen werden.
Um seine Aufgaben erfüllen zu können, muss der Betriebsrat verschiedene Maßnahmen ergreifen. Er muss Sitzungen abhalten, Beschlüsse fassen, er muss sich informieren, er muss Informationen an die Beschäftigten weitergeben, er muss Betriebsversammlungen abhalten, gelegentlich muss er sich mit dem Arbeitgeber vor der Einigungsstelle oder vor Gericht auseinandersetzen und eine Reihe anderer Dinge tun.
Viele dieser Aktivitäten kosten Geld - sei es, indem sie selbst direkt Kosten verursachen oder sei es, indem sie Personalkosten verursachen, weil z. B. Mitglieder des Betriebsrats nicht ihren dienstlichen Aufgaben nachgehen, sondern ihre Aufgaben als Betriebsrat erfüllen.
Es kann und darf nicht sein, dass der Betriebsrat Aktivitäten, die aufgrund seiner ge- setzlichen Pflichten notwendig sind, nicht ergreift und damit seine gesetzlichen Pflichten nicht erfüllt, weil er sein Budget erschöpft hat. Die Tätigkeit eines Betriebsrats darf nicht dadurch eingeschränkt werden, dass die Kosten, die seine Tätigkeit verursacht, durch ein Budget limitiert werden. Das, was notwendig und gesetzlich vorgeschrieben ist, muss geschehen - unabhängig von den Kosten.
Stellung des Betriebsrats im Unternehmen
Ein Betriebsrat ist kein Kostgänger des Unternehmens, der nur dazu da ist, den Erfolg des Unternehmens zu verhindern - auch wenn man entsprechende Polemiken gele- gentlich hört oder liest. Ob die Beteiligungsrechte volks- und betriebswirtschaftlich sinnvoll oder schädlich sind, ist eine Diskussion, die wir hier nicht führen werden.
Der Betriebsrat dient vielmehr dem Wohl des Betriebes und des Unternehmens. Das mag die Unternehmensleitung gelegentlich anders sehen. Aber was das Wohl des Unterneh- mens ist, liegt nicht allein in der Deutungshoheit der Unternehmensleitung. Das Wohl- ergehen der Arbeitnehmer gehört ebenso zum Wohl des Unternehmens wie z. B. das der Kapitalgeber.
Hier sei nur auf die Stellung des Betriebsrats innerhalb des Betriebes bzw. Unternehmens hingewiesen: Ein Betriebsrat ist niemandem unterstellt, und kein Organ im Betrieb ist berechtigt, dem Betriebsrat Weisungen zu erteilen.
Insofern ist der Betriebsrat mindestens der Unternehmensleitung gleichgestellt - wobei zu bedenken ist, dass z. B. in Aktiengesellschaften der Vorstand dem Aufsichtsrat zur Rechenschaft verpflichtet ist, und in GmbHs die Geschäftsführung den Gesellschaftern. Ein Betriebsrat hat niemandem Rechenschaft abzulegen, sondern allein nach Recht und Gesetz zu handeln.
Das bedeutet natürlich nicht, dass der Betriebsrat die gleichen Rechte wie der Vorstand, die Geschäftsführung oder die Leitung des Betriebes hat. Die Rechte des Betriebsrats ergeben sich aus dem Betriebsverfassungsgesetz. Es bedeutet aber, dass der Betriebs- rat sich solchen Ansinnen wie dem, sich einem Budget zu unterwerfen, nicht beugen muss und der Arbeitgeber keine Möglichkeit hat, den Betriebsrat dazu zu zwingen.
Planbarkeit von Kosten
Vom Betriebsrat zu verlangen, dass er vorab, z. B. zu Beginn eines Jahres, eine Kosten- prognose abgibt, auf der das Budget basiert, wäre zwar zulässig, aber unanständig. Der Betriebsrat braucht sich darauf nicht einzulassen, und wir empfehlen dringend, dies auch nicht zu tun.
