In meinem Betrieb wird seit mindestens 7 Jahren eine Rufbereitschaft 24/7 ausgeübt. Die Rufbereitschaft ist rein freiwillig, sie ist weder im Arbeitsvertrag, noch tariflich oder über eine BV abgesichert. Aktuell wird die Rufbereitschaft von drei Mitarbeitern ausgeübt, für diese Zusatztätigkeit wird eine Aufwandsentschädigung von 100 € je Woche und 20 € Fahrgeld gezahlt (irgendwann in der Vergangenheit war die Gesamtsumme 150,- €).
Eine Woche im Monat wird die Bereitschaft durch externe Vergabe durch einen Servicebetrieb übernommen.
Nach einer Beschwerde eines der drei Mitarbeiter beim Betriebsrat, dass der Fahrweg zum und vom Einsatz nicht als Arbeitszeit anerkannt wird, wurde durch den Geschäftsführer in mündlicher Form für alle betroffenen Mitarbeiter die Zulage in Höhe von 120 € gestrichen. Im Gegenzug will der AG die Fahrzeit als Arbeitszeit anerkennen.

Die drei Mitarbeiter, welche die Rufbereitschaft ausüben, stellen sich geschlossen gegen die Entscheidung des Geschäftsführers: Entweder gibt es weiter das Geld, oder aber es gibt keine Rufbereitschaft mehr. Allerdings ist die Rufbereitschaft essentiell für den Betrieb, aus diesem Grund erklärt der AG eine Verweigerung der Rufbereitschaft als Arbeitsverweigerung, worauf die fristlose Kündigung folgt (was im Umkehrschluss innerhalb kürzester Zeit zu einem Produktionsstillstand = Betriebsschließung führen würde, weil ohne Mitarbeiter in der Betriebstechnik weder Wartungen noch Reparaturen erfolgen). Weiter verlangt der AG die Beteiligung der übrigen beiden Werkstattmitarbeiter, von denen der eine aus gesundheitlichen Gründen seit Jahren hiervon befreit ist, der andere ist eine Führungskraft und für diese Tätigkeit nicht qualifiziert.

Die Situation ist für alle Beteiligten schwierig, zugegeben. Aber nun zu den Fragen:
1. Eine betriebliche Übung wird einseitig durch den Arbeitgeber aufgekündigt. Haben die Mitarbeiter ihrerseits das Recht, ihre an die gewährten Leistungen gebundene Arbeit einzustellen, auch wenn das gegen die Interessen des Gesamtbetriebes verstößt? (Es sind drei bzw. fünf Mitarbeiter direkt betroffen, es sind insgesamt mehr als 1300 Arbeitsplätze von dieser kleinen Gruppe abhängig).
2. Kann eine betriebliche Übung aufgelöst werden, wenn der Arbeitgeber seinen Teil der BÜ nach Ankündigung nicht mehr einhält und die betroffenen Mitarbeiter ihrerseits auch nur geringes Interesse an der Weiterführung haben?
3. Kann ein Fortbestand einer betrieblichen Übung von der Restbelegschaft erzwungen werden, wenn eine Aufkündigung derselben zu einem erheblichen Nachteil des gesamten Betriebs ausweiten würde?

Um die Situation klarzustellen:
Es handelt sich hier um eine Großbäckerei mit mehr als 100 Fachgeschäften. Ohne Rufbereitschaft würde die Produktion in den Zeiten, wo die Werkstatt nicht besetzt ist, zum Erliegen kommen, hierdurch würde zu wenig Ware produziert und Rohstoffe verderben, was zu Filialschließungen etc. führt. Die Rufbereitschaft hat im Schnitt 4-6 Einsätze je Woche.