Erstellt am 12.07.2010 um 16:05 Uhr von rkoch
§ 101 BetrVG: Zwangsgeld
Führt der Arbeitgeber eine personelle Maßnahme im Sinne des § 99 Abs. 1 Satz 1 ohne Zustimmung des Betriebsrats durch oder hält er eine vorläufige personelle Maßnahme entgegen § 100 Abs. 2 Satz 3 oder Abs. 3 aufrecht, so kann der Betriebsrat beim Arbeitsgericht beantragen, dem Arbeitgeber aufzugeben, die personelle Maßnahme aufzuheben.
Eine nachträgliche Beteiligung mit ggf. Zustimmung des BR ist nicht vorgesehen und rechtsunwirksam.
Falls der BR an sich keinen Grund dazu sieht den §101 zu ziehen (sprich er der Einstellung nicht widersprechen würde) lassen die meisten BR die Sache auf sich beruhen. Sofern das ganze häufiger passiert kann der BR einen allgemeinen Unterlassungsanspruch nach §23 erwirken. Ob das Sinn macht sei dahin gestellt.
Falls §101 gezogen wird:
Die Einstellung muss rückgängig gemacht werden. Je nachdem ob der AG dann die Schnauze voll hat oder nicht, kann er dann das Beteiligungsverfahren einleiten und nach Zustimmung des BR die Einstellung erneut vornehmen. I.d.R. wird der AG dazu den Vertrag mit dem AN nicht auflösen, sondern den Vertrag nur "ruhend stellen", was er rechtlich gesehen nicht kann, sprich er müsste dem AN seinen Lohn weiterzahlen obwohl er ihn nicht beschäftigen darf (Annahmeverzug), aber i.d.R. werden die betroffenen AN das so mit sich machen lassen.
Der offizielle Weg wie der AG das auch ohne die Gefahr des §101 machen kann:
Sobald er die Beteiligung des BR nach §99 eingeleitet hat, kann der AG unmittelbar danach (quasi gleichzeitig) die Maßnahme nach §100 vorläufig durchführen. Er darf die Maßnahme dann aufrecht erhalten, wenn der BR nicht unverzüglich das vorliegen sachlicher Gründe für die Dringlichkeit bestreitet. Tut der BR das hingegen, i.d.R. zugleich mit der Verweigerung der Zustimmung, darf der AG die Maßnahme nur aufrecht erhalten, wenn er binnen drei Tagen das Arbeitsgericht anruft.
Erstellt am 12.07.2010 um 22:21 Uhr von DerAlteHeini
gerinnung
Und wie sieht es in der Praxis aus, wenn der BR gegen diese vollzogene Einstellung vorgeht?
Sicherlich wird der AG das vorgehen des BR für sich nutzen.
Unter diesem Gesichtspunkt macht ein geplantes vorgehen gem. §23 BetrVG schon Sinn.
Erstellt am 13.07.2010 um 08:28 Uhr von rkoch
@Der alte Heini
Das mit Sinn machen habe ich anders gemeint...
Selbst wenn der BR einen vollstreckbaren allgemeinen Unterlassungsanspruch bewirkt kann der AG dagegen verstoßen. Kostet ihn zwar Geld, aber sofern ihn das nicht juckt macht er weiter wie gehabt..... Irgendwann kann der BR oder das Gericht ihm zwar mal die Leviten richtig lesen (§119 (2)) aber mir ist aktuell kein Fall bekannt wo diese Konsequenz ernsthaft gezogen worden wäre.... Also bleibts beim Geld...
Erstellt am 13.07.2010 um 08:36 Uhr von BRVLH
Oft begründen die AG auch bei "mußte schnell gehen" damit, das sie eine "vorläufige Einstellung" vorgenommen haben.
Ein Beispiel:
Der AG will nicht so lange warten, bis das langwierige betriebsverfassungsrechtliche vorgeschriebene Beteiligungsverfahren abgeschlossen ist. Er überlegt, bis dahin kann ich ja vorläufig einstellen.
In diesem Fall muss er dem BR neben der ohnehin gesetzlich gemäß § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG vorgeschriebene Unterrichtung auch noch darüber informieren, dass er jemanden vorläufig einstellen will, weil dies aus sachlichen Gründen dringend geboten ist, § 100 Abs. 2 Satz 1 BetrVG.
Das heisst, das der AG bei einer geplanten personellen Maßnahme nicht erst das bei peronellen Einzelmaßnahmen im Sinne von § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG zeitaufwändige Beteiligungsverfahren abwarten muss und bei vorliegen sachlicher Gründe die Möglichkeit hat, einzelne personelle Maßnahmen ausnahmsweise auch vorläufig durchführen kann, § 100 Abs. 1 Satz 1 BetrVG wenn die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür vorliegen.
Der BR kann dieser vorläufen Einstellung zustimmen. Dann kann der AG den AN so lange vorläufig beschäftigten, bis entweder der BR der endgültigen Enstellung zustimmt oder das Arbeitsgericht die Zustimmung rechtskräftig ersetzt, § 99 Abs. 4 BetrVG.
Der AG muss also beachten, dass auf das grundsätzliche Zustimmungserfordernis des BR vor Durchführung der Maßnahme nur bei einzelnen personellen Einzelmaßnahmen, § 99 Abs 1 Satz 1 BetrVG verzichtet werden kann.
Nach BAG sind hierbei rechtssichere vorläufige personelle Maßnahmen gemäß § 100 Abs. 1 Satz 1 BetrVG nur bei Einstellung und Versetzung, § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG, möglich. Nicht hingegen von § 100 Abs, 1 Satz 1 BetrVG erfasst sind Ein- und Umgruppierungen gemäß § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG (BAG, Beschluss vom 27.01.1987, Az 1 ABR 66/85)
Wie gesagt, das wird gern von den AG so benutzt wobei dann aber genau geprüft werden sollte/muss, ob das auch wirklich so zutrifft.
Erstellt am 14.07.2010 um 23:06 Uhr von DerAlteHeini
rkoch
Mir sind schon diverse Fälle bekannt, wonach vom ArbG für jeden Fall der Zuwiderhandlung 5000,- Euro Zwangsgeld festgesetzt wurden. Das macht zB für 10 Zuwiderhandlungen des AG 50000,- Euro Zwangsgeld.
Um einen entsprechenden Beschluss gem. § 23 BetrVG vom Arbeitsgericht zu bekommen, bedarf es eben einer konsequenten Vorarbeit eines BR.
Alles anderen Weg sind meist langwierig und nicht wirklich erfolgreich.