Erstellt am 19.05.2010 um 12:09 Uhr von grantel
wie kommt denn der AG an die Prognose vom Arzt? Wenn diese wirklich so ist sieht es schlecht aus für die MA.
Vielleicht Zeit schinden über eine befristete Erwerbsminderungsrente oder dann eher richtung Aufhebungsvertrag?
Erstellt am 19.05.2010 um 12:18 Uhr von rkoch
Die Kündigung könnte nach §1 KSchG nicht sozial gerechtfertigt sein. Dazu Wedde zu §1 KSchG:
Auch eine lang anhaltende Erkrankung kann ein Rechtfertigungsgrund für eine personenbedingte Kündigung darstellen. Auch dabei ist die soziale Rechtfertigung mit der Drei-Stufenprüfung (s. o. unter Rn 36) vorzunehmen. Danach ist zunächst eine negative Prognose hinsichtlich des voraussichtlichen Gesundheitszustandes erforderlich (Erste Stufe). Weiterhin müssen die zu erwartenden Auswirkungen des Gesundheitszustandes des AN zu einer erheblichen Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen führen (Zweite Stufe). Schließlich ist eine Interessenabwägung vorzunehmen, bei der zu prüfen ist, ob die erheblichen betrieblichen Beeinträchtigungen zu einer billiger Weise nicht mehr hinzunehmenden Belastung des AG führen (Dritte Stufe).
Stufe 1 ist definitiv erfüllt.
Stufe 2 - erhebliche Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen KANN erfüllt sein, insbesondere wenn der AG aus z.B. Tarifvertrag auch während der Arbeitsunfähigkeit verpflichtet wäre weiterhin Sonderzahlungen an den AN zu leisten. Auch wenn dies nicht der Fall ist kann eine solche Beeinträchtigung vorliegen, wenn es dem AG wegen der Planungsunsicherheit nicht möglich ist den betrieblichen Bedarf verlässlich zu decken. Wenn er aber bisher die Lücke mit z.B. Leiharbeiter gestopft hat sehe ich keine derartige Beeinträchtigung - schließlich kann er diesen Zustand ja problemlos weiter aufrecht erhalten.
Stufe 3 - Interessenabwägung - hängt davon ab, ob die ANin schutzbedürftig ist, z.B. ihre Langzeiterkrankung zum Schwerbehindertenstatus führt.
Insofern könnte eine KSch-Klage der ANin Erfolg haben. Außerdem gibt das gesagte ggf. auch einiges an Futter für eine Diskussion zwischen BR und AG.....
Aber faktisch rechtlich wirklich etwas unternehmen kann der BR nicht. Solange die MAin arbeitsunfähig ist, ist aber auch ein nicht erfolgter Widerspruch des BR nicht sooo bedenklich, die Lohnfortzahlung ist ja auch nach der Kündigung über die Krankenkasse erst mal sicher gestellt. Insofern kann sie in aller Ruhe erst mal in den KSch-Prozess gehen.
Bedenklich finde ich folgendes:
> GL hat nun eine Prognose vom Arzt bekommen das auf lange Sicht keine besserung eintreten wird.
Was ist mit der ärztlichen Schweigepflicht??????? Oder hat der AG den MDK eingeschaltet?
Erstellt am 19.05.2010 um 12:47 Uhr von grantel
liebste rkoch
das mit den betrieblichen Interessen sieht das BAG aber nicht so scharf. Auch die durch die Krankheit nicht mögliche Ausübung des Direktionsrecht und das Arbeiten mit aushilfen beeinträchtigt den AG
Was die Schweigepflicht angeht. Beim Arbeitsgericht stehen bei uns meistens die Arbeitnehmer die den Arzt entbunden haben
Erstellt am 19.05.2010 um 12:49 Uhr von Forentroll
Leider werden wir immer mehr mit diesem Thema konfrontiert. Denn seit letztem Jahr gibt es ein EUGH-Urteil zum Thema des Nchtverfallens von Urlaub. Aus diesem Grund hat der AG natürlich ein interesse hier die Mitarbeiter zu entsorgen!!!
Wir hatten mehrere sollcher Fälle und haben mit unserem Integrationsamt (wegen der Zustimmung wg. Schwerbehinderten) zusammengearbeitet. bei den Gerichtsprozessen 1. + 2. Instanz bekam leider der AG recht. So schön die von rkoch zitierten Meinungen - es zählen leider nur Urteile und nicht Meinungen - nicht helfen. Sobald irgendwie die negative Zukunftsprognose von zwei Jahren da ist - ist alles vorbei!!!
Erstellt am 19.05.2010 um 14:37 Uhr von rkoch
Forntroll, da hast Du definitiv mehr Erfahrung als wir - bei uns gab es zwar auch schon einige Fälle mit krankheitsbedingter Kündigung, aber die liefen alle auf Nichteignung hinaus - wurde aber jedes mal im Güteverfahren abgeschlossen - ein Urteil gab es nie.... Langzeitkranke sieht unsere Firma recht gelassen. Ein Kollege war mal über 4 Jahre krank ohne das die Firma kündigen wollte - wir haben dann sebst dafür votiert das die Firma kündigt, da der AN kurz vor der Rente stand und so den vorgezogenen Ruhestand in Anspruch nehmen konnte.... gekommen wäre er bis zur Rente sowieso definitiv nicht mehr. Beide Seiten haben das nach gründlicher Prüfung eingesehen und sich in dem Fall auch geeinigt so vorzugehen.
BTW: Ich habe ja auch nur die potentielle Möglichkeit in den Raum gestellt, das eine KSch-Klage Erfolg haben könnte. Um Ehrlich zu sein glaube ich selbst nicht wirklich daran, aber einen Versuch ist es wert - ihr habt schließlich genau so gehandelt.....
@grantel
> Beim Arbeitsgericht stehen bei uns meistens die Arbeitnehmer die den Arzt entbunden haben
Beim Gerichtsprozess ist das üblich, da der Richter sich ja ein Urteil erlauben können muss. Aber vorher?