Erstellt am 05.06.2019 um 07:22 Uhr von Kratzbürste
Du kannst nichts tun. Ohnehin ist ja deine einzige Chance darzulegen, dass der BR nicht ordnungsgemäß gehört wurde.
Und wenn der Kammertermin auf Dezember festgelegt wurde- - das allein sagt schon was......
Bis dahin hast du hoffentlich einen anderen Arbeitsplatz gefunden.
Erstellt am 05.06.2019 um 08:41 Uhr von Cyber99
Bei dieser Fragestellung würde ich persönlich lieber einen Anwalt befragen.
Da mich solche Fälle aber interessieren und ich als wissbegieriger BR immer auch auf solche Fälle vorbereitet sein will wage ich mal eine Interpretation und hoffe, dass ich nicht ganz falsch liege:
Da die Kündigung innerhalb der Wartezeit ausgesprochen wurde, muss der Arbeitgeber keine Gründe nennen bzw. kann irgendwelche beliebige Gründe nennen. Eine sozial ungerechtfertigte Kündigung in der Wartezeit gibt es nicht. Daher gibt es faktisch für den BR auch keine Widerspruchsgründe. Die Kündigung könnte im besten Fall noch unwirksam sein, weil die Anhörung nicht korrekt bzw. unvollständig war.
Trotzdem hat der BR in diesem Fall widersprochen, und dieser Widerspruch löst meines Erachtens den Weiterbeschäftigungsanspruch gem. §102 Abs. 5 aus. Allerdings könnte sich nun der Arbeitgeber per einstweiliger Verfügung wegen der in Abs. 5 Nr. 1-3 genannten Gründe von der Weiterbeschäftigungspflicht entbinden lassen, und da wäre er in diesem Fall vermutlich erfolgreich. Gleichzeitig sehe ich wenig Chancen, dass Du im Kammertermin erfolgreich sein wirst und selbst wenn - wie geht es dann weiter?
Wenn Du mich fragst - leider ein aussichtsloser Fall!
Erstellt am 05.06.2019 um 09:23 Uhr von uidg9897
Danke für die Antworten.
Der Betriebsrat hat in seinem Widerspruch ganz klar erwähnt, dass der Arbeitgeber im Vorfeld einen anderen Kündigungssachverhalt vorgetragen hat, nämlich Mitarbeiter betreibt ein Nebengewerbe, hat sich keine Zustimmung beim Arbeitgeber geholt usw. Leider ist diese Information sogar total falsch, mein Chef hätte diese Information aber gegoogelt, dadurch Vertrauensbruch gegeben. Deswegen stützte er diese Kündigung darauf, weil er sich anscheinend seiner Sache sicher ist und ich in der Wartezeit sowieso nichts machen könne.
Stattdessen wurden vom Arbeitgeber in der offziellen Anhörung neue Kündigungsgründe vorgeschoben, die nicht nur persönliche Werturteile sind, sondern Tatsachen wie "Der Mitarbeiter ist nicht termintreu", was aus meiner Sicht komplett überraschend/falsch ist und hätte dazu näher substantiert werden müssen. Unser Betriebsrat hat die Personalerin auch auf diese Fehler hingewiesen, aber Sie war der Meinung "Ach ist doch nur eine Probezeitkündigung, daher kein Stress".
Im Übrigen wurde mir die Kündigung sogar an eine alte Adresse zugestellt, das heißt ich habe Sie bis heute nicht bekommen, obwohl der Firma meine aktuelle Anschrift bekannt war.
Auf diese beiden oben genannten Punkte stütze ich meine Klage. In der Güteverhandlung hat man mir lediglich ein Monatsgehalt als Abfindung angeboten, was ich aber abgelehnt habe, da ich weiterhin durchaus gute Chancen sehe, den Prozess zu gewinnen.
Erstellt am 05.06.2019 um 09:37 Uhr von Cyber99
@uidg9897
Hast Du etwa einen Anwalt der Dir diesen Weg vorgeschlagen hat? Das kann ich fast nicht glauben. Wenn Du Deine Klage auf die von Dir genannten Punkte stützt, dann bist Du aber auf sehr sehr dünnem Eis unterwegs. Ich kann Dir da im besten Willen keine Hoffnung machen.
Die angebotene Abfindung von einem Monatsgehalt halte ich für ein gutes Angebot, da in solchen Fällen normalerweise überhaupt keine Abfindung bezahlt wird. Der Arbeitgeber hoffte wahrscheinlich darauf, dass sich die Sache damit erledigt und nicht unnötig in die Länge zieht und auf seiner Seite weitere Anwaltskosten verursacht.
