Erstellt am 15.02.2011 um 10:47 Uhr von Angie
Hallo Tommygun,
schau dir dazu bitte § 613a BGB an.
Zum Zeitpunkt des Übergangs bestehende BV werden, wenn es im neuen Unternehmen keine BV zu diesem Thema gibt, Bestandteil des Arbeitsvertrags und dürfen nicht vor Ablauf eines Jahres nach dem Zeitpunkt des Übergans zum Nachteil des Arbeitnehmers geändert werden. Erst danach können sie gekündigt und bei nachwirkenden BV neu verhandelt werden.
LG
Angie
Erstellt am 16.02.2011 um 16:21 Uhr von rkoch
Bisserl spät, aber ich will trotzdem noch meinen Senf dazu geben:
Was Angie sagt habt ihr wohl schon selbst entdeckt (1jährige Schutzfrist).
Diese Schutzfrist gilt jedoch nur, wenn im Rahmen eines Betriebsübergangs sich die Identität des Betriebes derart ändert das der bisherige Betrieb endet und ein komplett neuer Betrieb entsteht, denn nur dann gehen BV und TV in den Arbeitsvertrag ein weil sie SOFORT enden.
So weit sich die Identität des Betriebes nur unwesentlich ändert (z.B. sich nur der Eigentümer ändert aber ansonsten alles weitergeht wie gehabt) ENDET der Betrieb nicht und die BVs gelten UNVERÄNDERT weiter. Sie enden also auch nicht mit Ablauf eines Jahres, sondern eben dann wenn sie gekündigt werden oder auslaufen. Wenn, wie Du sagst, Eure BVs bis zum 28.02. als BV weiter gegolten haben, dann ändert sich auch am 01.03. NICHTS.
Erstellt am 16.02.2011 um 17:22 Uhr von tommygun
Wir waren ein Teil eines großen amerikanischen Konzerns. (Eine Gießerei - die Amis haben nur uns -die Gießerei - verkauft.)
Nun sind wir ein eigenständiges Unternehmen.
Die Käufer haben zwar noch zwei andere Gießereien (beide an jeweils anderen Standorten) Alle drei sind für sich eigenständig.
"Gehen BV un TV in den Arbeitsvertrag ein" ---> Diese Formulierung verstehe ich nicht. Wie ist das gemeint?
LG
Tommy
Erstellt am 17.02.2011 um 08:33 Uhr von rkoch
Ups, dann hast Du das was Angie gesagt hat doch nicht so verstanden (abgesehen davon das Angie das auch falsch erklärt hat wie ich gerade merke):
§613a BGB: Rechte und Pflichten bei Betriebsübergang:
> Geht ein Betrieb oder Betriebsteil durch Rechtsgeschäft auf einen anderen Inhaber
> über, so tritt dieser in die Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Übergangs
> bestehenden Arbeitsverhältnissen ein.
Heißt zunächst mal, das sich für die AN grundsätzlich nichts ändert weil der neue Inhaber zu 100% die Verträge seines Vorgängers erfüllen muss. Entsprechend ist auch die gerne gelebte Praxis das alle AN neue Verträge bekommen purer Unsinn! Dazu müsste der AG eigentlich erstmal die Verträge kündigen (was er nicht darf s.u.). Alternativ können die AN natürlich FREIWILLIG neue Verträge abschließen. Aber die Suggestion der AG, das das so notwendig ist, ist unzulässig.
> Sind diese Rechte und Pflichten durch Rechtsnormen eines Tarifvertrags oder durch eine
> Betriebsvereinbarung geregelt, so werden sie Inhalt des Arbeitsverhältnisses zwischen
> dem neuen Inhaber und dem Arbeitnehmer und dürfen nicht vor Ablauf eines Jahres
> nach dem Zeitpunkt des Übergangs zum Nachteil des Arbeitnehmers geändert werden.
