Erstellt am 15.03.2011 um 12:15 Uhr von rkoch
Ich kann dazu nur das Lesen der Ausführungen in einem Kommentar zu den §§54 ff. BetrVG empfehlen.
Danach ist es UNSCHÄDLICH wenn die Konzernmutter und/oder andere Konzernunternehmen sich im Ausland befinden. Die DEUTSCHEN Konzernteile können unter sich deswegen i.d.R. trotzdem einen KBR bilden, die AUSLÄNDISCHEN Konzernteile sind aber an diesem KBR nicht beteiligt.
Zitat DKK Rn. 27, 28:
... Damit wird zwar das für die Betriebsverfassung geltende Territorialitätsprinzip nicht aufgehoben, wonach deutsche Gesetze auf ausländische Betriebe und UN keine Anwendung finden. Aber bei Konzernen mit UN oder Betrieben außerhalb des Geltungsbereichs der Betriebsverfassung ist dem im internationalen Arbeitsrecht anerkannten Gedanken Rechnung zu tragen, dass die Mitwirkungs- und Kontrollrechte der AN nicht durch die internationale UN-Organisation geschmälert werden dürfen. Sie haben zwingenden Charakter und werden durch keine gegenteiligen Weisungen der ausländischen Konzernmutter berührt.
Haben Teile eines Konzerns ihren Sitz im Ausland (das herrschende UN selbst oder einzelne Tochterunternehmen), so findet das BetrVG nicht auf den gesamten Konzern Anwendung (BAG 9. 11. 77, 25. 4. 78, Nrn. 13, 16 zu Internat. Privatrecht, Arbeitsrecht; § 1 Rn. 12 ff.), sondern nur auf den inländischen Teil. Die im Ausland errichteten AN-Vertretungen können sich nicht an der Bildung eines KBR in Deutschland beteiligen.
Sowie weiter unter Rn. 29-32a "Ausländische Konzernspitze mit Tochterunternehmen im Inland"
Erstellt am 15.03.2011 um 13:27 Uhr von Petrus
@rkoch: ist Dein DKK in die Jahre gekommen?
BAG, 16.05.2007 - 7 ABR 63/06
BAG, 14.02.2007 - 7 ABR 26/06
@Ziege: rechtlich schwierig. Wo sitzt denn die Mutter? Und wo die anderen Betriebe? Gibt es dort eine ArbN-Vertretung? Die Frage wäre dann, ob man evtl. einen EBR gründen könnte...
Erstellt am 15.03.2011 um 14:22 Uhr von rkoch
> ist Dein DKK in die Jahre gekommen?
Eigentlich nicht - das war aus der Digital-Version von 2009 (V 6.0). Auf Deinen Hinweis hin hab ich mal die kürzlich gekommen jüngste Version (v7.0) draufgepackt. Geändert hat sich dadurch aber nichts.....
Zu dem von Dir zitierten Urteil meint DKK folgendes (unter Rn. 29):
Nach Auffassung des 7. Senats des BAG kann kein KBR gebildet werden, wenn die inländischen UN von einer ausländischen Konzernspitze beherrscht werden (BAG 14. 2. 07, usw...) Die Entscheidung vom 14. 2. 07 erging ohne Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalls und ignorierte insbesondere die zuvor dem Gericht mitgeteilte rechtskräftige Entscheidung des OLG Düsseldorf vom 30. 10. 06 (NZA 07, 707), die für den betreffenden Konzernteil in Deutschland die Frage nach dem mitbestimmten Aufsichtsrat bejahte und damit die deutsche Konzern-Obergesellschaft zur Einsetzung eines Arbeitsdirektors mit entsprechender Leitungsmacht verpflichtete. Die Entscheidung des OLG Düsseldorf entsprach der einhelligen Rspr. aller OLG (OLG Stuttgart 30. 3. 95, NJW-RR95, 1067 ff.; OLG Frankfurt 21. 04. 08, AG 08, 502 ff.). Sie verpflichtet das oberste Konzern-UN in Deutschland mit dem zu errichtenden mitbestimmten Aufsichtsrat und dem zu wählenden Arbeitsdirektor zur Schaffung gerade des inländischen Ansprechpartners, dessen Existenz die Rspr. des BAG leugnet: Deutlicher kann das Unverständnis für die Mitbestimmung nicht dokumentiert werden (zum Aufsichtsrat Rn. 29 k).
Nu ja, ich wollte ja eigentlich auch nur zum Lesen des ganzen Kommentars animieren und darlegen, das es gar nicht so klar ist das KEIN KBR gebildet werden kann. Mein "i.d.R." dort oben war aber wohl nicht klar genug... :-/ u.U. an einigen Stellen wäre wahrscheinlich besser gewesen...
Erstellt am 15.03.2011 um 14:43 Uhr von Bergziege
@Petrus
Die Mutter sitzt in Skandinavien, die Töchter sind in der ganzen Welt verstreut, davon zwei in Deutschland. Wir versuchen schon seit einiger Zeit herauszufinden, in welchen Töchtern es AN-Vertretungen gibt. Das gestaltet sich allerdings als sehr schwierig.
