Erstellt am 22.11.2010 um 00:26 Uhr von DerAlteHeini
August
Über jede Verhandlung des BR ist eine Niederschrift aufzunehmen, die mindestens den Wortlaut der Beschlüsse und die Stimmenmehrheit, mit der sie gefasst sind, enthält. Die Niederschrift ist von dem Vorsitzenden und einem weiteren Mitglied zu unterzeichnen. Der Niederschrift ist eine Anwesenheitsliste beizufügen, in die sich jeder Teilnehmer eigenhändig einzutragen hat. Gibt es solche Niederschriften nicht, kann man die Beschlüsse auch nicht mehr nachweisen. Somit kann der jetzige BR davon ausgehen, dass es Beschlüsse, die nicht schriftlich festgehalten wurden, auch nicht gibt.
Gibt es aber Betriebsvereinbarungen die vom alten BR unterzeichnet und im Nachhinein auch nicht angegriffen wurden, so sind diese, da sieh auch schon eine Außenwirkung haben, wirksam.
Der Betriebsrat kann weder auf sein Mitbestimmungsrecht verzichten noch darf er es der einseitigen Regelung durch den Arbeitgeber überlassen. Somit dürfte solch eine BV rechtswidrig sein. Ein BR der auf seine Rechte zum Schutze der Arbeitnehmer vorsätzlich verzichtet, verletzt grob seine Pflichten.
Würde dem BR vorschlagen, dem AG schriftlich mitzuteilen, dass aufgrund der gesetzlichen Vorgaben der BR nicht auf sein Mitbestimmungsrecht verzichten darf und dies auch nicht mit einer BV möglich ist.
Gleichzeitig wird der AG aufgefordert ab sofort die Mitbestimmungsrechte des BR zu beachten.
Guckst du:
BAG, 26.04.2005 – 1 AZR 76/04
Erstellt am 22.11.2010 um 09:34 Uhr von rkoch
@ DerAlteHeini
Ich befürchte, das man Augusts "auf MBR verzichtet" nicht so ganz auf die Goldwaage legen darf. Wenn der BR seine MBR mit einer BV wahrgenommen hat, kann sehr wohl die Situation eintreten, das keine WEITEREN MBR anfallen.
Das BAG hat zwar eine BV für unzulässig erachtet, in der der BR grundsätzlich allen in der Zukunft anfallenden Überstungen zustimmt (weil es sich vom Gesetzestext des §87 her um Individualentscheidungen handelt die nicht pauschalisiert werden können), eine Gleitzeitregelung in deren Rahmen der AG das ausnutzen könnte ist hingegen fast immer zulässig. In Fällen der techn. Überwachung ist die techn. Anlage an sich mitbestimmungspflichtig. Ist die Sache in BV geregelt wird i.d.R. kein weiteres MBR anfallen, solange der BR sich dieses nicht vorbehalten hat oder etwas neues zu regeln ist was bislang nicht geregelt ist.
Insofern hängt die Wirksamkeit der BV davon ab WAS denn KONKRET in diesen BV geregelt ist.
> Müssen oder Können diese von uns Gekündigt werden oder haben sie keine gültigkeit
Ob und wann diese gekündigt werden können steht in der BV. Aber bringen wird Euch die Kündigung wenig. Die angesprochenen Punkte gehören in den Bereich der erzwingbaren BV, und damit gehen diese BV nach Kündigung in die Nachwirkung. D.h. sie gelten so lange weiter bis eine neue Regelung abgeschlossen wurde.
Der SINN der Niederschrift ist, zu beweisen OB und WAS beschlossen wurde. Wenn es diesen Beweis nicht mehr gibt werdet ihr kaum eine Chance haben die Unwirksamkeit einer BV zu beweisen. Ihr könnt also nur Euer Initiativrecht wahrnehmen um erneut in Verhandlungen zu gehen. Aber:
> Schulungen haben wir anfang und mitte nächsten Jahres
Tja, wer zu spät kommt den bestraft das Leben..... Die Wahl war im Frühjahr (außer ihr habt außer der Reihe gewählt) - also schon gut ein halbes Jahr Zeit für Schulungen. Wenn ihr nicht ins Blaue hinein agieren wollt bleiben Euch wohl nur zwei Möglichkeiten: SOFORT Schulungen ansetzen (z.B. In-House !) oder warten bis ihr die Regeln kennt.
Erstellt am 22.11.2010 um 13:14 Uhr von DerAlteHeini
rkoch
Das was du schreibst, glaubst du doch wirklich nicht selber, oder?
Eine BV die rechts unwirksam ist, muss man nicht kündigen, somit gibt es auch keine Nachwirkung.
August
In § 87 Abs.1 BetrVG heißt es,
"Der Betriebsrat hat, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, in folgenden Angelegenheiten mitzubestimmen".
Hiermit ist vorgegeben das er mitzubestimmen HAT und nicht darf oder kann.
In § 80 BetrVG werden die allgemeinen Aufgaben dem BR vorgegeben. Hier heißt es in unter Abs.1, Ziffer1,
"darüber zu wachen, dass die zugunsten der Arbeitnehmer geltenden Gesetze, Verordnungen, Unfallverhütungsvorschriften, Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen durchgeführt werden";
somit hat der BR nur einen geringen Spielraum in dem er sich bewegen darf, wobei ein Verzicht auf die wichtigsten Mitbestimmungsrechte sicherlich nicht dazu gehört.