Erstellt am 05.06.2019 um 10:28 Uhr von uidg9897
Sowohl der Betriebsrat als auch mein Anwalt haben mir empfohlen, es auf den Kammertermin ankommen zu lassen um ein Urteil zu erzwingen. @Cyber99 Findest du dieses Verhalten des Arbeitgebers rechtmäßig ? Natürlich genießt der Arbeitgeber Kündigungsfreiheit in der Wartezeit, aber ich bin doch kein Spielball der Firma. Ich arbeite seit 5 Jahren für diese Firma, vorher hauptsächlich im Leiharbeitsverhältnis in anderen Abteilungen. Mein Chef hatte gar keinen Grund mich zu entlassen, sondern missbraucht nur seine Macht. Die ganze Abteilung war schockiert von dieser Maßnahme.
Erstellt am 05.06.2019 um 11:00 Uhr von Cyber99
@uidg9897
Es geht gar nicht darum ob man das Verhalten von Arbeitgebern rechtmäßig oder besser gesagt gerecht oder auch für moralisch vertretbar hält. Da muss man differenzieren. Rechtmäßig ist alles, was vor Gericht bestand hat, das will noch lange nicht heißen, dass es gefühlt gerecht und auch moralisch einwandfrei ist - aber letztendlich zählt nur das, was das Gericht letztendlich entscheidet. Für den Einzelfall ist so etwas immer bitter und da kann ich mich sehr gut in Dich hineinversetzen. Für den Betroffenen bricht immer eine Welt zusammen und man steht ziemlich hilflos da. Juristisch gibt es aber in Deinem Fall keinen Blumentopf zu gewinnen. Jetzt stell Dir mal vor Du gewinnst den Prozess - was passiert dann? Dein Chef hat ziemlich klar signalisiert, dass er Dich nicht haben will und auch ein durch dich gewonnener Kündigungsschutzprozess wird ihn nicht von dieser Meinung abbringen. Das kann bestenfalls ein Pyrrhussieg werden. An einem solchen Arbeitsverhältnis festhalten zu wollen, halte ich, wenn nicht ganz gewichtige Faktoren und Randbedingungen eine maßgebliche Rolle spielen, für völligen Unfug.
Erstellt am 05.06.2019 um 11:30 Uhr von uidg9897
@Cyber99 Da gebe ich dir absolut Recht, es geht mir auch nicht darum, längerfristig bei meinem Chef beschäftigt zu sein, da es genug andere Stellen in der Firma gibt. Aber mein Chef ist der Meinung, ich solle mich nicht mehr in dieser Firma bewerben, sonst würde er das verhindern durch schlechtes Feedback etc. Wenn ich mich aber bei einer anderen Firma bewerbe sollte, würde er mir ein positives Arbeitszeugnis ausstellen. Es handelt sich bei meinem Arbeitgeber um einen großen Automobilzulieferer. Also der Punkt ist einfach ich kann die Kündigung so nicht hinnehmen, da offensichtlich Formfehler seitens des Arbeitgebers passiert sind. Meine rechtlichen Angriffspunkte sind wie bereits erwähnt keine Zustellung der Kündigung bis heute und fehlerhafte Anhörung des Betriebsrats. Das sind doch eigentlich starke Argumente in so einem Verfahren,
meinst du nicht ? Außerdem ist die Frage ob mir ein Weiterbeschäftigungsanspruch zusteht bis zum rechtskräftigen Urteil, so deute ich zumindest betrvg 102. Der Betriebsrat ist sich sehr sicher, dass die Anhörung nicht ordnungsgemäß war.
https://www.anwalt.de/rechtstipps/achtung-bei-probezeitkuendigung-und-betriebsratsanhoerung_067001.html
Auch BAG Urteil zeigt auch, dass hier Chancen bestehen.
Erstellt am 05.06.2019 um 11:55 Uhr von Cyber99
@uidg9897
Du glaubst doch nicht allen Ernstes, dass Du in dieser Firma in einer anderen Abteilung noch mal einen Job bekommst, wenn Du gegen die Firma klagst?
Gesetzt der Fall, die Kündigung wäre unwirksam, weil der Arbeitgeber den Zugang nicht nachweisen kann, dann müsste dein Arbeitgeber dich zwar weiter beschäftigen was er aber aller Voraussicht nach nicht tun wird. Dann geht es wieder nur darum, wie man sich einigt.