Hier kommt das berühmte Jahr (das Du Schonfrist genannt hast) ins Spiel. Das ganze ist funktionell eine Bestandsschutzregelung. Daraus ergibt sich auch die Wirkung:
Wenn ein TV oder eine BV nach dem Betriebsübergang NICHT MEHR WIRKT (weil der AG nicht tarifgebunden ist bzw. der Betrieb untergegangen ist), dann gehen die Regelungen dieser BV bzw. TV in die Arbeitsverträge der MA ein (Bestandsschutz). Das muss nicht schriftlich so fixiert werden (wäre ja sonst ein Argument das es neue Verträge bräuchte) sonder gilt Kraft Gesetzes einfach so. Die BV/TV sind dann WEG, die REGELUNGEN leben im Arbeitsvertrag weiter. Erst nach einem Jahr darf der AG diese Regelungen zum Nachteil der AN ändern - wobei das gar nicht soooo einfach ist. Soweit die AN diese schlechteren Regelungen nämlich nicht freiwillig akzeptieren geht das nur über den Weg der Änderungskündigung (zu der der AG einen Grund nach KSchG braucht, soweit anwendbar).
So weit der Betrieb nicht geendet hat (d.h. der BR weiter existiert, dazu reicht auch wenn dieser "nur" im Rahmen eines Übergangsmandats bei Spaltung/Zusammenlegung) weiter existiert) bzw. der neue AG ebenfalls tarifgebunden ist, ist diese Bestandsschutzregelung nicht erforderlich, da BV bzw. TV ja Kraft Gesetzes (BetrVG bzw. TVG) für die AN einfach weiter gelten. Dann gibt es natürlich auch nicht die Jahresfrist, da diese ja nur (nach diesem Satz) gilt wenn BV/TV geendet haben und in die AV der MA eingegangen sind.
> Satz 2 gilt nicht, wenn die Rechte und Pflichten bei dem neuen Inhaber durch
> Rechtsnormen eines anderen Tarifvertrags oder durch eine andere
> Betriebsvereinbarung geregelt werden.
So und hier haben wir nochmal die Rechtsgrundlage dafür: So weit bei dem neuen Eigentümer eine BV bzw. ein TV gilt (z.B. im Rahmen einer Verschmelzung), gelten ab dem Betriebsübergang diese BV/TV dann Kraft Gesetz zwingend und unmittelbar und verdrängt die alte BV/TV. Man könnte sich jetzt an dem Wort "andere" stören. Aber warum soll die EIGENE BV/TV nicht zwingend und unmittelbar weitergelten, wenn dies für "andere" ebenso gilt.
> Wir waren ein Teil eines großen amerikanischen Konzerns. (Eine Gießerei - die Amis
> haben nur uns -die Gießerei - verkauft.)
Das interpretiere ich jetzt so, das Euer Betrieb in der Gänze ohne wesentliche Veränderungen übergegangen ist, also auch Euer BR weiter existiert hat. Ergo: Auch die BVs leben weiter, da der eine Vertragspartner (der BR) unverändert weiter existiert und der andere Vertragspartner (der AG) in ALLE RECHTE UND PFLICHTEN des ehemaligen Vertragspartners eingetreten ist.
Nachlesen kannst Du das ganze im Rechtsverdreherdeutsch in einem Kommentar zum BGB bzw. zum allgemeinen Arbeitsrecht.
BTW: Thema Kündigung:
(4) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines Arbeitnehmers durch den bisherigen Arbeitgeber oder durch den neuen Inhaber wegen des Übergangs eines Betriebs oder eines Betriebsteils ist unwirksam.
Erstellt am 17.02.2011 um 16:37 Uhr von tommygun
@rkoch
Erstmal vielen, vielen lieben Dank für deine Mühe und Zeit!
"Dankeeee schöööön!"
Den BR haben wir neu gewählt. (Alle BRM des alten waren/sind in dem anderen Betriebsteil angestellt, das ja noch existiert....)
Nur ein Mitglied kam aus unserer Gießerei, und der ist nun unser BRV......
Habe ich es jetzt kapiert?
Also ..... Alle BV's gelten pratisch noch (Auch über das Ende des Übergangsjahres hinaus).
Zwar nicht schriftlich als Dokument selbst aber als Bestandteil der alten weiterbestehen AV's.
Wenn der AG da etwas ändern möchte dann muss er eine neue BV ins Leben rufen, oder?
Soweit richtig????
Liebe Grüße
Tommy