rainer, bitteschön
Wer sich als betrieblicher Interessenvertreter nicht zwischen den Gremien entscheiden kann, riskiert womöglich Ärger.
Wie alle vier Jahre finden in diesem Jahr noch bis zum 31. Mai die regelmäßigen Betriebsratswahlen statt. Nicht wenige engagierte Mitglieder der Jugend und Auszubildendenvertretung (JAV) haben sich zur Wahl gestellt – und das ist gut so!
Sie bringen in der Regel – darin sind sich viele altgediente Betriebsratsmitglieder einig – frischen Wind, neue Ideen in das Gremium ein und sorgen vor allem für eine höhere Akzeptanz des Betriebsrats bei den jüngeren Beschäftigten.
Und viele Betriebsräte rekrutieren letztlich ihren Nachwuchs aus der JAV. Es ist ja allgemein bekannt, dass viele, die als Betriebsratsmitglieder erfolgreich die Interessen der Beschäftigten vertreten, den Grundstock ihrer Tätigkeit in der JAV gelegt haben.
Aber Achtung: Im Gegensatz zum Öffentlichen Dienst, wo das Bundespersonalgesetz gilt und aufgrund dessen eine gleichzeitige Mitgliedschaft im Personalrat und der JAV möglich ist, hat der Gesetzgeber für die in der Privatwirtschaft tätigen Gremien ausdrücklich eine Doppelmitgliedschaft ausgeschlossen.
Demnach steht Betriebsratsmitgliedern zur JAV das so genannte passive Wahlrecht nicht zu. Betriebsratsersatzmitglieder – auch solche, die vorübergehend nachgerückt waren – können jedoch gewählt werden. Im Umkehrschluss ergibt sich aus der gesetzlichen Vorgabe, dass JAV-Mitglieder ihre Mitgliedschaft in der JAV sofort verlieren, wenn sie in den Betriebsrat gewählt wurden. Somit endet das JAV-Amt spätestens in der konstituierenden (ersten) Sitzung des neu gewählten Betriebsrats.
Die JAV sollte das rechtzeitig einkalkulieren und prüfen, ob noch entsprechend viele Ersatzmitglieder vorhanden sind. Sind keine Ersatzmitglieder mehr vorhanden, blüht im Einzelfall eine vorzeitige Neuwahl der JAV.
Handelt es sich bei dem ausscheidenden JAV-Mitglied um den/ die Vorsitzende(n), so sollte auf jeden Fall eine ordnungsgemäße Amtsübergabe erfolgen. Vertreter eines einköpfigen Gremiums sollten die Zeit nutzen, den bisherigen "Vertreter" einzuarbeiten und insbesondere mit allen aktuell wichtigen Informationen zu versorgen.
Was haben nun JAV-Mitglieder zu beachten, die nicht direkt gewählt wurden, sondern lediglich Ersatzmitglieder des Betriebsrats sind? Hier heißt es aufpassen: Wer als JAV-Mitglied im Fall des Ausscheidens eines Betriebsratsmitglieds dauerhaft in den Betriebsrat nachrückt, verliert ebenfalls zum Zeitpunkt der offiziellen Amtsannahme seine JAV-Mitgliedschaft.
Will der Betroffene aber partout Mitglied der JAV bleiben und nicht im Betriebsrat mitarbeiten, so muss er diese (nicht zu widerrufende) Entscheidung eindeutig gegenüber dem Betriebsrat erklären.
Problematischer wird es, wenn ein JAV-Mitglied in seiner Funktion als Ersatzmitglied im Fall der zeitweiligen Verhinderung eines ordentlichen Betriebsratsmitglieds (zum Beispiel wegen Erholungsurlaub oder Erkrankung) vorübergehend in den Betriebsrat nachrückt.
Auch wenn es in Teilen der aktuellen Fachliteratur (vgl. Däubler/Kittner/ Klebe: Kommentar zum Betriebsverfassungsgesetz; BetrVG) nicht zu Unrecht anders gesehen wird: Das höchste deutsche Arbeitsgericht (BAG) hat in einer vor zig Jahren gefällten Entscheidung (Urteil vom 21.8.1979) die Auffassung vertreten, dass auch bei einer einmaligen vorübergehenden "Vertretung" die JAV-Mitgliedschaft endet.
Wie soll sich nun ein JAV-Mitglied verhalten, wenn es in seiner Funktion als Betriebsratsersatzmitglied eine Einladung zur nächsten Betriebsratssitzung erhält?
Hier gibt es nur eine Lösung: Das betroffene JAV-Mitglied muss sich für die weitere JAV-Tätigkeit oder aber für die zukünftige Funktion als Betriebsratsersatzmitglied entscheiden.
Bei einer Entscheidung für die JAV gilt: Eine entsprechende Erklärung über die Niederlegung des Betriebsratsamts muss zur Klarheit für die künftige Betriebsratsarbeit gegenüber dem Betriebsrat abgegeben werden. 'Rumeiern nutzt hier nichts. Wer zum Beispiel definitiv in seiner Eigenschaft als Vertreter der JAV gemäß § 67 BetrVG an Betriebsratssitzungen teilnimmt, obwohl er zu den Betriebratssitzungen als Ersatzmitglied eingeladen wurde, riskiert, dass sein Verhalten vom Betriebsrat als Niederlegung des Betriebsratsamtes bewertet wird.
Eine derartige Bewertung des Verhaltens eines JAV-Mitglieds durch den Betriebsrat hat im Übrigen das Hessische Landesarbeitsgericht kürzlich bestätigt (Beschluss vom 06.09.2001 – Az. 12 TaBV 47/01). In diesem Fall hat das Gericht betont, dass es ausdrücklich Sache des JAV-/Betriebsratsersatzmitglieds ist, klarzustellen, ob er sein JAV-Amt weiter ausüben will oder nicht.
Vorsicht Falle: Nach Auffassung des LAG kann eine derartige Erklärung auch durch ein so genanntes "schlüssiges Verhalten" abgegeben werden. Im konkreten Fall bestand es darin, dass das JAV-Mitglied – obwohl als Ersatzmitglied zu Betriebsratssitzungen geladen – in seiner Eigenschaft als Vertreter der JAV teilnahm und auch später in dieser Funktion blieb.
http://www.dgb-jugend.de/dgb_jugend/newsletter_soli/artikel_suchen/soli-artikel_2002/ausgabe_5_02/jav_oder_betriebsrat_-_eines_geht_nur
(aus Soli aktuell 5/02, Seite 6, Autor Wolf-Dieter Rudolph)