Erstellt am 05.06.2019 um 12:08 Uhr von uidg9897
Der Rechtsanwalt des Arbeitgebers hatte mir nach der Güteverhandlung gedroht, falls ich den Prozess gewinnen sollte, wird die Firma dafür sorgen, dass ich weiterhin beim jetzigen Chef beschäftigt sein werde, was ich sehr amüsant finde. Ich glaube auch nicht daran, dass Sie in Berufung gehen werden. Sowieso spielt der Arbeitgeber ein riskantes Spiel mit dieser Kündigung wegen Annahmeverzug des Lohn/Gehalt. Im schlimmsten Fall verliere ich den Prozess und müsste nur die Gerichtskosten zahlen, dieses Risiko gehe ich gerne um Gerechtigkeit zu erreichen. Ich habe volle Unterstützung meiner ehemaligen Chefs aus den anderen Abteilungen. Mein jetziger Chef genießt auch nicht den besten Ruf in der Firma und wird von allen Seiten kritisiert, weil die Abteilung zu wenig leistet.
Daher möchte ich es drauf ankommen lassen.
Erstellt am 05.06.2019 um 12:53 Uhr von Catweazle
Nach meiner Meinung tendiert deine Chance auf Weiterbeschäftigung gegen Null. Wegen deiner vermeintlichen Nebentätigkeit und Termintreue will der Arbeitgeber dich offensichtlich nicht kündigen. Also muss er diese Gründe dem Betriebsrat auch nicht mitteilen. Der Weiterbeschäftigungsanspruch besteht nur wenn der Betriebsrat nach einem der Gründe aus dem 102er widersprochen hat. Das wird ihm schwerfallen wenn der Arbeitgeber keine Gründe benötigt. Dein Anwalt glaubt wohl auch nicht daran, sonst hätte er dir zu einer einstweiligen Verfügung geraten.
Erstellt am 05.06.2019 um 13:12 Uhr von uidg9897
@Catweazle Der Betriebsrat hat sein Widerspruch aber auf die 5 genannten Gründe nach btrvg 102 bezogen. Er hat aber in der Begründung auch klargemacht, dass Ihm im Vorfeld ein anderer Kündigungsgrund genannt wurde, nämlich das ich Inhaber eine Nebengewerbes bin, was nicht der Fall ist. Stattdessen schreibt man pasuchal als offizielle Kündigungsgründe in die Anhörung "Der Mitarbeiter war nicht termintreu". Allein diese Tatsache hätte nach BAG Urteil substantiert werden müssen, was leider nicht geschehen ist. Wie kann sich mein Chef überhaupt auf Google/Internet verlassen und einfach falsche Behauptungen anstellen, ohne mit mir darüber zu sprechen. 5 Monate lang war alles in Ordnung und dann kommt er plötzlich mit sowas an ? Die Firma unterstützt Ihn noch dabei und geht ein hohes Risiko ein. Mein Anwalt meinte zu mir ich solle die Güteverhandlung(war gestern) abwarten. Die Frage stellt sich nun ob ich beim Gericht meinen Anspruch durchsetzen sollte per einstweiliger Verfügung, weil die in 102 Abs. 5 Nr. 1-3 genannten Gründe auf meine Klage nicht zutreffen.
Erstellt am 05.06.2019 um 14:00 Uhr von Catweazle
Der BR muss WIRKSAM widersprochen haben. Hat er z. B. Exakt einen Arbeitsplatz benannt an dem du weiterbeschäftigst werden kannst? Dann muss dieser Arbeitsplatz auch noch frei sein oder kurzfristig frei werden. Eine Sozialauswahl muss der Arbeitgeber nicht durchführen.
Ein Widerspruch der einen Weiterbeschäftigungsanspruch auslöst halte ich für sehr unwahrscheinlich.
Deine Nebentätigkeit ist als Grund nicht genannt, also wird sich der Richter nicht beschäftigen.
Das Risiko mit den Gerichtskosten willst du eingehen. Du scheinst aber das angebotene Monatsgehalt als Abfindung zu vergessen. Das könnte nach dem Kammertermin weg sein.
Ich würde versuchen außergerichtlich eine höhere Abfindung zu bekommen.
Erstellt am 05.06.2019 um 14:45 Uhr von uidg9897
Wieso wird der Betriebsrat dann überhaupt angehört bei Probezeitkündigungen, wenn der maßgebliche Kündigungssachverhalt sowieso nicht mitgeteilt werden muss, sprich der Betriebsrat irreführend bzw. unvollständig benachrichtigt wird ? Was bringt dieser Prozess überhaupt außer Verwirrung auszulösen ? Der Betriebsratmitglied, der im Rahmen meiner Kündigung im Vorfeld die Gespräche mit meinem Chef und HR geführt hat, Ihm wurde ja auch dieser hauptsächliche Sachverhalt vorgetragen.
Er hat HR auch auf diesen Fehler nach der Anhörung hingewiesen, trotzdem sagte HR ist nur Probezeit, da kann Arbeitnehmer sowieso nichts ausrichten.
Wieso war man sich so selbstsicher, weil man mit einer Klage nicht gerechnet hat. Und jetzt hat man das Dilemma.