Die Gewerkschaft hat uns Unterstützung angeboten, falls wir einen EBR gründen wollten. Aber dazu gibt es innerhalb unseres BR unterschiedliche Positionen. Ist ein bisschen kompliziert.
@rkoch - wenn ich das richtig verstehe, dann können wir so was wie einen KBR bilden, der allerdings keine Rechte als KBR hat. Rechte ableiten können dann nur die örtlichen BR für sich alleine - oder?
Erstellt am 15.03.2011 um 15:17 Uhr von rkoch
Nein, wenn es in Deutschland einen konzernweiten Ansprechpartner (quasi das Konzern-Gegenstück zur Geschäftsführung des Unternehmens) gibt, dann kann ein vollwertiger KBR gebildet werden. Das BAG sagt nur, das wo ein KBR keinen Ansprechpartner hätte ein KBR auch nicht funktionieren könnte, ergo nicht gebildet werden kann. Die OLG wiederum sehen es unter Umständen als erforderlich an, das Konzerntöchter einen Arbeitsdirektor einsetzen, welcher dann diesen Ansprechpartner für den Betriebsrat darstellt....
Quasi eine Regelungslücke im internationalen Recht, die man durch entsprechende Streitlust mit Leben füllen könnte.....
Im Grunde genommen geht es nur darum: Gibt es bei Euch eine Institution an einem der deutschen Standorte, welcher dem anderen Standort Vorschriften machen kann? Falls ja, erscheint ein KBR möglich. Ansonsten müsste man darum streiten ob der Konzern verpflichtet werden kann eine derartige Institution zu schaffen.
So weit die beiden Unternehmen in Deutschland auf irgendeine Art miteinander verbandelt sind (sprich: Ereignisse des einen Einfluss auf das andere nehmen könnten) können die beiden BR auch einfach den Kontakt miteinander suchen, wo sie sich über diese Abhängigkeiten austauschen können. Faktisch ist die originäre Zuständigkeit des KBR eh' sehr beschränkt. Und so weit es im Konzern Sachen gibt die einheitlich geregelt werden müssen (!) und der MB des BR unterliegen (z.B. SAP mit Serverhoheit in der Konzernspitze) könnt ihr als Einzel-BR Eure AG derart trietzen, das sie nach einem übergeordneten BR regelrecht betteln werden. Einfach indem die beiden BR nach vollkommen unterschiedlichen Zielsetzungen BVs verhandeln, so das was eigentlich einheitlich geregelt werden muss nicht mehr unter einen Hut zu bringen ist. Genau das IST ja die Kernkompetenz des KBR: Für etwas was konzerneinheitlich geregelt werden MUSS ein einheitlicher Verhandlungspartner für die Konzernspitze und nur eine Regelung für den Konzern.
So weit alle Stricke reißen gibt es auch noch die Variation §3 BetrVG. Aber ganz ehrlich: Ihr sollte die Sache KBR wirklich nur weiter verfolgen, wenn es UNMITTELBARE Zusammenhänge (z.B. Auftragskonkurrenz oder eben einheitlichen Regelungsbedarf) zwischen den beiden Unternehmen gibt. Wenn beide Unternehmen ihr "Ding" machen und sonst nichts miteinander zu tun haben, dann telefoniert ab und an mal mit den anderen BR und lasst es ansonsten gut sein.
Erstellt am 16.03.2011 um 10:36 Uhr von Bergziege
@rkoch
Vielen Dank für deine ausführlichen Auskünfte. Wir haben nicht wirklich unmittelbare Zusammenhänge. Telefonieren tun wir auch so schon ab und an. Wir wollten nur sichergehen, ob wir hier das bestmögliche tun, oder ob es andere - vielleicht bessere oder auch rechtlich korrektere - Möglichkeiten gibt.
Nochmal vielen Dank an alle.
Erstellt am 16.03.2011 um 10:55 Uhr von Petrus
> Die Mutter sitzt in Skandinavien, die Töchter sind in der ganzen Welt verstreut, davon zwei in Deutschland.
Die "ganze Welt" nützt ja nicht viel für einen EBR. Aber in Skandinavien ist man meines Wissens nach bezüglich AN-Vertretung recht gut aufgestellt...
> Wir versuchen schon seit einiger Zeit herauszufinden, in welchen Töchtern es AN-Vertretungen gibt.
In _Schweden_ läuft die AN-Vertretung über die Gewerkschaften. Je nach Firmengröße sitzen die Vertreter (ähnlich wie nach deutscher Drittelbeteiligung) im Board und dürften somit herauszufinden sein.
Wie das in den anderen skand. Ländern ist, müßte euer GEW-Sekretär herausfinden können.
> Das gestaltet sich allerdings als sehr schwierig.
Eine Anfrage über eure Gewerkschaft könnte da erfolgversprechend sein.
> Die Gewerkschaft hat uns Unterstützung angeboten, falls wir einen EBR gründen wollten.
Dann nutzt sie. Der / die deutsche(n) Delegierte(n) hätten dann zumindest eine Legitimation, die andere deutsche Firma (den BR) zu besuchen. Schließlich vertritt er ja auch deren Interessen im EBR...