Hallo b. trübung,
ich bin im Moment ebenfalls in so einer Situation: unsere Firma musste vor zwei Wochen Insolvenz anmelden. Meine Partnerin hat mir vor ein paar Tagen gesagt, dass sie mich in all den Jahren, die wir jetzt schon zusammen sind, noch nie so "abgewirtschaftet" erlebt hat.
Kein Wunder, wenn alle was von einem wollen: die Kolleg/innen, der Chef, der Insolvenzverwalter, und im Hinterkopf kreist immer die Frage: nebenbei Bewerbungen schreiben oder nicht? Ich will ja nicht weg von hier, und ich fühle mich für meine Kolleg/innen verantwortlich. Aber wenn ich erst dann auf Jobsuche gehe, nachdem ich hier das Licht ausgemacht habe, könnte es zu spät sein...
Ich mache seitdem in meiner Freizeit konsquent nur noch das, worauf ich Lust habe (von den üblichen häuslichen Pflichten mal abgesehen). Soziale "Pflichttermine" habe ich bis auf Weiteres über Bord geschmissen, wenn mir nicht nach Kontakt mit anderen Leuten ist. Und zu Hause bleibt alles liegen, was keine dringende Terminsache ist oder einem zivilisiertem Leben zuwider läuft: natürlich muss das Bad nach wie vor regelmäßig geputzt und Behördenpost bearbeitet werden, aber das neue CD-Regal frisst kein Brot und kann gut und gerne erstmal noch im Keller stehen bleiben. Wenn ich Lust habe, es aufzubauen, mache ich es. Wenn nicht: so what?!
Davon abgesehen hilft mir der Sport ungemein: ich laufe regelmäßig (auch Wettkämpfe), und dabei kann ich Stress und Ärger sehr gut loswerden. Kann ich nur empfehlen.
Und ganz wichtig: drüber reden! Meine Partnerin und ich haben immer ein offenes Ohr für die Probleme des anderen. Da gibt es kein "Jetzt nicht, Sportschau läuft!" oder "Kannst Du Dich bitte gedulden, bis meine Serie zu Ende ist?" Mir hilft das sehr, zumal ich manchmal den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr sehe, wenn meine Gedanken zu lange um eine Sache kreisen. Es ist immer gut, wenn man sich selbst öfter mal von außen anguckt bzw. angucken lässt.
Ich kann mich im Zweifelsfall auch immer gut selbst in die Pflicht nehmen: die MA haben mich gewählt, also haben sie auch einen Anspruch darauf, dass ich für sie da bin. Und auch wenn es manchmal schwer fällt und ich dem einem oder anderen Kollegen gerne an den Kopf knallen würde, was das denn für eine bescheuerte Frage ist und dass er mir im Moment tierisch auf den Geist geht, mache ich es nicht. Das hat er nicht verdient. Ich denke, in solchen Situationen muss man Verstand und Emotionen unbedingt voneinander trennen und sich klarmachen: man wird nicht als ganze Person mit all ihren Befindlichkeiten und privaten Problemen angesprochen, sondern als Mandatsträger. Also tritt auch nur der Mandatsträger dem Kollegen gegenüber in Erscheinung. Das zu können ist aber nicht einfach, man muss es regelmäßig üben.
Vielleicht hat Dir das eine oder andere geholfen, was ich hier losgeworden bin. Auf alle Fälle viel Kraft für Dich!
Gruß
khel