Erstellt am 05.06.2019 um 16:01 Uhr von Deichläufer
Hallo uidg9897
jetzt lass den 102er mal eben kurz außen vor und konzentriere dich einfach mal auf den §1 Abs.1 KSchG (ich meine jetzt die Stelle wo etwas von 6 Monaten steht). Und dann schaue bitte noch einmal auf den §622 Abs.3 BGB. Und mich würde jetzt brennend interessieren, mit welcher Begründung in deinem Fall der BR widersprochen hat. Denn so wie ich deinen Beitrag verstanden habe sehe ich keine Möglichkeit für einen rechtlich "wirksamen" Widerspruch. Jetzt kommen wir mal wieder zum §102 BetrVG. Mit dem dreht der AG dir jetzt eine lange Nase indem er sich einfach auf den §102 Abs.5 Satz2 Nr.3 BetrVG beruft, was in diesem Fall gute Aussichten hätte und somit §102 Abs.5 Satz 2 Nr.1 BetrVG eintritt.
Erstellt am 05.06.2019 um 16:26 Uhr von uidg9897
Ok das habe ich schon verstanden. Sprich es ist unwahrscheinlich einen Weiterbeschäftigungsanspruch nach btrvg 102 durchsetzen zu können. Die Frage bleibt nun was macht der Richter mit der Betriebsratanhörung und der Nicht-Zustellung der Kündigung ?
Natürlich habe ich in der Güteverhandlung erstmal blockiert und wollte keine Abfindung. Wenn ich verhandelt hätte, wäre sicherlich noch mehr drin gewesen. Aber noch ist nichts verloren. Aber findet Ihr die Anhörung wirklich ordnungsgemäß ? Es gibt verschiendste Gerichtsurteile zu diesem Thema, also ein einfacher Fall ist es nicht. Danke an allen für die zahlreiche Beteiligung zu diesem Thema.
Erstellt am 05.06.2019 um 16:41 Uhr von Cyber99
@uidg9897
Es mag ja durchaus sein, dass die Kündigung wegen der nicht ordnungsgemäßen Anhörung unwirksam ist. Mir ist aber nicht ganz klar, was Du mittelfristig erreichen willst. Eine hohe Abfindung wird ein Arbeitgeber in einem solchen Fall nicht zahlen, weiterbeschäftigen wird er dich auch nicht. Du sitzt jetzt zunächst mal für die nächsten Monate zu Hause und bekommst vermutlich kein Geld. Mit Glück gewinnst Du den Prozess und bekommst Die Kohle, wenn Du Pech hast gehst Du leer aus. Die persönlichen Lebensumstände, das Alter etc. spielen natürlich auch immer eine Rolle, wie man sich in einer solchen Situation verhält, ich spiele so ein Spiel auch schon seit zwei Jahren, aber mit einer völlig anderen Ausgangssituation und völlig anderen Rahmenbedingungen. Bei Dir erschließt sich mir der Sinn Deines Handelns nicht wirklich. Wenn Du eine Chance auf einen neuen Job hättest wäre das mit Sicherheit die bessere Option.
Erstellt am 05.06.2019 um 19:28 Uhr von uidg9897
@cyber99 Natürlich werde ich versuchen so schnell wie möglich einen anderen Job zu finden(sollte als Softwareingenieur auch kein Problem sein). Es war aber trotzdem psychisch schwer für mich, die Kündigung zu verdauen, vor allem wegen der Art und Weise, wie der Vorgang abgelaufen ist. Ich habe schließlich 5 Jahre für diese Firma gewissenhaft gearbeitet. Es tut weh von seinem Vorgesetzten kurz vor Ende der Probezeit plötzlich so gekündigt zu werden, dann gibt er einem noch das Gefühl, total machtlos zu sein und er könne mit einem machen und tun, was Ihm in den Sinn kommt. Genauso so hat er mir die Kündigung übrigens auch vorgetragen, in total verletzender Form und ich habe für einen kurzen Moment sehr emotional darauf reagiert. Und das er noch meine weitere berufliche Karriere versucht zu beeinflussen. Ich kämpfe gegen seine Unehrlichkeit. Ich möchte das er zu seinen Aussagen/Annahmen steht und nicht überall was anderes über meine Person erzählt. Ich bin zwar kein Anwalt, aber der Vorsitzende hat im Gütetermin schon durchsickern lassen, dass der Arbeitgeber hier auch ein Verfahrensrisiko eingeht. Daher bin ich optimistisch gestimmt und hoffe auf einen positiven Ausgang.
