Erstellt am 19.06.2007 um 17:11 Uhr von xxccvv
der Mitarbeiter kann sich hier auf das Günstigkeitsprinzip berufen.
Aber er kann sich in der Regel aus der BV nicht die Rosinen raussuchen und den Rest aus seinem Arbeitsvertrag nehmen.
Aber wie so üblich - s' kommt auf die Punkte an
Erstellt am 19.06.2007 um 17:19 Uhr von BMW
Hallo frabam,
eine BV ist kollektivrecht
Eine Betriebsvereinbarung ist ein Vertrag zwischen dem Arbeitgeber und der Belegschaft, vertreten durch den Betriebsrat. Er bindet nicht nur die Unterzeichner persönlich, sondern, ob es ihnen gefällt oder nicht, auch die von ihnen vertretenen Parteien – im Falle des Arbeitgebers also auch die (heutigen und künftigen) ; im Falle des Betriebsrats auch die Mitarbeiter, die den Betriebsrat nicht gewählt haben, und selbst die, die zum Zeitpunkt der Unterschrift dem Betrieb noch gar nicht angehört haben. Alles andere wäre auch unpraktikabel, selbst wenn dies manchen radikalen Vorstellungen von der Freiheit des Individuums zuwiderläuft. Das geht so weit, dass Mitarbeiter auf Rechte, die ihnen aufgrund einer Betriebsvereinbarung zustehen, nur im Einvernehmen mit dem Betriebsrat verzichten können: "Werden Arbeitnehmern durch die Betriebsvereinbarung Rechte eingeräumt, so ist ein Verzicht auf sie nur mit Zustimmung des Betriebsrats zulässig." (§ 77 Abs. 4 Betriebsverfassungsgesetz
BMW
Erstellt am 19.06.2007 um 20:49 Uhr von paula
@BMW
meinst Du das ernst? Der BR vertritt die MA nicht im rechtsgeschäftlichen Sinn! Der BR schließt nicht im Namen der MA mit dem AG Verträge. Eine Betriebsvereinbarung wirkt als abstrakt kollektive Regelung die unmittelbar und zwingend gelten (vgl. § 77 Abs. 4 BetrVG). Gerade daher sind eben individualrechtliche Lösungen die besser als die Regelungen der BV sind möglich. Das Günsigkeitsprinzip geht sehr weit.
Erstellt am 19.06.2007 um 21:32 Uhr von Jens5369
Hallo an Alle,
Ich bin zwar erst seit wenigen Monaten Mtgl. in einem ganz neuen BR aber ich denke, BMW hat da recht. Das Günstigkeitsprinzip kann sicher nur dann gelten, wenn es das gesammte Kollektiv o. zumindest dessen Mehrheit betrifft. Wie sollte man den sonst jemals eine BV abschließen? Sicher gibt es immer den Einen o. Anderen, der eine BV für sich persönlich als nachteilig empfindet. Der Eine will Überstunden ausbezahlt, der Andere will lieber Freizeit. Der Eine will 6.00Uhr anfangen u. der Andere fand aber 7.30 besser. Das würde sicher nicht funktionieren.
Als BR-Mtgl. würde ich dem Mitarbeiter allerdings sagen, dass er sich ja immer Rechtsauskunft holen kann und das Ergebnis, mit ihm besprechen. So fühlt er sich vielleicht nicht ganz so verraten v. BR und alle Beteiligten sind im Nachhinein wieder etwas schlauer.
Gruss Jens...
Erstellt am 19.06.2007 um 22:43 Uhr von paula
@jens5369
Meine UNverständnis gegenüber der Aussage von BMW bezog sich auf die Darstellung, dass der BR hier mit der BV einen Vertrag für die MA schließt. Das ist so eben nicht richtig.
Was das Günstigkeitsprinzip angeht: sicherlich kann das Günstigkeitsprinzip nicht nur Einzelpunkte- Rosinen- betreffen. In der Praxis ist das aber häufig recht schwierig da Bv´s in der Regel mehrer Tatbestände regeln.
Wie weit das Günstigkeitsprinzip gehen kann merkt man z.B. an folgenden Fall:
In einem Betrieb gilt eine Arbeitszeit BV. Der AG schließt mit seinem Betriebsleiter (kein leitender AN) einen Arbeitsvertrag in dem geregelt wird, dass er Arbeitszeitsouveränität hat. Er hat keine festgelegte Arbeitszeit und auch keine Festlegung in welchem Zeitrahmen er die Arbeitszeit zu erbringen hat.
