Arbeitsrückkehr vor Ende der "Krankschreibung"?
Wenn ein Arbeitnehmer, der z.B. wegen Grippe bis zum 30.11. arbeitsunfähig erkrankt ist, am 20.11. hustend an seinem Arbeitsplatz erscheint und erklärt, er fühle sich fit und wolle wieder arbeiten, stellt sich die Frage:
Darf der Arbeitgeber ihn arbeiten lassen?
Die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung des Arztes stellt kein Beschäftigungsverbot dar.
Sie bedeutet nur, dass der Betreffende berechtigt ist, während der attestierten Dauer der Arbeitsunfähigkeit die Arbeit einzustellen.
Er kann also frei entscheiden, ob er trotz Erkrankung arbeiten will.
Ist nicht eindeutig erkennbar, ob der Arbeitnehmer wieder arbeiten kann,
ohne sich und andere zu gefährden, sollte der Arbeitgeber ihn auffordern, seinen Arzt aufzusuchen und sich die Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit bescheinigen zu lassen.
Auf jeden Fall ist man als Arbeitgeber immer auf der sicheren Seite, wenn man einen krank geschriebenen Arbeitnehmer, der zur Arbeit erscheint, wieder nach Hause schickt. Denn offiziell ist der Arbeitnehmer von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung befreit. Der Arbeitgeber leistet für die Zeiten der Krankschreibung auch Entgeltfortzahlung und keine Vergütung, ein nicht unerheblicher Unterschied.
Grundsätzlich muss der Arbeitnehmer sich nicht gesund schreiben lassen, wenn er nach Ablauf der bescheinigten Arbeitsunfähigkeit wieder zur Arbeit erscheint. Gegenteiliges wird man hingegen verlangen können, wenn der Arbeitnehmer vorzeitig zurückkehrt
Gehen Versicherte ihrem Job nach, obwohl sie sich arbeitsunfähig gemeldet haben, kann das böse Folgen haben. "Wer unrechtsmäßig Krankengeld erhält, muss es auf jeden Fall zurückzahlen - das kann teuer weren", sagte Rechtsanwalt Hubert von Bühren aus Köln am Mittwoch dem dpa-Themendienst. Angestellte sollten daher nicht etwa aus Ehrgeiz im Betieb mithelfen, wenn sie krankgeschrieben sind, so der Vorsitzende der ARGE Versicherungsrecht des Deutschen Anwaltvereins in Berlin. Auch Selbstständige dürfen in diesem Fall keinen Geschäften mehr nachgehen - dies werde durch die Krankenkasse streng kontrolliert.
Wenn jemand zu Unrecht Krankentagegeld kassiert, könnten Gerichte dies außerdem als Betrug werten. "Daduch machen sich Versicherte unter Umständen sogar strafbar", sagt van Bühren. "Wer trotz Arbeitsunfähigkeit nebenbei arbeitet, riskiert zudem seinen Versicherungsschutz". So drohe etwa eine fristlose Kündigung der privaten Krankentagegeldversicherung, wenn das Verhalten des Versicherten als arglistische Täuschung ausgelegt wird.
Der Arbeitgeber kommt jedoch dann nicht in Verzug, wenn der Arbeitnehmer zur Zeit des Angebots außerstande ist, die geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen. Bei der Beurteilung des Leistungsvermögens ist nicht auf die subjektive Einschätzung des Arbeitnehmers, sondern auf die objektiven Umstände der Leistungsfähigkeit abzustellen. Ist daher ein Arbeitnehmer objektiv aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage, die vereinbarte Arbeitsleistung zu erbringen, so kann das fehlende Leistungsvermögen nicht allein durch den Willen des Arbeitnehmers ersetzt werden, trotz objektiver Leistungsunfähigkeit einen Arbeitsversuch zu unternehmen. Ist der Arbeitnehmer tatsächlich arbeitsunfähig, so schuldet der Arbeitgeber kein Arbeitsentgelt.
LG Hamm (Az. 17 Sa 605/88):
Leitsatz
1. Der Arbeitgeber ist zumindest dann, wenn die Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers objektiv feststeht, dieses beiden Arbeitsvertragsparteien bekannt ist, der Arbeitnehmer aber sehendes Auges gleichwohl arbeiten will, aus seiner Fürsorgepflicht heraus verpflichtet, den Arbeitnehmer von dieser Arbeit abzuhalten.
Zusammenfassend lässt sich also feststellen, dass der Arbeitnehmer schon einmal kein "Wahlrecht" hat, wenn er bereits im Krankengeldbezug steht oder etwa Krankentagegeld erhält.
Dann steht auf den AUB "voraussichtliche" Dauer der Arbeitsunfähigkeit... daraus könnte man ableiten, dass der Arzt nicht einschätzen konnte, wie lange die Arbeitsunfähigkeit andauert; dessen ungeachtet hätte er aber eine kürzere Frist auf der AUB benannt, wenn er von einer kürzeren Frist ausgegangen wäre... Daraus würde ich folgern, dass man sich nicht selbst für arbeitfähig erklären kann, selbst dann wenn die angegebene Dauer der AU "überzogen" scheint.
Dazu kommt noch - weder der Arbeitnehmer noch der Arbeitgeber verfügen über das med. Wissen - der Arbeitnehmer kann subjektiv seine Arbeitsfähigkeit zwar feststellen - aber objektiv dennoch nicht arbeitsfähig sein und der Arbeitgeber kann ebenfalls nicht den gesamten Fall wirklich beurteilen, es sei denn er sähe einen Gipsverband etc.
Dann sehe ich persönlich Probleme mit der gesetzlichen Unfallversicherung:
§ 21 Verantwortung des Unternehmers, Mitwirkung der Versicherten
(1) Der Unternehmer ist für die Durchführung der Maßnahmen zur Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten, für die Verhütung von arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren sowie für eine wirksame Erste Hilfe verantwortlich
(...)
3) Die Versicherten haben nach ihren Möglichkeiten alle Maßnahmen zur Verhütung von Arbeitsunfällen, Berufskrankheiten und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren sowie für eine wirksame Erste Hilfe zu unterstützen und die entsprechenden Anweisungen des Unternehmers zu befolgen.