Erstellt am 05.06.2019 um 22:09 Uhr von Cyber99
@uidg9897
Ich kann Deine Gefühle sehr gut nachvollziehen, da ich das selbst in eine noch viel krasseren Form miterlebt habe und auch heute noch täglich miterlebe. Am Anfang war das für mich genau so schwer und ich war voller Wut und Hass und war zutiefst getroffen und auch psychisch angeschlagen. Da gehen schon die Emotionen mit einem durch. Ich habe dann aber relativ schnell einen vermeintlich gesunden und für mich und meine Familie vertretbaren Weg gefunden um mit der Situation umzugehen. Geblieben ist bei mir allerdings auch eine gewisse Machtlosigkeit und die verspüre ich nicht nur gegenüber meinem Arbeitgeber sondern zusätzlich auch noch gegenüber meinem nutzlosen BR-Gremium. Du gehörst offensichtlich auch zu dem Schlag der bereit ist den Kampf gegen die Ungerechtigkeit aufzunehmen, so wie ich es auch getan habe. Auch bei mir ist das letzte Wort noch nicht gesprochen und es stehen weitere Gerichtstermine aus. Man muss aber genau wissen, worauf man sich da einlässt. Da kann ich Dir nur viel Glück und einen guten Ausgang für die Geschichte wünschen. Und du kannst glauben - auch mir haben sehr viele Mensche davon abgeraten diesen steinigen Weg zu beschreiten, es gab aber auch viele, die mich immer wieder ermutigt haben. Ob es der richtige Weg war, weiß man vermutlich erst hinterher.
Erstellt am 06.06.2019 um 14:29 Uhr von Pjöööng
So wie Du das hier schilderst wird der BR hier sicherlich keinen beachtlichen Widerspruch abgeliefert haben, denn dazu reicht es nicht, einfach zu schreiben "Wir widersprechen der Kündigung gemäß § 102 (3) Nr. 1-5., weil der Arbeitgeber im Vorfeld andere Gründe genannt hat und der Kündigungssachverhalt unvollständig bzw. irreführend seitens des Arbeitgebers vorgetragen wurde." Der BR hätte hier konkrete Fakten zu den Gründen im § 102 BetrVG liefern müssen! Das wird hier kaum möglich sein, weil es sich nicht um eine betriebsbedingte Kündigung handelt.
Ich habe ehrlich gesagt auch erhebliche Zweifel dass Du Dich tatsächlich durch einen Anwalt vertreten lässt. Der hätte Dich eigentlich schon verwundert fragen müssen wie Du fristgerecht Klage gegen eine Kündigung einreichen willst, die Du doch nach Deinen eigenen Angaben gar nicht erhalten hast. Mit so einer Behauptung macht man sich doch nur lächerlich. Als Richter würde ich solch eine Klage vermutlich auch weit unten in den Stapel legen.
Die Anforderungen an die Begründung einer Probezeitkündigung sind nicht sonderlich hoch. Insofern bleibt allenfalls die Hoffnung auf eine fehlerhafte Anhörung des BR. Ob die hier gegeben ist, weiß hier niemand. Ich würde jedenfall nicht darauf vertrauen wollen.
Zitat (uidg9897)
"Wenn ich mich aber bei einer anderen Firma bewerbe sollte, würde er mir ein positives Arbeitszeugnis ausstellen."
Solche Zeugnisse lesen sich häufig sehr komisch: "Der Mitarbeiter war toll, super und eine Stütze des Unternehmens. Deshalb haben wir uns innerhalb der Probezeit von ihm getrennt, was wir aber außerordentlich bedauern."
Insofern kann man ruhigen Gewissens auf Deine Frage "Was kann ich dieser langen Zeit nur tun, um wieder arbeiten gehen zu können ?" nur antworten:
1) Bewerben!
2) Bewerben!!
3) Bewerben!!!
Ich persönlich hätte hier noch ein positives Zeugnis mit entweder dem Schlusssatz "Herr uidg9897 verlässt uns auf eigenen Wunsch, was wir sehr bedauern. Wir wünschen ihm alles Gute bei seinem weiteren beruflichen Werdegang", oder "Im Zuge von Personalabbaumaßnahmen waren wir gezwungen die Kündigung innerhalb der Probezeit auszusprechen, was wir außerordentlich bedauern. Wir wünschen Herrn uidg9897 alles Gute für seinen weiteren beruflichen Werdegang." herausgehandelt, hätte die Abfindung genommen und wäre fröhlich pfeifend vom Hof gegangen.