Ein Grund dafür, dass ein Betriebsrat das nicht tun sollte, ist der, dass er sich damit ja auf das unanständige Spiel des Arbeitgebers einlassen würde. Auf dieses Niveau sollte sich der Betriebsrat aber auf keinen Fall begeben.
Der zweite Grund ist der, dass es gar nicht möglich ist, im Voraus eine Prognose über die Kosten abzugeben - schließlich weiß man zu Beginn des Jahres ja noch gar nicht, was im Laufe des Jahres geschieht, welcher Informationsbedarf entsteht, über was man sich in welchem Umfang mit dem Arbeitgeber streiten muss etc. Und überdies wird der Arbeit- geber bei seinen Aktivitäten vermutlich auch keine Rücksicht darauf nehmen, dass das Budget des Betriebsrats erschöpft ist.
Z. B. könnte der Arbeitgeber ja in dem Moment, in dem ein ggf. vereinbartes Budget ver- braucht ist, Maßnahmen ergreifen, über die der Betriebsrat eigentlich mitzubestimmen und sich entsprechend zu informieren hätte. Wenn z. B. im September das Jahresbudget aufgezehrt wäre, könnte der Arbeitgeber dem Betriebsrat ja mitteilen, dass im Oktober SAP eingeführt wird. Das hätte normalerweise zur Folge, dass der Betriebsrat sich infor- mieren müsste, z. B., indem er ein Seminar besucht, dass er u. U. einen Sachverstän- digen beruft, der ihn dabei unterstützt, eine Betriebsvereinbarung abzuschließen, und, wenn es zu keiner Einigung über eine Betriebsvereinbarung kommt, die Einigungsstelle anruft.
Die Vorstellung, dass der Betriebsrat all dies nun nicht mehr tun kann, weil sein Budget verbraucht ist, wäre geradezu grotesk - denn das würde ja bedeuten, dass damit die Mitbestimmungspflicht - die ja bekanntlich dazu dient, die teilweise sogar grundrechtlich verbürgten Rechte der Beschäftigten zu schützen - faktisch außer Kraft gesetzt würde.
Und übrigens: Ein Unternehmen wird wohl auch kaum Erfolg mit damit haben, z. B. dem Finanzamt mitzuteilen, dass es in diesem Jahr keine Steuerzahlungen mehr von ihm zu erwarten habe, weil das für dieses Jahr vorgesehene Budget für Steuern bereits ver- braucht sei...
Behinderung der Betriebsratsarbeit
§ 119 Abs. 1 Nr. 2 definiert die Behinderung oder Störung der Tätigkeit des Betriebsrats als Straftat.
Wenn der Arbeitgeber den Betriebsrat zwingt, ein Budget einzuhalten, und ihn damit wie oben beschrieben daran hindert, seine Aufgaben zu erfüllen, ist der Tatbestand der Be- hinderung der Betriebsratstätigkeit erfüllt. Also handelt ein Arbeitgeber, der ein Budget für die Betriebsratstätigkeit durchsetzt, strafbar.
Der Versuch allerdings ist noch nicht unbedingt strafbar, und die Fürsorgepflicht des Be- triebsrats gegenüber seinem Arbeitgeber sollte der Betriebsrat daher so ausüben, dass er den Arbeitgeber in seinem eigenen Interesse daran hindert, sich strafbar zu machen, in- dem er den Versuch vereitelt.
Fazit
Der Betriebsrat braucht nicht nur einer Budgetierung der durch ihn verursachten Kosten nicht zuzustimmen - er macht sich sogar einer Pflichtverletzung schuldig, wenn er, um ein ggf. vom Arbeitgeber festgelegtes Budget nicht zu überschrei- ten, Maßnahmen nicht ergreift, die er eigentlich, um seine gesetzlichen Pflichten zu erfüllen, ergreifen müsste.
Der Arbeitgeber kann zwar in seiner Kostenrechnung die Kosten, die der Be- triebsrat verursacht, erfassen und ausweisen. Wenn er aber versucht, die Tätig- keit des Betriebsrats durch ein Budget zu begrenzen, handelt es sich um eine strafbare Behinderung der Betriebsratsarbeit.
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Ist von J E S Beratung.