Erstellt am 21.07.2010 um 09:16 Uhr von ridgeback
@shushu,
im Regelfall ist der Interessenausgleich mit dem BR zu verhandeln, dessen Betrieb von der geplanten Betriebsänderung betroffen ist. Erstreckt sich ein einheitliches Unternehmenskonzept zur Betriebsänderung über mehrere oder alle Betriebe eines Unternehmens, ist nach § 50 Abs. 1 BetrVG der GBR zuständig.
Die Zuständigkeit des GBR für den Interessenausgleich begründet nicht automatisch auch dessen Zuständigkeit zum Abschluss des Sozialplans.
Erstellt am 21.07.2010 um 09:35 Uhr von rkoch
> ist hier ein Interessenausgleich und Sozialplan erzwingbar?
Ein Interessenausgleich/Sozialplan setzt eine Betriebsänderung voraus. Das ist nicht das gleiche wie der Betriebsübergang nach §613a BGB.
> Wir ( ca. 168 Mitarbeiter) sollen per 613 in eine Tochtergesellschaft übergehen. (verkauft)
Das ist zunächst nur ein Betriebsübergang. Die Betriebsänderung setzt gemäß §111 BetrVG voraus, das ein/eine
1. Einschränkung und Stilllegung des ganzen Betriebs oder von wesentlichen Betriebsteilen,
2. Verlegung des ganzen Betriebs oder von wesentlichen Betriebsteilen,
3. Zusammenschluss mit anderen Betrieben oder die Spaltung von Betrieben,
4. grundlegende Änderungen der Betriebsorganisation, des Betriebszwecks oder der Betriebsanlagen,
5. Einführung grundlegend neuer Arbeitsmethoden und Fertigungsverfahren.
stattfindet.
Soweit Euer Betrieb als solcher in seiner Gesamtheit nicht verändert wird findet i.d.R. keine Betriebsänderung statt.
Sprich: Wenn nicht ein neuer Betrieb durch Abspaltung von einem verbleibenden Rest (räumlich oder sachlich (siehe §1 (2) BetrVG!) entsteht, oder der Betrieb durch Zusammenfassung mit einem anderen Betrieb untergeht (oder einer der anderen Fälle vorliegt) und auch nicht die Bedingungen des §112a BetrVG (Entlassungen) vorliegen wird es sich wahrscheinlich nicht um eine Betriebsänderung handeln.
Liegt hingegen eine Betriebsänderung vor, so siehe §112 BetrVG. Interessenausgleich und Sozialplan können der Einigungsstelle vorgelegt werden, aber nur im Falle des Sozialplans entscheidet am Ende die Einigungsstelle, sprich: nur dieser ist erzwingbar.
Erstellt am 21.07.2010 um 10:44 Uhr von zyklus
Hi,
ich muss jetzt mal eine Frage dazwischenwerfen:
Ist ein Verkauf nach §613 nicht auch eine grundlegende Änderung der Betriebsorganisation?
Danke
zyklus
Erstellt am 21.07.2010 um 12:38 Uhr von rkoch
Nicht zwingend. Mit Betriebsorganisation sind nicht die Organisationsstrukturen der Unternehmensebene gemeint. Betriebsorganisation bezieht sich auf die Frage wie was produziert oder geleistet wird. Ändert sich der Eigentümer, ggf. mit Wechsel der Unternehmensform, kann doch der Betrieb als solcher u.U. vollkommen unverändert weitermachen als wäre nichts geschehen. Allerdings führt der BÜ oft auch zu Änderungen an der Betriebsstruktur, sprich: WAS wird mit WELCHEN und WIE VIELEN AN unter WELCHEN Produktionsbedingungen und Leitungsstrukturen hergestellt. Eine neue Führung hat i.d.R. dazu eigene Vorstellungen (z.B. andere Abteilungsstrukturen, Fertigungsverfahren, ggf. Entfallen von Produktions-/Personal-/Einkaufs-/Vertriebsstrukturen wegen Integration in bzw. Übernahme durch bestehende Strukturen (das was man i.d.R. "Synergieeffekte" nennt), etc.) und wird dann ggf. diese Vorstellungen im Betrieb umsetzen. Das ist dann ggf. die Betriebsänderung.
Erstellt am 21.07.2010 um 13:25 Uhr von rkoch
Irgendwie hab ich die Frage übersehen....
> Zweite Frage, sind wir als der örtliche BR ( es bestehen mehrere Standorte) hierfür zuständig?
Zuständig ist zunächst der BR des Betriebes oder dessen Betriebsteils, in dem die Betriebsänderung stattfindet. Je nachdem ob es danach zu einer Spaltung, Zusammenschluß oder keiner Veränderung kommt ergeben sich dann evtl. weitere Konsequenzen.
Erstellt am 21.07.2010 um 15:29 Uhr von dreisternekoch
würde euch dringend raten, einen Sachverständigen (Fachanwalt) nach § 80 BetrVG hinzuzuziehen, die nötige Zustimmung des AG hierzu nötigenfalls gerichtlich ersetzen zu lassen
selbst als erfahrener BR kann man bei solchen Sachen soviele Fehler machen...