Erstellt am 06.06.2019 um 20:54 Uhr von uidg9897
@Pjöööng Ich lasse mich nur von Anwälten beraten, nicht vertreten. Es herrscht insgesamt aber eine zweigeteilte Meinung. Die Kündigung ist mir ja auch nicht zugestellt worden, sondern von der falschen Adresse zurück an die Firma gegangen, das kann der Arbeitgeber ja nicht leugnen. Meine neue Anschrift war der Firma auch bekannt, aber HR hat sich nicht die Mühe gemacht im System richtig nachzuschauen. Bis Dezember habe ich ja noch Zeit, erstmal muss der Arbeitgeber sich zu meiner Klage äußern und dann gibts nochmal die Gelegenheit, mich selber zu verteidigen. Der Druck auf Arbeitgeberseite wächst mit dem Fortlaufen der Zeit wegen Annahmeverzug beim Lohn. So siegesischer wirkte der Anwalt des Arbeitgebers auch nicht nach der Güteverhandlung. Er hat mir u.a. gedroht, falls ich den Prozess gewinne, werde ich wieder in der gleichen Abteilung weiterschäftigt. Die rechnen doch auch mit dem schlimmsten und gehen dieses Risiko ein.
Erstellt am 07.06.2019 um 15:03 Uhr von Pjöööng
Wenn Dir die Kündigung nicht zugestellt wurde, wie kannst Du dann gegen diese Kündigung klagen? Und das auch noch "fristgerecht"? Du bist doch erst gekündigt wenn Dir die Kündigung zugegangen ist.
"Bis Dezember habe ich ja noch Zeit, erstmal muss der Arbeitgeber sich zu meiner Klage äußern und dann gibts nochmal die Gelegenheit, mich selber zu verteidigen."
Nach einer Kündigung in der Probezeit ist eine längere Auszeit nicht unbedingt die Kombination die einen für andere Arbeitgeber wertvoll macht.
"Der Druck auf Arbeitgeberseite wächst mit dem Fortlaufen der Zeit wegen Annahmeverzug beim Lohn."
Ein gesundes Unternehmen wird damit nicht viel Probleme haben. Dein Ex-Arbeitgeber scheint ja auch nicht unbedingt ein Kleinbetrieb zu sein. Das juckt den Arbeitgeber in der Regel nicht allzusehr.
"So siegesischer wirkte der Anwalt des Arbeitgebers auch nicht nach der Güteverhandlung. Er hat mir u.a. gedroht, falls ich den Prozess gewinne, werde ich wieder in der gleichen Abteilung weiterschäftigt. Die rechnen doch auch mit dem schlimmsten und gehen dieses Risiko ein. "
Du verstehst die Dramaturgie eines Kündigungsschutzprozesses nicht! Ein Kündigungsschutzprozess ist immer ein Glücksspiel. In den seltensten Fällen kann man den Ausgang wirklich vorhersagen, es kommt sehr wesentlich auf den Arbeitsrichter an. Was die Anwälte insbesondere betreiebn ist, die Gegenseite möglichst zu verunsichern. um so schnell zu einem Ende des Verfahrens zu kommen. Was der Anwalt macht ist, Dir zu sagen dass Du Dir gut überlegen sollst, ob das Ziel das Du mit einem Küündigungsschutzprozess evrfolgst wirklich erstrebenswert ist. Wenn es ihm gelingt, Dich davon zu überzeuigen dass eine Weiterbeschäftigung nicht in Deinem Sinne ist, dann bist Du schneller bereit, einer Lösung zuzustimmen. So einfach ist das. Das hat wenig mit den Chancen zu tun.
Erstellt am 13.06.2019 um 14:34 Uhr von uidg9897
Habe heute erst eine Kopie der Kündigung und des Widerspruchs erhalten.
Interne Notiz Betriebsrat
Widerspruch
Betreff: Ordentliche Kündigung in der Probezeit zum 30.04.2019
Sehr geehrte Frau xxx,
der Betriebsrat widerspricht der oben genannten ordentlichen Kündigung mit Beschluss vom 16.04.2019 von Herrn uidg9897 aus folgenden Gründen:
Aus unserer Sicht liegt hierzu kein verhaltensbedingter noch anderweitig begründeter Kündigungsgrund vor. Diese wurden von Seiten des Arbeitgebers unserer Ansicht nach, durch die Anhörung zur Kündigung auch nicht vorgebracht.
Vielmehr ist der Betriebsrat zur Ansicht gelangt, dass der ursprünglich vorgebrachte Grund nicht belegt ist. Vielmehr ist der ursprünglich vorgebrachte schriftliche Grund der nicht ordnungsgemäßen Terminhaltung auf Nachfrage beim Vorgesetzten durch diesen mündlich geändert worden in den Vorwurf, dass der Mitarbeiter Miteigentümer einer Pizzeria wäre und dies die Erfüllung der arbeitsvertraglichen Pflichten verhindern würde. Dies ist seitens des Arbeitgebers nicht belegt worden.
Dem Betriebsrat liegt damit kein Beleg vor, dass die Miteigentümerschaft einer Pizzeria dazu geeeignet ist die Nichterfüllung der arbeitsvertraglichen Pflichten zu argumentieren.