Der BR sieht sein MBR verletzt und ist der Auffassung die BV würde hier der Regelung des Arbeitsvertrages entgegenstehen.
2. Instanzen wurden hier durchgefochten. Ich konnte es selber kaum glauben aber auch das LAG war der Auffassung, dass es kein MBR des BR gibt (keine kollektivrechtliche Angelegenheit - das war mir eigentlich auch klar) aber auch die BV sei nicht verletzt da hier das Günstigkeitsprinzip greifen würde
Daher muss man immer aufpassen bei diesen Sachen...
Erstellt am 19.06.2007 um 23:43 Uhr von Kölner
@Jens5369
Du tust Dir, der Kollegin und auch BMW einen Gefallen, wenn Du den Ausführungen und Aussagen von paula unbedingt Glauben schenkst.
Sie hat so was von Recht...Du kannst Dir das sicher noch gar nicht vorstellen.
Erstellt am 20.06.2007 um 06:43 Uhr von Jens5369
Guten Morgen,
das ist aber mal ganz schön kompliziert aber ich bin lernwillig.
@ Paula: Aber wenn eine BV nicht ein Vertrag zwischen AG u. AN ist, was ist sie denn dann???
Ich bin ja schon der Meinung, dass der BR, die AN-Vertretung ist.
Und, wie ist es denn dann mit ERA? Ich hab zwar keine Ahnung davon (wir sind nicht tarifgebunden) aber ich höre immer wieder, dass durch ERA, Arbeitnehmer zurückgestuft werden und dadurch auch finanziell schlechter gestellt sind. Könnte sich denn da nicht jeder über die tarifl. Regelungen hinwegsetzen, in dem er sich auf's Günstigkeitsprinzip beruft? Schließlich steht ja ein Tarifvertrag laut Rangprinzip auch über einem Arbeitsvertrag.
Ich will hier wirklich nicht übermäßig philosophieren aber ich verstehe es nicht so recht. Und Paula, ich meine, dass die BV in dem v. Dir geschilderten Fall, einfach schlecht ausgearbeitet war. Der AN hatte ja da vermutlich v. Anfang an eine sehr individuelle Regelung und das Kollektiv hätte sicher nichts davon gehabt, wenn man diese aufgelöst hätte. In sofern muss man solche Dinge in einer BV besser berücksichtigen.
So, jetzt muss ich aber ins Bad und dann in die Arbeit.
Macht's gut,
Jens...
Erstellt am 20.06.2007 um 10:56 Uhr von xxccvv
@Jens
Wir sind schon ERA-geschädigt. War ganz interessant, was die IGM da den Großteil der Nicht-primären Gewerkschaftszielgruppe angetan hat.
Verlieren tut im ersten Schritt bei ERA grundsätzlich niemand was - nur ggf. gibt's kaum no Steigerung für diejenigen, die nach ERA tiefer eingestuft sind.
Erstellt am 20.06.2007 um 11:34 Uhr von paula
@Jens5369
der Betriebsrat vertritt die Belegschaft nicht in einem rechtsgeschäftlichen Sinn. Der BR wird von der Belegschaft gewählt wie die Volksvertreter von den Bürgern. Die Abgeordneten vertreten auch nicht die Bürger. Der Bundestag erläßt abstrakt generelle Regelungen nämlich die Gesetze. Diese wirken aus sich heraus. Es ist überhaupt nicht wichtig ob man das Gesetz kennt oder nicht. Es ist immer eine unmittelbare Wirkung die keinen weiteren Akt der Einbeziehung bedarf.
Genau solche generellen abstrakten Regelungen sind Betriebsvereinbarungen. Sie entfalten in dem Betrieb mit Gültigkeit ihre Wirkung. Daher kann man sie durchaus Gesetz des Betriebes bezeichnen. Die BV wird dadurch aber nicht zum gegenstand der individualrechtlichen Vereinbarung zwischen AN und AG.
Dass der BR den AN nicht vertritt erkennt man vielleicht an folgenden Beispiel:
Der AG zahlt nicht den den AN zustehenden Tariflohn. Der TV sieht Ausschlussfristen vor. Der BR kann nun nicht für die Belegschaft fristwahrend die Ansprüche anmelden. Wenn er das tun würde wäre es unwirksam, da er nicht rechtsgeschäftlich für die Belegschaft handeln kann. Das Ganze würde nur funktionieren wenn der BR eine entsprechende Vollmacht erhält