Hier noch ein bisschen was zum lesen:
http://www.bepefo.de/Grundsatzurteil%201.pdf
Erstellt am 22.11.2010 um 14:47 Uhr von Ulrik
Mal zurück zur Frage:
Für einen wirksamen Beschluß müssen mehrere Kriterien erfüllt sein:
1. eine anständige Einladung mit Tagesordnung. Damit ist sichergestellt, dass alle BRM sich sachgerecht auf die Sitzung vorbereiten konnten.
2. eine eigenhändig von jedem BRM unterschriebene Anwesenheitsliste. Es reicht im Zweifel nicht aus, dass der BRV eine Liste mit >die waren alle da< ans Protokoll hängt.
3. eine Niederschrift mit dem Wortlaut der Beschlüsse und dem Abstimmungsergebnis.
Wenn das was fehlt, kann die Gegenseite immer die wirksame Beschlussfassung anzweifeln und bekommt im Zweifel Recht.
Ohne diese Komponenten ist ein Beschluss nicht formal korrekt.
Nicht nur bei BV, sondern auch bei z.b. Einstellungen, Versetzungen, Überstunden, etc.
Also, immer sauber arbeiten!!!
Ob das bei euch Auswirkungen hat, ist von der AG-Seite abhängig. Wo kein Kläger....
Erstellt am 22.11.2010 um 15:58 Uhr von rkoch
@DerAlteHeini
> Eine BV die rechtsunwirksam ist, muss man nicht kündigen, somit gibt es auch keine Nachwirkung.
Das, mein lieber Heini, ist Mumpitz.
Eine rechtsunwirksame BV ist so lange rechtswirksam, bis ein ArbG die Rechtsunwirksamkeit feststellt. Einfach nur sagen - ich ignoriere die BV weil sie rechtsunwirksam ist, das kann der BR auch nicht, denn:
> hat der BR darüber zu wachen, dass die zugunsten der Arbeitnehmer geltenden (...)
> Betriebsvereinbarungen durchgeführt werden
Das Recht eine BV für unwirksam zu erklären hat nur ein ArbG. Solange das nicht passiert ist MUSS der BR sogar dafür sorgen, das die BV genau so durchgeführt wird wie sie vereinbart wurde. Insofern ist Deine Aussage für den BR wertlos, solange er die BV nicht vor Gericht anficht. Und da ist kündigen und neu verhandeln i.d.R. der schmerzfreiere Weg.
Ich weiß außerdem nicht wo Dein Problem liegt... Ich hab die Frage "Müssen oder Können diese von uns Gekündigt werden" beantwortet. Die Rechtsunwirksamkeit ist a) erstmal belanglos und b) nicht einmal sicher, da wir den konkreten Text nicht kennen. Auf die Aussage "wo der BR auf Mibestimmungsrechte verzichtet" eines BR der offenbar nicht einmal das Grundlagenwissen besitzt kann ich mich da nicht verlassen. Ich glaube kaum das wörtlich in diesen BV steht "Der BR verzichtet auf seine MBR". Auch Dein zitiertes Urteil geht von einer konkreten BV aus, die Überstunden ausdrücklich unter eine "Vereinbarung" mit dem Betriebsrat stellt. Andere BV, z.B. in denen die längere Arbeitszeit auf Basis Gleitzeit in den Verantwortungsbereich der MA gestellt wird, lösen i.d.R. keine weitere MBR des BR aus sofern er sich diese nicht explizit vorbehalten hat. Wäre im vorliegenden Fall jede Abweichung von der Regelarbeitszeit nicht explizit zur Überstunde gemacht worden, sonder zu einer (rechtlich einwandfreien) ungleichmäßig verteilten regelmäßigen Arbeitszeit, hätte der BR bei dem individuellen Vorgang der Inanspruchnahme der Gleitzeit weder ein MBR noch ein Einspruchsrecht, solange sich der Vorgang im Rahmen der definierten Grenzen bewegt.
Das der BR Mitzubestimmen hat steht außer Frage aber je nach Ausgestaltung einer BV hat der BR sein MBR damit u.U. abschließend ausgeübt (abgesehen von dem Recht die BV ändern zu wollen). Das dies im Falle von Überstunden nur äußerst eingeschränkt gilt habe ich selbst oben gesagt. Bei Überstunden bleibt das MBR des BR i.d.R. immer voll erhalten, das kann der BR sich nicht selbst wegnehmen.
> somit hat der BR nur einen geringen Spielraum in dem er sich bewegen darf, wobei ein
> Verzicht auf die wichtigsten Mitbestimmungsrechte sicherlich nicht dazu gehört.
Ganz meine Meinung.... Aber es gibt genug BAG-Urteile in denen ein BR nach Abschluß einer BV mit abschließendem Charakter plötzlich noch weitere Vorgänge unter den Vorbehalt seiner Zustimmung stellen wollte, obwohl die BV diese Vorgänge abschließend geregelt hatte - und das BAG bestätigt hat, das hier kein weiteres MBR vorliegt. Es kommt eben auf die Formulierung an - und an die hat sich der BR ebenso zu halten wie der AG - solange ein ArbG die Rechtsunwirksamkeit nicht festgestellt hat.