Der Betriebsrat fordert und bittet den Arbeitgeber von der Kündigung des Miarbeiters in der Probezeit abzusehen und eine Weiterbeschäftigung einzuleiten. Mindestens fordert der Betriebsrat den Arbeitgeber auf, falls es zu einem beidseitigen Vertrauensverlust in diesem Bereich (Vorgesetzter/Mitarbeiter) gekommen wäre, eine Weiterbeschäftigung des Mitarbeiters in einem anderen geeigneten Bereich unseres Betriebes vorzunehmen.
Mit freundlichen Grüßen
Stellvertretender Vorsitzender des Betriebsrates
Mitglied des Betriebsrats
Erstellt am 13.06.2019 um 14:44 Uhr von Pjöööng
Das ist aus meiner Sicht kein beachtlicher Widerspruch.
Erstellt am 13.06.2019 um 15:28 Uhr von uidg9897
Hilft der Widerspruch wenigstens um die Anhörung anzugreifen ? Weil der Arbeitgeber kann diesen geschilderten Sachverhalt des Betriebsrats ja nicht bestreiten, dass ein anderer Kündigungsgrund vorliegt, der zudem noch auf Falschinformationen aus dem Internet beruht.
Erstellt am 13.06.2019 um 15:41 Uhr von celestro
da wird ja nur davon gesprochen, daß jemand mündlich etwas anderes gesagt haben soll. Denke mal, auch damit kommt man nicht weit. Ist aber nur meine Sichtweise.
Erstellt am 13.06.2019 um 15:57 Uhr von Pjöööng
Die Anforderungen an eine Kündigung in der Probezeit sind gering. Wenn der Arbeitgeber dem BR Kündigungsgründe nennt, dann müssen die dort genannten Tatsachen nachweisbar sein. Der Arbeitgeber wird dem Gericht also ggf. darlegen können müssen, wann welche Termine nicht eingehalten wurden.
Die hier geäußerte Vermutung dass ganz andere Kündigungsgründe vorliegen dürfte völlig belanglos sein. Das wäre allenfalls relevant wenn damit eine Diskriminierung nach dem AGG einherginge.
Der Widerspruch ist gut gemeint, aber schlecht gemacht.
Erstellt am 13.06.2019 um 18:17 Uhr von uidg9897
@Pjöööng
Laut BAG Urteil von 2013:
"Hinsichtlich der Anforderungen, die an die Information des Betriebsrats durch den Arbeitgeber bei Wartezeitkündigungen zu stellen sind, ist deshalb zwischen Kündigungen, die auf substantiierbare Tatsachen gestützt werden (vgl. BAG 8. September 1988 - 2 AZR 103/88 - zu II 3 b aa der Gründe, BAGE 59, 295) und Kündigungen, die auf personenbezogenen Werturteilen beruhen, die sich in vielen Fällen durch Tatsachen nicht näher belegen lassen
- 9 -
(BAG 18. Mai 1994 - 2 AZR 920/93 - zu II 4 a der Gründe, BAGE 77, 13), zu differenzieren. In der ersten Konstellation genügt die Anhörung den Anforderungen des § 102 BetrVG nur, wenn dem Betriebsrat die zugrunde liegenden Tatsachen bzw. Ausgangsgrundlagen mitgeteilt werden. In der zweiten Konstellation reicht die Mitteilung allein des Werturteils für eine ordnungsgemäße Betriebsratsanhörung aus. Der Arbeitgeber ist in diesem Fall nicht verpflichtet, im Rahmen des Anhörungsverfahrens nach § 102 BetrVG sein Werturteil gegenüber der Arbeitnehmervertretung zu substantiieren oder zu begründen."
Das heißt für mich ganz klar, man hätte dem Betriebsrat in der Anhörung substantiert darlegen müssen, wann und wo der Mitarbeiter Termine nicht eingehalten hat. Eine pauschale Behauptung reicht hier definitiv nicht aus. Außerdem hat der Betriebsrat ja vom Vorgesetzten auf Nachfrage einen anderen Sachverhalt mitgeteilt bekommen, anstatt sich zum offiziellen Grund der nicht ordnungsgemäßen Terminhaltung zu äußern, was nicht der Wahrheit entspricht. Auch die Miteigentümerschaft der Pizzeria ist eine falsche Behauptung, nur weil der Vorgesetzte aus Langeweile dies beim Googeln fälschlicherweise entdeckt hat. Als ich versucht habe zu erklären, wieso mein Name bei einem Lieferportal überhaupt angegeben ist, hat der Vorgesetzte angefangen zu blocken und mich nicht ausreden zu lassen.
Erstellt am 13.06.2019 um 18:48 Uhr von celestro
"Das heißt für mich ganz klar, man hätte dem Betriebsrat in der Anhörung substantiert darlegen müssen, wann und wo der Mitarbeiter Termine nicht eingehalten hat. Eine pauschale Behauptung reicht hier definitiv nicht aus."
Solange wir hier nicht wissen, was der AG dem BR in der Anhörung geschrieben hat, können wir nur sagen ... "Du könntest Recht haben ... oder auch nicht"
Erstellt am 13.06.2019 um 22:36 Uhr von Pjöööng
Eben! Wir wissen nicht was in der Anhörung stand. Es kann sein dass es unzureichend war, es kann aber auch sein dass es ausreichend war. Das unterliegt dann der freien Beweiswürdigung des Gerichtes.
Was der Vorgesetzte gesagt hat ist völlig irrelevant. Nicht er hat gekündigt, sondern der Arbeitgeber. Selbst wenn der Arbeitsrichter sich diese Geschichte anhören würde und dann auch noch die Führungskraft als Zeugen laden würde, glaubst Du wirklich, der Vorgesetzte würde diese Story bestätigen?
Wie gesagt: Möglicherweise war die Anhörung unzureichend. Das solte man dann schon bei der Güteverhandlung vom Richter angedeutet bekommen haben.Allerdings sollte man dazu nicht allzu emotional beteiligt sein und die Gerichtslyrik verstehen.
Ich würde meine Zukunft nicht darauf bauen dass ich dieses Verfahren gewinne.
Erstellt am 13.06.2019 um 23:07 Uhr von uidg9897
Ihr habt beide natürlich Recht, sobald mir die offizielle Anhörung vorliegt werde ich sie hier posten. In der Güteverhandlung hat der Richter eher auf eine gütliche Einigung gedrängt, sodass dieses Thema der fehlerhaften Anhörung nicht mehr Gewicht bekam. Wenn mein Vorgesetzter als Zeuge geladen wird muss eigentlich das Betriebsratmitglied auch geladen werden. Aber der Richter hatte irgendwie auch angedeutet, dass selten Zeugen durch das Arbeitsgericht geladen werden. Eher kommt es auf die Klageerwiderung zum Thema Kündigungszustellung und Betriebsratsanhörung seitens des Arbeitgebers an und wie ich mich dazu verteidige.
Erstellt am 20.06.2019 um 01:03 Uhr von uidg9897
Heute habe ich ein neues Angebot vom Rechtsanwalt des Arbeitgebers erhalten, worüber ich sehr erstaunt war. Ich solle die Klage beim Arbeitsgericht gegen eine Abfindungszahlung in Höhe von 16.800 EUR(entspricht 3 Monatsgehälter) zurückziehen. Zudem wird man mir ein "gutes" qualifiziertes Arbeitszeugnis ausstellen. Was haltet Ihr von diesem Angebot mit dem Hintergrund eines möglichen positiven Urteils für mich. Hat der Arbeitgeber doch schlechte Karten im Prozess ?
Erstellt am 15.07.2019 um 01:24 Uhr von uidg9897
Ich habe die Klage schlussendlich zurückgezogen, da der Arbeitgeber sich bereit erklärt hat, eine Abfindung in Höhe von 8 Gehältern zu bezahlen, weil ich das vorherige Angebot abgelehnt hatte. Diese Situation hätte ich nie erwartet, aber ich denke es ist die richtige Entscheidung, dieses sehr "großzügige" Angebot zu akzeptieren. Danke an alle für die sehr informative Diskussion in diesem Forum. Ich hoffe Anderen draußen in der Arbeitswelt zu ermutigen, sich keinesfalls unfair/ungerecht behandeln zu lassen, vor allem sich nicht vor einer Klage beim Arbeitsgericht nach einer Probezeit/Wartezeitkündigung zu scheuen. In der Regel lässt sich wohl eine zufriedenstellende Lösung während des Verfahrens finden.
Erstellt am 15.07.2019 um 10:22 Uhr von Pjöööng
8 Gehälter bei einer Kündigung in der Probezeit? Sauber!
UIch denke dass man mit solch einem Ergebnis gut leben kann.
Erstellt am 15.07.2019 um 11:48 Uhr von nicoline
Glückwunsch, gut gemacht und alles Gute für die Zukunft.
Erstellt am 15.07.2019 um 12:37 Uhr von Cyber99
Da kann man nur gratulieren. Dieses Ergebnis erstaunt mich nun wirklich, das hätte ich nie und nimmer vermutet. Währenddessen versucht mein Arbeitgeber nachdem er mich nun seit über zwei Jahren vertragswidrig beschäftigt, immer noch für einen Appel und ein Ei aus der Angelegenheit rauszukommen. Alles Gute für die Zukunft